Diesmal wirklich?

Die Preußen sollen ein neues Stadion bekommen. Wieder einmal. Doch dieses Mal könnte es tatsächlich klappen – wenn es gelingt, die offenen Fragen zu beantworten.
Autor: NILS DIETRICH
Redaktion: RALF HEIMANN
Foto: HENDRIK WARDENGA
Es ist ein bisschen wie in dem Filmklassiker „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Der Fernsehreporter Phil Connors durchlebt darin immer wieder aufs Neue ein und denselben Tag. Die gleichen Begegnungen, die gleichen Geschehnisse. So ähnlich geht es Preußen-Fans mit der Diskussion um den Ausbau des Preußen-Stadions. Seit Jahren, im Grunde seit Jahrzehnten gibt es immer wieder neue Ideen und Pläne. Die Preußen-Fans gehen abends ins Bett, wachen morgens auf, und dann geht alles wieder von vorne los. Das Preußen-Stadion ist 94 Jahre alt. Ihm ist das Alter anzusehen, und eigentlich ist allen klar: Hier muss etwas passieren.
Nun sieht es wieder einmal so aus, als könnte der Verein wirklich ein neues Stadion bekommen. Was wird sein, wenn die Fans am Donnerstagmorgen aufwachen? Am Abend zuvor wird der Rat der Stadt sich mit dem Thema befassen. Der Tagesordnungspunkt 27 lautet: „Ausbau des städtischen Stadions an der Hammer Straße: Verfahrensentscheidungen, Ausbauvarianten und vorgezogene Maßnahmen.“ Und auch, wenn zunächst keine großen Resultate zu erwarten sind: Dieses Mal ist alles ein wenig anders.
Was in der Beschlussvorlage steht, kann durchaus als Startschuss für den Neubau des Stadions verstanden werden. In den kommenden Wochen und Monaten wird das Projekt durch die Bezirksvertretungen und Ausschüsse gehen, bevor dann der Rat – so zumindest der Plan – am 10. Februar 2021 das grundsätzliche OK geben wird für das Projekt.
Einkaufszentrum mit Stadion
Aber noch befinden wir uns in der Dauerschleife. Die läuft bereits seit den 1950er-Jahren. Damals war die Deutsche Meisterschaft für den SC Preußen zum Greifen nahe. Und schon damals gab es in der Stadt eine Debatte über den Neubau des Stadions. Doch nichts passierte. Während der erfolgreichen Zweitliga-Jahre in den 1970ern kam das Thema wieder auf. Und es passierte, wieder, nichts.
In den 1990er-Jahren kamen die Preußen dem Traum sehr nahe. Ein Investor wollte ein Einkaufszentrum mit 30.000 Quadratmetern Fläche in Berg Fidel bauen und bot einen Deal an, den man für zweifelhaft halten konnte. Wenn die Stadt das Grundstück zur Verfügung stellt, baut der Investor ein neues, vollüberdachtes Stadion mit Platz für 22.500 Menschen gleich mit. So lautete das Angebot. Das schien der Durchbruch zu sein, der Bebauungsplan stand bereits. Doch nicht alle waren glücklich. Peter Eberwein, damals Vorsitzender des Handelsvereins, sagte den Westfälischen Nachrichten den Satz: „Genehmige mir einen Puff, und ich baue dir einen Kindergarten.“ Eberwein sorgte sich um das Geschäft und bezahlte, so hieß es damals, einem Anwohner die Klage gegen den Bebauungsplan, die im Jahr 2000 Erfolg hatte. Aber beweisen ließ sich das nie.
Die Pläne scheiterten, aber das Preußen-Stadion blieb immer ein Thema. Im Jahr 2009 bekam das Stadion immerhin eine neue Haupttribüne. Eine große Verbesserung. Doch dabei blieb es vorerst. Sportlich schaffte der SCP den Wiederaufstieg in die 3. Liga und durfte kurzzeitig sogar von Liga zwei träumen. Der nächste vermeintliche Coup gelang dem Verein im Herbst 2016. Ein neues Führungsteam trat vor die Presse und weckte große Erwartungen.
Zwei wichtige Weichenstellungen
Der Unternehmer Walter Seinsch, der zuvor als Präsident den FC Augsburg in die 1. Bundesliga geführt hatte, erklärte einer staunenden Öffentlichkeit seine Vision: Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft. Danach: den Aufstieg in Liga zwei und schließlich auch Liga eins angehen. Doch dafür müsse ein neues, bundesligataugliches Stadion her. Das hielt man für eine Prophezeiung, die sich schon irgendwie selbst erfüllen würde. „Wo Bundesliga draufsteht, ist früher oder später auch Bundesliga drin“, lautete das Credo. Doch auch diese Pläne zerschlugen sich. Den Namen Walter Seinsch hat man schon lange nicht mehr gehört.
Der zu dieser Zeit neue Preußen-Präsident Christoph Strässer ist auch heute noch im Amt. Von den Visionen aber ist nichts mehr geblieben. Man fand keinen geeigneten Ort. Das Stadionprojekt hat sich zerschlagen. Inzwischen kicken die Preußen in der Regionalliga und werden das laut aktueller Tabelle wohl auch noch in der nächsten Saison tun.
Wenn nun ausnahmsweise alles so läuft, wie es vorgesehen ist, könnten dann schon die ersten Bagger rollen. Das neue Stadion würde Schritt für Schritt gebaut, der Spielbetrieb würde weiterlaufen. Doch dazu müssen noch einige Entscheidungen fallen. In der nun vorliegenden Ratsvorlage geht es um zwei wichtige Weichenstellungen.
Die Stadt schlägt ein Stadion mit einer Kapazität von bis zu 20.000 Zuschauer:innen vor (in Absprache mit dem SCP, wie sie betont). Bis auf die 2009 gebaute Haupttribüne soll kein Stein auf dem anderen bleiben. Die Vorstellungen der Verwaltung umfassen eine neue Gegengerade mit einer 1.100 Quadratmeter großen Loge sowie neuen Tribünen dort, wo heute noch Ost- und Westkurve stehen. Die Ecken zwischen den Elementen sollen ebenfalls bebaut werden. Hier wäre Raum für eine Kita.
Kommt auch der Bahnhaltepunkt?
Spannend wird es beim Thema Geld: In der Summe kalkuliert die Verwaltung mit 48,3 Millionen Euro. Inbegriffen sind die Trainingsplätze auf der Brachfläche südlich des Stadions, die schon gebaut werden. Die Machbarkeitsstudie aus dem April, aus der die Vorschläge hervorgegangen sind, nennt weitere Posten wie eine neue Geschäftsstelle für die Preußen (14 Millionen Euro) und Parkdecks (24,1 Millionen Euro). Diese kommen in der Vorlage ebenso wenig vor wie die Kosten für die Infrastruktur im Stadionumfeld. Aus verschiedenen politischen Richtungen kam etwa immer wieder der Vorschlag, den Bahnhaltepunkt zu reaktivieren oder auszubauen. Doch konkrete Pläne gibt es nicht. Die Stadt erklärt auf Anfrage, darüber müssten die politischen Gremien entscheiden.
Fest steht bislang nur der städtische Finanzierungsanteil von 40 Millionen Euro. Das hat zur Folge, dass auch die Ausschreibung nur diesen Umfang hat. Der Auftrag soll möglichst an ein Unternehmen gehen, das plant und baut. Der Rest müsste aus Fördertöpfen kommen – oder von privaten Investoren.
In diesem Zusammenhang spielt die Stadiongesellschaft eine Rolle. Sie ist ein Vorschlag der Verwaltung. In der Ratsvorlage heißt es, andere städtische Einrichtungen wie die Parkhausgesellschaft Westfälische Bauindustrie (WBI) oder die Wohnungsgesellschaft Wohn + Stadtbau hätten weder die Kapazitäten noch die Expertise für einen Bau wie das Stadion. Aus diesem Grund soll eine separate Stadiongesellschaft Planung, Bau und Betrieb übernehmen. Sie könnte das Stadion von der Stadt in Form einer Erbpacht übernehmen. Doch zunächst einmal müsste sie gegründet werden.
Eine Mehrheit ist absehbar
Dann könnten sich die Preußen und damit indirekt private Investor:innen am neuen Stadion beteiligen. Wie genau diese Verbindung aussehen könnte, das werde man prüfen, schreibt die Verwaltung in der Vorlage.
Was die Preußen von diesen Ideen halten, ist bislang nicht bekannt – zumindest nicht offiziell. Aufsichtsratschef Frank Westermann äußert sich auf Anfrage nicht. Das sei mit der Verwaltung so vereinbart, sagt er. Zusammen mit Vereinspräsident Christoph Strässer war Westermann vor zwei Wochen zu Gast bei der CDU. Die Fraktion teilte hinterher mit: „Die CDU ist mit den Preußen-Verantwortlichen einig, jetzt den nächsten Schritt zu tun.“
Eine politische Mehrheit für das Projekt ist absehbar. SPD-Fraktionschef Mathias Kersting hat bereits signalisiert, dass seine Partei den Ausbau unterstützen wird. Es wird allerdings noch einiges zu klären sein. „Aus der Vorlage ergeben sich noch viele Fragen“, sagt Kersting. Sie betreffen zum Beispiel die Ideen der Stadiongesellschaft und der Kita. In den laufenden Koalitionsverhandlungen mit Grünen und Volt seien die Einzelheiten des Projekts ebenfalls Thema. Dabei gehe allerdings eher um das Wie als um das Ob. Grundsätzlich sei man sich schon einig: „Das Projekt ist uns wichtig.“ —
Nachtrag, 11. Dezember 2020
Wie es mit dem Preußen-Stadion weitergeht, steht nach der Ratssitzung am Mittwoch weiter nicht fest. Die CDU drängte auf eine Entscheidung. SPD und Grüne verwiesen auf die offenen Fragen, die erst noch beantwortet werden müssten. Wir haben die Debatte dokumentiert.
Halle Münsterland, 9. Dezember, 20.15 Uhr. Die Ratssitzung läuft seit dreieinhalb Stunden. Tagesordnungspunkt 27. Der Ausbau des Preußen-Stadions. Die Stadtverwaltung hat eine Vorlage erstellt, in der das Vorhaben beschrieben ist. Über das achtseitige Dokument soll in den kommenden Monaten beraten werden. Anhörung in der Bezirksvertretung Hiltrup. Vorberatungen in sieben Ausschüssen. Entscheidung am 10. Februar im Rat. So schlägt es die Stadtverwaltung vor. Der CDU dauert das zu lange. Sie hat einen Antrag gestellt. Sie möchte, dass sofort abgestimmt wird. CDU-Fraktionschef Stefan Weber erläutert das Anliegen.
Stefan Weber (CDU): Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren. Zunächst einmal möchte ich für die CDU-Fraktion sagen, dass wir uns freuen, dass die Verwaltung Wort gehalten hat und eine Vorlage zum Preußen-Stadion für dieses Jahr vorliegt – so, wie das bei den letzten Debatten von der Verwaltung auch angekündigt worden ist und auch von vielen hier im Rat eingefordert worden ist. Die Fragen, die jetzt in der Vorlage zu regeln sind, entsprechen exakt der Projektorganisation, die wir in 2019 hier im Rat unterstützt haben. Und wir haben die Eckpunkte dieser Vorlage am 16. November, also vor über vier Wochen, als Fraktionsspitzen vorgestellt bekommen. Und das, was jetzt zu regeln ist, ist überschaubar. Es ist die Festlegung auf ein Bau- und Betriebsmodell. Und es ist die Festlegung auf die mit dem Verein abgestimmte Ausbauvariante. Und weil das Ganze erwartbar und überschaubar ist, schlagen wir vor, dass wir hier keine Zeit verstreichen lassen, sondern die Vorlage nicht nur heute einbringen, sondern auch beschließen und uns nicht hinter Formalismen verstecken. Wir haben uns das alles noch mal angeschaut, was andere Fraktionen in den letzten Monaten dazu gesagt haben. Die SPD hat im Juni noch kundgetan, dass sie diese Vorlage schon im August beschließen wollte. Und ich habe auch viele andere Zitate herausgesucht: „Nach der Wahl kommt es zum Schwur. Wir werden als SPD dafür eintreten, dass dieses Mal die Versprechen gegenüber dem SC Preußen eingehalten werden.” Andere Zitate: „Der SC Preußen braucht keine weiteren markigen Prognosen à la Lewe, sondern endlich Taten.“
Die Fragen sind in der Tat überschaubar. Der Verein, die Vereinsspitze, Herr Westermann und Herr Strässer, haben in unserer Fraktion vor wenigen Tagen noch die Erwartung ausgedrückt, dass sie schnelle Entscheidungen auf diesen Grundlagen erbitten. Und ich glaube, wir haben eine Möglichkeit, hier die Ankündigungen, die im Wahlkampf kundgetan wurden, umzusetzen. Wir wollen kein Signal des Stillstands, sondern dass es weitergeht, dass es vorangeht, und wir wollen vor Weihnachten den nächsten Schritt tun. Deswegen sollten wir diese Möglichkeit auch ergreifen.
Es folgt die Abstimmung über den Antrag der CDU. Er wird abgelehnt.
Philipp Hagemann (SPD): Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, lieber Stefan Weber, vielen Dank für die Zitate, die noch mal hier gebracht wurden, die ja aus unserer Ecke aus diesem Jahr kamen, und zu diesen Zitaten und zu den Inhalten vor allem stehen wir weiterhin und unterstützen sie ausdrücklich noch. Wir sind froh, dass die Verwaltung diese Vorlage einbringt. Sie bringt sie auch ganz bewusst ein und stellt sie Anfang kommenden Jahres zunächst in den Fachausschüssen und dann im Rat zur Abstimmung. Es ist nicht so ganz richtig, dass das nur kleine Unklarheiten und Nachfragen sind, die wir stellen, sondern es hat sich jetzt schon einiges ergeben, seit diese Vorlage auf dem Markt ist. Wir sind der Auffassung, dass ohne eine ordentliche Vorbereitung in den diversen Fachausschüssen diese Vorlage auch zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschließend entscheidungsreif ist. Denn wir glauben, dass man nicht nur mit einem Fingerschnippen eine Betreibergesellschaft gründen kann, wo noch Fragen offen sind, in welcher Art und Weise was von wem gemacht wird, sachlich wie personell. Die Frage der Kita, die jetzt auch schon öffentlich diskutiert wurde, und je nach Ausgestaltung der Vorlage mal in dem Beschluss, mal in dem Begründungstext mit Frage- oder Ausrufezeichen versehen ist, die können wir heute so nicht entscheiden, so hopplahopp. Da sind einige Fragen – die Verwaltung selber stellt sie jetzt ja in der vorliegenden endgültigen Vorlage auch – die noch geklärt werden müssen. Das sind aber Fragen, die von der Beauftragung der Architekten im Rahmen des für uns auch neuen Design- und Build-Wettbewerbs von Wichtigkeit sind. Und auch deshalb können wir heute nicht über sie abstimmen, auch wenn die CDU natürlich in ihrer neuen Rolle als Opposition hier versucht, Tempo zu machen. Aber wir sind auf jeden Fall der Meinung, dass das ordnungsgemäß beraten werden muss. Das werden wir tun. Wir stehen zu den Zusagen, die wir dem Verein gemacht haben, und werden die auch heute noch mal ausdrücklich wiederholen. Wir werden nämlich eine Protokollerklärung abgeben, die ich kurz verlesen möchte. Diese Protokollerklärung dient vor allen Dingen dazu, auch dem Verein zu signalisieren, mit dem wir auch in Verbindung stehen, dass wir natürlich zu unserem Wort stehen, und dass wir die Vorschläge der Verwaltung – insbesondere die Ausbauvarianten der Design- und Build-Wettbewerb, aber auch das Bekenntnis zum Nachwuchs- und Leistungszentrum, was jetzt absolut Priorität hat nach den Plänen des DFB, die dort auf dem Tisch liegen – dass wir zu all diesen Versprechen und Vorschlägen der Verwaltung stehen. Und deswegen verlese ich kurz unsere Protokollerklärung:
Die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Münster begrüßt ausdrücklich, dass der Rat sich nun endlich mit den entscheidenden Verfahrensschritten für den Um- und Ausbau des Stadions an der Hammer Straße befasst. Die Vorbereitung eines Design- und Build-Wettbewerbs und die Planung des Abrisses der Westtribüne sind richtige Schritte, die zügig getätigt werden müssen. Allerdings wirft die heute eingebrachte Vorlage noch viele Fragen auf, zumal unter anderem zum ersten Mal von der Idee der Unterbringung einer Kita die Rede ist, genauso wie der Gründung einer Stadiongesellschaft, die über die bereitgestellten Haushaltsmittel verfügen soll. All das bedarf zunächst der Klärung, nicht nur unter finanziellen, sondern auch unter sicherheitsrelevanten Gesichtspunkten. Genauso bedürfen die Vorschläge der AG Preußenstadion im weiteren Verfahren einer echten Würdigung und einer Auseinandersetzung mit ihrer Umsetzbarkeit.
Markus Lewe weist darauf hin, dass die Redezeit abgelaufen ist.
Es folgen noch zwei weitere Sätze, die können Sie dann im Protokoll lesen.
Ulrich Thoden (Linke): Herr Oberbürgermeister, meine sehr geehrten Damen und Herren, da wir jetzt doch in die Debatte einsteigen, worauf ich gar nicht so vorbereitet war, möchte ich ganz kurz zwei Knackpunkte aus unserer Sicht anreißen. Das eine ist: Wir haben grundsätzlich kein Problem mit einer Betreibergesellschaft, solange die in kommunaler Hand bleibt. Allerdings ist hier in Unterpunkt 1d vorgesehen, in den Ausführungen dann: „Auch damit private Dritte, die sich im Sinne des SCP am Stadionausbau beteiligen möchten, in geeigneter Weise eingebunden werden können, prüft die Verwaltung, wie Investoren innerhalb des gemeindewirtschaftsrechtlichen Rahmens idealerweise in der Ausgestaltung der Gesellschaft berücksichtigt werden könnten.“ Da sehen wir das Problem, dass wir am Ende eine Teilprivatisierung dieser Stadiongesellschaft haben, und gleichzeitig muss der SCP mit einem Zuschuss unterstützt werden, um die Stadionpacht bezahlen zu können. Das heißt, letztlich fördern wir zumindest zum Teil die Gewinninteressen privater Investoren. Das ist aus unserer Sicht ein absolutes No-Go. Das Zweite, was wir sehen: Wir sehen das Bedürfnis, insbesondere der Fans, hier ein Stadion in einem vernünftigen Zustand zu haben, das auch ausgebaut werden muss. Das teilen wir voll und ganz. Wir sehen das Ganze allerdings tatsächlich als ein Stadion für die Fans. Umso bedauerlicher ist es, dass man sich hier für die Grundvariante A entschieden zu haben scheint, die zwar Logen für VIPs vorsieht, nicht jedoch die Fankneipe. Ich zitiere wiederum aus der Vorlage: „Die übrigen Varianten würden nicht weiterverfolgt. Für den Baustein der Fankneipe scheint nach derzeitigem Kenntnisstand kaum ein wirtschaftlicher Betrieb abbildbar.“ Dass eine Fankneipe in einem Fußballstadion deswegen nicht rentabel ist, weil zu wenig Bier getrunken wird, das ist mir nicht so ganz klar. Und von daher sind ganz klar dafür, dass wir hier ein Stadion für die Fans haben, und das muss mindestens die Fankneipe einschließen.
Christoph Kattentidt (Grüne): Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, also ich möchte mich erst mal anschließen an das, was Herr Hagemann gesagt hat. Das wiederhole ich jetzt nicht alles. Da ist schon ganz viel dran. Und ich sage auch: Wir Grünen haben uns in den vergangenen Jahren immer zum Stadion an der Hammer Straße bekannt, haben alle Beschlüsse dahingehend beschlossen. Das ist auch weiterhin so. Es gibt keinen Stillstand, wie Herr Weber das formuliert hat. Ich bewundere die CDU geradezu, dass sie in dieser kurzen Zeit mal eben schnell beschließen kann, dass man eine neue städtische Gesellschaft gründet – dass die dann das Grundstück bekommt und noch 40 Millionen, das ist alles ganz einfach. Und da weiß man anscheinend auch schon, was das für Folgekosten haben wird. Wir sind da nicht so schnell. Wir wissen das alles noch nicht. Und wir wissen das auch noch nicht, weil die Fraktionssprecher mal eben informiert worden sind, sondern wir müssen dann schon noch mal ein paar Gespräche führen mit dem Verein, vielleicht auch mit einer eigenen Gesellschaft, die wir im Stadtkonzern schon haben, mit der Verwaltung, um dann im Februar eine sachlich fundierte Entscheidung für die Hammer Straße treffen zu können. Da werden wir dann gut vorbereitet sein. Und ich finde dieses Hauruck-Verfahren, was die CDU sich jetzt hier vorgestellt hat, doch schon einigermaßen unseriös.
Jörg Berens (FDP): Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben jetzt schon zum dritten Mal heute gesehen, wie wichtig und notwendig eigentlich Vorbereitungen sind. Das war bei den Abfallgebühren so, das war bei gerade bei der Frage Digitalisierung und iPads so, wo so manche Frage im Fachausschuss sicher noch mal hätte näher erörtert werden können. Und ich finde, gerade diese Preußen-Vorlage ist sozusagen das Paradebeispiel dafür, dass wir als Rat so dringend Ausschüsse und Ausschussberatungen, Vorbereitungen brauchen, um tatsächlich auch im Detail und manchmal auch im Klein-Klein miteinander um die beste Lösung zu ringen. Ich würde das auch noch mal ganz grundsätzlich sagen. Wir haben in der abgelaufenen Ratsperiode ja auch des öfteren darüber gestritten, ob wir eigentlich nicht sogar zu viele städtische Gesellschaften haben – und ob denn jede städtische Gesellschaft auch profilscharf genug ist. Und ich finde, das gehört bei der Betrachtung, ob man für das Preußen-Stadion jetzt eine weitere städtische Tochter gründet, einfach mit rein, dass man auch guckt: Was haben wir denn da auch an Gesellschaften, und was tun die? Und vielleicht passt das irgendwo noch rein. Aber jedenfalls ist, finde ich, der Gründungsakt auch kein Selbstzweck. Auch da sage ich ganz offen, hat mich das, was die Verwaltung in die Vorlage reinschreibt, Stichwort Know-how, noch nicht wirklich überzeugt, denn durch die Gründung einer Gesellschaft ist das Know-how ja nicht sofort in dieser Gesellschaft innewohnend. Gleichzeitig die Vermischung von Stadion auf der einen Seite und Kita auf der anderen. Das mag aus jugendpolitischer Sicht bestimmt wertvoll sein, an dem Standort eine Kita zu bauen. Aber da gibt es natürlich auch noch andere Aspekte, auch die Aspekte eben der Mischfinanzierung. Und das möchte ich dann auch an der Stelle sagen: Es ist ja dann auch ein bisschen die ungeklärte Frage im Raum: Sind die 40 Millionen, die da im Haushalt sind, jetzt nur für das Stadion? Oder sind die auch für die Mobilitätsstation? Ich glaube, da müssen auch die Kolleginnen und Kollegen der Grünen noch intern einen Bewertungsprozess durchführen, und die Zeit räume ich ihnen auch sehr gern an der Stelle ein. Und der letzte Punkt ist mir jetzt gerade entfallen. Dann belassen wir es dabei.
Stefan Weber (CDU): Zu dem städtischen Beitrag, da muss man nur in den Haushalt schauen. Da stehen 40 Millionen Euro, angestrichen für die Sanierung des Stadions. Und wir wissen aus den bisherigen Abstimmungen hier im Rat, wie wir die Mobilitätsstationen auf die Reise bekommen. Deswegen sind das zwei Sachen, die nicht miteinander vermischt werden müssen. Und wenn wir mit dem Stadion wirklich vorankommen wollen, dann können wir nicht hier schon wieder anfangen, diesen Betrag in Frage zu stellen. Man ja hier eben gemerkt in der kurzen Aussprache, dass es doch erhebliche Vorbehalte gibt, was eine weitere städtische Gesellschaft angeht. Und wir stehen ja heute auch hier vor der Frage: Soll jetzt diese Diskussion eigentlich zwei Monate nicht weitergehen, bis Februar, wenn hier dann ein Votum möglich sein soll. Oder ob wir nicht heute diese Vorbehalte dadurch aufweichen können, dass man sagt: Im Grundsatz ist das ja richtig. Die Dinge sind ja abgestimmt zwischen Stadtverwaltung und Preußen Münster. Dann lasst uns doch die Fragen, die hier offen sind, nämlich die einer weiteren städtischen Gesellschaft dadurch aufweichen, dass wir Beschlussziffer 1 ergänzen und formulieren: Um auf die Gründung einer weiteren städtischen Gesellschaft möglichst verzichten zu können, wird die Verwaltung beauftragt, parallel zu prüfen und darzulegen, ob und gegebenenfalls auf welchem Weg die genannten Ziele durch die Westfälische Bauindustrie GmbH erreicht werden können. Die Stadtwerke, die das Stadthaus 3 bauen, die Wirtschaftsförderung, die mit dem Thema B-Side und anderen Projekte stark beschäftigt ist, und die Wohn- und Stadtbau, die sich um die Wohnungsproblematik zu kümmern hat, die fallen raus. Und dann hätte man die Möglichkeit, jetzt tatsächlich auch voranzukommen. Dadurch, dass die WBI, die das sicherlich am ehesten könnte, diese Möglichkeit bekommt, dass man sich dort Kompetenz für den Stadionbau einkaufen kann, liegt auf der Hand. Das ist in jedem Fall notwendig. Dann würden wir heute ein Stück vorankommen und hätten hier nicht für zwei Monate einen Stillstand, der am Ende, da bin ich mir ziemlich sicher, niemanden voranbringt. Herzlichen Dank.
Mathias Kersting (SPD): Ja, Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, ich bin sehr dankbar für den letzten Wortbeitrag von Herrn Weber, der hat deutlich gemacht, warum es so wichtig ist, dass wir das im Februar in Ruhe diskutieren. Und warum es für die Preußen gut ist, dass wir das Thema jetzt gemeinsam mit den Grünen behandeln, und nicht die CDU. Und zwar müssen wir nur in die Vorlage 609 aus 2019 schauen. Und dort steht wortwörtlich drin: Die im Haushaltsplan bereitgestellten Investitionsmittel in Höhe von 40 Millionen Euro sind als Orientierungsrahmen für die Sanierung und den Ausbau des Stadions einschließlich Mobilitätsstation vorgesehen. Danke, CDU.
Stefan Leschniok (CDU): Herr Oberbürgermeister, meine Damen und Herren, eine Anmerkung kann ich mir dann doch nicht ersparen. Ich habe mir das hier jetzt mal gerade vorgestellt, der Kollege Dr. Jung wäre noch hier im Rat bei uns und die Sache wäre andersrum gelaufen. Die CDU hätte sich auf den Standpunkt gestellt: Wir können das Ding heute nicht beschließen. Wir müssen darüber erst beraten. Frühestens im Februar können wir darüber beschließen. Ich glaube, wir können uns alle vorstellen, wie Herr Dr. Jung uns hier in der Luft zerrissen hätte, wie er mit hochrotem Gesicht, wo du jetzt sitzt, gesessen hätte. Der hätte uns genau das Gleiche vorgeworfen, was jetzt im Prinzip von uns hier kommt. Insofern, das ist schon eine absurde Geschichte. Die SPD hat hier über Jahre, als Schwarz-Grün hier regiert hat, immer aufs Tempo gedrückt, hat jede kleinste Verschiebung uns vorgehalten, und jetzt gibt es ein neues Bündnis, ein Bündnis in spe, die Verhandlungen sind ja noch nicht abgeschlossen. Und was macht die SPD? Genau das Gegenteil von dem, was Herr Dr. Jung, aber viele andere in der SPD-Fraktion über Monate, ja, über Jahre hier gepredigt hat. Also mit Verlaub, das ist schon ein gehöriges Stück Doppelmoral dabei. Und ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass hier das Bündnis selber noch nicht klar ist, wie es vorgehen will. Und deswegen, weil die Verhandlungen noch nicht abgeschlossen sind, wird das Ding aufs Abstellgleis geschoben, in die Sackgasse geschoben. Dem SC Preußen und seinen Fans gefällt das mit Sicherheit nicht. Aber Sie müssen schon sehen, was Sie hier tun, und was Sie für richtig halten. Danke.
Marius Herwig (SPD): Herr Leschniok, wenn Sie sich mal die Vorlage angucken, dann werden Sie sehen: Den Beratungsverlauf hat die CDU-geführte Verwaltung vorgeschlagen. Und vor dem Hintergrund sollten Sie sich hier, glaub ich, nicht ganz so aufspielen.
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