Erdbeben bei Baupreisen | Gesamtschule wird später fertig | Die Bohne

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Münster, 8. Juni 2021

es sind gute Zeiten für Dachdeckbetriebe, sehr gute sogar. Die Auftragsbücher sind voll, die Firmen kommen mit der Arbeit kaum nach. Wer ein Haus baut, muss sich Monate vorher um einen Termin kümmern. Doch wenn man mit Thomas Harten über die Situation im Handwerk spricht, erzählt er, dass er neulich einen Dachdecker am Telefon hatte, der Kurzarbeit anmelden musste, mitten in dieser Goldgräberzeit. Arbeit wäre genügend da gewesen, doch es fehlte das Material.

Thomas Harten ist Geschäftsführer der Handwerkskammer Münster. Und als seine Kammer im Mai über 600 Betriebe aus dem Münsterland zur aktuellen Situation befragte, war das Ergebnis: Über alle Branchen hinweg haben Firmen „mäßige“ bis „große“ Probleme, an Material zu kommen. Thomas Harten erzählt von Autowerkstätten, die auf Getriebe warten, von Raumausstattungsbetrieben, denen der Stoff ausgeht, oder von Engpässen bei Badarmaturen. Doch am größten sind die Probleme auf dem Bau. Kunststoffe sind knapp, ebenso wie Beton, Stahl, Dämmstoffe, vor allem Holz.

Das Münchener ifo-Institut sprach Mitte Mai von einem Engpass, wie es ihn seit 30 Jahren nicht gegeben habe. Ein knappes Viertel der Betriebe hätte Probleme, rechtzeitig Baustoffe zu beschaffen. Noch im März betraf das nur jeden 18. Handwerksbetrieb. Das Institut zeigt die Entwicklung auf seiner Website in einer Grafik, die ein wenig aussieht wie das Protokoll eines Seismographen. Zwei Mal in 30 Jahren gab es auffällige Erschütterungen, in diesem Jahr dann ein schweres Erdbeben.

Wie schwer dieses Erdbeben ausfiel, davon gab der Holzhändler Ralph Tusche vor vier Wochen im Tischler-Podcast Lauschwerkstatt einen Eindruck. Tusche beschäftigt knapp 200 Menschen in Marsberg und Ochtrup, er beliefert Baustellen im ganzen Land. Im Podcast erzählte er, wie er neulich die schriftlichen Preislisten bei der Kundschaft widerrufen musste. Online passe sein Unternehmen nun täglich die Preise an. „Das habe ich noch nie machen müssen“, sagte er. Und um eine Vorstellung von den Ausschlägen des Erdbebens zu geben: Der Preis für einen Kubikmeter massiver Holzbalken (Konstruktionsvollholz) sei von etwa 300 auf 680 Euro gestiegen, für einen Kubikmeter Holzbalken aus mehreren Schichten (Brettschichtholz) zahle man nun 900 Euro statt vorher 500. Bei einfachen Dachlatten (CE-Latten) fiel der Preissprung am größten aus. Hier kostete der Kubikmeter vorher 350 Euro, später dann 850 Euro. „Wer mit Dachlatten baut, hat ein richtiges Problem“, sagte Tusche. Und das Problem ist anscheinend noch größer geworden. Bei der Firma Dreger Hochbau aus Münster sagte man uns heute, für einen Kubikmeter massiver Holzbalken zahle man inzwischen etwa 1.100 Euro. Der Preis für Dachlatten habe sich seit Anfang des Jahres fast vervierfacht.

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