Schon wieder ein Experiment | Die sichere Kreuzung | Lapstore

Müns­ter, 7. Sep­tem­ber 2021

Guten Tag,

am Sams­tag haben wir mit RUMS ein biss­chen gefei­ert, in unse­ren Räu­men unten am Thea­ter, nach der Gesell­schaf­ter-Ver­samm­lung, die ein­mal im Jahr statt­fin­den muss. Somit blieb uns eigent­lich kei­ne Wahl. Wir hat­ten alles gut abge­si­chert. Die Gäs­te waren geimpft, dazu noch getes­tet. Aber im Detail hat­ten wir vie­les doch etwas anders geplant. Der Tag begann mit einem hal­ben Liter Johan­nis­beer­schor­le auf einer grü­nen Stoff­ho­se im Alten Gast­haus Leve. Die klei­ne Tisch­re­de gehör­te zum Pro­gramm. Die aus­la­den­de Ges­te, in deren Fol­ge das Glas in Zeit­lu­pe umkipp­te, war so nicht vor­ge­se­hen. Doch es war alles nicht so schlimm. Ein Taxi kam aus Hil­trup und brach­te eine neue Hose, dies­mal eine blaue.

Spä­ter am Nach­mit­tag dann zer­brach eine Abla­ge im Kühl­schrank, vier Fla­schen Weiß­wein fie­len her­aus, der Inhalt ver­teil­te sich auf dem Boden unse­res Büros. Gegen 23 Uhr mach­te ich ein Foto mit mei­nem Smart­phone, es war das letz­te an die­sem Abend. Und am Sonn­tag­mit­tag saß unser DJ im Büro und ver­such­te, eine Box zu repa­rie­ren, die den Abend nicht über­lebt hatte.

Es war eine wun­der­ba­re Fei­er, trotz all die­ser Din­ge, die so nicht geplant waren, viel­leicht sogar ein biss­chen, weil sie pas­sier­ten. Die Wid­rig­kei­ten, das sind ja die Ereig­nis­se, die einen Abend unver­gess­lich machen, und damit auch die schö­nen Momen­te. Und es sind die Ereig­nis­se, aus denen man ler­nen kann. Das Unge­plan­te ist sehr wertvoll.

Wir erle­ben das seit fast zwei Jah­ren stän­dig. Eine Kol­le­gin, die ich seit Mona­ten wöchent­lich in Video­kon­fe­ren­zen sehe, traf ich am Sams­tag zum aller­ers­ten Mal. Und ich war nicht der Ein­zi­ge, der so etwas erleb­te. Vor zwei Jah­ren hät­te ich es viel­leicht für mög­lich gehal­ten, dass eine Lokal­re­dak­ti­on arbei­ten kann, ohne sich zwi­schen­durch auch mal zu tref­fen. Aber wir hät­ten es nie­mals aus­pro­biert, jeden­falls nicht in dem Umfang. Die Norm befand sich an einer ande­ren Stel­le. Inzwi­schen hat sie sich verschoben.

Das ist ein Ergeb­nis des unfrei­wil­li­gen Expe­ri­ments, das vor andert­halb Jah­ren begon­nen hat. Und die Ver­schie­bung der Norm ist auch das Ziel der Ver­kehrs­ver­su­che, die seit einem Monat in Müns­ter statt­fin­den. Sie sol­len das Unge­plan­te zulas­sen, zumin­dest in einem gewis­sen Rah­men. Sie sol­len das Neue zu etwas Ver­trau­tem machen.

Wie schnell so etwas gehen kann, hat die Debat­te um den Tages­treff für Obdach­lo­se gezeigt, über den wir vor einer Woche berich­tet haben. Als die Ein­rich­tung im ver­gan­ge­nen Jahr an die Von-Esmarch-Stra­ße zog, hielt kaum jemand das für eine gute Lösung. Ein Jahr spä­ter wir­ken schon die Beharrungskräfte.

Sie sind eben­so stark wie die Angst vor dem Unbe­kann­ten, in Deutsch­land viel­leicht noch etwas stär­ker als in ande­ren Län­dern. Eine inter­na­tio­na­le Regel lau­tet: „Never chan­ge a win­ning team.“ In Deutsch­land gilt eher das Cre­do: „Never chan­ge a team.“ Wer also etwas Neu­es schaf­fen möch­te, muss den Ver­suchs­auf­bau so anord­nen, dass die Kräf­te in die gewünsch­te Rich­tung wir­ken. In andert­halb Wochen beginnt nun der nächs­te Verkehrsversuch.

Wolbecker Straße: Schon wieder ein Experiment

Am Sonn­tag­mit­tag haben wir bei RUMS etwas Neu­es aus­pro­biert, das ehr­li­cher­wei­se auch mit den Nach­wir­kun­gen der Fei­er zu tun hat­te: eine Kon­fe­renz an der fri­schen Luft. Wir woll­ten über eini­ge Din­ge spre­chen, für die unter der Woche wenig Zeit bleibt. Wir mach­ten also einen Spa­zier­gang durch die Alt­stadt. Auf der Hörs­t­erstra­ße lie­fen wir an den Pol­lern vor­bei, die in der Mit­te der Fahr­bahn ste­hen und inzwi­schen eini­ge Meter in die Luft ragen, damit nie­mand sie mehr über­se­hen kann. An die­ser Stel­le waren eini­ge klei­ne­re Unfäl­le pas­siert. Das sind die unschö­nen Neben­ef­fek­te von Expe­ri­men­ten. Ein Pro­blem wird sicht­bar. Die ver­län­ger­ten Pol­ler sind eine Lösung. 

Die Bän­ke am Rand der Fahr­bahn sind wie­der­um der Ver­such, aus Vor­stel­lun­gen Erfah­run­gen zu machen. Wie es ist, auf einer Bank an einer ver­kehrs­be­ru­hig­ten Stra­ße zu sit­zen, das kön­nen vie­le Men­schen sich vor­stel­len. Wie es sich anfühlt, über die­se Stra­ße zu lau­fen, auf der Bank eine Pau­se zu machen, die Stil­le wahr­zu­neh­men und die gan­ze Atmo­sphä­re des Orts, das muss man schon erleben.

So wird es in andert­halb Wochen auch an der Wol­be­cker Stra­ße sein. Ges­tern hat die Stadt Müns­ter das Real­la­bor Wol­be­cker Stra­ße vor­ge­stellt, ein Expe­ri­ment, das am Frei­tag der nächs­ten Woche (17. Sep­tem­ber) beginnt und am Tag der Bun­des­tags­wahl (26. Sep­tem­ber) endet. In die­ser Zeit wird auf der Wol­be­cker Stra­ße eini­ges pas­sie­ren, das man sich zwar vor­stel­len kann, das man aber viel­leicht doch sehen muss, um ein Gefühl dafür zu bekommen.

Das alles pas­siert nicht ein­fach so, son­dern mit der Absicht, her­aus­zu­fin­den, wie die Stadt sich ver­än­dern kann und wahr­schein­lich sogar muss. Das könn­te die Stadt auch ein­fach so beschlie­ßen. Aber dann geht es unter Umstän­den aus wie beim Pro­jekt Hafen­markt, wo das vor­läu­fi­ge Ergeb­nis nun in Form einer Bau­rui­ne am Han­sa­ring steht. Oder an der Hit­torf­stra­ße, wo die Stadt Park­plät­ze strei­chen woll­te, aber nicht damit gerech­net hat, dass die Men­schen sich dage­gen weh­ren könn­ten (dort geht es übri­gens jetzt wei­ter).

Expe­ri­men­te kön­nen Wider­stän­de sicht­bar machen. Die FDP ver­schick­te gleich am Diens­tag­nach­mit­tag eine Pres­se­mit­tei­lung mit dem Titel: „Gute Idee, schlech­ter Zeit­punkt“. Die Kri­tik lau­tet: Zum Start des neu­en Semes­ters, des Schul­jah­res, und wo nun über­haupt lang­sam wie­der Nor­ma­li­tät ein­kehrt, auch im Berufs­ver­kehr, brin­ge das Real­la­bor nur neue Schwie­rig­kei­ten. Eine Fra­ge sei zudem: Ist so ein Ver­fah­ren vor den Pla­nun­gen sinn­voll? Außer­dem schreibt die FDP, über die Plä­ne hät­te man in den Gre­mi­en trans­pa­rent dis­ku­tie­ren müs­sen. Ihr Vor­schlag lau­tet: verschieben. 

Expe­ri­men­te kön­nen die Wider­stän­de aber auch auf­lö­sen, wenn es gelingt, Men­schen zu ver­mit­teln, dass die Ver­än­de­run­gen nicht über ihre Köp­fe hin­weg gesche­hen. Unter ande­rem das ist das Ziel des Real­la­bors an der Wol­be­cker Straße.

Das Labor­ge­biet ist der Abschnitt zwi­schen der Eisen­bahn­brü­cke und dem Han­sa­platz. Auf einem Teil der Stre­cke gehö­ren die Rad­we­ge dann andert­halb Wochen lang denen, die zu Fuß unter­wegs sind. Fahr­rä­der müs­sen auf die Fahr­bahn aus­wei­chen. Dort gilt Tem­po 20. Ein mobi­ler Markt­stand ist auf der gan­zen Stra­ße unter­wegs. Es sol­len Gesprä­che statt­fin­den. Mit­tags gibt es etwas zu essen. Auf dem Park­platz am Rewe-Super­markt steht der soge­nann­te Wol­be­cker Salon. Hier soll es um die gro­ßen The­men gehen, die die­se Ver­än­de­run­gen über­haupt erst not­wen­dig machen – und um mög­li­che Lösun­gen vor Ort.

Die Men­schen kön­nen selbst Vor­schlä­ge machen, zum Bei­spiel dazu, wie man die Park­plät­ze an der Stra­ße anders nut­zen könn­te. Anre­gun­gen fin­det man an der Hörs­t­erstra­ße: Bän­ke am Fahr­bahn­rand oder Holz­in­seln zum Sit­zen. Viel­leicht haben Sie selbst noch ande­re Ideen. Auf die­ser Sei­te kön­nen Sie Vor­schlä­ge ein­rei­chen. Dort fin­den Sie auch einen Über­blick über die drei Pha­sen des Real­la­bors. Das Pro­gramm hat die Stadt hier zusam­men­ge­stellt. Einen Über­blick über den zeit­li­chen Ablauf fin­den Sie hier. Und wenn Sie dar­über hin­aus mehr über die Vor­stel­lun­gen der Stadt Müns­ter zur Innen­stadt der Zukunft wis­sen möch­ten, fol­gen Sie am bes­ten die­sem Link. Er führt zur Sei­te des Pro­jekts „Stadt.Raum.Leben: Müns­ters Mit­te Machen“, das dem Real­la­bor den Rah­men gibt. Und Sie sehen schon: Ein wesent­li­cher Bestand­teil der Zukunft wird der visio­nä­re Drei­klang sein, bezie­hungs­wei­se sein Spe­zi­al­fall, der zupa­cken­de Drei­klang, des­sen drit­tes Ele­ment immer das Wort „Machen“ ist. Die CDU rich­tet schon seit eini­ger Zeit so gut wie alles auf die­sen Drei­klang aus, bun­des­weit („Deutsch­land gemein­sam machen“), in Müns­ter („Zukunft. Gerecht. Machen.“) und im ver­gan­ge­nen Jahr auch schon in Rhei­ne („Gemein­sam. Kin­der. Machen.“).

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Ein Vorschlag: Die sichere Kreuzung

Und dann möch­te ich Ihnen noch von einer Idee erzäh­len, die viel­leicht einen Ver­such wert wäre. Vor eini­ger Zeit schrieb Yan­nic Wer­rem­ei­er mir, ein Bau­in­ge­nieur aus Müns­ter, 30 Jah­re alt. Er hat als Ver­kehrs­pla­ner für die Stadt gear­bei­tet, ist gera­de in Eltern­zeit. Und er hat sich Gedan­ken dazu gemacht, wie man ein Pro­blem lösen könn­te, das jähr­lich vie­le Men­schen das Leben kos­tet: Abbie­ge­un­fäl­le an Kreuzungen.

In Deutsch­land sind laut Sta­tis­ta im ver­gan­ge­nen Jahr 426 Men­schen bei Fahr­rad­un­fäl­len gestor­ben. Und als die Poli­zei Müns­ter im März ihre Ver­kehrs­sta­tis­tik für das ver­gan­ge­ne Jahr vor­stell­te, sag­te Poli­zei­prä­si­dent Falk Schna­bel, Kol­li­sio­nen zwi­schen Fahr­rä­dern und nach rechts abbie­gen­den Fahr­zeu­gen mach­ten in Müns­ter ein Drit­tel aller Unfäl­le aus. Es sei die häu­figs­te Unfallursache.

Wenn man anfängt, sich mit dem Pro­blem zu beschäf­ti­gen, sieht man schnell: Es gibt nicht die ein­fa­che Lösung. Ent­schärft man an einer Stel­le ein Pro­blem, wirft man ein ande­res auf. Vor zwei Jah­ren hat der All­ge­mei­ne Deut­sche Fahr­rad­club (ADFC) eine gan­ze Fach­ta­gung zum The­ma siche­re Kreu­zun­gen ver­an­stal­tet. Der Gesamt­ver­band der Deut­schen Ver­si­che­rungs­wirt­schaft hat einen 150 Sei­ten lan­gen For­schungs­be­richt zu Abbie­ge­un­fäl­len erstellt, unter ande­rem am Bei­spiel Müns­ter. Dar­in steht etwa, dass in über 90 Pro­zent der Fäl­le die Schuld bei den Men­schen liegt, die im Auto sitzen.

Es gibt ver­schie­de­ne Ansät­ze und Model­le, die auf unter­schied­li­che Wei­se zu ver­hin­dern ver­su­chen, dass Autos oder Last­wa­gen Fahr­rä­der im toten Win­kel über­se­hen. Zum Bei­spiel Abbie­ge-Assis­ten­ten: Der Lkw-Her­stel­ler MAN hat erst im August ange­kün­digt, die Rück­spie­gel in sei­nen Fahr­zeu­gen durch Kame­ras zu ersetzen. 

Eine ande­re Mög­lich­keit sind Spie­gel: An vie­len Ampeln in Müns­ter hän­gen sol­che Spie­gel. Sie sol­len ver­hin­dern, dass Fahr­rä­der im toten Win­kel ver­schwin­den. Aber jeder Spie­gel ist ein wei­te­rer Punkt, auf den Men­schen im Auto ach­ten müs­sen. Daher sind die­se Hil­fen umstritten. 

Und dann gibt es noch Kreu­zun­gen nach nie­der­län­di­schem Vor­bild, die den Rad­ver­kehr und den Fuß­ver­kehr bes­ser abschir­men sol­len. Im Modell sieht das sehr über­zeu­gend aus, aber ob die­se Kreu­zun­gen wirk­lich bes­ser sei­en, das kön­ne man kaum sagen, sag­te Jörg Ortlepp von der Unfall­for­schung der Ver­si­che­rer in einem Vor­trag bei der ADFC-Tagung vor zwei Jah­ren. In Deutsch­land zei­ge die For­schung, dass die­se Art der Ver­kehrs­füh­rung für die Sicher­heit eher schäd­lich sei. „War­um genau, kann ich nicht sagen. Hat sich aber über meh­re­re Stu­di­en so erwie­sen“, sagt Jörg Ortlepp. Es bleibt unklar.

Yan­nic Wer­rem­ei­er fing vor zwei Jah­ren an, sich mit dem Pro­blem zu beschäf­ti­gen. Er hat­te einen Blog­bei­trag des Netz­werks Fahrradstadt.ms gele­sen, in dem der Autor Simon Chro­bak sich kri­tisch mit den Plä­nen der Stadt beschäf­tig­te, Kreu­zun­gen durch län­ge­re Grün­pha­sen siche­rer zu machen. „Sicher­heit ja, aber auf kei­nen Fall zu Las­ten des moto­ri­sier­ten Ver­kehrs“, schrieb er in sei­nem Bei­trag. Wer­rem­ei­er begann, sich Gedan­ken zu machen. Das Ergeb­nis war ein zehn­sei­ti­ges Doku­ment mit dem Titel „Gleich­be­rech­ti­gung an Ampel­kreu­zun­gen“, in dem er die gän­gi­gen Kreu­zungs­va­ri­an­ten erklärt und ihnen eine Vari­an­te gegen­über­stellt, deren mar­kan­tes Merk­mal ist: Fahr­rä­der und Fuß­ver­kehr über­que­ren die Kreu­zung in einer Ampel­pha­se diagonal.

Das ist kei­ne völ­lig neue Idee. Die Stadt Det­mold hat so etwas eben­falls aus­pro­biert. Doch das Modell in Det­mold unter­schei­det sich von dem Wer­rem­ei­ers. Die Gefahr von Unfäl­len durch Autos, die nach rechts abbie­gen, bestehe wei­ter­hin, sagt er.

Yan­nic Wer­rem­ei­ers Modell exis­tiert in ver­schie­de­nen Vari­an­ten für Kreu­zun­gen mit unter­schied­lich vie­len Fahr­spu­ren. Wir haben eine davon her­aus­ge­grif­fen, um das Prin­zip deut­lich zu machen.

Die Abbil­dun­gen zei­gen vier ver­schie­de­ne Ampelschaltungen.

Fuß­ver­kehr und Rad­ver­kehr über­que­ren die Fahr­bahn dia­go­nal. Der Auto­ver­kehr biegt nach rechts ab, ohne den übri­gen Ver­kehr zu kreuzen.

Fuß­ver­kehr, Rad­ver­kehr und Auto­ver­kehr fah­ren par­al­lel zuein­an­der. Die nach links abbie­gen­den Autos kreu­zen zwar den ent­ge­gen­kom­men­den Auto­ver­kehr und den Rad- und Fuß­ver­kehr. Aber der tote Win­kel ist kein Problem.

Hier über­que­ren Fuß­ver­kehr und Rad­ver­kehr die Kreu­zung über die ande­re dia­go­na­le Achse.

Die­se Abbil­dung zeigt die glei­che Situa­ti­on wie in Dar­stel­lung zwei, nur aus einer ande­ren Richtung.

Die Vor­tei­le hat Yan­nic Wer­rem­ei­er in einer lan­gen Lis­te auf­ge­führt. Unfäl­le durch nach rechts abbie­gen­de Autos sind kaum noch mög­lich. Durch die kür­ze­ren Wege bleibt mehr Zeit für die Grün­pha­sen. Die roten War­te­flä­chen für den Rad­ver­kehr, die man an vie­len Kreu­zun­gen sieht, sind nicht not­wen­dig. Aber es gibt auch eini­ge Nach­tei­le. Der größ­te ist sicher­lich: Für den gera­de­aus fah­ren­den und links abbie­gen­den Auto­ver­kehr geht es nicht mehr ganz so schnell. Das kann ein star­kes Argu­ment gegen die­se Vari­an­te sein. Aber es hängt von der Per­spek­ti­ve ab.

Jörg Ortlepp von der Unfall­for­schung der Ver­si­che­rer sagt am Ende sei­nes Vor­trags, in den Ver­wal­tungs­vor­schrif­ten ste­he ein tol­ler Satz: Sicher­heit gehe vor Leis­tungs­fä­hig­keit. Sein Plä­doy­er sei: „Wenn irgend­je­mand sagt: Aus Grün­den der Leis­tungs­fä­hig­keit darf ich jetzt hier nix machen, um die Sicher­heit zu ver­bes­sern, der gehört gestei­nigt.“ Das klingt etwas dras­tisch. Aber die Aus­sa­ge ist klar.

Wir haben auch die Ver­kehrs­fach­leu­te der Stadt Müns­ter gefragt, was sie von den Vor­schlag hal­ten. Von dort kommt die Aus­kunft: Um wirk­lich ver­läss­li­che Aus­sa­gen machen zu kön­nen, müss­te man das Modell begut­ach­ten las­sen. Ob so etwas mög­lich ist, sei zum Bei­spiel davon abhän­gig, wie stark der Ver­kehr auf einer Kreu­zung sei. Der Rad­ver­kehr und der Fuß­ver­kehr müss­ten genü­gend Platz haben. Das sei auf den engen Kreu­zun­gen in Deutsch­land oft nicht der Fall. Man müs­se über­prü­fen, ob das Modell wirk­lich siche­rer sei. Grund­sätz­lich spre­che aber erst ein­mal nichts gegen die­se Idee. Man müss­te es aus­pro­bie­ren, sag­te man uns. Oder in ande­ren Wor­ten: Es käme auf einen Ver­kehrs­ver­such an.

Möch­ten Sie den Bei­trag kom­men­tie­ren? Dann nut­zen Sie unse­re Kom­men­tar­funk­ti­on. Wenn Sie uns auf Feh­ler auf­merk­sam machen möch­ten, schrei­ben Sie uns gern eine E-Mail. 

Kor­rek­tur­hin­weis:

In den bei­den Abbil­dun­gen, die zei­gen, wie der Fuß- und Rad­ver­kehr die Kreu­zung dia­go­nal über­quert, fehl­ten ursprüng­lich die nach rechts abbie­gen­den Fahr­rä­der. Wir haben sie nach­träg­lich hinzugefügt. 

In aller Kürze

+++ Das ZDF Maga­zin Roya­le hat zusam­men mit der Nach­rich­ten­sei­te Netzpolitik.org die Wiki­pe­dia-Ein­trä­ge von 709 Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten aus­ge­wer­tet und her­aus­ge­fun­den, dass eini­ge der Sei­ten auf recht zwei­fel­haf­te Wei­se ent­stan­den sind. Jan Böh­mer­mann hat das Ergeb­nis am Frei­tag­abend in sei­ner Sen­dung vor­ge­stellt. Für Müns­ter haben wir uns die Sei­ten der Men­schen ange­se­hen, die für den Bun­des­tag kan­di­die­ren. Das sind 14, aber nur drei von ihnen haben einen Wiki­pe­dia-Ein­trag: Maria Klein-Schmeink (Grü­ne), Ste­fan Nacke (CDU) und Sven­ja Schul­ze (SPD). Mit­hil­fe die­ses Such­werk­zeugs kann man her­aus­fin­den, wer an einer Sei­te mit­ge­schrie­ben hat. Im Fall von Ste­fan Nacke etwa stammt der Text zu einem knap­pen Drit­tel von ihm selbst und sei­nem Büro. Das sieht auf den ers­ten Blick etwas selt­sam aus. Das ist es aber nicht. Es ist trans­pa­rent. Und das scheint nicht selbst­ver­ständ­lich zu sein. Viel span­nen­der wird’s aller­dings nicht. Die drei Ein­trä­ge tra­gen recht nüch­tern bio­gra­fi­sche Fak­ten zusam­men. Gro­ße Dis­kus­sio­nen über Ände­run­gen gibt es nicht. Bei der Gele­gen­heit haben wir uns auch den Ein­trag von Ober­bür­ger­meis­ter Mar­kus Lewe ange­se­hen, den zu etwa 40 Pro­zent jemand mit dem Namen STBR geschrie­ben hat. Wer sich dahin­ter ver­birgt, ist aller­dings im Moment nicht her­aus­zu­fin­den. STBR schreibt nicht mehr, oder nur noch ganz sel­ten. Begrün­dung: „Wegen aus­ufern­den Unsinns ver­mut­lich län­ger­fris­tig nicht mehr oder nur ganz spo­ra­disch aktiv.“

Und eine Offen­le­gung: Chris­ti­an Hum­borg, einer der RUMS-Grün­der, ist Geschäfts­füh­ren­der Vor­stand von Wiki­me­dia. Das ist der Ver­ein, der die Wiki­pe­dia unterstützt.

Corona-Update

Es gibt eini­ge Par­al­le­len zu der Situa­ti­on im ver­gan­ge­nen Jahr. Eine wei­te­re Wel­le kün­digt sich an, mög­li­cher­wei­se hat sie längst begon­nen. Vor einem Jahr war so gut wie nie­mand geimpft. In Gefahr waren die Alten. Und nun lie­gen sehr vie­le Men­schen unter 50 in den Kli­ni­ken, die noch kei­ne Imp­fung erhal­ten haben. Die Uni­kli­nik Müns­ter will über die­ses Pro­blem am Don­ners­tag in einer Pres­se­kon­fe­renz die Öffent­lich­keit infor­mie­ren. Ande­re Län­der mel­den bereits Rekord­zah­len bei infi­zier­ten Men­schen unter 50 Jah­ren. Und ein Blick nach der Ber­lin: Der Bun­des­tag hat heu­te eini­ge neue Regeln beschlos­sen. Maß­geb­lich zur Beur­tei­lung der Pan­de­mie­la­ge soll künf­tig vor allem sein, wie vie­le Infi­zier­te in den Kran­ken­häu­sern lie­gen. Außer­dem dür­fen Kitas, Schu­len und Pfle­ge­hei­me ihre Beschäf­tig­ten fra­gen, ob sie geimpft sind. Die Wochen­in­zi­denz (Neu­in­fek­tio­nen pro 100.000 Men­schen inner­halb einer Woche) wird in Zukunft aller­dings nicht völ­lig bedeu­tungs­los. Sie wird einer von meh­re­ren wei­te­ren Indi­ka­to­ren sein. Die Stadt Müns­ter mel­det für heu­te einen Wert von 58,8 . Damit gel­ten zur­zeit 343 Men­schen in der Stadt als infi­ziert. 19 lie­gen in den Kran­ken­häu­sern, 10 auf den Intensivstationen.

Unbezahlte Werbung

Es ist mög­lich, über tau­send Euro für ein Tablet aus­zu­ge­ben, aber wenn man mit dem Schreib­tisch­stuhl drü­ber­fährt, ist es trotz­dem kaputt. Das weiß ich von einer Freun­din, die die­ses Gerät nicht ver­si­chert hat­te, aber schnell ein neu­es brauch­te, nur nicht noch ein­mal tau­send Euro aus­ge­ben woll­te. Ein Tipp in so einem Fall: Das Com­pu­ter­ge­schäft Laps­t­o­re am Bült ver­kauft gebrauch­te Com­pu­ter, Tablets und Smart­phones, von Apple, Leno­vo und ande­ren Her­stel­lern. Sie sind sehr viel güns­ti­ger als neue Gerä­te, aller­dings wohl auch nicht büro­stuhl­si­cher. Bei Laps­t­o­re kön­nen Sie online bestel­len. Als ich mir neu­lich ein Smart­phone dort gekauft habe, brach­te ein Bote die Bestel­lung noch am glei­chen Tag.

Drinnen und Draußen 

Die Ver­an­stal­tungs­ka­len­der hat heu­te Eva Streh­l­ke durch­ge­se­hen. Sie hat fol­gen­de Empfehlungen. 

+++ Mouha­nad Khor­chi­de, der Lei­ter des Zen­trums für Isla­mi­sche Theo­lo­gie, war am 11. Sep­tem­ber 2001 im sau­di-ara­bi­schen Riad bei sei­ner Fami­lie. Dort erleb­te er die Anschlä­ge auf das World-Trade-Cen­ter. Am Don­ners­tag­abend um 18 Uhr wird er in einer Video­kon­fe­renz mit dem Mode­ra­tor Mein­hard Schmidt-Degen­hard über die­sen Tag spre­chen, vor allem aber über die Fol­gen. Wenn Sie zuhö­ren möch­ten, kön­nen Sie sich hier anmel­den. Die Teil­nah­me ist kostenlos. 

+++ Und noch ein Tipp für Don­ners­tag: Das Euro­päi­sche Poet­ry-Slam-Fes­ti­val ist in der Black Box im Cuba an der Ach­ter­mann­stra­ße zu Gast. Auf der Büh­ne ste­hen: Wer­o­ni­ka, Lewan­dows­ka (Polen), Felix Mai­er (Ita­li­en), Lisa Christ (Schweiz), Yan­nick Stein­kell­ner (Öster­reich), Meral Zieg­ler (Deutsch­land) und Luca Swie­ter (Deutsch­land). Los geht es um 20 Uhr. Tickets kos­ten 11,48 Euro, buchen kön­nen Sie hier.

Und ich möch­te auch noch zwei Ver­an­stal­tun­gen emp­feh­len, an denen ich ehren­amt­lich betei­ligt bin. 

+++ Das ist zum einen die TEDx­Müns­ter-Kon­fe­renz, die am 18. Sep­tem­ber, einem Sams­tag, im Fürs­ten­berg­haus statt­fin­det. Ich bin Teil des ehren­amt­li­chen Orga­ni­sa­ti­ons­teams. Falls Sie das For­mat nicht ken­nen: Die Ver­an­stal­tung besteht aus neun Vor­trä­gen, die in etwa eine Vier­tel­stun­de lang sind. Es geht um Ideen aus ganz unter­schied­li­chen Fach­ge­bie­ten, die wir für so gut hal­ten, dass wir den­ken: Die­se Ideen soll­ten viel bekann­ter wer­den. Wenn Sie sich dar­un­ter noch immer nichts vor­stel­len kön­nen, schau­en Sie sich am bes­ten die­sen Vor­trag von Dirk von Geh­len an, dem Inno­va­ti­ons­chef der Süd­deut­schen Zei­tung. Er hat vor zwei Jah­ren bei der TEDx­Müns­ter, damals noch im Thea­ter, dar­über gespro­chen, wie man mit dem Neu­en umgeht. Wenn Sie Lust haben, in die­sem Jahr dabei zu sein, Tickets gibt es hier.

+++ Die ande­re Emp­feh­lung ist das Fes­ti­val der Demo­kra­tie, das vom 2. bis 10. Okto­ber (Sams­tag bis zum dar­auf­fol­gen­den Sonn­tag) an ver­schie­de­nen Orten in Müns­ter statt­fin­det. In dem Fall habe ich mit der Orga­ni­sa­ti­on nichts zu tun. Ich mode­rie­re ledig­lich eine Podi­ums­dis­kus­si­on, die Teil des Fes­ti­vals ist, und die am 5. Okto­ber, einem Diens­tag, im Foy­er des LWL-Muse­ums für Kunst und Kul­tur statt­fin­det. Das The­ma ist die Fra­ge, wie wir unse­re Demo­kra­tie gestal­ten wol­len. Auf dem Podi­um sit­zen unter ande­rem unse­re Kolum­nis­tin Mari­na Weis­band und unser Kolum­nist und Mit­grün­der Klaus Brink­bäu­mer. Wenn Sie Lust haben, sich das anzu­se­hen, Tickets gibt es hier. Das übri­ge wirk­lich sehr span­nen­de Pro­gramm des Fes­ti­vals fin­den Sie auf die­ser Sei­te. Wenn Sie auf einen Blick sehen möch­ten, wer alles dabei ist, eine Über­sicht fin­den Sie hier.

Am Frei­tag schreibt Ihnen Con­stan­ze Busch. Haben Sie bis dahin eine gute Woche. 

Herz­li­che Grü­ße
Ralf Heimann

Mit­ar­beit: Eva Strehlke


PS

Neben unse­rem Wahl­kom­pass für Müns­ter gibt es inzwi­schen vie­le wei­te­re Online-Ent­schei­dungs­hil­fen zur Bun­des­tags­wahl. Das schrie­ben wir schon im RUMS-Brief am Frei­tag. Aber es wer­den fast täg­lich mehr. Des­we­gen müs­sen wir noch ein­mal dar­auf zurück­kom­men. Jetzt hat auch noch die Sati­re­sei­te Pos­til­lon ein Ange­bot auf dem Markt, den Pos­till-O-Mat, der ganz ähn­lich funk­tio­niert wie der Wahl­kom­pass, nur mit etwas ande­ren The­sen, zu denen Sie sich posi­tio­nie­ren müs­sen. The­se 10 lau­tet zum Bei­spiel: „Deutsch­land soll die nächs­te Coro­na-Wel­le aus­las­sen.“ The­se 14 wäre: „Alles wird gut.“ Noch etwas schö­ner ist aller­dings The­se 19/06 im Wahl-O-Mat, die es in der Ori­gi­nal­ver­si­on lei­der nicht gibt, den Screen­shot hat ein inof­fi­zi­el­ler Preu­ßen-Müns­ter-Twit­ter-Account zusam­men­ge­bas­telt. Die The­se lau­tet: „Im DFB-Pokal soll­te es erlaubt sein, sechs Mal zu wech­seln.“ Im Bild ist schon eine Ant­wort ange­klickt: „Stim­me nicht zu.“