Die Müllabfuhr verschiebt sich | Ein Wäldchen in Kinderhaus: Alle gegen Stroetmann | Café, Bar und Restaurant im Grotes

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Münster, 31. März 2023

fangen wir an mit einer wichtigen Meldung: Die Müllabfuhr verschiebt sich. Morgen, also am Samstag, werden die Tonnen in den Montagsbezirken geleert, am Montag dann im Dienstagsrevier und am Freitag kommt die Müllabfuhr überall dorthin, wo sonst donnerstags immer der Müll abgeholt wird.

Die Woche darauf dasselbe Spiel, nur andersherum: Am Dienstag kommt die Müllabfuhr in die Montagsreviere, am Samstag in die Freitagsbezirke.

Kommen Sie noch mit?

Falls Sie jetzt denken: „Oh je, streiken die von den Abfallwirtschaftsbetrieben denn schon wieder?“ – keine Sorge, falscher Alarm. Das ganze Hickhack erklärt sich damit, dass nächste Woche Ostern ist: Dann beginnt nicht am Freitag, sondern schon am Donnerstag das Wochenende und der neue Montag ist der Dienstag, weil erst dann die Arbeitswoche wieder anfängt. Logisch.

Aber zurück zu den Streiks: Die dritte Tarifrunde im öffentlichen Dienst ist gestern gescheitert. Jetzt führen die Kommunen mit den Gewerkschaften Schlichtungsgespräche. Falls die missglücken, könnte nach Ostern eine neue Streikwelle über Münster rollen.

Und dann könnte sich die Müllabfuhr auch wieder verschieben. Und Sie wissen, was das heißt: Mittwoch ist, wenn donnerstags immer die Müllabfuhr kommt. (sfo)

(Korrekturhinweis: In einer früheren Version sind wir selbst mit den Abfuhrterminen durcheinandergekommen und haben zwei Wochentage miteinander verwechselt. Mann, Mann, Mann.)

Kurz und Klein

+++ Vor Kurzem haben wir Ihnen den Zwischenbericht für das integrierte Parkraumkonzept in Münster vorgestellt (RUMS-Brief). Das Konzept soll verbindlich regeln, wo Autos und Fahrräder in Zukunft parken dürfen, damit sich die Aufenthaltsqualität in den Vierteln erhöht. Bei der Recherche haben wir uns auch nach dem 3.000-Stellplätze-Programm der Stadt erkundigt, durch das Fahrradbügel auf Autoparkplätzen entstehen. Auf jedem Parkplatz ist theoretisch Platz für zehn Anlehnbügel, rein mathematisch würden also am Ende des Umwidmungsprogramms 300 Parkplätze in Münster verschwinden. Aber wo stehen wir im Moment? Diese Frage konnte uns die Stadt bei der Recherche zum Parkkonzept nicht beantworten. Das Presseamt hat uns gestern aber die Antwort nachgereicht: Seit Beginn des Programms im Jahr 2021 sind 914 Abstellmöglichkeiten für Fahrräder auf 64 Parkplätzen entstanden – macht ungefähr 14 Stellplätze pro Parkplatz. Also alles ziemlich eng, wie kommt das? Das Kommunikationsamt schreibt, für die Umwidmungen habe die Stadt auch „andere Flächen genutzt, was die geringe Zahl an umgewidmeten Kfz-Stellplätzen erklärt.“ Aha, es werden also auch Flächen umgewidmet, auf denen keine Autos parken? Die Stadt bestätigt uns das. Sie antwortet, dass zum Beispiel die modernisierten Radbügel am Domplatz beim Stellplatzprogramm mitgezählt wurden. Genauso wie Restflächen, auf denen Fahrräder vor der Anbringung der Bügel wildgeparkt oder die von Autofahrenden zum Gehwegparken genutzt wurden. (sfo)

+++ Das Gasokollektiv hat verkündet, jetzt „nen stabilen Vertrag“ zu haben. Heißt: Die Gruppe aus dem Verein Sozialpalast ist wieder auf das Gasometer-Gelände am Albersloher Weg gezogen. Zuvor hatte die Gruppe an dem Ort zum Beispiel Workshops, Konzerte und Cafés organisiert, jetzt kann es damit weitergehen, zumindest erst einmal. Der Vertrag ist laut Pressesprecher der Stadtwerke zwar unbefristet und läuft, bis das Architekturverfahren abgeschlossen ist. Bei den Stadtwerken hoffe man aber, dass Ende des Jahres feststeht, wer den Gasometer langfristig übernimmt. Zuletzt hatte Sebastian Fobbe im Januar über die Gasometerbörse berichtet. (sst)

+++ Seit ein paar Jahren steigen die Einbürgerungsanträge in Münster deutlich an. Laut Pressestelle der Stadt waren es 2020 etwa 500, 2021 fast doppelt so viele, 2022 dann über 1.500. Und das geht so weiter: 2023 haben die Einbürgerungsbehörde bisher gut 500 Anträge erreicht, im vorigen Jahr waren es zu diesem Zeitpunkt keine 400. Das passiert gerade in ganz Deutschland. Hauptgrund dafür ist laut Mediendienst Integration, dass viele Geflüchtete aus Syrien und dem Irak inzwischen länger als acht Jahre hier leben und deswegen die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen können. Allerdings kommen die Behörden mit der Arbeit nicht hinterher. Denn neben den Neuanträgen liegen zweieinhalbtausend noch nicht bearbeitete auf den Münsteraner Schreibtischen. Nicht nur bei der Einbürgerungsbehörde, sondern auch etwa bei der Polizei. Was die Bearbeitungszeit in Münster zumindest schon verkürzt hat: Digitalisierung, Einzelberatungen und ausführliche Informationen online. Außerdem gibt es eine neue, bereits besetzte Stelle. Trotzdem ist es so, dass Menschen laut Mediendienst Integration in Münster etwa ein Jahr auf ihre Einbürgerung warten. Neues Personal müsse schließlich eingearbeitet werden, und das sei aufwendig, schreibt die Pressesprecherin der Stadt. (sst)

Wie es weiterging – mit der sozialen Erhaltungssatzung

In der vergangenen Woche haben wir aus der Ratssitzung berichtet. Ein Thema war die soziale Erhaltungssatzung, die dafür sorgen soll, dass Wohnraum bezahlbar bleibt. Bei der Stadt hatten wir recht kurzfristig Details angefragt, die sie nun nachgeliefert hat. Die Stadt hatte in mehreren Fällen mit Investor:innen verhandelt und den Umbau später genehmigt. Wir wollten wissen, was genau zusammen mit Investor:innen angepasst wurde, damit ihre Anträge bewilligt werden konnten. Die Stadt teilt nun mit: Zum Beispiel wurden Balkone auf maximal 10 Quadratmeter reduziert, zwei Räume doch nicht zu einem umgebaut und statt bodentiefer Fenster Standardfenster geplant. Um festzustellen, in welchen Stadtteilen so eine Satzung noch greifen könnte, werde gerade ein sogenanntes Gentrifizierungsmonitoring aufgebaut. Denn damit eine soziale Erhaltungssatzung erlassen werden kann, muss rechtssicher nachgewiesen werden, dass die Bevölkerung im jeweiligen Gebiet tatsächlich gefährdet ist, verdrängt zu werden. (sst)


Das Zimmermannsche Wäldchen in Kinderhaus: Alle gegen Stroetmann

An der Ecke Grevener Straße/Am Burloh residierte in Kinderhaus einst der Zigarettenunternehmer Wilhelm Zimmermann in einer noblen Villa. Weiße Fassade, Steintreppe zur Haustür, eigener Wintergarten. Von dem Prachtbau ist aber schon lange nichts mehr übrig. 1971 wurde das baufällige Gebäude abgerissen. Nur noch Reste aus Stein erinnern im Dickicht des Zimmermannschen Wäldchens daran, dass hier einmal eine Villa stand.

Nach dem Abriss der Villa wechselten immer wieder die Eigentümer des Grundstücks. Mittlerweile gehört das Zimmermannsche Wäldchen der Stroetmann-Unternehmensgruppe aus Münster, die vor allem mit dem Bau und Betrieb von Supermärkten ihr Geld verdient.

Seit Stroetmann das Zimmermannsche Wäldchen besitzt, wurden auf dem Grundstück immer wieder Bäume gefällt. Offiziell begründet die Firma die Abholzungen mit der Verkehrssicherungspflicht: Die Bäume müssten gestutzt oder gefällt werden, bevor sie eine Gefahr für den Straßenverkehr werden.

Viele Leute aus der Nachbarschaft bezweifelten das. Sie vermuteten, dass Stroetmann das Zimmermannsche Wäldchen als Gewerbefläche umnutzen will. Ende 2022 bestätigten die Westfälischen Nachrichten diesen Verdacht, als die Zeitung über ein Bauvorhaben auf dem Waldareal berichtete.

Dagegen regt sich nun Protest in Kinderhaus. Eine Bürgerinitiative, eine Klimaschutzgruppe und die Stadtteilpolitik haben bereits erklärt, dass sie das Zimmermannsche Wäldchen erhalten wollen.

Worum geht es also in dem Konflikt in Kinderhaus?

Eine Endlos-Debatte

Um diese Fragen zu beantworten, spulen wir zunächst noch einmal kurz zurück und fangen mit der Vorgeschichte an. Thomas Borker wohnt im Eli-Marcus-Weg, der direkt an das kleine Wäldchen angrenzt. Er sitzt für die SPD in der Bezirksvertretung Nord und beobachtet die Debatte um das Zimmermannsche Wäldchen schon seit Jahrzehnten.

Für Borker ist es mit der Bebauung ein bisschen wie mit schmalen Krawatten. „Eine furchtbare Mode, die immer wieder mal auftaucht“, sagt er. Vor vierzig Jahren habe ein Bauunternehmen zum ersten Mal versucht, den Wald abzuholzen, um ein Wohngebiet auf dem Gelände zu errichten. Vor Stroetmann gehörte das Grundstück Hans-Josef Krippendorf, einem Bauunternehmer aus Kinderhaus, der ein Mehrgenerationenhaus auf dem Grundstück bauen wollte.

Alles umsonst. Im Jahr 2009 kaufte dann die Stroetmann-Gruppe das Areal. Den Westfälischen Nachrichten teilte das Unternehmen damals mit, es habe „da erst mal überhaupt nichts vor“. Die Firma lasse nur ein paar Bäume stutzen, auch hier wieder aus Verkehrssicherheitsgründen.

Ein Supermarkt, eine Kita, ein paar Wohnungen – ohne Wald, aber öko

Mittlerweile hat Stroetmann aber eine konkrete Vision für das rund zweieinhalb Hektar große Waldstück entwickelt. Nachdem sich Anwohnende immer wieder über die Fällaktionen beschwert hatten, habe den Firmenchefs Max und Lutz Stroetmann gedämmert, dass die „Waldbrache“ eine „langfristige Perspektive“ brauche, schreiben die WN.

Dazu hat Stroetmann von einem Architekturbüro einen Plan entwickeln lassen, den wir für diese Recherche angefragt haben. Bekommen haben wir bislang noch nichts, weil die Pressestelle des Unternehmens momentan urlaubsbedingt nicht besetzt sei.

Deshalb noch einmal ein Blick in die Westfälischen Nachrichten, die über das Bauprojekt berichtet haben: Dort heißt es, das Zimmermannsche Wäldchen solle für einen Edeka-Markt mit einhundert oberirdischen Parkplätzen weichen. Außerdem sollen Wohnungen, eine Kindertagesstätte, ein Biergarten und ein Kletterpark auf der Fläche entstehen.

Einige Details in dem Artikel wirken geradezu zynisch. Laut Zeitung möchte Stroetmann „ökologisches Wohnen in Hybridbauweise mit Regenwassernutzung, Photovoltaik, Gründach und gemeinschaftlichem Gemüseanbau“ auf der bebauten Waldfläche ermöglichen. Eine „unbebaute Biodiversitätsfläche“ soll das Areal zur Siedlung am Eli-Marcus-Weg abgrenzen. Außerdem sollen „alle als besonders erhaltenswert klassifizierten Bäume erhalten bleiben“ und es sollen neue Bäume gepflanzt werden. Demnach stünden nach der Bebauung 137 statt 110 Bäume im Zimmermannschen Wäldchen.

Gesunde Bäume gefällt

Das glaubt in Kinderhaus aber niemand. Hanna Poddig und Johannes Bruders wohnen in der Nähe des Waldes und gehören einer Klimaschutzgruppe an, die sich für den Erhalt des Zimmermannschen Wäldchens organisiert. Sie zeigen mir bei einem Rundgang über das Gelände, wo Stroetmann bereits Bäume hat fällen lassen.

Mitten auf dem Gelände stehen Stümpfe herum, aus denen einmal große dicke Buchen und Eichen wuchsen. Diese Bäume seien gesund gewesen, sagt der studierte Forstwirt Johannes Bruders beim Rundgang. Er schätzt außerdem, dass etwa ein Viertel des Baumbestandes bei den letzten Arbeiten abgeholzt wurde. Dabei ist eine große Schneise an der Südseite des Zimmermannschen Wäldchens entstanden.

Auch das Argument, Stroetmann würde einzig und allein Bäume fällen, um die Verkehrssicherungspflicht einzuhalten, halten Poddig und Bruders für unglaubwürdig. Im Gegenteil: Die meisten Bäume an der Straßenseite blieben von den vermeintlichen Pflegearbeiten verschont, sagen sie.

Hinter den Fällaktionen vermuten die Klima-Aktiven ein Kalkül: Je mehr Bäume verschwinden, desto mehr verliert das Waldstück an Wert und desto größer wird die Chance, die Fläche in Bauland umwidmen zu lassen. Zumal Stroetmann seiner Pflicht zur Aufforstung als Waldeigentümer offenbar auch nicht nachkommt.

Das deutet auf ein Grundsatzproblem hin, sagen Bruders und Poddig: Wald ist in Deutschland extrem billig. Pro Quadratmeter zahlen Käufer:innen zwischen 1 und 2,5 Euro. Ein Quadratmeter Bauland in guter Lage kostet in Münster dagegen im Schnitt 720 Euro. Gelingt es Stroetmann, die zweieinhalb Hektar Wald zu entwidmen, hat das Unternehmen unterm Strich ein richtiges Schnäppchen gemacht.

Ein wertvoller Klimaschützer

Damit Stroetmann das Projekt verwirklichen kann, muss allerdings erst mal der Bebauungsplan geändert werden. Aber wie läuft das eigentlich ab mit den Änderungen? Die Stadt teilt uns mit, in Randbezirken sei das Verfahren einigermaßen simpel. Wer ein Waldgrundstück bebauen will, muss dazu einen Antrag stellen. Und wenn dann zum Beispiel festgestellt wird, dass das Waldstück minderwertig ist, kann es im Prinzip schon losgehen.

Im Falle des Zimmermannschen Wäldchens ist die Sache aber komplizierter. Der Bebauungsplan stammt noch aus dem Jahr 1996 und wurde damals politisch beschlossen. Der Plan definiert das Gelände als Wald, auf dem Bauen eindeutig verboten ist (und nicht als Ausgleichsfläche, wie es in den WN zu lesen war).

Der Bebauungsplan unterstreicht, wie wichtig das Zimmermannsche Wäldchen für das Stadtteilklima in Kinderhaus ist: Er kühlt das Wohngebiet ab, mindert Straßenlärm, federt Wind ab, verbessert die Luftqualität und bietet Tieren Unterschlupf.

Und diese Funktion sollte mit dem Bebauungsplan gesichert werden. Die Stadt bekam nämlich immer wieder sogenannte Bauvoranfragen von Investor:innen für das Zimmermansche Wäldchen und auch die ehemaligen Eigentümer:innen ignorierten, dass sie das Gelände nicht ohne Weiteres roden dürfen. So wurden kurz vor der Festsetzung des Bebauungsplans noch großräumig Bäume abgeholzt.

Für das Forstamt hatten diese Einschlagsarbeiten aber „nicht das Geringste gemein“ mit ordnungsgemäßer Forstwirtschaft, an die sich Waldbesitzer:innen halten müssen. Für die Politik lieferte das ein weiteres Argument, um das Waldstück in Kinderhaus zu schützen und damit eine Lücke im Planungsrecht zu schließen.

Und was ist mit der Baumschutzsatzung, die im Sommer beschlossen werden soll? Könnte sie die Bebauung verhindern? Eigentlich nicht, sagt uns die Stadt. Das sei auch nicht notwendig, denn Wälder seien ja sowieso erstmal rechtlich vor Bauprojekten geschützt. Die neue Satzung schützt deshalb nur Bäume, die nicht im Wald stehen.

Die Stadtteilpolitik ist sich einig

Um alles einmal abzukürzen: Will Stroetmann bauen, muss der Rat darüber entscheiden, ob der Bebauungsplan geändert wird. Das würde auch bedeuten, dass eine Bürgerbeteiligung und Umweltprüfung in Gang gesetzt werden müssen.

Aber gibt es denn irgendjemanden in Kinderhaus, der Sympathien für das Projekt von Stroetmann hat? Thomas Borker von der SPD glaubt das nicht. Er gehört zur sechsköpfigen Sprechergruppe der Bürgerinitiative „Pro Zimmermannsches Wäldchen“. Ende Februar hatte die Initiative eine Bürgerversammlung veranstaltet, zu der etwa 200 Menschen aus dem Stadtteil gekommen waren.

Eingeladen waren auch der grüne Bezirksbürgermeister Ralf Kiewit, CDU-Ratsherr Olaf Bloch und Johanne Lamken, die für die SPD in der Bezirksvertretung Nord sitzt. Alle drei sprachen sich bei der Versammlung gegen die Baupläne von Stroetmann aus – und damit für den Erhalt des Zimmermannschen Wäldchens.

Thomas Borker sagt, der Edeka und die Kita würden zum Beispiel den Verkehr in Kinderhaus unnötig erhöhen. Da eine Kita an das Wäldchen grenzt und außerdem noch zwei weitere im Stadtteil geplant sind und sich der Einzelhandel am Idenbrockplatz konzentriert, sei das Bauprojekt ohnehin überflüssig.

Borker sagt, Stroetmann spekuliere einzig darauf, Berufspendler:innen abzugreifen. Das habe das Unternehmen der Bürgerinitiative in Gesprächen über das Zimmermannsche Wäldchen auch bestätigt. Der Edeka solle die Beschäftigten der Provinzialversicherung und der Sparkasse versorgen, die in Kinderhaus gerade einen Campus baut. Die Kita hingegen sei bloß ein Argument, um der Politik die Entwidmung des Waldes schmackhaft zu machen.

Zwei Proteststile prallen aufeinander

Die Klimaschutzgruppe um Johannes Bruders und Hanna Poddig hält wenig davon, mit dem Einzelhandelskonzept oder dem Pendlerverkehr zu argumentieren. Sie sehen die Sache grundsätzlich: Das Zimmermannsche Wäldchen muss gerettet werden, weil der Wald eine wichtige Klimaschutzfunktion erfüllt.

Um sich gegen die Abholzung zu wehren, hat die Gruppe deshalb angefangen, aus Protest neue Bäume zu pflanzen. Am Sonntag findet außerdem eine Andacht mit Kaffee und Kuchen im Wäldchen statt. Und was kommt als Nächstes? Ein Protestcamp? Baumhäuser? Eine Waldbesetzung? Poddig und Bruders verneinen, dass solche Aktionen geplant sind.

Thomas Borker freut sich über die Andacht – sieht aber Aktionsformen wie das Protestbäumepflanzen kritisch. Es sei schlichtweg verboten, auf fremden Grundstücken Bäume zu pflanzen, obwohl er das Anliegen dahinter sehr gut verstehen könne. In unserem Interview betont er mehrmals, dass die Bürgerinitiative, der er angehört, sich nur auf legalem Wege zur Wehr setzen wolle. Dazu gründet die Initiative morgen eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts und sie habe auch schon zu einer Rechtsanwaltskanzlei in Münster Kontakt aufgenommen.

Es sind also zwei Proteste in Kinderhaus, die parallel für den Erhalt des Zimmermannschen Wäldchens kämpfen. Nur punktuell gebe es bisher Kontakte, sagen mir meine Interviewpartner:innen. Ob sich die Proteste in die Quere kommen oder einander befruchten können, bleibt also abzuwarten. Hanna Poddig ist immerhin in einem Punkt optimistisch: „Ich glaube schon, dass sich mehr Anwohnende wehren werden, wenn hier Menschen mit Kettensägen auftauchen.“ (sfo)



Klima-Update

+++ Vor einigen Wochen war die Polizei noch schneller, heute haben es drei Aktivist:innen der „Letzten Generation“ auf die Straße geschafft: Gegen neun Uhr klebten laut Pressesprecher der Polizei zwei Personen auf der Straße an der Ecke Urbanstraße/Von-Vincke-Straße. Eine weitere war gerade dabei, sich festzukleben, als die Polizei eintraf. Da die Blockade nur wenige Minuten gedauert hat, hätten sich auch die Auswirkungen auf den Verkehr in Grenzen gehalten. Die Beamt:innen haben mittlerweile übrigens Sonnenblumenöl und weiche Spachtel als Ausrüstung mit auf der Straße, mit denen sie heute die festgeklebten Menschen vom Asphalt gelöst haben. Vier weitere Aktivist:innen waren anwesend. Gegen die drei auf der Straße wird es eine Anzeige geben. Außerdem hat die Polizei die Personen aufgefordert, heute keine weitere Aktion mehr zu starten. Zwei haben dem nicht zugestimmt, weswegen sie bis 19 Uhr auf der Polizeiwache bleiben müssen. Solche Polizeieinsätze könnten die Aktivist:innen in NRW übrigens bald Geld kosten. Unter anderem die Süddeutsche Zeitung berichtet, dass das Land schon seit mehreren Monaten die Gebührenordnung der Polizei prüft. In Bayern etwa habe die Polizei der „Letzten Generation“ schon 50 Rechnungen geschrieben. (sst)

+++ Anfang der Woche hat der Koalitionsausschuss der Ampelregierung in Berlin lange getagt. Dabei herausgekommen ist ein 16-Seiten-Werk zu Klimaschutz und Planungsbeschleunigung. Viele Umweltverbände und Expert:innen haben die Ergebnisse stark kritisiert. Konkret zum Beispiel, dass es im Klimaschutzgesetz keine Ziele für einzelne Sektoren mehr geben soll (erst gerade ging es darum, dass der Verkehrssektor sein Ziel 2022 deutlich verfehlt hat). Doch es gibt zumindest ein paar Punkte im Papier, die positive Auswirkungen haben könnten. Das Flächenbedarfsgesetz wurde etwa von Umweltverbänden vorgeschlagen und soll für eine überregionale grüne Infrastruktur (zum Beispiel Wälder, Moore, Auen) sorgen. In Kombination mit der Sicherung von sich erneuernden Energien könne das laut dem Präsidenten des Deutschen Naturschutzrings Kai Niebert beide Ziele beschleunigen. Die Ampel-Koalition will außerdem die Straßenverkehrsordnung anpassen. Jetzt sollen nicht mehr nur fließender und sicherer Verkehr, sondern auch Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und die städtebauliche Entwicklung Ziele sein. Das könnte zum Beispiel Tempo 30 in Städten und Gemeinden ermöglichen, überlegen Philip Banse und Ulf Buermeyer im Podcast „Lage der Nation“. Und die Lkw-Maut soll den Ausbau der Bahnschienen mitfinanzieren. Ausführlichere Einschätzungen von Fachpersonen gibt es zum Beispiel bei der Wochenzeitung Die Zeit“. (sst)

+++ Seit heute kann sich wieder jede:r zum „Stadtradeln“ anmelden. Laut Pressemeldung der Stadt ist das eine „perfekte Gelegenheit, um einen aktiven Beitrag zum Klimaschutz zu leisten“. Naja. Svenja Stühmeier hat Anfang Februar über den Sinn und Unsinn dieser Marketingaktion geschrieben. Ihren Kommentar finden Sie hier. (sfo)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Die Bücherbus-Fahrten der Stadtbücherei fallen vom 3. bis 6. April aus, weil Personal fehlt. (Stadt Münster)

+++ Der Ring wird auf der Höhe der Piusallee für etwa drei Monate einspurig, damit auf dem Niedersachsenring ein Fernwärmeanschluss installiert werden kann. (Stadtnetze Münster)

+++ Die ausgebaute Kanalpromenade ist für den deutschen Fahrradpreis nominiert. (ADFC)

+++ Das Schulzentrum Hiltrup und das Kardinal-von-Galen-Gymnasium Hiltrup fordern Tempo 30 bei den Schulen auf der Westfalenstraße. (Antenne Münster)

+++ An der Coerder Grundschule Norbertschule wird gebaut, damit sie vierzügig werden kann. (Stadt Münster)

+++ In einer Bürgerversammlung hat ein Architekt mit Styroporklötzen gezeigt, wie wuchtig der Musik-Campus wird. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Landmarken AG baut das Stadtteilzentrum Gremmendorf im York-Quartier. (Stadt Münster)

+++ Niemand fühlt sich verantwortlich dafür, die Straßen, die sogenannten „Interessentenschaften“ gehören, sauber zu machen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Da in Berg Fidel gleich drei Geschäfte schließen, sucht die Immobiliengesellschaft LEG Nachfolger:innen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Auf einem Grundstück an der Frauenstraße wurden Siedlungsreste aus den vergangenen 1.000 Jahren entdeckt. (Westfälische Nachrichten)

+++ Alle Gebäude des LVM-Campus in Münster sollen mit einem hohen Anteil an regionalem Ökostrom betrieben werden. (Stadtwerke Münster)

+++ Bis 2033 sucht der LWL 26.000 neue Arbeitskräfte in den Bereichen Soziales, Kinder und Jugendliche, Psychiatrie und Maßregelvollzug. (Landschaftsverband Westfalen-Lippe)

+++ Die LWL-Landschaftsversammlung hat Jugend- und Schuldezernentin Birgit Westers für weitere acht Jahre bestätigt. (Landschaftsverband Westfalen-Lippe)

+++ Die Schwurbelbusters schreiben in einer Pressemitteilung, dass während ihrer Mahnwache vor der Polizeiwache Moltkestraße gegen Polizeiwillkür und die Kriminalisierung von antifaschistischem Protest ein Polizeibeamter rief: „Langweilig!“(Pressemitteilung bei Alles Münster)

+++ Carsten Schulte hat ein neues Buch zum laufenden Stadionumbau der Preußen geschrieben. (100 Prozent mein SCP)


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Das Grotes an der Kreuzkirche ist Café, Bar und Restaurant in einem. Tagsüber lädt das schicke Lokal zum Klönschnack bei Kaffee und Kuchen ein, am Wochenende gibt es ein preiswertes, aber reichhaltiges Frühstücksbüffet und abends serviert das Grotes moderne westfälische Küche. Rote-Bete-Gnocchi an Ziegenkäsesoße, Kürbissalat mit roten Johannisbeeren oder Schweinemedaillons im Speckmantel. Passend dazu hat das Grotes eine umfangreiche Getränkekarte mit Weißwein aus Rheinhessen und der Pfalz. Unser Tipp: Probieren Sie unbedingt den Westfalian Mule. Das ist ein Münsterländer Cocktail aus Sasse-Korn und Gingerbeer mit Gurke und Ingwer.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne einfach über den Link.

Drinnen und Draußen

Heute haben Jan Große Nobis, Ralf Heimann und Svenja Stühmeier einige Termine für Sie zusammengestellt:

+++ Wenn Sie sich fix aufs Rad schwingen, können Sie vielleicht noch an der ersten „Critical Mass” des Jahres teilnehmen. Start ist um 19 Uhr am Domplatz. Falls Sie doch lieber den RUMS-Brief zu Ende lesen wollen, können Sie sich schon einmal den vierten Freitag in den kommenden Monaten eintragen, selbe Uhrzeit, selber Ort.

+++ Was ist an Gemeinsinn eigentlich so toll? Dass er dazu verhilft, Krisen zu bewältigen, zum Beispiel. Die These vertritt zumindest der Zeit-Redakteur Ulrich Schnabel, der schon das Buch „Zusammen. Wie wir mit Gemeinsinn globale Krisen bewältigen“ veröffentlicht hat. Am Fachhochschulzentrum der FH Münster in der Corrensstraße 25 hält er am 5. April um 17.30 Uhr einen Vortrag zum Thema. Wer nicht vorbeikommen mag, kann auch online zuhören. Die FH bittet bis zum 4. April um eine Anmeldung, die Veranstaltung ist kostenlos. Danach können Sie diskutieren und mit Ulrich Schnabel ins Gespräch kommen.

+++ Wussten Sie, dass Rosa Luxemburg eine passionierte Botanikerin war? Am Samstag und Sonntag steht Schauspielerin Gabriele Brüning im Pumpemhaus auf der Bühne, um die Politikone in einem Ein-Frauen-Theaterstück zu porträtieren. Karten gibt es hier. Wenn Sie sich noch schnell in das Leben der Rosa Luxemburg einlesen wollen, finden Sie auf der Website des SWR ein schönes Kurzporträt.

+++ Am 18. April veranstaltet die FH Münster einen Verkehrstag. Es wird insbesondere darum gehen, wie der öffentliche Nahverkehr attraktiver werden und Verkehrsemissionen reduziert werden können. Die Seminare finden von 9 bis 16 Uhr statt, die Teilnahme kostet 92 Euro. Eine Anmeldung ist noch bis zum 3. April möglich.

+++ Und noch was für Jugendliche: Der Poetry Slammer Andi Substanz gibt kommenden Dienstag von 14 bis 17 Uhr einen Workshop in der Jugendbücherei am Alten Steinweg. Darin wird es um Improvisation, Vortragen und natürlich die eigenen Slam-Texte gehen. Das Angebot kostet nichts.

+++ Der aus dem Kinderkanal Kika bekannte Moderator Tobias Krell alias „Checker-Tobi“ ist im April in Münster zu Gast. Er wird bei einer Veranstaltung der LVM-Versicherung darüber sprechen, wie er die Unternehmenswerte der Versicherung versteht. Und das klingt nicht nach einer Veranstaltung, für die Kinder zwischen 4 und 14 Jahren sich interessieren, aber worüber „Checker-Tobi“ spricht, ist denen wahrscheinlich auch ganz egal. Falls Sie trotzdem dabei sein möchten: Die Versicherung vergibt 30-mal zwei Eintrittskarten für den Abend. Bitte kurze E-Mail an die Adresse kommunikation@lvm.de. Innerhalb von zwei Tagen gibt’s dann eine Antwort. Und was Sie noch wissen müssen: Die Veranstaltung beginnt am 18. April (Dienstag) um 18.30 Uhr.

+++ Am Montag sind Gamze Kubaşık und Semiya Şimşek in der Stadtbücherei Münster zu Gast. Ihre Väter wurden von der Terrorgruppe NSU ermordet. Die beiden Frauen werden über den NSU-Komplex und ihren Kampf um die Aufklärung sprechen. Beginn ist um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Erholen Sie sich gut am Wochenende und passen Sie auf sich auf!

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Jan Große Nobis (jgn), Svenja Stühmeier (sst), Ralf Heimann (rhe)
Lektorat: Lisa Mensing


PS

Am Dienstag hat Ralf Heimann darüber sinniert, wie „Chat GPT“ den Lokaljournalismus durcheinanderwirbeln wird. Ich muss – vielleicht ein bisschen blauäugig – zugeben: Mir bereiten sogenannte künstliche Intelligenzen weder Sorge noch Freude. Bis ich auf dieses wunderbare Helferlein gestoßen bin. Ich möchte nicht allzu viel verraten, sondern Sie nur ermuntern, das Ganze einmal selbst auszuprobieren. Fragen Sie doch mal: „What do you think about RUMS Münster?“ Die dahergeschnurrte Antwort wird Sie verblüffen!