Ist Münster schon smart? | Ärger um neue Wahlbezirke | Merakî

Müns­ter, 10. Novem­ber 2020

Guten Tag,

die Stadt der Zukunft soll ver­netzt, digi­tal und nach­hal­tig sein. Oder wie man in der Stadt­pla­nungs­bran­che sagt: eine Smart City. Um die­ses Ziel zu errei­chen, hat Müns­ter vor einem Jahr eine Stabs­stel­le ein­ge­rich­tet. Dort arbei­tet ein fünf­köp­fi­ges Team an einer Stra­te­gie. Und es scheint gut voranzugehen. 

Im Smart-City-Index des Digi­tal­ver­bands Bit­kom ist Müns­ter in die­sem Jahr von Platz 27 auf Platz 14 (von ins­ge­samt 81) geklet­tert. Das klingt her­vor­ra­gend. Aber was bedeu­tet das? Wir haben mit André Wolf und Tho­mas Ter­stie­ge von der Stabs­stel­le „Smart City Müns­ter“ und mit Sven­ja Ham­pel von Bit­kom gespro­chen und fest­ge­stellt: Es ist alles nicht ganz so einfach. 

Con­stan­ze Busch und Marie Schwe­sin­ger haben für RUMS ver­sucht, die fünf wich­tigs­ten Fra­gen zu beant­wor­ten. Die aller­ers­te lautet: 

Was bedeutet überhaupt Smart City?

Das ist auch gleich das ers­te Pro­blem: Eine ver­bind­li­che Defi­ni­ti­on gibt es näm­lich nicht. Des­halb sind Erfol­ge sehr schwer zu mes­sen und zu ver­glei­chen. Ganz grob geht es in Smart Cities dar­um, das Leben mit Hil­fe von digi­ta­len Tech­no­lo­gien effi­zi­en­ter, nach­hal­ti­ger und ange­neh­mer zu gestalten.

Wie unter­schied­lich das in der Pra­xis aus­se­hen kann, zei­gen drei bekann­te Beispiele. 

I.

Als das Modell­pro­jekt in Euro­pa schlecht­hin gilt das Hafen­vier­tel „Kalasa­ta­ma“ in Hel­sin­ki, das zu einem smar­ten Stadt­teil umge­stal­tet wird. 3.000 Men­schen woh­nen in dem Vier­tel, 2030 sol­len es 25.000 Men­schen sein. Die Men­schen leben in Woh­nun­gen, die ihren Ener­gie­ver­brauch mes­sen und selbst regu­lie­ren: Ist nie­mand zu Hau­se, geht der Strom aus. Der Müll wird über unter­ir­di­sche Roh­re voll­au­to­ma­tisch abgesaugt.

II.

So ähn­lich sehen die Häu­ser auch in Song­do aus, der Vor­zei­ge-Smart-City in Süd­ko­rea. Die Stadt wur­de so geplant, dass die Bewohner:innen alle Wege mit dem Fahr­rad zurück­le­gen kön­nen. Die meis­ten Dächer sind mit Solar­mo­du­len aus­ge­rüs­tet. Zwi­schen den Wohn­vier­teln liegt eine Grün­flä­che, der „Cen­tral Park“. Auf Men­schen aus Euro­pa wirkt Song­do aller­dings auch ein biss­chen gru­se­lig: Die Mitarbeiter:innen in der städ­ti­schen Ein­satz­zen­tra­le haben über hun­der­te Kame­ras jeden Win­kel im Blick und mischen sich über Mikro­fo­ne an Later­nen­mas­ten manch­mal ins Gesche­hen ein.

III.

Drit­te Stadt, drit­tes Kon­zept: Darm­stadt. Klingt erst mal nicht ganz so smart, gehört aber in Deutsch­land zu den Vor­rei­tern. Eini­ge Ideen dort sind: In einer Mobi­li­täts-App fin­det man alle Ver­kehrs­da­ten im Über­blick, etwa Fahr­zei­ten und ande­re Daten, Infor­ma­tio­nen aus dem öffent­li­chen Nah­ver­kehr, einem Car­sha­ring-Ange­bot, einem Leih­rad­sys­tem und einer Platt­form für Mit­fahr­ge­le­gen­hei­ten. Die App erleich­tert die Rou­ten­pla­nung. Und: An Ampel­kreu­zun­gen sam­meln Sen­so­ren Ver­kehrs­da­ten ein. Die wer­den aus­ge­wer­tet, um den Ver­kehrs­fluss zu opti­mie­ren: Wenn Autos nicht so oft brem­sen und wie­der anfah­ren müs­sen, spa­ren sie Sprit und sto­ßen weni­ger Schad­stof­fe aus.

Wie soll das kluge Münster der Zukunft aussehen?

Ein biss­chen so wie das smar­te Darm­stadt. Das wich­tigs­te Schlag­wort heißt „Ver­net­zung“. Die sei aber nicht nur digi­tal (zum Bei­spiel durch eine Mobi­li­täts-App) zu ver­ste­hen, sag­ten uns André Wolf und Tho­mas Ter­stie­ge von der Stabs­stel­le. Die Men­schen in Müns­ter sol­len auch ganz ana­log Gar­ten­ge­rä­te und ande­re All­tags­ge­gen­stän­de mit der Nach­bar­schaft tei­len, auch Autos und Fahr­rä­der. Die­se Idee ist nicht neu, und bis­her funk­tio­niert die Sha­ring Eco­no­my (Wirt­schaft des Tei­lens) noch nir­gend­wo im gro­ßen Stil. Aber bis zur Zukunft ist ja auch noch etwas Zeit. 

Genaue­res zur Zukunft der Stadt wer­den wir vor­aus­sicht­lich im Früh­jahr erfah­ren. Bis dahin wer­de die Stabs­stel­le ihre ers­te Smart-City-Stra­te­gie aus­ar­bei­ten. Anschlie­ßend sol­len auch die Men­schen in Müns­ter und die Poli­tik an der Dis­kus­si­on betei­ligt wer­den, sag­te uns André Wolf. Was auf jeden Fall im Stra­te­gie­pa­pier ste­hen wer­de: Müns­ter soll auf Open-Source-Soft­ware set­zen (also auf Com­pu­ter­pro­gram­me, die von allen genutzt wer­den kön­nen), und Müns­ter soll mit ande­ren Städ­ten koope­rie­ren. Sol­che Netz­wer­ke könn­ten Geld spa­ren, weil nicht jede Kom­mu­ne jede Soft­ware selbst ent­wi­ckeln müsse.

Was wird die smarte Stadt kosten?

Das ist schwer zu sagen, weil noch gar nicht klar ist, wel­che Pro­jek­te wie umge­setzt wer­den. Das Ziel sei, dass smar­te Ideen Res­sour­cen und damit Geld spa­ren und damit die Aus­ga­ben wie­der aus­glei­chen, sag­te uns André Wolf.

Ob das klap­pen wird, lässt sich zur­zeit eben­falls nicht beur­tei­len, denn es gibt noch kei­ne Pro­jekt­lis­te. Die Per­so­nal­kos­ten für die Stabs­stel­le (fünf Mitarbeiter:innen auf ins­ge­samt vier Voll­zeit­stel­len) soll­ten neben den Pro­jekt­aus­ga­ben aber eben­falls in die Bilanz einfließen.

Laut Stabs­stel­len-Team will die Stadt künf­tig auch För­der­mit­tel bean­tra­gen. Das könn­te so aus­se­hen wie bei den 32 Modell­pro­jek­ten, die das Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um mit Geld aus­ge­stat­tet hat. Um Anträ­ge zu stel­len, braucht es aber erst ein­mal kon­kre­te Pläne.

Gibt es schon Pilotprojekte?

Jein. Es gibt eini­ge Vor­ha­ben. Sie sind aber noch nicht flä­chen­de­ckend umge­setzt. Eines davon ist ein Pro­jekt zur Mobi­li­tät, der Grü­ne-Wel­le-Assis­tent „Lee­zen­flow“. Die Idee: LED-Dis­plays zei­gen an, wie lan­ge die nächs­te Ampel noch grün oder rot ist. Wer mit dem Rad auf die Ampel zufährt, sieht dann gleich, ob sich das Brem­sen schon lohnt. Die ers­te Anzei­ge soll vor­aus­sicht­lich im kom­men­den Früh­jahr an der Kreu­zung Promenade/Hörster Tor auf­ge­stellt wer­den. Sie kos­tet 40.000 Euro, davon wer­den vor­aus­sicht­lich 28.000 Euro über För­der­mit­tel abge­deckt. Wenn sich der Pro­to­typ bewährt, sol­len spä­ter auch an vie­len ande­ren Ampeln im Stadt­ge­biet Lee­zen­flow-Anzei­gen auf­ge­stellt wer­den. Die­se wür­den wesent­lich güns­ti­ger, weil in den 40.000 Euro für das ers­te Gerät auch die Ent­wick­lungs­kos­ten ent­hal­ten sei­en, sag­te uns die Stabsstelle.

Die Idee für den „Lee­zen­flow“ ist 2019 beim „Müns­ter Hack“ ent­stan­den. Zu die­sem Hacka­thon (zusam­men­ge­setzt aus „Hack“ und „Mara­thon“) tref­fen sich jedes Jahr jun­ge Com­pu­ter­spe­zis im Digi­tal Hub am Hafen und arbei­ten gemein­sam an neu­en Ideen für die Stadt. 2020 gewann die App „Kli­ma Heroes“, die für einen nach­hal­ti­gen Lebens­stil begeis­tern soll.

Zu Kli­ma­schutz und Nach­hal­tig­keit soll auch die soge­nann­te Ther­mo­gra­fie­be­flie­gung bei­tra­gen: Ein Flug­zeug wird mit Wär­me­bild­ka­me­ras Luft­auf­nah­men von den Wohn­ge­bie­ten in Müns­ter machen. Auf die­sen Bil­dern sind Schwach­stel­len in der Iso­lie­rung von Haus­dä­chern zu erken­nen. Wer ein Haus besitzt, soll die Daten (frei­wil­lig) ein­se­hen kön­nen, anschlie­ßend bie­ten Umwelt­amt und Ver­brau­cher­zen­tra­le eine Bera­tung an, um das Haus bes­ser zu dämmen.

Und warum hat Münster im Bitkom-Ranking so gut abgeschnitten, obwohl die Smart-City-Strategie gerade erst entwickelt wird?

Weil Bit­kom für den Smart-City-Index vie­le ande­re Kri­te­ri­en zugrun­de legt als das, was die städ­ti­sche Stabs­stel­le sich vor­ge­nom­men hat. Das Bit­kom-Team recher­chiert unter ande­rem auf den städ­ti­schen Web­sites, in ver­schie­de­nen Sta­tis­ti­ken und auf tou­ris­ti­schen Web­sites, wie digi­tal die 81 deut­schen Groß­städ­te (min­des­tens 100.000 Einwohner:innen) auf­ge­stellt sind. Inter­es­sant sind hier laut Web­site unter ande­rem Mobi­li­täts­an­ge­bo­te zum Tei­len, Online-Ser­vice-Ange­bo­te, intel­li­gen­te Ampel­an­la­gen und die Breitbandverfügbarkeit.

Pro­jekt­lei­te­rin Sven­ja Ham­pel hat für uns in ihre Unter­la­gen geschaut und uns ver­ra­ten, womit genau Müns­ter in die­sem Jahr punk­ten konn­te. Im The­men­ge­biet „Ver­wal­tung“ sei das zum Bei­spiel die City-App – gemeint ist hier die App der Stadt­wer­ke. Der Grund: Im App-Store wur­de die Anwen­dung Sven­ja Ham­pel zufol­ge gut bewer­tet, ein Plus war auch die Fahr­plan­aus­kunft. Deut­lich zuge­legt habe Müns­ter auch dank der digi­ta­len Rats­ar­beit und dadurch, dass die Stadt­ver­wal­tung zumin­dest teil­wei­se auf eine elek­tro­ni­sche Akten­füh­rung umge­stellt habe.

Im Bereich „Gesell­schaft“ habe es Punk­te für eine leben­di­ge Digi­tal­sze­ne gege­ben, etwa die Regio­nal­grup­pen des Cha­os Com­pu­ter Clubs und von Code for Ger­ma­ny. Posi­tiv bewer­tet wur­den außer­dem die Vir­tu­al-Rea­li­ty-Spiel­sta­ti­on des Cine­plex und ein vir­tu­el­les Tou­ris­mus-Ange­bot: ein 360-Grad-Rund­gang durch den Bota­ni­schen Garten.


In aller Kürze

+++ Weil Müns­ter wächst, wird die Stadt zur Land­tags­wahl in zwei Jah­ren in drei neue Wahl­be­zir­ke auf­ge­teilt (bis­her waren es zwei). Das Pro­blem dabei: Für drei neue Wahl­be­zir­ke ist Müns­ter allein dann doch zu klein. Daher zer­teilt die Lan­des­re­gie­rung die Innen­stadt in drei Kuchen­stü­cke, die aber über die Kreis­gren­zen hin­aus bis in die Krei­se Coes­feld und Stein­furt rei­chen. Hier im Geset­zes­ent­wurf ist zu sehen, wie die drei neu­en Wahl­krei­se zuge­schnit­ten sind (ab Sei­te 40). Für die CDU, die in Düs­sel­dorf zusam­men mit der FDP über den neu­en Zuschnitt ent­schei­det, hät­ten die neu­en Wahl­krei­se den Vor­teil, dass Direkt­man­da­te der Grü­nen in Müns­ters Innen­stadt unmög­lich wür­den. Die grü­ne Hoch­burg im Zen­trum wür­de in drei Stü­cke zer­teilt. Das kri­ti­sie­ren nun die übri­gen Par­tei­en, nicht nur die Grü­nen. Müns­ters SPD-Chef Robert von Olberg nennt das laut einer Pres­se­mit­tei­lung sei­ner Par­tei „selbst­herr­lich statt sach­ge­recht, demo­kra­tie­schä­di­gend statt demo­kra­tie­stär­kend“. Die FDP dage­gen sieht gera­de im neu­en Zuschnitt den Ver­such, Grä­ben zu über­win­den. Ein Innen­stadt­wahl­kreis „hät­te Span­nung und Spal­tung nur ver­tieft“, sag­te der FDP-Kreis­vor­sit­zen­de Paa­vo Czwik­la den West­fä­li­schen Nach­rich­ten. Dass Par­tei­en sich die Wahl­krei­se so zuschnei­den, dass ihre eige­nen Erfolgs­aus­sich­ten maxi­miert wer­den, wäre aller­dings kei­ne Aus­nah­me. In den USA gibt es für die­ses Vor­ge­hen sogar ein eige­nes Wort: Ger­ry­man­de­ring. In Rhein­land-Pfalz hat der Ver­fas­sungs­ge­richts­hof vor fünf Jah­ren in einem Beschluss fest­ge­legt, dass der Gesetz­ge­ber sei­ne Kri­te­ri­en und Erwä­gun­gen für die Ent­schei­dung genau doku­men­tie­ren muss. Das Argu­ment der Grü­nen für einen ande­ren Zuschnitt steht in §13 Abs. 2 des Lan­des­wahl­ge­set­zes: „Auf die Gren­zen der Krei­se und kreis­frei­en Städ­te ist nach Mög­lich­keit Rück­sicht zu neh­men.“ Das wäre auch mög­lich gewe­sen. Es gab einen Alter­na­tiv­vor­schlag (ab Sei­te 15), nach dem es zwei Innen­stadt­wahl­krei­se und einen mit einer Ver­bin­dung nach Coes­feld gege­ben hät­te. Was gegen die­sen Vor­schlag spricht, wird im Land­tag sicher noch The­ma sein. Mor­gen steht der Geset­zes­ent­wurf dort zum ers­ten Mal auf der Tagesordnung.

+++ Unge­wöhn­li­cher Titel für eine Pres­se­mit­tei­lung: „Auf den Schul­we­gen alles wie gewohnt.“ Das mel­de­te die Stadt am Mon­tag und griff damit noch ein­mal die Ankün­di­gung der Initia­ti­ve „Quer­den­ken 711“ auf, Kin­der vor Schu­len anzu­spre­chen und dar­auf hin­zu­wei­sen, wie gefähr­lich Mas­ken sei­en. Laut der Initia­ti­ve war das gar kei­ne Ankün­di­gung, son­dern ein „Test der Kom­mu­ni­ka­ti­ons­struk­tu­ren“. Wir hat­ten im RUMS-Brief am Frei­tag dar­über geschrie­ben. Und ent­we­der ist beim Test etwas schief­ge­lau­fen oder irgend­wer hat die Ankün­di­gung zum Anlass genom­men, selbst mis­sio­na­risch tätig zu wer­den. Der Schul­lei­ter des Pas­cal-Gym­na­si­ums hat den West­fä­li­schen Nach­rich­ten erzählt, drei sei­ner Schü­ler sei­en an unter­schied­li­chen Orten in der Stadt von Maskengegner:innen ange­spro­chen wor­den. Nach einer orga­ni­sier­ten Akti­on klingt das aller­dings eher nicht. Aber mit so was muss man bei „Quer­den­ken“ ja anschei­nend rechnen.

+++ Knei­pen, Gast­stät­ten, Cafés und Restau­rants blei­ben vor­erst wei­ter geschlos­sen. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat am Mon­tag einen Eil­an­trag abge­lehnt, mit dem die Schlie­ßung rück­gän­gig gemacht wer­den soll­te. Hun­dert­pro­zen­tig sicher waren die Rich­ter sich aber anschei­nend nicht. Sie urtei­len, die Schlie­ßung sei „vor­aus­sicht­lich ver­hält­nis­mä­ßig“. Mehr Erfolg mit sei­ner Kla­ge hat­te ein Düs­sel­dor­fer, der errei­chen woll­te, dass die in der gan­zen Stadt gel­ten­de Mas­ken­pflicht auf­ge­ho­ben wird. Das gelang ihm auch, wie der WDR mel­det. Aller­dings wäre er nach dem Urteil der ein­zi­ge Mensch in der Stadt gewe­sen, für den die Mas­ken­pflicht nicht mehr gilt. Weil das auch selt­sam gewe­sen wäre, hat die Stadt die Mas­ken­pflicht ab heu­te auch für alle ande­ren auf­ge­ho­ben. In Müns­ters Innen­stadt sind Mas­ken wei­ter­hin vorgeschrieben.

+++ Seit dem Früh­jahr sind deut­lich weni­ger jun­ge Men­schen nach Müns­ter gezo­gen als im ver­gan­ge­nen Jahr. Und es sind auch weni­ger weg­ge­zo­gen. Das Pres­se­amt der Stadt hat die Zah­len für uns her­aus­ge­sucht: Seit Anfang April haben sich 6.800 Men­schen im Alter von 18 bis 30 Jah­ren in Müns­ter ange­mel­det. Vor einem Jahr zähl­te die Stadt im glei­chen Zeit­raum 8.777 Mel­dun­gen, also 1.977 mehr. Bei den Weg­zü­gen war die Dif­fe­renz nicht ganz so groß. Abge­mel­det haben sich seit April 5.962 Men­schen – ja, es sind vie­le Zah­len, aber es hört gleich auf –, vor einem Jahr waren es 6.762, genau 800 mehr. Eine Fra­ge, die Sie sich nun wahr­schein­lich stel­len: War­um denn nur jun­ge Men­schen? Die Ant­wort ist: Wir woll­ten wis­sen, ob Stu­die­ren­de wegen der Pan­de­mie auf einen Umzug ver­zich­tet haben. Und das kann den Zah­len nach durch­aus sein. Aber wir wis­sen es nicht. Die Stadt schreibt: „Über die Grün­de lässt sich nur spekulieren.“

+++ Der neue Rat der Stadt tagt mor­gen Abend zum ers­ten Mal nach der Kom­mu­nal­wahl – wie­der im Coro­na-Modus in der Hal­le Müns­ter­land. Die 66 Mit­glie­der aus zehn Par­tei­en wer­den unter ande­rem über die Bil­dung der Aus­schüs­se ent­schei­den. Wich­tig ist vor allem der Haupt- und Finanz­aus­schuss, ein klei­ner reprä­sen­ta­tiv zusam­men­ge­setz­ter Teil des Rates. Er könn­te auch dann ent­schei­den, wenn es wegen der Pan­de­mie nicht mög­lich sein soll­te, den voll­stän­di­gen Rat zusam­men­kom­men zu las­sen. Und wenn es ganz schnell gehen muss, bleibt immer noch die Mög­lich­keit einer Dring­lich­keits­ent­schei­dung. Dazu braucht es nur den Ober­bür­ger­meis­ter und ein Rats­mit­glied. Der Rat stimmt dann bei sei­ner nächs­ten Sit­zung noch ein­mal nach­träg­lich über die Sache ab. Und zu so einer schnel­len Ent­schei­dung ist es in die­ser Woche schon gekom­men. Das mel­den die West­fä­li­schen Nach­rich­ten. Weil von 2.700 Unter­richts­räu­men in Müns­ters Schu­len 300 nicht rich­tig belüf­tet wer­den, stat­tet die Stadt sie nun mit Fil­ter­an­la­gen aus. Das kos­tet ins­ge­samt 600.000 Euro. Noch im Novem­ber sol­len die Anla­gen dann ein­satz­be­reit sein. 


Corona-Update

Seit ges­tern wis­sen wir: Wenn nichts mehr dazwi­schen­kommt, haben wir bald einen Coro­na-Impf­stoff, der in neun von zehn Fäl­len vor dem Virus schützt. Das könn­te nun im schlimms­ten Fall dazu füh­ren, dass die Men­schen sich in Sicher­heit wäh­nen und unvor­sich­tig wer­den. Aber um das Posi­ti­ve zu sehen: Immer­hin ist ein Ende abseh­bar. An den Bör­sen­kur­sen kann man die gute Nach­richt heu­te schon able­sen, an den Coro­na-Zah­len lei­der noch nicht.
Die Stadt mel­det einen wei­te­ren Todes­fall, ein 80-jäh­ri­ger Mann ist im Kran­ken­haus an Covid-19 gestor­ben. Seit Mon­tag wur­den 27 Neu­in­fek­tio­nen regis­triert, damit gel­ten im Stadt­ge­biet momen­tan 521 Men­schen als infi­ziert. 44 davon lie­gen im Kran­ken­haus, 22 auf der Inten­siv­sta­ti­on, 15 müs­sen beatmet wer­den.
Schaut man nicht nur auf Müns­ter, son­dern auf die Welt, ist inter­es­sant, dass Aus­tra­li­en, Neu­see­land und asia­ti­sche Län­der, die auf den ers­ten Blick nicht so viel gemein­sam haben, sehr viel bes­ser durch die Kri­se kom­men. Die Zeit-Kor­re­spon­den­tin Xifan Yang macht dafür vor allem drei Grün­de aus: Ers­tens einen Kon­sens dar­über, dass halb­her­zi­ge Maß­nah­men nicht wir­ken. Zwei­tens einen kon­se­quen­ten Maß­nah­men­ka­ta­log. Drit­tens: Die Län­der haben ihre Gren­zen geschlos­sen. Vor allem Punkt drei wäre so ohne Wei­te­res nicht auf Euro­pa über­trag­bar, aber die ande­ren bei­den Punk­te sind inter­es­sant. Und noch ein­mal zurück nach Müns­ter. Die Stadt gibt im Netz Infor­ma­tio­nen zu Coro­na, die Hot­line errei­chen Sie unter der Tele­fon­num­mer 0251 4921077.


Unbezahlte Werbung

Das levan­ti­ni­sche Restau­rant Merakî (auf Deutsch: Hin­ga­be) ist klein, es liegt etwas ver­steckt, am Han­sa­ring 69, schräg gegen­über vom Han­sa-Berufs­kol­leg. Aber es soll­te trotz­dem nicht über­se­hen wer­den, denn dort gibt es sehr gute war­me, klei­ne Spei­sen – oder kurz: „Meze“. Das kann zar­tes Gulasch sein oder ein Ein­topf. Im Gar­ten spielt Inha­ber Samir Sfouk schon mal mit Musiker:innen auf der Oud, einer Vor­fah­rin der euro­päi­schen Lau­te. Dann sin­gen sie, klat­schen und tan­zen. Zur­zeit ist das ja alles nicht mög­lich, aber immer­hin lie­fert das Restau­rant die lecke­ren Sachen zu Ihnen nach Hau­se. Die Spei­se­kar­te fin­den Sie hier. Dort kön­nen Sie auch gleich bestellen.


Drinnen und draußen

Sie haben es längst mit­be­kom­men: In der Stadt ist im Moment nicht so viel los. Aber ein paar Din­ge glück­li­cher­wei­se schon:

+++ Wenn Sie Lust haben, die Smart City Müns­ter mit­zu­ge­stal­ten, kön­nen Sie am 17. Novem­ber ab 18:30 Uhr am Web­fo­rum „Betei­li­gung in der Stadt­ent­wick­lung digi­ta­ler den­ken“ teil­neh­men. Bei der digi­ta­len Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tung soll es dar­um gehen, ob und wie digi­ta­le Dis­kus­si­ons­ver­an­stal­tun­gen in der Bürger:innenbeteiligung funk­tio­nie­ren. 200 Men­schen kön­nen sich anmel­den, und zwar hier. Falls Sie an dem Abend kei­ne Zeit haben oder kei­nen Platz mehr bekom­men, kön­nen Sie sich spä­ter auf der Web­site die Auf­zeich­nung anschauen.

+++ Das Stadt­en­sem­ble ver­an­stal­tet in der thea­ter­lo­sen Zeit Spa­zier­gän­ge, bei denen es um die Fra­ge geht: Wozu brau­chen wir eigent­lich Kunst? Mit­glie­der des Ensem­bles unter­hal­ten sich dar­über mit Men­schen, die Lust auf einen Spa­zier­gang haben und auf eine Dis­kus­si­on. Der nächs­te „Sys­tem­re­le­vanz­ier­gang“ fin­det am 20. Novem­ber (Frei­tag) um 9 Uhr statt, zwei wei­te­re Ter­mi­ne sind am 26. und 27. Novem­ber (Don­ners­tag, 17 Uhr – Frei­tag, 16 Uhr). Vor­be­rei­ten müs­sen Sie sich nicht, schrei­ben die Veranstalter:innen. Aber Sie müss­ten sich anmel­den, und zwar hier. Dort fin­den Sie auch Erfah­rungs­be­rich­te und das Spendenkonto. 

Am Frei­tag schreibt Ihnen Nils Diet­rich. Haben Sie bis dahin eine schö­ne Woche.

Herz­li­che Grüße

Ralf Heimann

Mit­ar­beit: Con­stan­ze Busch, Marie Schwe­sin­ger, Ann-Mar­len Hoolt


PS

Wuss­ten Sie, dass Sie in Enten­hau­sen in ein Taxi aus Müns­ter ein­stei­gen kön­nen? Falls nein, dann wis­sen Sie es jetzt. Dort jagt näm­lich in der neu­en Tat­ort-Son­der­aus­ga­be der Rei­he „Lus­ti­ge Taschen­bü­cher“ der anar­chi­sche Vater von Kom­mis­sar Frank Thiel zusam­men mit Donald Duck in sei­nem Auto durch die Stadt. Die Son­der­aus­ga­be ist eine Hom­mage an die ARD-Kri­mi-Rei­he, die in die­sem Jahr 50 wird. Die Requi­si­te aus Müns­ter gab dem Heft sogar den Titel, der lau­tet näm­lich: Taxi aus Enten­hau­sen – eine Refe­renz auf die ers­te Tat­ort-Fol­ge „Taxi nach Leip­zig“ aus dem Jahr 1970. Claus Die­ter Claus­nit­zer, der Schau­spie­ler, der im Tat­ort den Vater von Frank Thiel spielt, hat der Nach­rich­ten­agen­tur dpa sei­nen Auf­tritt mit dem Satz erklärt: „Ich habe ja einen inter­na­tio­na­len Füh­rer­schein und darf über­all fah­ren, auch in Enten­hau­sen.“ Das Heft erscheint heu­te. Der Tat­ort am Sonn­tag hat pas­send dazu wie­der mal einen Zuschau­er­re­kord gebro­chen. 13 Mil­lio­nen Men­schen sahen zu.