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Dom verwackelt

Das Bistum und der Satanismus

Das Bistum Münster hat trotz Kritik jahrelang eine satanistische Verschwörungslegende verbreitet. Am Ende schloss eine Beratungsstelle, aber der Mythos bleibt. Mit der Aufarbeitung tut sich das Bistum weiter schwer.

von Sebastian Fobbe • Lektorat: Antonia Strotmann und Maria Schubarth • Titelfoto: Nikolaus Urban

Im Frühjahr veröffentlichte das Nachrichtenmagazin „der Spiegel“ eine Geschichte, die in Münster spielt und einige Konsequenzen nach sich zog.

Es geht um eine junge Frau, die sich an eine psychotherapeutische Praxis in Münster gewandt hat, um eine schwierige Trennung zu verarbeiten. Doch ihr Anliegen war laut „Spiegel“ in der Therapie schnell kein Thema mehr. Stattdessen stand bald etwas anderes im Mittelpunkt: Satanismus.

Die Therapeutin soll ihrer Patientin eingeredet haben, sie sei in die Fänge satanistischer Zirkel geraten. Obwohl sich die Frau nicht an rituelle Gewalt durch Satanskulte erinnern konnte, soll die Therapeutin von ihr verlangt haben, „wieder und wieder Bilder des vermeintlichen Missbrauchs in sich aufsteigen zu lassen“, so steht es im „Spiegel“.

Mehr noch: Durch den Missbrauch soll es den Satanisten gelungen sein, die Identität der Patientin in viele „Innenpersonen“ aufzuspalten.

Diese Annahme soll die Therapeutin dazu gebracht haben, vor dem Familiengericht zu erwirken, dass ihre Patientin das Sorgerecht für ihr ungeborenes Kind verliert, schreibt das Magazin. Sie habe laut „Spiegel“ argumentiert, das Kind sei bei einer Massenvergewaltigung von Satanisten gezeugt worden. Und wie eine bestimmte „Innenperson“ auf das Baby reagieren könnte, das sei ein „unkalkulierbares Restrisiko“.

Auf den ersten Blick klingt die Geschichte wie ein Einzelfall, auf den zweiten ist sie ein Ausläufer einer Erzählung, die ihren Ursprung vor über 40 Jahren in den USA hat. Dort verbreiteten sich in den Achtziger Jahren zum ersten Mal Gerüchte über satanistische Gruppen, die Kinder entführten und im Verborgenen missbrauchten. Bekannt wurden diese Geschichten als „Satanic Panic“. In den Jahren darauf machten sie weltweit Karriere, in vielen Köpfen leben sie bis heute fort.

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