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Ein Anruf bei Jakob J. Lübke
Jakob J. Lübke kümmert sich seit einem Jahr als Nachtbürgermeister um das Nachtleben in Osnabrück. Wir haben nachgefragt, wie sein Job aussieht und was sein Pendant in Münster wissen muss.
Interview mit Jakob J. Lübke
Herr Lübke, wie sieht so ein typischer Arbeitstag als Nachtbürgermeister aus?
Meine Arbeit besteht aus vielen Telefonaten, Online-Meetings und endlich auch wieder aus Austausch in Präsenz. Ich habe zwar ein Büro beim Marketing Osnabrück, aber besonders wichtig ist mir der direkte Kontakt zur Szene vor Ort. Als Nachtbürgermeister bin ich die Schnittstelle für das Nachtleben, die Verwaltung und die Osnabrücker Stadtbevölkerung. Ich versuche, immer die Perspektive des jeweils anderen zu verstehen und dann in alle Richtungen zu vermitteln.
Was heißt das konkret?
Vor zwei Wochen hatte ich zum Beispiel einen Austausch mit der Gastronomie und danach ein Meeting zu nächtlichen Stadtführungen. Bei mir melden sich aber auch Veranstalter:innen, die mich fragen, wo sie am besten ihre Bühne aufbauen können oder ob ihr Event mit einer anderen Veranstaltung kollidiert.
Und was machen Sie, wenn es Probleme gibt?
Ich kann mit der Verwaltung über Verbesserungen nachdenken und die Bedarfe der Szene ansprechen. In letzter Zeit habe ich mich auch viel um die Außengastronomie gekümmert, weil in Osnabrück mehr Flächen dafür genehmigt wurden, und ich hatte ein Meeting mit den Citymanager:innen zum Leerstand in der Innenstadt, bei dem wir über Möglichkeiten für die Kultur oder Pop-up-Gastronomie diskutiert haben. Das Ganze mache ich übrigens auch tagsüber.
Ihr erstes Amtsjahr ist vorbei. Was haben Sie in dieser Zeit erreicht?
Anfangs hatte ich noch die Hoffnung, Corona zu besiegen. Das haben wir nicht geschafft. Aber ich habe dabei geholfen, das Ganze in Schach zu halten. Dabei kam mir zugute, dass ich als freiberuflicher Musiker selbst betroffen war und schon Lösungs- und Erklärungsansätze kannte. Für viele Akteur:innen des Nachtlebens war diese Phase von existenzieller Unsicherheit geprägt. Ich habe dann viele Fragen beantwortet zu Förderprogrammen oder zu den Corona-Konzepten wie 2G oder 3G.
Wer hat Sie gefragt?
Die Politik hat mich um Einschätzungen gebeten, von der Kommunal- bis zur Bundesebene und quer durch alle Parteien. Meine Aufgabe heißt jetzt nicht: „Wie geht’s zurück zum alten Normal?“ Sondern eher: „Wie sieht das neue Normal aus?“ Ich schaffe Netzwerke und bin Ansprechpartner für alle, die irgendetwas mit Events zu tun haben. Zurzeit mache ich beispielsweise eine Tour durch die unterschiedlichen Bürgerforen in Osnabrück, bei denen die Anwohner:innen ihre Anliegen vortragen.
Haben Sie das Gefühl, dass sich etwas verändert hat, seit es in Osnabrück einen Nachtbürgermeister gibt?
Ich habe das Gefühl, dass die Szene aktiver geworden ist, weil jemand da ist, der sich um ihre Anliegen kümmert. Nach dem Motto: „Im Notfall rufe ich Jakob an.“
Münster sucht jetzt auch nach einem Nachtbürgermeister oder einer Nachtbürgermeisterin. Worauf lässt man sich ein?
Man sollte unbedingt Lust haben auf die Stadt und die Nachtszene. Wenn man dafür nicht brennt, kann das sehr anstrengend werden. Man muss sich ständig über den eigenen Tellerrand hinaus in Dinge hineindenken, dabei kann eine gute Portion Neugier nicht schaden. Und man sollte Freude daran haben, Leute kennenzulernen, stressresistent sein, kreativ und pragmatisch.
Was kann die Stadt durch eine:n Nachtbürgermeister:in gewinnen?
Die Stelle als Nachtbürgermeister:in steht und fällt damit, wie offen alle Beteiligten dafür sind. Das gilt für die Verwaltung genauso wie für die Szene. Die Kultur muss ihre Anliegen vortragen, und die Verwaltung muss auf die Ideen eingehen wollen – übrigens auch umgekehrt. Dann ist ein:e Nachtbürgermeister:in eine Chance für mehr kulturelle Vielfalt und kürzere Verwaltungswege. Wenn man auf beiden Seiten Akzeptanz schaffen muss, dann ist es auch nicht schlecht, das Amt als Duo zu bekleiden. In Münster kann man sich auch als Tandem auf die Stelle bewerben. Ich finde, das ist eine gute Idee.
Haben Sie noch einen Tipp für Ihren zukünftige:n Kolleg:in in Münster?
Trau dich zu sagen: „Ich weiß es noch nicht, aber ich tue mein Möglichstes, mich mit dir darum zu kümmern.“ Und nimm gerne im Vorfeld Kontakt auf zu mir und den anderen Nachtbürgermeister:innen in Deutschland.
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