Der Fall Thomas Robbers | Warum musste er wirklich gehen?

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

der Psychologe und Nobelpreisträger Daniel Kahneman hat ein menschliches Wahrnehmungsphänomen erforscht, das er die WYSIATI-Regel nennt. WYSIATI steht für: What you see is all there is. Auf Deutsch: Es zählt nur das, was wir wissen. Unser Gehirn nimmt die Informationen, die zur Verfügung stehen, und konstruiert daraus eine Geschichte. Jede weitere Information kann diese Geschichte verändern. Nach diesem Prinzip funktionieren Krimis. Die Witwe kann als sympathische Großmutter erscheinen, die sich liebevoll um ihre Enkel kümmert. Aber sobald in ihrer Handtasche eine Pistole zu sehen ist, wird sie verdächtig. Dann stellt sich die Frage: Hat sie vielleicht doch etwas mit dem Mord zu tun? Und dann fallen auch die Brüche auf. Sie war ja doch sehr eng mit ihrem Schwager. Vielleicht war da mehr? Ein Verhältnis? Könnte doch sein. Allerdings kann sich schon kurz darauf herausstellen, dass die Frau eine alte Waffe aus der Sammlung ihres Mannes zum Pfandleiher bringen wollte, um ihrem Enkel ein neues Fahrrad zu kaufen. Schon erscheint wieder alles ganz anders. In seinem Buch „Schnelles Denken, langsames Denken“ schreibt Kahneman: „Es ist leichter, alles, was man weiß, in ein plausibles Muster einzupassen, wenn man wenig weiß.“

Eine Woche, nachdem die Stadt Münster Thomas Robbers als Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderung abberufen hat, ist über die Umstände, die dazu führten, offiziell noch immer nicht viel bekannt. Wir sehen nur Bruchstücke. Mehrere Medien berichteten etwa, Thomas Robbers soll dem Hauptverdächtigen im Missbrauchsfall, Adrian V., mehrfach kostenlos sein Ferienhaus in Belgien zur Verfügung gestellt haben. Ich habe in der vergangenen Woche mit vielen Menschen über den Fall gesprochen. Dabei hörte ich oft Aussagen wie: Natürlich muss man davon ausgehen, dass Robbers unschuldig ist. Aber irgendwie ja schon komisch: Warum hat ein Mann in dieser Position mit so jemandem privaten Kontakt?

Sicher, zwei so unterschiedliche Männer – was soll die beiden verbinden? Natürlich fällt einem dazu eine Geschichte ein. Aber anders klingt die Geschichte, wenn man eine weitere Information hinzufügt. Aus dem Umfeld von Thomas Robbers habe ich erfahren, dass der Kontakt zu Adrian V. nicht über ihn, Thomas Robbers, zustande kam, sondern über seine Frau. Sie und Adrian V. waren danach Kollegen bei einem ihrer früheren Arbeitgeber.

Recht dünne Informationslage

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