Die Kolumne von Carla Reemtsma | Revolution in Trippelschritten

Porträt von Carla Reemtsma
Mit Carla Reemtsma

Münster, 5. Dezember 2021

von einem „Anwalt der Autofahrer“ ist dieser Tage im politischen Berlin die Rede. Gemeint ist damit der designierte FDP-Verkehrsminister Volker Wissing, der sich selbst so bezeichnet hat. Trotz des Aufschreis aus den Reihen des grünen Koalitionspartners – für manche Medien, Mobilitätsforscher:innen und die Klimabewegung ist diese Aussage nur wenig verwunderlich. Das Auto ist weiterhin Fortbewegungsmittel Nummer eins in der Bundesrepublik: Drei von vier Kilometern legen die Deutschen im Auto zurück, knapp 50 Millionen Pkw fahren oder stehen auf den Straßen.

Allen Bekundungen zum Klimaschutz und zur Verkehrswende zum Trotz: Deutschland ist und bleibt ein Autoland, auch wenn sich dies auf den Radwegen in Münster teilweise anders anfühlen mag. In Deutschland werden Autos nicht nur gefahren, sie werden produziert und exportiert, repariert und entwickelt. Die Folgen dieser automobilen Logik offenbaren sich nicht nur in den Beschäftigungsverhältnissen von über 800.000 Angestellten in der Automobilindustrie, sondern auch in den politischen Verhältnissen. Pendlerpauschale und Dieselprivileg sind nur zwei von einem knappen Dutzend Subventionen, welche die Blech gewordene Klimazerstörung und Verkehrskollaps durch Steuergelder finanziell attraktiver machen. Während in anderen EU-Ländern längst sogenannte Bonus-Malus-Systeme den Kauf CO2-intensiver Autos verteuert, wurde hierzulande die dringend notwendige Reform des Sammelsuriums an Subventionen und Steuern im Kfz-Bereich jahrzehntelang verschleppt.

Auch die sich als „Aufbruchskoalition“ inszenierende Ampel aus SPD, Grünen und FDP traut sich im Verkehrsbereich kaum ernstzunehmende Schritte zu: Die Kfz-Steuer soll lediglich geprüft werden, ebenso der Bundesverkehrswegeplan, der den Bau neuer Autobahnen vorsieht. Konkrete Maßnahmen in Richtung Abkehr vom motorisierten Individualverkehr sieht der Vertrag kaum vor. Obwohl der Verkehrssektor mit seinen seit knapp 20 Jahren gleichbleibenden Emissionen eigentlich ein Sorgenkind des Klimaschutzes ist, bleiben konkrete Fortschritte – anders als im Energiesektor – auf der Strecke. Dabei stehen die Bewegungen oder auch der Stillstand in der Verkehrspolitik stellvertretend für die klimapolitische Großwetterlage in Deutschland.

Relevante Schritte bleiben aus

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