Gastronomie kreativ gegen die Krise | Besser kleinere Schulklassen | Klimaalarm

Müns­ter, 30. Okto­ber 2020

Guten Tag,

heu­te hat Müns­ter die nächs­te Coro­na-Mar­ke geris­sen: In den letz­ten sie­ben Tagen wur­den gut 100 Men­schen pro 100.000 Einwohner:innen posi­tiv getes­tet. In abso­lu­ten Zah­len heißt das: 318 Neu­in­fek­tio­nen in der ver­gan­ge­nen Woche, damit gel­ten heu­te 404 Münsteraner:innen als infiziert. 

Die Bun­des­kanz­le­rin und die Ministerpräsident:innen hat­ten den Teil-Lock­down (a.k.a. Lock­down light a.k.a. Wel­len­bre­cher-Lock­down) ja schon um zwei Tage vor­ge­zo­gen, er soll nun am Mon­tag statt am Mitt­woch begin­nen. Die Stadt Müns­ter schließt ihre Ein­rich­tun­gen sogar schon ab mor­gen, also das Stadt­thea­ter, die Vil­la ten Hom­pel, das Stadt­mu­se­um, die Kunst­hal­le, die Musik­schu­le und die Schwimm­bä­der. Offen blei­ben im Novem­ber nur das Stadt­ar­chiv und die Bücherei.

Hier noch schnell der Über­blick, was ab Mon­tag alles geschlos­sen wird: alle wei­te­ren Thea­ter, Kinos, Muse­en, Gale­rien, der Zoo, Schlös­ser und Bur­gen, Fit­ness­stu­di­os, Frei­zeit­parks, Spiel­hal­len, Clubs und Dis­kos, Bor­del­le und Swin­ger­clubs. Und bevor Sie fra­gen: Aus­flugs­fahr­ten mit Kut­schen oder his­to­ri­schen Eisen­bah­nen dür­fen Sie auch nicht machen.

Mit Online-Cocktailkursen und Lieferdienst gegen die Pleite

Natür­lich ist das alles für sehr vie­le Men­schen ein sehr gro­ßes Pro­blem. Vor allem für die Gastronom:innen, die wie­der meh­re­re Wochen lang kei­ne Gäs­te emp­fan­gen dür­fen. Der Deut­sche Hotel- und Gast­stät­ten­ver­band (Deho­ga) rech­net damit, dass 30 bis 40 Pro­zent der Betrie­be die Coro­na­kri­se nicht über­ste­hen wer­den, sag­te uns Mar­cus Geß­ler, Spre­cher der Innenstadt-Gastronom:innen in Müns­ter. Sicher wer­de es Gast­stät­ten in den Außen­be­zir­ken und auf dem Land hef­ti­ger tref­fen als die Loka­le in der Innen­stadt von Müns­ter, „aber auch die müs­sen jetzt krea­tiv wer­den“. Lie­fer­diens­te und Essen zum Abho­len sind ein Bau­stein, eini­ge Gastronom:innen laden außer­dem zu Online-Wein­se­mi­na­ren oder -Cock­tail­kur­sen ein. Sol­che Ideen brin­gen ein biss­chen Umsatz, und Kon­takt zu den Gäs­ten – was min­des­tens genau­so wich­tig ist.

Und die von der Bun­des­re­gie­rung ange­kün­dig­te Ent­schä­di­gung? Es sei auf jeden Fall eine groß­zü­gi­ge Unter­stüt­zung, wenn der Bund tat­säch­lich 75 Pro­zent des Umsat­zes vom Novem­ber 2019 erstat­te, sag­te Mar­cus Geß­ler. Aber selbst wenn die Restau­rants und Cafés im Dezem­ber tat­säch­lich wie­der öff­nen kön­nen, blei­be es sehr schwie­rig. Kei­ne Weih­nachts- und Sil­ves­ter­fei­ern, kaum Tourist:innen, kei­ne Weih­nachts­märk­te. Da bricht eine Men­ge weg. Der Dezem­ber sei der wich­tigs­te Monat und brin­ge in durch­schnitt­li­chen Jah­ren dop­pelt so viel Umsatz wie der November.

Erste Stadt in NRW macht wieder Homeschooling

In Solin­gen wird der Lock­down noch weni­ger light als im Rest des Bun­des­lands: Alle Ein­schrän­kun­gen und Ver­bo­te gel­ten dort schon ab mor­gen, ab Mitt­woch haben die Schüler:innen dort außer­dem „Home­schoo­ling light“. Als ers­te Stadt in Nord­rhein-West­fa­len macht die Stadt damit das, was das Robert-Koch-Insti­tut eigent­lich für alle Risi­ko­ge­bie­te emp­fiehlt: Schul­klas­sen wer­den in klei­ne­re Lern­grup­pen auf­ge­teilt, damit die Schüler:innen mehr Abstand hal­ten kön­nen und damit weni­ger von ihnen in Qua­ran­tä­ne müs­sen, falls ein:e Mitschüler:in posi­tiv getes­tet wird. Das hat­te ges­tern auch die Lan­des­schü­ler­ver­tre­tung NRW im Gespräch mit dem WDR gefor­dert, eben­so wie die Gewerk­schaft Erzie­hung und Wis­sen­schaft (GEW).

Die Schu­len blei­ben damit zwar offen, was Ange­la Mer­kel und vie­le ande­re Politiker:innen seit Tagen man­tra­ar­tig als Teil­ziel des Teil-Lock­downs wie­der­ho­len. Die Schüler:innen kom­men aber abwech­selnd ins Gebäu­de, die jeweils ande­ren Klein­grup­pen blei­ben zu Hau­se und wer­den digi­tal unter­rich­tet. War­um das sinn­voll ist, kön­nen Sie in die­ser gra­fi­schen Ani­ma­ti­on der spa­ni­schen Tages­zei­tung El País sehen (die Erklär­tex­te sind auf Eng­lisch, und die Bil­der spre­chen sowie­so für sich). Die Zusam­men­fas­sung geht so: Je län­ger meh­re­re gesun­de Men­schen und eine mit dem Coro­na­vi­rus infi­zier­te Per­son in einem Raum zusam­men­sit­zen, des­to mehr ste­cken sich an. Dar­an ändern auch Mas­ken kaum etwas. Was hilft: Abstand hal­ten, Mas­ken tra­gen, lüf­ten – und nicht so lan­ge beisammensitzen.

Schulen in Münster: Knallhart nachgefragt, aber keine Antwort von der Stadt

Es war abseh­bar, dass das Wech­sel­mo­dell zwi­schen Prä­senz- und digi­ta­lem Unter­richt zumin­dest in den stark getrof­fe­nen Hot­spots (Solin­gen liegt am heu­ti­gen Frei­tag bei einer Sie­ben-Tage-Inzi­denz von 280) unver­meid­lich wird (RUMS-Brief vom letz­ten Frei­tag). Wir hat­ten des­halb schon am Mon­tag beim Pres­se­amt ange­fragt, ob die Schu­len in Müns­ter auf die­sen Fall vor­be­rei­tet wären. Lei­der haben wir kei­ne Ant­wort bekom­men. Ich woll­te Ihnen heu­te außer­dem ger­ne die aktu­el­len Zah­len zu Coro­na- und Qua­ran­tä­ne­fäl­len in Schul­klas­sen nach­rei­chen, die ich schon am ver­gan­ge­nen Frei­tag man­gels Rück­mel­dung nicht nen­nen konn­te. Auch die hat uns das Pres­se­amt immer noch nicht geschickt. Und wir woll­ten Ihnen ger­ne erzäh­len, ob Müns­ter För­der­mit­tel für Luft­fil­ter­ge­rä­te bean­tra­gen möch­te, um schlecht zu lüf­ten­de Klas­sen­räu­me coro­na­fest zu machen. Aber – Sie wis­sen schon. Wir blei­ben dran.

Was wir immer­hin erfah­ren haben: Mit Bun­des­mit­teln aus dem soge­nann­ten Sofort­pro­gramm End­ge­rä­te hat die Stadt Müns­ter schon 1.000 iPads für Schüler:innen ange­schafft, die zu Hau­se weder Lap­top noch Tablet haben und deren Fami­li­en sich auch kei­ne leis­ten kön­nen. Wei­te­re 3.000 iPads sind bestellt und sol­len in den nächs­ten Wochen gelie­fert wer­den, sag­te uns Lud­ger Water­mann vom Schulamt.


In aller Kürze

+++ Ein 62-jäh­ri­ger Mann aus Müns­ter muss sich seit heu­te wegen Mor­des vor dem Land­ge­richt Müns­ter ver­ant­wor­ten. Er soll vor einem hal­ben Jahr einen 33-jäh­ri­gen Mann mit sechs Mes­ser­sti­chen in Brust und Bauch getö­tet haben. Wie die Nach­rich­ten­agen­tur dpa schreibt, hat­te das Opfer offen­bar vor sei­nem Haus gestan­den und dort laut tele­fo­niert, wor­über sich der Beschul­dig­te ärger­te. Er habe den 33-Jäh­ri­gen ange­spro­chen, spä­ter sei sei­ne Frau zu ihm auf die Stra­ße gegan­gen, sag­te der Ange­klag­te. Er habe dann lau­te Stim­men gehört, habe ein Küchen­mes­ser genom­men und sei eben­falls hin­un­ter­ge­gan­gen, weil er Angst um sei­ne Frau gehabt habe. Danach sei er gestol­pert, das Opfer sei auf­ge­sprun­gen und habe aus­ge­holt, erst spä­ter habe er gemerkt, dass der 33-Jäh­ri­ge ver­letzt sei. Die Staats­an­walt­schaft sieht das anders: Es han­de­le sich um einen Mord aus Heim­tü­cke und aus nied­ri­gen Beweg­grün­den. Das Opfer starb in der Nacht nach dem Angriff trotz einer Not­ope­ra­ti­on. Die Ärz­te stell­ten fest, dass einer der Mes­ser­sti­che sein Herz getrof­fen hat. Ein ande­rer Stich hat­te zwei Rip­pen durchtrennt. 

+++ Das Coro­na-Zen­trum der Uni­kli­nik soll im Dezem­ber umzie­hen und ein Zelt­dach bekom­men, berich­ten die West­fä­li­schen Nach­rich­ten in einem Erleb­nis­be­richt eines Redak­ti­ons­mit­ar­bei­ters, der sich tes­ten las­sen hat. Und falls Sie sich tes­ten las­sen: Nicht wun­dern, wenn die Coro­na-App danach rote Risi­ko­be­geg­nun­gen mel­det. Zum einen ist es natür­lich nicht unwahr­schein­lich, am Test­zen­trum Infi­zier­te zu tref­fen. Zum ande­ren regis­triert die App nur Stand­or­te. Sie kann weder Mas­ken noch Wän­de erken­nen. Es kann also sein, dass die App eine Risi­ko­be­geg­nung mel­det, weil hin­ter der Wand in der Nach­bar­woh­nung jemand sitzt, der mit dem Coro­na­vi­rus infi­ziert ist. 

+++ Im Ren­nen um Müns­ters belieb­tes­tes Restau­rant 2020 spie­len das Moc­ca d’or und das Fiu ver­mut­lich kei­ne grö­ße­re Rol­le mehr. Nach­dem das Ord­nungs­amt bei­de Läden (sowie das Café del Popo­lo) vor einer Woche wegen „erheb­li­cher Hygie­ne- und Sicher­heits­män­gel“ dicht­ge­macht hat­te, mel­den die West­fä­li­schen Nach­rich­ten zwei wei­te­re Coro­na-Infek­tio­nen in der Beleg­schaft, eines der bei­den Ergeb­nis­se müs­se noch kon­trol­liert wer­den. Vier Infek­tio­nen waren bereits bei der Schlie­ßung bekannt. Dem Per­so­nal hat­ten die Inha­ber davon aller­dings nichts erzählt. Auch sonst hat­ten sie nach Anga­ben der Stadt anschei­nend so ziem­lich alles falsch gemacht. Die Kon­takt­lis­ten waren feh­ler­haft, der Min­dest­ab­stand wur­de nicht ein­ge­hal­ten, es gab kei­nen Spuck­schutz, Des­in­fek­ti­ons­mit­tel fehl­ten. Als dann das Ord­nungs­amt kam, um die Lich­ter aus­zu­ma­chen, sei der Geschäfts­füh­rer aggres­siv gewor­den. Dabei hät­te er Zeit genug gehabt, sich das alles zu erspa­ren. Im Bewer­tungs­por­tal Tri­p­ad­vi­sor bemän­gel­ten Gäs­te schon Mit­te August, dass die Coro­na-Regeln im Restau­rant kei­ne Rol­le spie­len („Wir waren froh, dass wir schnell wie­der drau­ßen waren.“). Auch die Stadt hat­te die Restau­rants vor der Schlie­ßung ver­warnt.


Unbezahlte Werbung

Am Mon­tag beginnt wie­der die Zeit der Bring­diens­te. Und das mit dem Bestel­len ist ja immer so eine Sache: Erst muss man sich für einen Dienst ent­schei­den, das ist schon nicht so leicht, und dann auch noch für ein Gericht. Daher von uns zwei schnel­le Tipps. Den von der Gas­tro­no­mie in Müns­ter gestar­te­ten Lie­fer­dienst hungrig.ms ken­nen Sie noch aus dem Früh­jahr. Das ist der eine Tipp. Neu mit dabei ist das asia­ti­sche Restau­rant Umai. Dort kön­nen Sie zum Bei­spiel Bowls oder Sushi bestel­len, aber auch indo­ne­si­sches Essen, Chi­cken Masa­la, so etwas. Wir wür­den die Bun Bowl emp­feh­len, die wirk­lich sehr gut ist. Die Kar­te fin­den Sie auf die­ser Sei­te, und dort kön­nen Sie auch gleich bestellen. 


Drinnen und Draußen

Es sind die letz­ten Tage, bevor das ana­lo­ge kul­tu­rel­le Leben erst ein­mal wie­der ein­schläft. Die Fra­ge ist: Wenn die neu­en Regeln ab Mon­tag über­all nötig sind, wären sie das nicht auch schon am Wochen­en­de? Ande­rer­seits gibt es Hygie­ne­kon­zep­te und Sicher­heits­ab­stän­de, und es ist ja meis­tens nur sehr wenig los. Man wird es sich trotz­dem gut über­le­gen müs­sen. Hier sind ein paar Tipps für Sams­tag und Sonntag.

+++ Im Klei­nen Büh­nen­bo­den steht mor­gen noch ein­mal Man­fred Kar­ges Stück „Jacke wie Hose“ auf dem Pro­gramm. Die Geschich­te in einem Satz: Nach dem Tod ihres Man­nes über­nimmt Ella des­sen Rol­le und durch­lebt Wei­ma­rer Repu­blik, Drit­tes Reich, Krieg und die Bun­des­re­pu­blik bis zum Mau­er­fall. Es ste­hen zwar nur 16 Plät­ze zur Ver­fü­gung. Aber Stand Frei­tag­abend sind davon noch eini­ge da.

+++ Sonn­tag­abend im Krea­tiv-Haus an der Diepen­b­rock­stra­ße: „Die ulti­ma­ti­ve Impro-Show.“ Zurück­leh­nen und berie­seln las­sen ist hier lei­der nicht. Die Zuschauer:innen bestim­men, was gespielt wird. Tickets bekom­men Sie online oder im Kreativ-Haus.

+++ Das Bünd­nis Kli­ma­alarm lädt für Sams­tag­nach­mit­tag zur „Müns­ter Hor­ror Cli­ma­te Show“ ein. Dahin­ter ver­ber­gen sich meh­re­re Aktio­nen und Demons­tra­tio­nen für den Kli­ma­schutz, die jeweils von 15 bis 18 Uhr an ver­schie­de­nen Orten in der Innen­stadt statt­fin­den. Eigent­lich war eine gro­ße, zen­tra­le Demons­tra­ti­on geplant, die die Organisator:innen wegen der Coro­na-Ent­wick­lung aber wie­der abge­sagt haben. Alle Ver­an­stal­tungs­or­te und mehr Infos fin­den Sie auf der Web­site.

Nichts dabei? Dann schau­en Sie doch mal in den Ver­an­stal­tungs­ka­len­der der Nadann, hier fin­den Sie die Ter­mi­ne für Sams­tag, hier die für Sonn­tag.

Und hier noch ein Tipp für nächs­te Woche: Das Insti­tut für Poli­tik­wis­sen­schaft der Uni Müns­ter lädt für Diens­tag zu einer Zoom-Wahl­par­ty ein. Ab 23 Uhr kön­nen Sie mit ande­ren Teilnehmer:innen über die US-Prä­si­dent­schafts­wahl dis­ku­tie­ren und bei einem Quiz mit­ma­chen. Außer­dem wer­den Expert:innen aus Müns­ter, Groß­bri­tan­ni­en, Frank­reich, den Nie­der­lan­den, den USA und Kana­da live zuge­schal­tet, die span­nen­de Hin­ter­grün­de berich­ten. Hier kön­nen Sie sich zur Zoom-Ver­an­stal­tung anmel­den, am Wahl­tag bekom­men Sie die Zugangs­da­ten zuge­schickt. Wenn Sie nicht mit­dis­ku­tie­ren, son­dern ein­fach zuschau­en möch­ten, schal­ten Sie am Wahl­abend ein­fach den Live­stream ein.

Ich wün­sche Ihnen ein schö­nes Wochenende. 

Herz­li­che Grüße

Con­stan­ze Busch

Mit­ar­beit: Ralf Heimann, Sabi­ne Rügenhagen


PS

Nach 14 Jah­ren Bau­zeit (und neun Jah­re zu spät) wird mor­gen der Flug­ha­fen Ber­lin Bran­den­burg (BER) eröff­net. Falls Sie ver­ges­sen haben, was beim Bau des neu­en Schmuck­stücks alles schief­ge­gan­gen ist, kein Pro­blem: Die Kolleg:innen vom Tages­spie­gel haben das in einem inter­ak­ti­ven 3D-Modell auf­be­rei­tet. Sie kön­nen einen Rund­gang durch den neu­en Flug­ha­fen machen und sich alle Pan­nen noch­mal in aller Ruhe angu­cken. Mein Tipp: Machen Sie dar­aus kein Trink­spiel, es sei denn, Sie wol­len sich wirk­lich so rich­tig einen hin­ter die Bin­de kippen.