Preußen Münster: Wo bleibt das Frauen-Team? | Knappe Flächen: drei Szenarien für 2045 | Spargel- und Erdbeerstände

Porträt von Svenja Stühmeier
Mit Svenja Stühmeier

Guten Tag,

als Reaktion auf die kürzlich vom SC Preußen Münster veröffentlichte Studie darüber, wie gut der Verein der Stadt tut, hat die FDP eine Pressemitteilung veröffentlicht. Ist ja schön, mal ganz offiziell festgehalten zu haben, wie positiv der ökonomische Einfluss Preußen Münsters so ist, findet Simon Haastert (das Internet hinterfragt diese Studie allerdings, unter anderem das Fanmagazin „100ProzentMeinSCP“). Was den Verein seiner Meinung nach allerdings noch toller machen würde: eine Abteilung für Mädchen und Frauen.

Ja, Mensch, Sachen gibt’s, die gibt’s gar nicht. Also, in diesem Fall eben besagte Trainingsmöglichkeiten für Fußballerinnen bei Münsters frischgebackenem Drittligisten. Zugegeben, neu ist das Thema nicht. Das macht’s aber nicht besser, eher schlimmer. Es zeigt im Kleinen auf, wie ungleich Männer- und Frauenfußball behandelt werden.

Auch wenn ich absolut keine Ahnung davon habe, was guten Fußball ausmacht, lehne ich mich einfach mal aus dem Fenster und schreibe: Das liegt nicht daran, dass Frauen schlechter spielen als Männer. Der Trainer einer Frauenfußballmannschaft, der auch Fußballmanagement studiert hat, hat mir mal erzählt: Frauen haben andere Voraussetzungen als Männer, im Prinzip kann man die beiden Sportarten gar nicht miteinander vergleichen.

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Deswegen brauchen Frauen auch die für sie passenden Trainingsmethoden. Weil Männer schon seit dem 19. Jahrhundert professionell gegen Bälle treten, der DFB das Frauen aber bis 1970 verboten hat und es bis heute eben erhebliche Einschränkungen für sie gibt (zum Beispiel, dass keine Mädchen- und Frauenmannschaften in Vereinen existieren), sind die Trainingsmethoden für Frauen längst nicht so gut entwickelt wie die für Männer.

Ein zweiter Punkt ist natürlich der Vorbildcharakter. Wie sollen junge Mädchen auf die Idee kommen, Fußball zu spielen, wenn sie nie Mädchen und Frauen sehen, die Fußball spielen? Diesen Sommer gucken wir vielleicht nicht und damit doch irgendwie in die Röhre, weil nicht klar ist, ob die Frauenfußball-WM überhaupt übertragen wird (65 Prozent der Menschen in Deutschland, die am 31. Juli abends den Fernseher eingeschaltet hatten, haben übrigens das Endspiel der Frauen-EM verfolgt). Stellen Sie sich mal vor, irgendwelche Fußballer müssten eine Petition starten, damit die WM der Männer hoffentlich doch im Fernsehen gezeigt wird. Oder stellen Sie sich vor, der BVB oder Bayern München würde den morgen gewonnenen Meistertitel der Herren nicht offiziell feiern, weil die Damenmannschaft in dieser Saison nicht so gut abgeschnitten hat und man sich deswegen nicht nach Party fühlt. Absurd, oder?

Und dann kommen Vereine mit der Aussage um die Ecke: Wir würden ja, wenn es die Nachfrage gäbe. Über den Unsinn dieses Arguments hat mein Kollege Ralf Heimann wiederum mit Kolja Steinrötter gesprochen (RUMS-Brief), der die Frauenfußballmannschaft von Blau Weiß Aasee trainiert. Er sagt: Angebote richten sich nicht nach der Nachfrage, sie werden von Fifa und Co. kreiert. Länderspiele in „irgendeinem Dorfstadion“ am Mittwochnachmittag nehmen Menschen wohl genauso gerne wahr wie Eltern Lust haben, ihre Töchter 50 Kilometer weit zum Auswärtsspiel zu fahren, weil da eben die nächste Mädchenmannschaft spielt.

Die gute Nachricht: Es gibt andere Möglichkeiten für Frauen und Mädchen, in Münster Fußball zu spielen. Zum Beispiel in Kinderhaus. Oder bei Borussia Münster. Da hat sich der SC Preußen Münster übrigens neulich ganz gönnerhaft angeboten, seine Expertise „verstärkt mit der Mädchen- und Damenabteilung zu teilen“. Und man wolle schauen, ob und wie sich Preußen Münster in dem Bereich weiterentwickeln kann.

Ich wünsche mir, dass das tatsächlich passiert. Denn um noch einmal das Stichwort Sichtbarkeit in den Ring zu werfen: Es ist natürlich super, dass andere Vereine Mädchen die Möglichkeit geben, gemeinsam zu kicken. Beim Thema Fußball kommt vielen aber wohl doch zuerst Preußen Münster in den Sinn. Insbesondere jetzt, da der Verein wieder in die dritte Liga aufgestiegen ist. Erfolg heißt in diesem Fall vielleicht auch, endlich mehr Verantwortung zu übernehmen. (sst)

Kurz und Klein

+++ Die S-Bahn-Münsterland ist so etwas wie das Schweizer Messer der regionalen Verkehrswende. Geht es um große Veränderungen im Straßenverkehr, kommt in der Debatte seit vielen Jahrzehnten zuverlässig der Einwand: „Aber erst mal brauchen wir Alternativen.“ Die S-Bahn soll so eine Alternative sein, allerdings erst in knapp 20 Jahren. Bis es so weit ist, kann man von der eierlegenden Wollmilchbahn immerhin schon mal träumen. Und in diesem Traum dürfen ab sofort auch das Nordkreuz und das Südkreuz vorkommen, denn von diesen zwei Bahnhöfen ist nun in einem städtischen Papier zum ersten Mal die Rede. Sie sollen dafür sorgen, dass nicht alle Menschen über den Hauptbahnhof fahren müssen. Und falls Sie ein bisschen den Überblick verloren haben, was die S-Bahn Münsterland denn überhaupt sein soll, können Sie das hier noch einmal nachschlagen – und irgendwann vielleicht auch auf einer Website. Die wünscht sich die CDU nun in einem Antrag. (rhe)

​​+++ Eine RUMS-Leserin fragte uns: Was ist eigentlich aus der Radwegebenutzungspflicht geworden? Die Stadt Münster hatte vor einem Jahr angekündigt, dass Fahrräder in der Stadt bald so gut wie überall auf der Straße fahren dürfen. Das sollte eigentlich eh längst der Fall sein. Das Bundesverwaltungsgericht hatte schon vor 13 Jahren entschieden, dass Städte Menschen nur dort zwingen können, Radwege zu benutzen, wo es besonders gefährlich ist. Im Februar gab die Stadt einen Zwischenstand bekannt: Man arbeite dran. Jetzt antwortet das Kommunikationsamt, ein Team habe eine Karte aller wichtigen Radwege erstellt und prüfe nun, ob und wo Änderungen nötig sind. Man schaue, an welchen Stellen die Pflicht entfallen könne und wo sie bleiben müsse. Wichtig sei, dass es für Menschen auf Fahrrädern hinterher auch sicherer sei. Wie lange die Planungen noch dauern werden, schreibt die Stadt nicht. (rhe)

+++ Der Sozialausschuss hat am Mittwoch über einen Antrag gesprochen, der schon vor zwei Jahren beschlossen wurde. Grüne, SPD, Volt, die Linke, die Partei und die ÖDP haben die Verwaltung beauftragt, ein Koordinierungszentrum für Schwangerschaftsabbrüche einzurichten, das Frauen dann beraten und auf Praxen hinweisen könnte. Und wie ist der Stand der Dinge? Bisher ist nichts passiert, aber man arbeite „verwaltungsintern an einer organisatorischen Lösung“, schreibt die Stadt. Sie soll sich beeilen, schreiben die Grünen. Das Thema ist noch einmal aufgekommen, weil das Gesundheitsamt einen Bericht über die Versorgungslage veröffentlicht hat (RUMS-Brief). (lar)

+++ Nach langem Hin und Her soll jetzt eine unabhängige Kommission den Missbrauch in der katholischen Kirche in Münster aufklären. Wie das Bistum in einer Mitteilung schreibt, stellt es für die kommenden dreieinhalb Jahre 1,75 Millionen Euro zur Verfügung. Die Kommission besteht aus acht Personen, unter anderem dem Historiker Thomas Großbölting, der schon die Studie zum Missbrauch erstellt hat, die im vergangenen Jahr erschienen ist, sowie dem Kirchenrechtler Thomas Schüller, der sich immer wieder kritisch zur Aufarbeitung der Kirche geäußert hatte. Drei von Missbrauch Betroffene sind ebenfalls Teil der Kommission. Den Vorsitz hat der Pädagogik-Professor Christian Schrapper, der selbst in keiner Kirche ist. Die Kommission soll Missbrauchsfälle untersuchen und dafür sorgen, dass Opfer Unterstützung und Hilfe bekommen. Betroffene brauchen „jemanden, der ihnen vorbehaltlos zuhört“, sagte Schrapper im Gespräch mit RUMS. Das Gremium will unter anderem Hinweise auf Strukturen finden, die heute noch Missbrauch in der Kirche ermöglichen. Dazu gehört der Umgang mit Sexualität in der Priesterausbildung. „Wer nicht über Sexualität reden kann, kann auch nicht über sexuelle Übergriffe sprechen“, sagt Schrapper. Die Kommission arbeitet unabhängig, die Mitglieder sind laut Bistum nur ihrem Gewissen verpflichtet. In drei Jahren will man die Arbeit der Kommission bewerten und dann entscheiden, ob die Arbeit weitergeht. (lar, rhe)

+++ Im letzten Moment hat die Evangelische Kirche von Westfalen doch noch einen Rückzieher gemacht, jedenfalls erst mal. In einer Sitzung am Mittwoch sprach die Synode der Kirche sich dagegen aus, das ökumenische Studierendenwohnheim Volkeningheim zu schließen, wie es zunächst erwartet worden war, schreibt der Verein der Freundinnen und Freunde des Heims einer Mitteilung. Eine Arbeitsgruppe beschäftige sich nun mit der Frage, wie man das Heim auch ohne Geld der Landeskirche erhalten könne, so heißt es. Bis Ende des Jahres wolle die Gruppe ein Finanzierungskonzept entwickeln. (rhe)

Zahlen, bitte.
Infografik zu Münsters Grenzen

Wer über Flächenplanung spricht, muss ganz schön viele Bedarfe berücksichtigen. Menschen wollen irgendwo wohnen und arbeiten. Außerdem braucht es Grün, nicht nur für die Erholung, sondern auch etwa für eine kühle Stadt und gute Luft. Und es braucht Platz für Lebensmittel und sich erneuernde Energiequellen. Der Platz in Münster ist begrenzt. In ihrem neuen Flächenkonzept muss die Stadt möglichst flächensparend vorgehen.

(Quelle: Flächenkonzept Münster (IFM))

Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!

Knappe Flächen: drei Szenarien für 2045

In der Mehrzweckhalle der Stadtwerke stehen viele blaue Stühle, auf einigen sitzen Menschen. Sie wollen wissen, was sich andere so in den vergangenen Monaten überlegt haben, damit die Stadt Münster ihre Flächen möglichst zukunftsfähig und nachhaltig nutzt. Naja, zugegeben: Ein Teil der Anwesenden hat bereits in den nicht-öffentlichen Werkstätten zum sogenannten integrierten Flächenkonzept Münster (IFM) mitgearbeitet. Sie gehören also zu denen, die die Verwaltung schon im Vorfeld in den Prozess einbezogen hat.

Nicht alle waren mit dem Ablauf zufrieden. Aber dazu später mehr. Grundsätzlich ist es wohl eine gute Sache, wenn die Stadt versucht, Bürger:innen über das zu informieren, was sie zusammen mit Planer:innen und Vertreter:innen aus der Stadtgesellschaft umsetzen möchte. Denn um den Leiter des Stadtplanungsamts Christopher Festersen zu zitieren: Es ist schließlich wichtig, dass die Leute verstehen, was da eigentlich besprochen wird.

Konkret waren das drei Szenarien, die eine mögliche Weiterentwicklung der Flächen darstellen. Die drei Perspektiven, die die Planer:innen dabei insbesondere berücksichtigt haben, sind „Siedlung“ (Wo wohnen und arbeiten wir?), „Freiraum“ (Wo bleibt Platz für Grün, natürliche Lebensräume und Landwirtschaft?) und „Energie“ (Wo produzieren wir Energie?).

Szenario 1: Alle gehen zu Fuß

Szenario eins heißt „Lebendige Kernstadt“. Hier soll Wachstum möglichst im Inneren der Stadt geschehen. Also: dicht und nach oben bauen, den Fokus auf platzsparende und effiziente Windkraftanlagen zur Energieerzeugung legen und die Außenbereiche möglichst frei lassen. Das würde weniger Flächen versiegeln und im Schnitt zu kompakterem Wohnraum führen. Und dazu, dass Menschen sich mehr zu Fuß oder mit emissionsarmen Verkehrsmitteln fortbewegen. Schließlich wäre so alles gut erreichbar, Stichwort 15-Minuten-Stadt. In diesem Beispiel plant man damit, in den sogenannten zweiten Grünring einzugreifen. Also die Grünfläche, die eigentlich laut Ratsbeschluss möglichst nicht bebaut werden soll, weil sie als wichtig für etwa den Erhalt von Biodiversität, Stadtkühlung und Erholung angesehen wird.

Dass das nicht so gut ankommt, wissen die Planer:innen aus vorherigen Werkstätten. Deswegen haben sie sich den Ausdruck „Huckepack-Ansatz“ überlegt. Das soll die Idee veranschaulichen, dass in Wohnquartieren auch gleichzeitig Freiflächen und Naturräume mitgedacht werden. Und in Szenario 1 ließe sich das besonders gut umsetzen.

Szenario 2: Hauptsache, die Bahn fährt

Das zweite Szenario heißt „Starke Achsen“. Die Idee hierbei ist, dass sich Siedlungen insbesondere im Radius von einem Kilometer um Bahnhaltestellen herum entwickeln. Trotzdem geht man davon aus, dass in diesem Fall viele Leute regelmäßig mit dem Auto fahren würden. Die CO2-Einsparungen wären hier also nicht so hoch wie im ersten Szenario. Die Bebauung würde dabei zwar punktuell verdichtet, aber eben nicht ganz so rigoros wie in Szenario 1. Dafür würde die Sicherung der Grünzüge mehr in den Vordergrund rücken und Gewerbestandorte könnten da entstehen, wo ihre Emissionen nicht so viele stören. Als Energiequellen würden verstärkt Photovoltaikanlagen in den Blick genommen.

Szenario 3: Ohne Auto geht’s nicht

Bei Szenario 3, das „Stadt und Land(-schaft)“ heißt, ist die Siedlungsbildung noch weiter auf die Außenbereiche verteilt. Die Idee dahinter: Man baut an ganz vielen Stellen ein bisschen, sodass eigentlich niemandem auffällt, dass es mehr Gebäude gibt. Quasi als würde man Konfetti schmeißen, sagt Klaus Overmeyer von Urban Catalyst, eines der Planungsunternehmen. So sei es schneller möglich, auf eine wachsende Bevölkerung zu reagieren. Wenn die dann allerdings vermehrt in Außenbereiche zieht, fährt sie auch häufiger Auto, was wiederum mehr CO2-Ausstoß bedeutet.

Man würde außerdem intensiver nach geeigneten Flächen für Photovoltaikanlagen suchen und den Ausbau von Windkraftanlagen eher nicht priorisieren. Das mit dem Huckepack Tragen von Wohnsiedlungen und Freiflächen würde hier allerdings nicht so gut funktionieren, die Flächen seien dafür zu kleinteilig und würden ja erst nach und nach entwickelt.

Haben Sie nun drei Visionen von Münster im Jahr 2045 im Kopf? Und fragen Sie sich, ob man nicht einige Aspekte einfach kombinieren und damit ein noch besseres Szenario schaffen könnte? Das ist auch die Idee dieser Gedankenspiele. Möglichkeiten aufzeigen, Aspekte ansprechen – und darüber sprechen, was die Menschen in Münster am sinnvollsten finden. Das fand Dienstagabend statt, bis zum 11. Juni können Sie aber auch noch an dieser Onlinebefragung teilnehmen.

Und wer interessiert sich für sowas?

Die Stadt nennt das „Beteiligung der Stadtgesellschaft“. Was bei der Veranstaltung am Hafenplatz jedoch auffällig war: Neben denjenigen, die eh schon im Prozess involviert waren, kamen interessierte Bürger:innen dazu, wobei man das „interessiert“ mit Neonfarbe markieren und dreimal unterstreichen muss. Zumindest die Fragen und Gespräche haben den Eindruck erweckt, dass die Menschen sich schon seit einiger Zeit damit auseinandersetzen, wie Leben und Flächenverbrauch in Zukunft aussehen sollten. Eine breite Öffentlichkeit stellen die gut 100 Menschen, die bei der Veranstaltung waren, nicht dar. Dabei wollte sie eigentlich genau die erreichen.

Und selbst wenn noch mehr Menschen dort gewesen wären: Überhaupt zu verstehen, welche Aspekte in die komplexe Thematik Flächenplanung hineinspielen und was sich die Architekt:innen und Stadtplaner:innen überlegt haben, ist ein strammes Programm für ein paar Stunden, womöglich nach einem Arbeitstag. Sich dann auch noch spontan zu überlegen, wo diese Szenarien Knackpunkte haben könnten und ob es nicht vielleicht noch komplett andere Szenarien 4 oder 5 geben könnte, wäre eine starke Leistung. Oder andersherum: Wer partizipieren will, muss sich ziemlich ins Zeug legen.

Die Gruppe „Fridays for Future“ bemängelt: Selbst diejenigen, die schon an den Werkstattgesprächen teilgenommen haben, hätten keine fundierte Partizipationsmöglichkeit gehabt. Viele Grundlagen standen im Vorhinein fest. Zum Beispiel wie viele Wohnungen, Wirtschaftsflächen und Bauflächen die Menschen bis dahin brauchen. Was das angeht, hat sich die Stadt an die Prognosen der Bezirksregierung gehalten.

Klar, auf der einen Seite muss man sich ja an irgendwelchen Zahlen orientieren. Auf der anderen Seite argumentiert die Initiative: Es kann nicht sein, dass Münster damit rechnet, dass Menschen ihren Lebensstil überhaupt nicht an die Anforderungen der Klimakrise anpassen. Auch für Teresa Häuser vom Klimaentscheid ein wichtiger Punkt. „Leider fehlte die Diskussion über Suffizienz“, schreibt sie nach der Veranstaltung.

Achtung, Zahlen: So kommen die Prognosen zum Wohnungsbedarf zustande

Also zum Beispiel darüber, inwiefern Menschen vielleicht etwas näher beieinander wohnen sollten, damit man nicht noch viel mehr in die Natur eingreift. Die Bezirksregierung geht schließlich davon aus, dass in Münster bis 2045 etwa 19.500 neue Wohnungen entstehen müssen, ausgehend vom Jahr 2021. Und dass dafür gut 390 Hektar Fläche nötig sind. Das alles vor dem Hintergrund, dass 2045 etwa 326.000 Menschen in Münster leben. Dazu gibt es laut einem Sprecher der Stadt verschiedene Prognosen, allerdings gehen alle davon aus, dass Münster weiter wächst.

2021 lebten etwa 316.500 Menschen in Münster. Also zwei Wohnungen und ein Kellerraum für jede neue Person? Das scheint ziemlich viel zu sein. Und ganz so einfach kann man das auch nicht auflösen, erklärt uns eine Sprecherin der Bezirksregierung. Beim Wohnungsbedarf geht es nicht um Einzelpersonen, sondern um Haushalte. Und da ist es in Münster so, dass grundsätzlich schon viele Menschen alleine wohnen. Die Bezirksregierung teilt allerdings mit: Das hat sich voraussichtlich langsam eingependelt. Im Schnitt leben gerade knapp zwei Personen (1,7) in einem Haushalt und das soll sich bis 2045 auch nicht großartig verändern. Sprich: Man rechnet mit 9.500 neuen Personen und 8.000 neuen Haushalten.

Und wo kommen die restlichen 11.500 Haushalte her? Die Bezirksregierung hält sich an die Vorgaben des Landesentwicklungsplans NRW (LEP). Gewissermaßen zeigt die Stadt also auf den Entwurf des Regionalplans und die Bezirksregierung auf den LEP, sodass auf die Frage, wie sie auf diese Zahlen kommen, beide sagen: „Weil wir das halt so machen sollen.“

Wie dem auch sei. Was steht in diesem LEP genau? Die Stadt muss Reserven bereitstellen, um auf den Verlust von Wohnungen vorbereitet zu sein. In Münster etwa sind 8.100 Wohnungen für den Fall vorgesehen, dass Wohnungen abgerissen oder zusammengelegt werden. Weitere 3.400 Wohnungen sollen die Versorgung sichern, falls doch mehr Wohnungen gebraucht werden als prognostiziert.

Dann wäre da aber noch die Sache mit der Fläche. Wenn man 19.500 Wohneinheiten auf 390 Hektar baut, wären das etwa 50 Wohnungen pro Hektar Bruttowohnbauland. Das ist die mittlere Dichte, die der Regionalplan für große Städte wie Münster vorsieht. Denen steht allerdings frei, flächensparender zu planen.

Ein Blick in die Planungswerkstatt 2030 lässt vermuten, dass Münster das auch will. Da steht, dass die Stadt mit 55 bis 65 Wohneinheiten pro Hektar arbeiten möchte. Allerdings: Die Zahl bezieht sich auf Nettowohnbauland, umgerechnet wären das etwa 40 Wohnungen pro Hektar Bruttowohnbauland, teilt uns ein Sprecher der Stadt mit. Damit liegt sie also deutlich unter der Vorgabe der Bezirksregierung. Aber: Die Dichte sei als Mindestvorgabe zu verstehen, die auch in den Stadtteilen umgesetzt werden könne. In der Innenstadt wird’s deutlich enger, sodass die durchschnittliche Dichte mindestens den Vorgaben der Bezirksregierung entspricht. So der Plan.

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Was wir über die Planung der Bezirksregierung allerdings wissen: Sie schaut dabei eher in die Vergangenheit und nicht in die Zukunft. Zum Beispiel, wie viele Leute zusammengewohnt haben. Sie bezieht in ihre Planung keine möglichen veränderten Verhaltensweisen in der Zukunft ein. Die Sprecherin schreibt uns auch, dass die Anzahl von Haushalten in Bezug aufs Flächensparen keine allzu große Rolle spielt, sondern eher, wie groß der einzelne Haushalt ist.

Dennoch ist es ja so, dass drei Menschen in drei kleinen Wohnungen drei Küchen und drei Bäder brauchen. In einer könnten sie sich jeweils einen Raum teilen. Und hier hakt eben die Kritik von einigen Initiativen ein: Sollten wir es einfach so hinnehmen, dass Menschen häufig alleine wohnen, und vorsichtshalber noch großzügigeren Platz pro Wohnung einräumen? Oder wäre es nicht sinnvoll, mit der Planung zumindest mögliche Verhaltensweisen und ihren Einfluss auf flächensparendes Wohnen aufzuzeigen?

Die Stadt nennt das „(planerische) Vorsorge“. Ein Sprecher schreibt uns, dass eine finale Bebauung ja immer noch mal hinterfragt, begründet und vom Rat entschieden werden muss. Steffen Lambrecht von „Fridays for Future“ findet, dass ein „Wir können ja erstmal Flächen theoretisch zur Verfügung stellen und dann schauen, was passiert“ keine gute Idee ist. Er sagt: Es möglich zu machen, Flächen zu bebauen, hat möglicherweise zur Folge, dass das Menschen anzieht, die es dann auch tatsächlich tun.

Wo bauen wir demnächst Lebensmittel an?

Und dann ist da ja noch die Kritik des Klimaentscheids: Der findet, dass das Flächenkonzept die Grünordnung nicht ausreichend sichert (RUMS-Brief). Als Gegenentwurf zur IFM-Charta, in der die Stadt ihre Absichten mit sehr vielen Ausrufezeichen versehen festgehalten hat, hat die Initiative jetzt ihr Grünflächen-Manifest veröffentlicht. Darin übt sie Kritik am Begriff „Freiflächen“, denn schließlich seien das keine Flächen, die zur komplett freien Verfügung stünden, sondern unbebaut einen Zweck erfüllten.

Zum Beispiel für den Erhalt von Biodiversität und den Anbau von Lebensmitteln. Das hat eine Teilnehmerin auch bei der Veranstaltung am Dienstagabend angebracht. Sie spricht sich dafür aus, landwirtschaftliche Flächen eben auch als solche zu betiteln und sie nicht unter dem Begriff „Freiflächen“ unsichtbar zu machen.

Also: Bei der Veranstaltung am Dienstagabend hat die Stadt Bürger:innen informiert und damit schon einmal etwas Gutes gemacht. Sie hätte aber wohl noch früher ansetzen müssen, um wirklich für Partizipation zu sorgen. Die Ideen, die Bürger:innen vor Ort an verschiedenen Stationen geäußert oder online bei der Befragung einbringen werden, sollen in die Vorbereitung für das nächste öffentliche Werkstattgespräch im Herbst und somit auch in die konkrete Planung des Flächenkonzepts einfließen. Passendes Schlusswort von Christopher Festersen: „Wir wollen jetzt das Ganze verdichten.“ (sst)

 

 

Klima-Update

+++ In einem Wäldchen am Haus-Kleve-Weg sind mit einem Mal sehr viele Bäume verschwunden. Das war einer RUMS-Leserin aufgefallen. Sie fragte, ob das denn erlaubt sei. Und das wussten wir auch nicht. Daher haben wir die Stadt gefragt. Das Grünflächenamt schreibt, das Waldstück sei ein Privatwald. Davon, dass dort Bäume gefällt wurden, habe man auch schon erfahren, und genehmigt worden sei das von der Stadt zwar nicht. Aber trotzdem habe niemand gegen Naturschutzgesetze verstoßen. Zwischen dem 1. März und dem 30. September sei es zwar grundsätzlich verboten, Bäume zu fällen. Aber es gebe Ausnahmen innerhalb von Waldstücken, wenn es die Fällungen der Forstwirtschaften dienten. Immerhin: Man habe Kontakt zur Forstverwaltung des Eigentümers aufgenommen. Und der habe bestätigt, dass man die Bäume auf Nester überprüft habe, bevor man sie umschlug. Ob das wirklich so war, wissen wir nicht. (rhe)

+++ Eine Vorwarnung: Münsters Verwaltung schickt in den kommenden Tagen die Bürgerbefragung 2023 an 10.000 zufällig ausgewählte Personen. Das Thema der diesjährigen Umfrage ist Klimaschutz. Falls Sie zu diesen 10.000 Personen gehören, können Sie das Meinungsbild Münsters mitgestalten. Je mehr Antworten zusammenkommen, desto genauer wird das Ergebnis der Umfrage. Sie können online, per Post oder gar nicht antworten, die Teilnahme ist freiwillig. Die Antworten wertet die Stadtverwaltung anonymisiert aus. (lar)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Unbekannte haben eine ältere Frau am Telefon mit einer falschen Schockgeschichte betrogen und so wertvolle Münzen erbeutet. (Polizei Münster)

+++ Die Ems ist in Dorbaum ab sofort nicht mehr gesperrt, weil die Bundeswehr eine Übung abgesagt hat. (Bezirksregierung Münster)

+++ Der Mieterschutzverein warnt nach der Veröffentlichung des neuen Mietspiegels vor Mieterhöhungen mit zweifelhaften Begründungen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Im Baugebiet Hiltrup-Ost sind 1.060 Wohnungen und 300 Doppel- und Reihenhäuser geplant, die nach ökologischen Standards gebaut werden sollen. (Westfälische Nachrichten)

+++ In Münster gibt es ein neues System mit roten Schildern auf Radwegen, das helfen soll, sich zu orientieren. (Stadt Münster)

+++ Nachdem 1.700 Kinder in Münster keinen Kitaplatz bekommen haben, hat nur ein Elternpaar eine Klage eingereicht. (Westfälische Nachrichten)

+++ Ein großer Test an Münsters Grundschulen zeigt, dass die Fitness vieler Kinder in der Coronazeit schlechter geworden ist. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Theaterpädagogische Zentrum Münster bekommt 36.500 Euro aus einem Bundesprogramm. (Pressemitteilung Svenja Schulze, nicht online)

+++ Die Stadt Münster überlegt, einen Container mit Toilette und Waschgelegenheit für Prostituierte an der Siemensstraße aufzustellen, aber es fehlt noch das Geld dafür. (Westfälische Nachrichten)

+++ Mit dem „natürlich unverpackt“-Laden an der Warendorfer Straße schließt der letzte Laden in Münster, der Lebensmittel ohne Verpackungen verkauft. (Radio Q)

+++ Tierschützer:innen haben gegen einen Schweinemastbetrieb aus dem Münsterland Anzeige wegen Tierquälerei erstattet. (WDR)

+++ Die Stadt stellt wieder überall in Münster große Wassertanks auf, damit Menschen die Bäume in ihrem Viertel vor dem Vertrocknen retten können. (Stadt Münster)

+++ Es gibt jetzt ein Flugzeug, das Münster heißt. (Antenne Münster)

+++ Münsters Oberbürgermeister Markus Lewe bleibt Städtetagspräsident. (Deutscher Städtetag)

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Sie werden es bemerkt (und geschmeckt) haben, es ist Erdbeer- und Spargelsaison. Unübersehbar sind die vielen Verkaufsbuden unterschiedlicher Höfe im Stadtgebiet. Der Spargelhof Bäcker hat zusätzlich noch Automaten aufgestellt, an denen Sie unter anderem Spargel und Erdbeeren unabhängig von der Tageszeit kaufen können. Einer von diesen Automaten steht neben dem Schlosstheater. Eine Liste mit anderen Verkaufsstandorten gibt es hier, die Automaten sind leider nicht hinterlegt.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

+++ Nach vielen Monaten Bauzeit und Vorbereitung feiert das Hansafloß morgen Eröffnung am Stadthafen, direkt vor der Kunsthalle. Ab 14:30 Uhr gibt’s Livemusik, DJs und künstlerische Performances. Dazu Snacks und Getränke für zwischendurch. Der Eintritt ist frei. Für mehr Informationen können Sie hier vorbeischauen.

+++ Weniges tut so weh, wie für Konzerte von großartigen Musiker:innen zu spät geboren worden zu sein . Ein kleines Trostpflaster bieten Leute wie Randy Hansen. Am Sonntagabend spielt er im Hot Jazz Club als Jimi-Hendrix-Imitator. Das Konzert findet um 20 Uhr statt, der Vorverkauf kostet 25 Euro. Karten können Sie hier kaufen, dort gibt es auch weitere Informationen zu Hansen und Hendrix.

+++ Es wird schön am Wochenende. Schauen Sie doch mal wieder im Botanischen Garten der Uni vorbei, dort gibt es nun einen Barfußpfad. Der Eintritt in den Garten ist kostenlos und noch blüht es an jeder Ecke. Die Öffnungszeiten sind täglich von 8 bis 19 Uhr.

+++ Der Filmclub Münster führt am Montagabend den Film „Lost in Translation“ im Originalton auf. Ein Film über eine neue Bekanntschaft zweier sehr unterschiedlicher Menschen, gespielt von Bill Murray und Scarlett Johansson, in einem für sie fremden Land. 2004 bekam der Film sogar einen Oscar für das beste Drehbuch. Die Vorstellung beginnt mit einem kurzen Plädoyer von David Kluge. Sie findet im Schlosstheater statt und beginnt um 20 Uhr, Tickets erhalten Sie hier.

+++ Wenn Sie in der Stadt unterwegs sind und eine Pause machen wollen, müssen Sie dafür an vielen Orten zumindest ein kleines Wasser kaufen. Nicht so im Foyer des Stadttheaters. Dort können Sie morgen in der Zeit von 15 bis 18 Uhr kurz durchatmen, sich einfach mal selbst auf die Bühne stellen und mit Ensemblemitgliedern quatschen.

+++ Nächste Woche Freitag und Samstag finden, veranstaltet vom Stadttheater, Tanzabende in der Stadtbücherei statt. Den Abend füllen Live-DJs und Tanzaufführungen von verschiedenen Tänzer:innen, die damit Geschichten erzählen wollen. Für beide Abende gibt es noch ein paar Tickets, die und weitere Informationen erhalten Sie hier.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Haben Sie ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier

Mitarbeit: Luzia Arlinghaus (lar), Fabian Cohrs (fco), Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe)
Lektorat: Antonia Strotmann

PS

Ende April hat die Stadt auf ihrer Statistikseite wieder neue Zahlen veröffentlicht, und im Grunde scheint man in Münster so gut wie alles zu vermessen: den Niederschlag am Flughafen Münster/Osnabrück, die Zahlen der Menschen, die sich um einen Jagdschein beworben und die Zahlen der, die ihn dann auch tatsächlich bekommen haben, oder die Anzahl der Stände auf dem Send, gegliedert nach Sparten. Im Dezember hat jemand die Stadt allerdings mit einer Anfrage ziemlich in Verlegenheit gebracht, wie wir jetzt sahen. Jemand wollte wissen, wie viele Parkplätze es in Münster gibt. Das wäre ja tatsächlich ganz interessant, denn dann könnte man das ins Verhältnis zu den Autos setzen, die in Münster so herumfahren, und vielleicht könnte man hier und da besser abschätzen, was passiert, wenn hunderte von Parkplätzen verschwinden, weil dort Fahrradbügel aufgestellt werden oder Fahrradstraßen mehr Raum bekommen. Die Stadt ließ die Frist mehrfach verstreichen. In einer Erinnerung, die am 24. April rausging, steht, die Stadt sei jetzt schon 91 Tage in Verzug. Und dann dauerte es nur noch zwei Wochen, bis tatsächlich eine Antwort kam. Die Stadt entschuldigte sich für die Verspätung, und ich versuche, die Antwort, die Sie hier nachlesen können, in einem Satz zusammenzufassen. In der Antwort steht ungefähr: Wir wissen es leider nicht. (rhe)

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