Razzia im Missbrauchsfall | Uniklinik mit Rekordminus | Polizist sieht keine Fehler

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

am frühen Dienstagmorgen haben 180 Polizistinnen und Polizisten in Nordrhein-Westfalen und drei weiteren Bundesländern Wohnungen durchsucht, um Beweise für weitere Missbrauchsfälle zu finden. Das Ergebnis ist: Es gibt drei neue Tatverdächtige aus Aachen und Hannover, und es gibt Hinweise auf ein siebtes Opfer. Die Zahl der mutmaßlichen Täter steigt damit auf 21, zehn davon sind in Haft. Die Festnahme war die gute Nachricht, die NRW-Innenminister Herbert Reul(CDU) am Dienstagmorgen zur gemeinsamen Sondersitzung von drei Ausschüssen des NRW-Landtages mitbrachte, in der es um offene Fragen zum Missbrauchsfall in Münster gehen sollte. Nach der guten Nachricht kam aber auch gleich schon wieder die Ernüchterung. Es gebe jeden Tag eine neue Lage. „Es geht immer nur Stück für Stück voran“, sagte Reul.

Wie viel Geduld man brauchen wird, hatte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) erst am Montag mit einer Zahl deutlich gemacht, die man sich kaum vorstellen kann und auch gar nicht möchte. Inzwischen haben die Behörden aus Ermittlungen in einem anderen Fall in Bergisch GladbachHinweise auf über 30.000 Tatverdächtige. Biesenbach sagte, das sei eine „neue Dimension des Tatgeschehens“. Im sei „speiübel geworden“. Auch Biesenbach nahm an der Sondersitzung am Dienstagmorgen teil, die im Internet übertragen wurde. Familienminister Joachim Stamp (FDP) war ebenfalls dabei. Ein Ziel der Sondersitzung sollte sein, den Informationsfluss zwischen den Behörden zu verbessern, denn das war auch schon bei den Fällen vor Münster ein Problem gewesen.

Die Dimension macht auch deutlich, warum nicht alles, was hinterher zweifelsfrei als Hinweis erscheint, vorher als Hinweis erkannt wurde – und warum nicht alles so schnell ging, wie man es sich gewünscht hätte. Als das Tablet und das Smartphone von Adrian V. etwa im Sommer 2019 beim Landeskriminalamt lagen, sei man dort weiterhin davon ausgegangen, dass es hier nicht um Missbrauch gehe, sondern um den Verdacht, dass jemand Kinderpornografie verbreitet hatte. „Deswegen wurden die Geräte dann in die Reihe gelegt“, sagte Reul. Im Landeskriminalamt habe man „zu dem Zeitpunkt 300 bis 500 gleichgelagerte Fälle“ zu klären gehabt.

Anfangs sah es offenbar auch nicht danach aus, dass es schnell gelingen könnte, das Passwort zum Rechner von Adrian V. zu knacken. Ein Computer hätte dafür ungefähr 30 Jahre gebraucht, sagte Reul. Dass es dann doch schneller ging, lag daran, dass Adrian V. einen Fehler gemacht hatte. Er hatte sein iPad nur nachlässig geschützt. Eine Polizistin wendete das Passwort in verschiedenen Variationen auf den Computer an. „Irgendwann hatte sie Glück“, sagte Reul. Das Schloss öffnete sich.

Das war am 12. Mai 2020. In der Nacht zum 14. Mai nahm die Polizei Adrian V. fest. Keine 48 Stunden später. Auf dem Rechner hatte man Hinweise darauf gefunden, dass es hier nicht allein um Kinderpornografie ging, sondern auch um Missbrauch – vor allem um den Missbrauch des zehnjährigen Sohnes der Lebensgefährtin von Adrian V.

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