Rats-TV-Premiere | Wie Münster klimaneutral werden könnte | RUMS 30 Tage kostenlos testen

Porträt von Constanze Busch
Mit Constanze Busch

Münster, 25. Juni 2021

haben Sie am Mittwochabend auch reingeschaltet? Es war ja ein großes Streaming-Ereignis, zum ersten Mal überhaupt konnte man die Diskussionen im Stadtrat zuhause am Bildschirm mitverfolgen. Die Stadt hatte das sehr professionell aufgezogen, die Bild- und Tonqualität waren hervorragend. Mehrere Kameras waren in der Halle Münsterland verteilt, wo die Ratssitzung coronabedingt wieder stattfand. Eine davon war auf das Pult des Oberbürgermeisters gerichtet, der den Abend gewohnt launig moderierte und zwischendurch auch Erklärungen für die Menschen einschob, die sich digital zugeschaltet und vorher vielleicht noch nie eine Ratssitzung erlebt hatten. Zwei weitere Kameras holten die Ratsmitglieder in die Nahansicht, die gerade das Wort hatten. Dazu wurden Name und Partei eingeblendet. Und wer genau hinschaute, konnte auch erspähen, ob die Politiker:innen zwischendurch lieber Obst, Sandwich oder Gummibärchen essen.

Pünktlich um 20:15 Uhr verabschiedete Markus Lewe alle virtuell und vor Ort anwesenden Gäste. Der öffentliche Teil der Sitzung hatte damit weniger als vier Stunden gedauert, nicht schlecht für eine Tagesordnung mit 60 Haupt- und noch mehr Unterpunkten. Aber es schloss ja auch ein weiteres Fernseh-Ereignis an, Sie wissen schon, das mit dem Regenbogen.

Klimadiskussion wird vorgezogen, bekommt aber keine Verlängerung

Das merkte man auch direkt zu Beginn des Abends. Eines der Hauptthemen war eine Konzeptstudie, in der es darum geht, ob und wie Münster bis 2030 klimaneutral werden kann. Auf Antrag von Franz Pohlmann (ÖDP) wurde der Tagesordnungspunkt vorverlegt, „damit die anwesenden Klimaaktivist:innen Fußball schauen können“. Pohlmann hätte außerdem gerne die Diskussionszeit für dieses Thema von 30 auf 60 Minuten erhöht, so wie es der Rat im Mai schon bei der Debatte über den Flyover gemacht hatte. Für diesen Vorschlag fand sich allerdings keine Mehrheit.

Passenderweise begannen die inhaltlichen Debatten dann auch gleich mit dem Klima. Eine Einwohnerin wollte von den Ratsmitgliedern wissen, ob Münster aus ihrer Sicht die erste klimaneutrale Stadt Deutschlands werden solle, so wie Markus Lewe es in einem Interview angekündigt hatte. Die Antworten bewegten sich in den erwartbaren Bahnen, ebenso wie die Debatte über die Klimastudie. Ich umreiße sie hier mal ganz kurz: „Ja, natürlich wollen wir Münster klimaneutral machen, wir wollen schließlich den Planeten erhalten“; „Wir müssen die Bürger:innen mitnehmen und soziale Belange beachten“; „Wir wollen ehrgeizig sein, müssen aber auch realistisch bleiben, und die Ziele sind ja ganz schön ambitioniert.“

Klimaneutral bis 2030? Das wird eng.

Aber was steht denn jetzt in der Studie: Kann Münster es schaffen, bis 2030 klimaneutral zu werden? Die Antwort, die die Studie darauf gibt, lautet: Ja, aber. Aber es ist eine riesige Herausforderung, wirklich alle müssten mitmachen, und es wird natürlich teuer.

Das Dokument, das die Stadt jetzt veröffentlicht hat, ist nicht die ganze Studie. An einigen Fragen wird gerade noch gearbeitet, im Herbst sollen die Autor:innen die finale Fassung vorlegen. Was das Papier schon beantwortet: Was muss sich in welchen Bereichen in Münster ändern, um bis 2030 die Treibhausgasemissionen quasi auf null zu senken? Im RUMS-Brief fassen wir heute die Studie zusammen und analysieren einige Argumente pro und contra Klimaneutralität aus der Debatte im Rat.

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Herzliche Grüße

Constanze Busch

PS

Eine kleine Randnotiz noch aus dem Rat. Wir wissen leider nicht, wie die neue Live-Übertragung quotenmäßig im Vergleich zum übrigen Fernsehprogramm abgeschnitten hat. Die Möglichkeit wurde aber genutzt, so viel können wir sagen. In der oben schon erwähnten Diskussion um die Gewerbesteuer kritisierte der CDU-Ratsherr Stefan Leschniok die Forderung von Ulrich Thoden (Linke), die Gewerbesteuer anzuheben, mit dem Hinweis, damit trete er in die großen Fußstapfen des früheren Linken-Ratsherrn Rüdiger Sagel. Von ihm habe er, Leschniok, zum Haushalt immer nur den einen Vorschlag gehört: Gewerbesteuererhöhung, Gewerbesteuererhöhung, Gewerbesteuererhöhung. Sagel ist schon länger nicht mehr bei der Linken und hat seit Herbst auch kein Mandat mehr. Am Mittwoch saß er zunächst noch hinten im Publikum, sah sich die Sitzung dann aber später wohl an einem anderen Ort live im Internet an. Und so umschiffte er das Problem, dass er sich im Rat nun nicht mehr melden kann: Er schickte eine SMS an Stefan Leschniok, der diese mit Sagels Zustimmung dann laut in der Halle Münsterland vorlas. Sagel teilte mit, in der jetzigen Situation, mitten in der Krise, würde er die Gewerbesteuer auf keinen Fall erhöhen. Wörtlich schrieb er: „Die Linke ist gaga.“

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