Fakten, Fakten, Fakten – aber mit Gefühl | Wetten aufs Preußen-Stadion | Unbezahlte Werbung: Fahrradliebe und Caféglück

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

wenn in Diskussionen mal wieder alles aus dem Ruder läuft, dann kommt garantiert irgendjemand daher, der darum bittet, zur Sachlichkeit zurückzukehren. Bei den Fakten bleiben, die Emotionen raushalten, dann kommt man zu vernünftigen Lösungen. Das ist eine gängige Überzeugung. Das Problem ist, Fakten und Emotionen lassen sich gar nicht trennen. 

Die Neurowissenschaftlerin Maren Urner, Professorin in Köln und Mitgründerin von „Perspectiv Daily“, mit denen wir uns ein Büro teilen, hat gerade ein Buch darüber geschrieben. Es trägt den Titel „Radikal emotional – wie Gefühle Politik machen“, und es erscheint morgen. Vorab hat sie mehrere Interviews gegeben, im „Spiegel“, in der „Zeit“ und im Deutschlandfunk. Über dem „Zeit“-Interview steht der Satz: „Fakten bringen niemanden dazu, sein Verhalten zu ändern“.

Das ist natürlich schlecht, denn was wir hier machen, beruht auf der Annahme, dass Menschen klügere Entscheidungen treffen, wenn sie besser informiert sind. Die gute Nachricht ist allerdings: Beides muss sich nicht widersprechen. Im „Spiegel“-Interview erklärt Maren Urner unter anderem, dass Emotionen es erst möglich machen, zwischen wichtig und weniger wichtig zu unterscheiden. 

„Menschen mit einer Schädigung in dem Hirnbereich, in dem emotionale und faktenbasierte Verarbeitung zusammenkommen, können sich nicht einmal mehr entscheiden, mit welcher Stiftfarbe sie einen Brief unterschreiben sollen“, sagt sie. Man könne nur sachlich argumentieren, wenn man bestimmte Werte und Überzeugungen habe. Aber warum steht das hier in einem Newsletter über Münster?  

In der Ratssitzung am vergangenen Mittwoch ging es fünf Stunden lang immer wieder um die gleichen vertrauten Gegensätze. Windräder. Verkehrspolitik. An einer Stelle diskutierte man über eine Resolution zum Ausbau der Autobahn. Die Argumente sind bekannt, trotzdem werden sie immerzu wiederholt, und das seit Jahren. Auf der einen Seite bewegt sich nichts, auf der anderen auch nicht. Im Prinzip ist es wie freitagnachmittags auf der A1. 

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Grafik Instagram (RUMS feiert 4. Geburtstag)

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Maren Urner sagt sinngemäß: Wir reden zwar über Argumente, aber eigentlich geht es um etwas ganz anderes: um Überzeugungen, Werte und Gefühle. 

Und sie sagt: „Je lauter die Forderung nach Rationalität, desto emotional aufgeladener werden die Debatten.“ Das Gute aber ist, dass man in den Werten oft mehr Einigkeit findet als in den Dingen, die zu politischen Hassobjekten geworden sind: das Tempolimit, das Gendern, in Münster die autofreie Innenstadt. Über die Gefühle dahinter, den Wunsch nach Sicherheit, Beachtung oder mehr Lebensqualität dagegen könnte man sich vielleicht sogar einig werden.  

Vor allem positive Gefühle machen Menschen offen für die Perspektiven anderer. Das hat Han Langeslag vor einem Jahr sehr schön in einem Beitrag für „Perspective Daily“ erklärt. Es ist auch einer der Grundgedanken des Magazins. Das Gegenteil beschreibt Maren Urner im „Spiegel“. Dort sagt sie: „(Angst) macht uns dümmer, weil wir auf das unmittelbare Überleben zurückgeworfen werden und nicht mehr langfristig planen können.“

Es ist also ganz einfach: Wer Veränderungen verhindern möchte, muss Angst schüren. Dann schauen Menschen auf die kurzfristige Perspektive, das Heute, auf sich selbst. Schon dieser Gedanke reicht aus, um die aktuelle Europawahlkampagne der AfD zu verstehen. 

Wer es möglich machen möchte, langfristig zu denken und Probleme zu lösen, die weit in der Zukunft liegen, muss Menschen Angst nehmen. Das ist nicht ganz so leicht, denn auf negative Botschaften reagieren wir sehr viel stärker als auf gute. Aber wie kann das gelingen? Informationen und Wissen können helfen, Unsicherheit zu überwinden. Und mit der Unsicherheit verschwindet die Angst. Auch dafür gibt es Belege. Vielleicht sollten wir einerseits mehr über Gefühle reden. Und andererseits mehr lesen. Also hier sind Sie ganz richtig. (rhe)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Weil morgen ein Feiertag ist, verschiebt sich die Abfallabfuhr um einen Tag nach hinten. (Stadt Münster)

+++ Die Stadt Münster stellt neue öffentliche Toiletten im Südpark, im Wienburgpark und am Breul auf, zumindest von Mai bis September. (Stadt Münster)

+++ In Münster gibt es bisher eher provisorische Lösungsansätze für ein ausreichendes Ganztagsangebot, auf das Grundschulkinder ab 2026 einen Rechtsanspruch haben. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die LVM-Versicherung hat ein gutes Geschäftsjahr hinter sich und wächst stärker als die Branche. (Antenne Münster)

+++ Der Neubau der Erweiterung für das Wilhelm-Hittorf-Gymnasium hat begonnen. (Stadt Münster)

+++ Obwohl die Arbeit in den Büros erst im Juni und das Kulturprogramm im September starten, haben einige Leute (darunter hoher Besuch) am Freitag die B-Side-Eröffnung gefeiert. (Westfälische Nachrichten)

+++ Gestern vor 52 Jahren fand die erste Demo von homosexuellen Menschen in Westdeutschland statt, und zwar in Münster. (Münster 1972; The Wall Museum auf X)

Unbezahlte Werbung

Der großformatige Bildband „Fahrradliebe & Caféglück“ präsentiert zwölf verschiedene Radtouren durchs Münsterland. Alle starten und enden in Münster, und alle kommen an mindestens einem ausgewählten Café vorbei, das die Autorin Birgit Kallerhoff ausführlich porträtiert. Dazu gibt es Informationen zu Sehenswürdigkeiten am Wegesrand. Das Buch ist im Handel oder direkt bei der Autorin für 24.95 € erhältlich. Reinlesen können Sie hier.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Katja Angenent Termine für Sie herausgesucht. Das sind ihre Empfehlungen. 

+++ Am 1. Mai findet auf Haus Coerde ein Hoffest statt. An der Coermühle 50 gibt es von 11 bis 18 Uhr Live-Musik, offene Ateliers und Führungen über den Acker der Biogärtnerei. Außerdem stellt Fotograf Thomas Mohn Bilder seiner Spitzbergen-Tour aus. Kaffee, Kuchen, Bier und Herzhaftes sind ebenfalls im Angebot. Mehr Infos finden Sie an dieser Stelle.

+++ Ebenfalls am 1. Mai feiert der Film „Der kleine Major Tom: Aufbruch ins Ungewisse“ um 15 Uhr im Planetarium Premiere. Mitarbeitende erklären, wie es wirklich ist, auf einer Raumstation zu arbeiten, und was der aktuelle Blick in den Sternenhimmel zeigt. Der Film ist für alle ab sechs Jahren. Karten bekommen Sie hier.

+++ Am Donnerstag, 2. Mai, feiert der Freundeskreis Paul Wulf am Servatiiplatz ab 17:30 Uhr den 103. Geburtstag des Antifaschisten. An der Skulptur lesen Marion und Markus von Hagen Texte von Erich Mühsam. Musik macht das Trio Caotina, in dem auch die Türmerin Martje Thalmann spielt. Redebeiträge kommen unter anderem vom Integrationsrat, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes und vom Soziologen Andreas Kemper. Seine Recherchen führten zur Einstufung des AfD-Politikers Björn Höcke als „gesichert rechtsextrem“.

+++ Wenn Sie gerne lesen und lachen und am liebsten beides verbinden, dann gehen Sie doch am Freitag, 3. Mai, in die Stadtteilbücherei am Aasee. Dort lesen der Münsteraner Krimiautor Christoph Güsken und der ebenfalls hier ansässige Satiriker Patrick Gurries aus ihren neuesten Werken. Die kostenfreie Veranstaltung mit dem vielsagenden Titel „Hauen und Stechen am Aasee“ beginnt um 19 Uhr.

Und sonst?

Das neue Preußen-Stadion hat die nächste Hürde genommen. Es könnte besser kaum laufen. Aber was ist eigentlich mit den Risiken? Darum geht es heute im kompletten RUMS-Brief.

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Herzliche Grüße
Ralf Heimann

Mitarbeit: Katja Angenent (kan), Sebastian Fobbe (sfo), Jan Große Nobis (jgn), Svenja Stühmeier (sst) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

Der Jenaer Philosoph Matthias Warkus schreibt schon länger den Newsletter „Der Hingucker“, den ein Freund mir empfahl. Ich abonnierte ihn, die erste Ausgabe kam, in der Betreffzeile stand:„Geh mit anderen Augen durch die Stadt.“ Damit ist der Inhalt schon gut beschrieben. Warkus erklärt Architektur. Für die Ausgabe am 10. April ist er bei Regen ins Gewerbegebiet an der Loddenheide gefahren, um sich einen Klinkerbau anzusehen, der für Laien auf den ersten Blick einfach aussieht wie ein Klinkerbau. Auf den zweiten erkennt man ein Muster, das, so erklärt Warkus es in dem Video, den Faltenwurf eines Tuchs nachahmt, das der Bildhauer Ludwig Klinger für ein Denkmal Ludwig van Beethovens gemeißelt hat. Klinker und Klinger, das ist auch der Titel der Folge. Hier finden Sie gleich zum Video. (rhe)

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