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Einen Verkehrsversuch wert?

Verkehrswende: Ja! Aber wo anfangen? Das hat Münster jahrzehntelang diskutiert – und jetzt an vier Orten in der Stadt gleichzeitig ausprobiert. Die erste Bilanz: Manche Versuche sind sinnvoller als andere.

von Helena Weise • Redaktion: Constanze Busch • Titelfoto: Paula Götz

Verkehrswende: Ja! Aber wo anfangen? Das hat Münster jahrzehntelang diskutiert – und jetzt an vier Orten in der Stadt gleichzeitig ausprobiert. Die erste Bilanz: Manche Versuche sind sinnvoller als andere.

TEXT: HELENA WEISE
REDAKTION: CONSTANZE BUSCH
TITELFOTO: PAULA GOETZ

21. September 2021, 12:45 Uhr. Ausruhen kann man sich hier nicht mehr. Wer auf der Holzbank an der Promenade am Neubrückentor sitzt, braucht seit Wochen starke Nerven. Fahrradfahrer:innen fliegen vorbei, ohne abzubremsen – zumindest die mutigen. Dann plötzlich Vollbremsung, Fahrradreifen rutschen schleifend über rot markierten Asphalt. „Lesen hilft!“, ruft die Frau auf dem E-Bike dem jungen Mann noch hinterher, der von rechts von der Kanalstraße kommt, bevor sie kopfschüttelnd weiterradelt. Der schaut verwirrt auf den Boden, auf dem ein „Vorfahrt achten“-Piktogramm aufgebracht ist. Schuldbewusst zieht er den Kopf ein und strampelt weiter.

„Verkehrsverhalten ist nicht rational.“ Bastian Spliethoff, Sneaker und Jeans, Mappe unter den Arm geklemmt, steht kurze Zeit später an der Promenade. Immer wieder schweift sein Blick zu der Kreuzung. In dieser letzten Woche der Verkehrsversuche denkt der Mitarbeiter des Amts für Mobilität und Tiefbau nur noch in Evaluationsberichten. „Wir können noch und nöcher Simulationen am Computer machen“, sagt er. „Aber am Ende müssen wir es einfach ausprobieren.“

Spliethoff hat zwei der drei Verkehrsversuche koordiniert, die in Münster von Anfang August bis Ende September ein Umdenken von den Verkehrsteilnehmer:innen verlangten: die Promenadenquerung am Neubrückentor und die autofreie Zone an der Hörsterstraße. Ein dritter Verkehrsversuch räumte den Bussen auf der Bahnhofstraße für acht Wochen eine eigene Spur ein. Der vierte und letzte Versuch war auf nur eine Woche begrenzt: Auf der Wolbecker Straße wurde die Straßenführung durch gelbe Linien verändert, das Tempo wurde auf 20 km/h gedrosselt und Fahrradfahrer:innen mussten mit den Autos auf der Straße fahren. Auf dem Rewe-Parkplatz konnten Anwohner:innen und Passant:innen mit Mitarbeiter:innen der Stadt Münster über diese Maßnahmen diskutieren und ihre Meinung auf Zetteln und auf großen Straßenplänen hinterlassen – Reallabor nannte die Stadt das.

Im Reallabor an der Wolbecker Straße hatte die Stadt einen Raum für Debatten eingerichtet. Viele Menschen nutzten die Möglichkeit, sich auszutauschen oder einen Zettel mit ihrer Meinung zum Versuch dazulassen. Foto: Paula Goetz

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