Hallenbäder: Saisonstart mit Widrigkeiten | Wie Münster mehr Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen will | Reiskörnchen

Müns­ter, 27. Sep­tem­ber 2022

Guten Tag,

pünkt­lich zum Herbst hat auch die Hal­len­bad­sai­son in Müns­ter wie­der begon­nen. Bes­ser gesagt: die Auf­wärm­pha­se zur Hal­len­bad­sai­son, denn in man­chen Stadt­tei­len müs­sen sich die Bade­gäs­te noch etwas gedul­den. Wer in Roxel, Hil­trup oder Wol­beck wohnt, kann sich zur­zeit lei­der nicht im hei­mi­schen Hal­len­bad warm­schwim­men. Laut Stadt fehlt Per­so­nal, das die Bade­gäs­te beauf­sich­ti­gen könnte.

In den Hal­len­bä­dern Ost, Mit­te und Kin­der­haus kann man sich zwar warm­schwim­men, muss es aber auch. Hei­zen ist im Moment bekannt­lich sehr teu­er, und die Stadt muss Ener­gie spa­ren. Die­ses Jahr sind des­halb die Becken zwei Grad käl­ter als sonst.

Wenn Sie trotz­dem ins Was­ser stei­gen möch­ten, ist Beei­lung gefragt. Denn in den Feri­en kommt es in den Hal­len­bä­dern schon wie­der „zu Ein­schrän­kun­gen im Bade­be­trieb, ins­be­son­de­re Lehr­schwimm­be­cken“, schreibt die Stadt in einer Pres­se­mit­tei­lung. Vor­mit­tags fin­den wie­der Schwimm­kur­se statt. Das Mot­to: „NRW kann schwim­men“. (sfo)

Kurz und Klein

+++ Im Okto­ber 2021 war die Mut­ter des Haupt­op­fers im Miss­brauchs­fall Müns­ter zu einer Haft­stra­fe von sie­ben Jah­ren und neun Mona­ten ver­ur­teilt wor­den. Sie wuss­te, dass ihr Lebens­ge­fähr­te ihren damals zehn­jäh­ri­gen Sohn mehr­fach ver­ge­wal­tig­te und auch ande­ren Män­nern zum Miss­brauch über­ließ, schritt aber nicht ein. Ges­tern hob der Bun­des­ge­richts­hof die­ses Urteil wie­der auf, weil die Richter:innen das Straf­maß als zu streng bewer­te­ten. Die Begrün­dung: „Die beson­de­re Ver­trau­ens­stel­lung der allein­er­zie­hen­den Mut­ter sei zu stark straf­ver­schär­fend berück­sich­tigt wor­den“, mel­de­te die deut­sche Pres­se­agen­tur ges­tern (hier in der Süd­deut­schen Zei­tung). Jetzt muss das Land­ge­richt Müns­ter sich erneut mit dem Fall befas­sen, dies­mal wird eine ande­re Kam­mer ent­schei­den. (sfo)

+++ Ein­mal im Jahr muss der Ober­bür­ger­meis­ter dar­über berich­ten, wie es mit dem Vor­ha­ben der Stadt vor­an­geht, im Jahr 2030 kli­ma­neu­tral zu sein. Das hat der Rat im August 2020 beschlos­sen. Im ver­gan­ge­nen Jahr hat der Ober­bür­ger­meis­ter dar­über nicht berich­tet, in die­sem bis­lang auch noch nicht. Das Kli­ma­bünd­nis hat­te die Stadt im August gefragt, wann und in wel­cher Form die­ser Bericht denn kom­men wird. Wir haben das nun auch noch ein­mal gemacht. Und nach der Ant­wort des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­amts wird es wohl auch in die­sem Jahr kei­nen Bericht geben – abge­se­hen von der stadt­wei­ten Ener­gie- und CO2-Bilanz Müns­ters, die ohne­hin kommt. Eine „voll­stän­di­ge, aktu­el­le und detail­lier­te Über­sicht“ kön­ne man „nicht mit ver­hält­nis­mä­ßi­gem Auf­wand“ erstel­len, auch wenn der Anspruch „nach­voll­zieh­bar und berech­tigt“ sei, schreibt das Kom­mu­ni­ka­ti­ons­amt. Der gesam­te Pro­zess sei „hoch­kom­plex“ und zie­he sich „durch alle Auf­ga­ben­be­rei­che und The­men­fel­der der Stadt Müns­ter“. Es gehe vor allem um lang­fris­tig ange­leg­te, gro­ße und kom­ple­xe Infra­struk­tur- und Bau­pro­jek­te“ mit „lan­gen und auf­wen­di­gen Pla­nungs­zei­ten“. Man habe die Stabs­stel­le Kli­ma schon an das Büro des Ober­bür­ger­meis­ters ange­glie­dert und die Orga­ni­sa­ti­on so neu aus­ge­rich­tet. Das wer­de sich auch im „zukünf­ti­gen Berichts­we­sen posi­tiv nie­der­schla­gen“. In ande­ren Wor­ten: Viel­leicht wird’s was im nächs­ten Jahr. (rhe)

+++ Falls Sie Ihr Bade­zim­mer län­ger nicht reno­viert haben, könn­ten Sie groß raus­kom­men. Oder bes­ser gesagt: Ihr Bad. Das zzenf-Film­kol­lek­tiv sucht für sei­ne neue Pro­duk­ti­on Sal­zi­ges Kara­mell näm­lich ein Bade­zim­mer als Dreh­ort. „Es soll­te güns­ti­gen­falls im 90er-Jah­re-Bau­stil gehal­ten sein, kei­ne wei­ßen Wän­de, aber eine Bade­wan­ne haben und so groß wie mög­lich sein“, schreibt die Stadt Müns­ter in einer Pres­se­mit­tei­lung. Das Bad dür­fe ruhig reno­vie­rungs­be­dürf­tig sein, soll­te aber noch funk­tio­nie­ren. Eine Tank­stel­le wird auch gesucht. War­um die Stadt für das Pro­jekt trom­melt, ist nicht so ganz klar, wahr­schein­lich ein­fach, weil es Künstler:innen aus Müns­ter sind. (cbu)

Einladung zur Veranstaltungsreihe #12 „Wir müssen reden“

Eine Stadt lebt nur, wenn Men­schen mehr machen, als sie müss­ten. Aber was davon ist pri­va­tes Inter­es­se und was öffent­li­che Auf­ga­be? Das Kol­lek­tiv Gazo und der Ver­ein Sozi­al­pa­last wol­len aus dem Gaso­me­ter einen Ort machen, an dem Men­schen sich tref­fen und Kul­tur statt­fin­det. Das Han­sa­fo­rum will den Men­schen im Vier­tel die Mög­lich­keit geben, selbst mit­zu­be­stim­men und ihre Umge­bung selbst zu gestal­ten. Bei­des ist wert­voll, aber es ist wie so oft: Bei­des kos­tet Geld.

Am Don­ners­tag­abend, 29. Sep­tem­ber 2022, wol­len wir im Local­host (Ver­an­stal­tungs­raum neben dem RUMS-Redak­­ti­ons­­bü­­ro an der Neu­brü­cken­stra­ße 8 – 11) dar­über in der Rei­he „Wir müs­sen reden“ dis­ku­tie­ren – mit Sascha Kul­lak (Han­sa­fo­rum), Janis Ester (Kol­lek­tiv Gazo), Ste­fan Lesch­ni­ok (CDU) und Chris­toph Kat­tent­idt (Grü­ne). Der Ein­tritt ist frei. Um 19 Uhr fan­gen wir an. Dann dis­ku­tie­ren wir eine Stun­de lang, danach öff­nen wir die Run­de für Fra­gen aus dem Publi­kum. Wenn Sie Lust haben, kom­men Sie vor­bei. Wir freu­en uns.

Die Nut­zung des Local­host wird ermög­licht durch die Unter­stüt­zung des Zen­t­ren­fonds der Stadt Münster.

Wie Münster mehr Geflüchtete aus der Ukraine aufnehmen will

Ende März, einen Monat nach dem Beginn des Kriegs in der Ukrai­ne, habe ich Ihnen einen RUMS-Brief über die Auf­nah­me von Geflüch­te­ten in Müns­ter geschrie­ben. Für die Städ­te ist das eine Her­aus­for­de­rung, und sie ist anders als im Jahr 2015. Auch jetzt flüch­ten vie­le Men­schen nach Deutsch­land und kom­men nach Müns­ter, aber die Men­schen aus der Ukrai­ne haben einen ande­ren recht­li­chen Sta­tus: Sie wer­den direkt von den Städ­ten und Gemein­den auf­ge­nom­men und nicht zuerst vom Land. Müns­ter braucht des­halb eine ande­re Infra­struk­tur, vor allem mehr städ­ti­sche Unterkünfte.

Seit­dem ist ein hal­bes Jahr ver­gan­gen, und es hat sich vie­les getan. Und obwohl es immer noch Unter­schie­de gibt, ähnelt die Situa­ti­on inzwi­schen doch immer mehr der im Jahr 2015. Nach Zah­len des Geflüch­te­ten­werks der Ver­ein­ten Natio­nen hat Deutsch­land inzwi­schen rund eine Mil­li­on Schutz­su­chen­de aus der Ukrai­ne auf­ge­nom­men. Fast so vie­le Men­schen kamen auch vor sie­ben Jah­ren hier­her. Die Stadt Müns­ter hat 2015 fast 3.000 Geflüch­te­te auf­ge­nom­men. In die­sem Jahr sind bis­her knapp 2.200 Men­schen nach Müns­ter gekom­men, weil sie Schutz suchen. Die rund 3.000 geflüch­te­ten Ukrainer:innen sind hier­bei aber noch gar nicht eingerechnet.

Wie alles wei­ter­geht, hängt maß­geb­lich vom Kriegs­ge­sche­hen ab. Ver­gan­ge­ne Woche hat Wla­di­mir Putin für beun­ru­hi­gen­de Nach­rich­ten gesorgt, denn er will den Krieg wei­ter ver­schär­fen. Um es auf eine Schlag­zei­le zu brin­gen: Russ­land macht mobil. Was das aber bedeu­tet, ist noch völ­lig unklar, denn die rus­si­schen Infor­ma­tio­nen wider­spre­chen sich. Laut offi­zi­el­lem Dekret sol­len 300.000 Reser­vis­ten in den Krieg zie­hen, es sind aber auch Zah­len zwi­schen 1,2 und 25 Mil­lio­nen im Umlauf. Das ist vor allem ein Akt der Ver­zweif­lung und ein Zei­chen von Schwä­che, woge­gen sich in Russ­land vie­ler­orts Pro­test regt, wie die Jour­na­lis­tin Isol­de Ruh­dor­fer auf­zeigt. Aber natür­lich müs­sen die Men­schen in der Ukrai­ne wei­ter mit viel Gewalt rechnen.

Auch wenn der wei­te­re Kriegs­ver­lauf noch unge­wiss ist, wer­den mit gro­ßer Sicher­heit auch in den nächs­ten Wochen und Mona­ten Men­schen aus der Ukrai­ne flie­hen, eini­ge von ihnen wer­den auch nach Deutsch­land und nach Müns­ter kom­men. Wie berei­tet sich die Stadt vor? Und wie geht es den Men­schen, die jetzt schon hier sind?

Die Geflüchteten kommen früher als erwartet

Die meis­ten Kom­mu­nen in Nord­rhein-West­fa­len rech­nen ab Herbst oder spä­tes­tens im Win­ter damit, dass wie­der mehr Geflüch­te­te ankom­men. In Müns­ter ist das ein wenig anders. Die Stadt ver­zeich­net schon seit Juli einen stär­ke­ren Zuzug. Zur­zeit sind 3.331 geflüch­te­te Ukrainer:innen bei der Aus­län­der­be­hör­de gemel­det. Das ist der letz­te Stand vom 13. Sep­tem­ber, den uns das Pres­se­amt aktu­ell für die­sen Brief mit­ge­teilt hat.

Aber Vor­sicht mit den Zah­len von der Stadt: Es geht hier­bei nur um Men­schen, von denen die Stadt weiß. Allein rund 400 Ukrainer:innen sind der Stadt erst bekannt gewor­den, nach­dem sie sich eine Arbeits­er­laub­nis besorgt haben, schreibt das Pres­se­amt. Das hört sich nach Cha­os an, ist es aber nicht.

Denn recht­lich betrach­tet, sind die Men­schen, die vor dem Krieg in der Ukrai­ne flie­hen, ein Son­der­fall: Wenn sie mit einem bio­me­tri­schen Rei­se­pass nach Deutsch­land kom­men, kön­nen sie sich 90 Tage ohne Visum im Schen­gen­raum bewe­gen. Läuft die­se Frist ab, bekom­men die Ukrainer:innen wegen des Krie­ges in ihrem Land auto­ma­tisch eine Aufenthaltserlaubnis.

Und noch eine ande­re Sache ist bei den Ukrainer:innen anders als bei Geflüch­te­ten aus Syri­en, Afgha­ni­stan oder ande­ren Staa­ten: Sie wer­den direkt in der Kom­mu­ne auf­ge­nom­men und nicht von einer Lan­des­be­hör­de auf die Städ­te und Gemein­den ver­teilt. Nor­ma­ler­wei­se läuft es so: Die Geflüch­te­ten kom­men zuerst nach Bochum, um ihre Iden­ti­tät fest­zu­stel­len. Dann wer­den sie in einer Lan­des­un­ter­kunft unter­ge­bracht und schließ­lich auf eine Zen­tra­le Unter­brin­gungs­ein­rich­tung ver­teilt. Dort blei­ben die Geflüch­te­ten, bis klar ist, ob sie Asyl bekom­men. Erst dann geht es für sie wei­ter in eine Kommune.

Für die Ukrainer:innen gilt das aller­dings nicht. Ihre Auf­nah­me ist prag­ma­tisch und unbü­ro­kra­tisch gere­gelt, der Bund hat zu Beginn des Krie­ges dafür die Ukrai­ne-Auf­ent­halts-Über­gangs­ver­ord­nung erlas­sen und kürz­lich noch ein­mal aktua­li­siert. Für die Stadt Müns­ter ist das eine zusätz­li­che Auf­ga­be, denn sie muss Unter­künf­te besor­gen und eine Betreu­ung orga­ni­sie­ren. Laut Stadt ist der Betreu­ungs­schlüs­sel von einer sozi­al­ar­bei­te­ri­schen Voll­zeit­stel­le pro 100 Geflüch­te­te zur­zeit erfüllt. Soll­ten wie­der mehr Men­schen hier ankom­men und Schutz suchen, braucht es zusätz­li­che Fach­kräf­te, um das wei­ter­hin zu gewährleisten.

Die Grenze ist erreicht

Auch die Unter­brin­gung ist eine Her­aus­for­de­rung. Die Stadt schafft des­halb fast wöchent­lich neue Plät­ze, teilt uns das Pres­se­amt mit. Ende letz­ter Woche hat­te die Stadt mehr als 3.100 Plät­ze zur Ver­fü­gung, die Hälf­te davon bele­gen Ukrainer:innen. Trotz­dem: „Die Kapa­zi­tä­ten sind aktu­ell stark aus­ge­las­tet“, schreibt das Presseamt.

Des­halb will die Stadt zusätz­li­che Unter­brin­gungs­mög­lich­kei­ten schaf­fen, heißt es wei­ter. Es wer­de geprüft, Sport­hal­len erneut in Geflüch­te­ten­un­ter­künf­te umzu­wan­deln. Kurz nach Aus­bruch des Kriegs hat­te die Stadt in ver­schie­de­nen Hal­len schon ein­mal Geflüch­te­te behelfs­wei­se unter­ge­bracht. Auch das zwei­te Gebäu­de der Blü­cher-Kaser­ne wird jetzt für Geflüch­te­te geöff­net, schreibt die Stadt. Damit ent­steht noch ein­mal Platz für 300 Men­schen. Seit April ste­hen in einem ande­ren Kaser­nen­ge­bäu­de 600 Plät­ze für Geflüch­te­te zur Verfügung.

Reicht das? Inte­gra­ti­ons­mi­nis­te­rin Jose­fi­ne Paul will den Kom­mu­nen stär­ker unter die Arme grei­fen. Wie der WDR berich­tet, hat NRW rund 207.000 Ukrainer:innen bis­her Schutz gebo­ten. Das Land stellt dabei zur Unter­brin­gung 3.400 Plät­ze, die jetzt auf 4.500 auf­ge­stockt wer­den sol­len. „Dabei han­delt es sich über­wie­gend um Not­un­ter­kunfts­plät­ze“, schreibt Ulrich Tück­man­tel, Pres­se­spre­cher der Bezirks­re­gie­rung Müns­ter, auf Anfra­ge. „Die­se Puf­fer-Ein­rich­tun­gen des Lan­des sol­len den Kom­mu­nen Zeit ver­schaf­fen, dau­er­haf­te Unter­künf­te für die Geflüch­te­ten zu beschaffen.“

Das heißt: Die Auf­sto­ckung der Plät­ze durch das Land ist eine ers­te Ent­las­tung – ändert aber nichts dar­an, dass die Kom­mu­nen Unter­künf­te zur Ver­fü­gung stel­len und im Zwei­fels­fall erst­mal schaf­fen müs­sen. Die Suche nach zusätz­li­chen Kapa­zi­tä­ten gehe dar­um wei­ter, schreibt das Pres­se­amt dazu.

Die Hilfsbereitschaft ist eine andere

Nach dem Aus­bruch des Kriegs hat­ten vie­le Men­schen in Müns­ter ange­bo­ten, ukrai­ni­sche Geflüch­te­te bei sich zu Hau­se auf­zu­neh­men. Doch die­se Form der Hilfs­be­reit­schaft lässt all­mäh­lich nach. Die­se Ten­denz zeigt sich bun­des­weit, wie das Zen­trum für Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­for­schung her­aus­ge­fun­den hat: Waren im März noch fast ein Drit­tel der Befrag­ten bereit dazu, ihre Woh­nung mit Ukrainer:innen zu tei­len, ist es ein hal­bes Jahr spä­ter nur jede:r Fünf­te.

Laut Pres­se­amt geht die Zahl der Woh­nungs­an­ge­bo­ten von Pri­vat­leu­ten auch in Müns­ter zurück, die Hilfs­be­reit­schaft zei­ge sich inzwi­schen auf ande­re Wei­se. Zum Bei­spiel wol­len vie­le Münsteraner:innen den Geflüch­te­ten ehren­amt­lich Deutsch bei­brin­gen. Den­noch wer­den Ukrainer:innen wei­ter­hin an Pri­vat­woh­nun­gen ver­mit­telt, schreibt das Pres­se­amt. Nur sei das „recht schwie­rig, da Ange­bo­te und Nach­fra­ge häu­fig nicht zusammenpassen.“

Die anderen Geflüchteten

Die Unter­stüt­zung für die Ukrainer:innen ver­läuft schnell und unkom­pli­ziert: Sie haben in jedem Fall einen siche­ren Auf­ent­halt in Deutsch­land, dür­fen arbei­ten, stu­die­ren oder zur Schu­le gehen. Das gilt aber nicht für alle Men­schen, die vor dem Krieg in der Ukrai­ne geflo­hen sind. Wer kei­nen ukrai­ni­schen Pass hat, kann sich zwar 90 Tage ohne Visum in Deutsch­land auf­hal­ten. Nach Ablauf die­ser Frist ist die Zukunft aller­dings ungewiss.

So geht es zum Bei­spiel Charles (sei­nen vol­len Namen will er nicht ver­öf­fent­licht sehen). Im Febru­ar leb­te der Nige­ria­ner noch in der Nähe von Kyjiw, weil er in der Ukrai­ne stu­die­ren woll­te, seit März wohnt er mit ande­ren Geflüch­te­ten in einer Unter­kunft in Hil­trup. Sei­ne 90-Tage-Frist ist Anfang Sep­tem­ber abge­lau­fen, eigent­lich ist er jetzt also aus­rei­se­pflich­tig. „Ich kann aber nicht zurück nach Nige­ria oder in die Ukrai­ne“, sagt er. Sei­nen Mitbewohner:innen und ihm gehe es wegen die­ser Hän­ge­par­tie nicht gut. Sie bekä­men zwar ein wenig Geld vom Sozi­al­amt, dürf­ten aber weder arbei­ten noch studieren.

Schick­sa­le wie die von Charles kennt Hevron Ala sehr gut. Sie arbei­tet als Bera­te­rin für die gemein­nüt­zi­ge Gesell­schaft zur Unter­stüt­zung Asyl­su­chen­der (GGUA) in Müns­ter. Ukrainer:innen kämen weit­aus sel­te­ner zur Bera­tung als soge­nann­te Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge, die eben­falls vor dem rus­si­schen Krieg aus der Ukrai­ne geflüch­tet sind. Vie­le von ihnen stamm­ten aus Tadschi­ki­stan, Afgha­ni­stan, Gha­na oder wie Charles aus Nigeria.

Um in Müns­ter blei­ben zu kön­nen, sei­en die Hür­den für Dritt­staat­ler sehr hoch, sagt Ala. Sie müss­ten bei­spiels­wei­se eine Arbeit fin­den oder ein Stu­di­um auf­neh­men, im bes­ten Fall schon Deutsch spre­chen und ihren Lebens­un­ter­halt selbst finan­zie­ren kön­nen. In den meis­ten Fäl­len trifft das auf nie­man­den zu. Denn wie das alles gehen soll, steht auf einem ande­ren Blatt.

Eini­ge Dritt­staat­ler hät­ten aber schon Anträ­ge beim Aus­län­der­amt gestellt, sagt Ala. Jetzt wer­de geprüft, ob sie doch irgend­wie in Müns­ter blei­ben kön­nen. Was aber wür­de pas­sie­ren, wenn der Antrag abge­lehnt wird? Ala ant­wor­tet, dann blie­be zum Bei­spiel noch die Mög­lich­keit, Asyl zu bean­tra­gen. Das wür­de für die Men­schen bedeu­ten: Zuerst kämen sie nach Bochum, um dann im Stu­fen­ver­fah­ren einer Kom­mu­ne zuge­teilt zu werden.

Vor­aus­ge­setzt, der Asyl­an­trag wird ange­nom­men. Denn aus der Ukrai­ne geflüch­te­te Dritt­staats­an­ge­hö­ri­ge kön­nen abge­scho­ben wer­den. In Müns­ter ist das bis­her noch nicht vor­ge­kom­men, schreibt das Pres­se­amt. In Augs­burg bei­na­he schon. Dort wehrt sich eine Fami­lie aus Char­kiw gegen eine Abschie­bung nach Georgien.

Wäh­rend für die Ukrainer:innen schon vie­le Lösun­gen gefun­den wor­den sind, ist bei den Dritt­staat­lern noch vie­les offen. Charles sagt, er füh­le sich dis­kri­mi­niert. Und damit ist er nicht allein. Denn laut Bun­des­in­nen­mi­nis­te­ri­um haben drei Pro­zent der Geflüch­te­ten aus der Ukrai­ne kei­nen ukrai­ni­schen Pass. Das klingt wenig. Aber her­un­ter­ge­rech­net auf Müns­ter sind das rund ein­hun­dert Men­schen, für die die Poli­tik drin­gend eine Lösung fin­den muss. (sfo)

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Corona-Update

+++ Seit ges­tern hat die Stadt 127 Neu­in­fek­tio­nen regis­triert, ins­ge­samt gel­ten heu­te 1.344 Münsteraner:innen als infi­ziert. Das Robert-Koch-Insti­tut mel­det eine Inzi­denz von 297 posi­ti­ven PCR-Tests pro 100.000 Men­schen in sie­ben Tagen.

+++ Die Stadt mel­det auf ihrer Web­site zwei wei­te­re Todes­fäl­le im Zusam­men­hang mit Covid-19. Ins­ge­samt sind seit Pan­de­mie­be­ginn 233 Men­schen aus Müns­ter gestor­ben, die mit dem Coro­na­vi­rus infi­ziert waren.

+++ Laut Inten­siv­re­gis­ter wird in Müns­ter ein:e Covid-19-Patient:in auf der Inten­siv­sta­ti­on behan­delt und muss beatmet wer­den. (cbu)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Die Uni­kli­nik Müns­ter forscht an einem neu­en Medi­ka­ment gegen Covid-19. (WDR)

+++ Am Frei­tag haben in Müns­ter 7.000 Men­schen für eine bes­se­re Kli­ma­po­li­tik demons­triert. (Anten­ne Müns­ter)

+++ In Müns­ters rus­si­scher Part­ner­stadt Rja­san soll sich ein Mann aus Ver­zweif­lung über sei­ne dro­hen­de Ein­be­ru­fung zum Krieg gegen die Ukrai­ne selbst ange­zün­det haben. (Redak­ti­ons­netz­werk Deutsch­land)

+++ Eine 15-jäh­ri­ge Jugend­li­che wird ver­misst. (Poli­zei Müns­ter)

+++ Müns­ters Sport­ver­ei­ne wol­len mög­lichst lan­ge drau­ßen trai­nie­ren, um Heiz­kos­ten zu spa­ren. (Anten­ne Müns­ter)

+++ Seit April muss­te die Feu­er­wehr schon 50 bren­nen­de Müll­ton­nen und -con­tai­ner löschen. (West­fä­li­sche Nach­rich­ten)

Unbezahlte Werbung

Der Imbiss Reis­körn­chen hat letz­te Woche sei­nen zwei­ten Stand­ort am Bre­mer Platz 10 eröff­net. Auf der Spei­se­kar­te des klei­nen Restau­rants ste­hen per­si­sche Spe­zia­li­tä­ten wie Ghor­meh Sab­zi, ein tra­di­tio­nel­ler Kräu­ter­ein­topf, den das Reis­körn­chen auch ohne Fleisch ser­viert. Vie­le Gerich­te ste­hen zwar nicht auf dem Menü, aber trotz­dem dürf­te es schwer fal­len, sich für eines zu ent­schei­den. Denn egal, wofür Sie sich ent­schei­den, alles wird nach Fami­li­en­re­zept zube­rei­tet und bie­tet einen authen­ti­schen Ein­blick in die Küche des Irans. 

Hier fin­den Sie alle unse­re Emp­feh­lun­gen. Soll­te Ihnen ein Tipp beson­ders gut gefal­len, tei­len Sie ihn ger­ne ein­fach über den Link.

Drinnen und Draußen

Vik­to­ria Pehl­ke hat sich wie­der für Sie umge­schaut. Das sind ihre Kul­tur­tipps für die kom­men­den Tage:

+++ Am Sams­tag hat das Thea­ter­stück Das Hotel­zim­mer Urauf­füh­rung im klei­nen Büh­nen­bo­den. Das Psycho-Kam­mer­spiel basiert auf dem gleich­na­mi­gen Spiel­film von Rudi Gaul und the­ma­ti­siert die Ver­drän­gung von sexua­li­sier­ter Gewalt. Kar­ten gibt es online.

+++ Die Tra­fo­sta­ti­on ver­wan­delt sich am Sonn­tag zur Abhol­sta­ti­on für das neu erschie­ne­ne Kiosk Maga­zin. Das Kiosk Kol­lek­tiv aus Müns­ter hat mit­hil­fe von Crowd­fun­ding bereits die zwei­te Aus­ga­be des Maga­zins ver­öf­fent­licht. Zwi­schen 15 und 18 Uhr gibt es Kaf­fee, Kuchen und neu­en Lese­stoff für alle Interessierten. 

+++ Wer es sich bei Regen­wet­ter am Frei­tag­abend gemüt­lich machen will, kann das im Mond­hund Schall­plat­ten­ca­fé tun. Ab 19 Uhr fin­det dort ein Spie­le­abend mit Open Decks für Hob­by-DJs statt.

+++ Im Kul­tur­zen­trum F24 zeigt die Künst­le­rin Ina Hell­mann in ihrer Aus­stel­lung Ein biss­chen, was bleibt leuch­tend bun­te Aqua­rel­le. In den Zeich­nun­gen sind teil­wei­se auch Kin­der-Male­rei­en ihrer Toch­ter zu erken­nen, die sie fort­ge­führt und zu beson­de­ren Kunst­wer­ken gemacht hat. 

Am Frei­tag schreibt Ihnen Con­stan­ze Busch. Haben Sie eine schö­ne Woche und pas­sen Sie auf sich auf.

Herz­li­che Grü­ße
Sebas­ti­an Fobbe

Mit­ar­beit: Con­stan­ze Busch, Ralf Heimann
Lek­to­rat: Mela­nie Kelter

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PS

Bei der Recher­che für den heu­ti­gen Brief habe ich vie­le Zei­tungs­ar­ti­kel, Pres­se­mit­tei­lun­gen und Stu­di­en gele­sen, deren Inhalt nicht gera­de für gute Lau­ne sor­gen. Bei einer Umfra­ge war das anders. Das Zen­trum für Inte­gra­ti­ons- und Migra­ti­ons­for­schung hat 3.000 Men­schen befragt, die Ukrainer:innen bei sich zu Hau­se auf­ge­nom­men haben. Eini­ge Men­schen wür­den ger­ne Geflüch­te­te bei sich woh­nen las­sen, haben aber Angst davor, dass ihnen das alles über den Kopf steigt. Laut der Stu­die hat aber die über­wäl­ti­gen­de Mehr­heit (82 Pro­zent) gute Erfah­run­gen gemacht. Das ist doch eine tol­le Nach­richt, die viel­leicht den einen oder ande­ren dazu moti­viert, ein frei­es Zim­mer für Hil­fe­su­chen­de aus der Ukrai­ne anzu­bie­ten. Falls Sie Platz haben, kön­nen Sie sich zum Bei­spiel bei #Unter­kunftUkrai­ne regis­trie­ren oder Sie mel­den sich bei der Stadt. Es gibt vie­le Men­schen, die sich dar­über freu­en würden.