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Im Vordergrund Send-Besucher:innen, hinten ein leuchtender Schriftzug "Break Dance" in der Nacht

“Wir Schausteller sind so wichtig”

Alle reden von Inflation und Energiekrise. Aber auf dem Send dreht sich wie immer das Riesenrad. Wie passt das zusammen? Oder ist das gar kein Widerspruch. Ein Besuch an einem Ort, der scheinbar so überhaupt nicht mehr in diese Zeit passt.

von Anna Scheld • Lektorat: Antonia Strotmann • Fotos: Paula Götz

Zwei Mal Autoscooter, sechs Mal Entenangeln, zwölf Mal gebrannte Mandeln. In der Mitte ein Riesenrad. 180 Buden und Fahrgeschäfte reihen sich in der letzten Oktoberwoche auf dem Schlossplatz aneinander. Die Coronazeit scheint überstanden, aber jetzt ist die nächste Krise da. Wirklich?

An diesem Dienstag ist es nachmittagsgrau. Kein Lämpchen blinkt, kein Schriftzug leuchtet. Es ist 14:30 Uhr. In einer halben Stunde öffnet der Send. Nur beim „kleines Pizza Haus – Achtung lecker!“ glühen die Birnen an der Dachkante, die Jalousien sind noch unten. Da hat wohl jemand vergessen, den Strom abzuschalten.

Teuer in diesen Zeiten. Wegen der Energiekrise drehen Büros gerade die Heizung herunter. Wärmflaschen erleben ihr großes Comeback. Die Weihnachtsbeleuchtung soll in der Münsteraner Innenstadt stark reduziert werden, die Fassade des Doms verblasst jetzt schon unbeleuchtet in der Nacht. Trotzdem findet der Send statt, und er ist ein riesiger Stromfresser. Hundert Stromkästen wurden extra aufgestellt, dutzende Kilometer Stromkabel umkreisen gut versteckt den Schlossplatz.

Arno Heimann steht vor seinem Fahrgeschäft und schaut an der Kamera vorbei
„Den ganzen Tag sehen die Leute im Fernsehen, dass die Welt untergeht. Alles geht bergab“: Arno Heimann vor seinem Fahrgeschäft “DiscoJet”. Foto: Paula Götz.

„Die Leute wollen doch vergessen, dass gerade Krise ist. Die wollen unbeschwert über den Platz schlendern“, sagt Arno Heitmann. Er steht vor seinem Discojet – wellenförmig fahren darin Zweisitzer im Kreis, immer schneller, zu lauter Popmusik. Erst später, wenn die Gäste kommen.

Heitmann ist Sprössling einer Schaustellerdynastie, die seit 1833 mit Fahrgeschäften durch Deutschland tourt. Er sagt, der Send sei gerade in der Krise wichtig. Trotz Energieknappheit.

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