Carla Reemtsmas Kolumne | Gas ist auch keine Zwischenlösung

Porträt von Carla Reemtsma
Mit Carla Reemtsma

Münster, 24. Januar 2021

Liebe Leser:innen,

vielleicht haben Sie es mitbekommen: Vor rund zwei Wochen hat die von Manuela Schwesig (SPD) geführte Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern die „Stiftung Klima- und Umweltschutz MV“ gegründet, um die von den USA beschlossenen Sanktionen für am Bau von Nordstream 2 beteiligte Unternehmen zu umgehen. Gegen den Widerstand des EU-Parlaments und weite Teile der Zivilgesellschaft sollen mit dem Geld des russischen Staatskonzerns Gazprom die letzten Kilometer Rohre verlegt werden, um Erdgas nach Deutschland zu transportieren. Ja, Sie hören richtig: Eine Klimaschutz-Stiftung, die inmitten der Klimakrise den Bau einer Erdgaspipeline ermöglichen soll.

Daraus hätte nicht nur eine Debatte über die Rolle von Nordstream 2 für die europäische Energieversorgung folgen können, sondern auch darüber, ob fossiles Gas Teil der Energiewende sein kann. Zwischen den geopolitischen Interessen und den Ereignissen in Russland rund um die Nawalny-Verhaftung war dafür aber bisher wenig Platz. Dass wir diese Debatte zwingend brauchen, liegt nicht nur an Nordstream 2 selbst, das nur eines von vielen laufenden Gasinfrastruktur-Bauprojekten ist, wenn auch ein geopolitisch besonders brisantes. Parallel plant die niedersächsische Landesregierung gerade die Senkung der Förderabgaben auf heimisches Fracking-Gas, was Haushaltseinbußen von circa 250 Millionen Euro bedeutet. Und in Schleswig-Holstein werden zeitgleich neue Terminals für den Umschlag US-amerikanischen Flüssiggases vorbereitet.

Die Befürworter:innen von Gas argumentieren gern mit dem Begriff der „Brückentechnologie“. Brückentechnologie zu erneuerbaren Energien – das waren in den vergangenen zwei Jahrzehnten schon Kernkraft, Braunkohle und Steinkohle. Nachdem die Bundesregierung den Kohleausstieg im Januar endgültig verabschiedet hat, muss dem Argument nach nun wenigstens Gas Teil der Energiewende werden. Statt also in den Ausbau der erneuerbaren Energien selbst fließen so Steuermilliarden in die Finanzierung fossiler Infrastruktur wie Pipelines, Kraftwerke und Anlagen. Dass diese in einer klimaneutralen, kohlenstofffreien Wirtschaft – zu deren Umsetzung wir uns ja international verpflichtet haben – keine Rolle spielen können, ignorieren die Beteiligten einfach.

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