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Warum der Kiebitz doch wichtig ist | Kiebitzschutz: Irrflug einer Beschwerde | Unbezahlte Werbung: Café Pampelune
Guten Tag,
der Kiebitz, Vogel des Jahres 2024, ist ziemlich hübsch. Seinen Namen hat er sich quasi selbst gegeben, aufgrund seines Gesangs (hier gibt es Fotos und Hörproben), und Kiebitzküken sind absolut niedlich.
Das sind aber nicht die einzigen Gründe, aus denen man sich Gedanken über den Vogel machen sollte. Johanne Burkhardt hat zu den Schwierigkeiten in Münster – Kiebitze brauchen Platz, Landwirtschaft und Gebäude aber auch – schon einmal einen RUMS-Brief geschrieben.
Was haben Geparden und der Dortmunder BVB gemeinsam? Beide sind schwarz-gelb und beide könnt ihr am 12. Mai im Zoo live erleben! Der BVB gratuliert uns zum 50. Geburtstag und hat Maskottchen Emma, eine Zoo-Rallye und weitere Überraschungen für euch im Gepäck.
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Ein Bericht über eine Vogelart – auf den ersten Blick wirkt das wie ein Nischenthema. Doch der Eindruck täuscht. Der Kiebitz ist ein Indikator für intakte Lebensräume. Wenn er verschwindet, gibt es ein grundlegendes Problem. Und die Populationen sind schon deutlich geschrumpft.
In meiner Recherche war es trotzdem schwer, Antworten von Behörden zu bekommen, die eigentlich Antworten geben müssen. Und das Problem hatte nicht nur ich. Dem Naturschutzbund (Nabu) Münster ging es im Prinzip genauso.
Heute lesen Sie im Brief:
- Musik-Campus: Woher kommt das Geld?
- Doktorarbeit: Rechte Parteien schüren Angst und Wut
- Hebammenmangel: Aktionswoche bis Sonntag
- Wie es weiterging – mit dem Jugendhaus PG
- Kiebitzschutz: Irrflug einer Beschwerde
- Klima-Update: Stadt soll „Kommune für biologische Vielfalt“ werden
- Korrekturen: Preußen Münster und der Aufstieg
- Ein-Satz-Zentrale: Beim Pinkeln gefilmt?
- Unbezahlte Werbung: Pampelune
- Drinnen und Draußen: Luft-und-Laune-Festival
Das Thema eignet sich gut, um grundsätzliche Probleme in der Berichterstattung über die Klima- und Biodiversitätskrise aufzuzeigen.
- Aktualität: Wir berichten oft über etwas, das gerade besprochen wird oder passiert ist, über Aktuelles. Es gibt – im Journalismus und in der Politik – häufig Themen, die in diesem Moment gerade drängender erscheinen als die beiden Krisen.
- Fachkenntnis: Insbesondere im Lokaljournalismus arbeiten Leute, die zumindest nicht ausschließlich über ein Fachgebiet berichten, sondern über das, was in einem bestimmten geographischen Gebiet passiert. Das führt dazu, dass sie sich mit komplexen Themen nicht so gut auskennen wie es eigentlich für eine fundierte Berichterstattung notwendig wäre. Wir sind also auf Informationen von anderen angewiesen. So wie in meiner Recherche für heute kann es allerdings passieren, dass wir die nicht bekommen. Ja, es gibt inzwischen tolle Rechercheunterstützung und Fortbildungsmöglichkeiten, insbesondere mit dem Fokus auf Klimajournalismus. Aber da gibt es noch eine weitere Hürde…
- Zeit: Es kann Tage oder Wochen dauern, sich in ein Thema einzuarbeiten. Wir versuchen immer wieder, auch solche Themen zu bearbeiten – gleichzeitig wollen wir Ihnen ja auch zweimal pro Woche eine lokale Recherche anbieten. Für manche Texte haben wir also nur einige Stunden.
- Klima als Thema: Wir wollen Sie nicht mit Berichterstattung langweilen, in der es immer wieder um dasselbe geht. Die Aussage „Klima hatten wir letzte Woche gerade“ ist aber gefährlich. Die Klimakrise beeinflusst schließlich jeden Lebensbereich und deswegen sollte sie immer mitgedacht werden. Gleichzeitig dürfen wir nicht zu oberflächlich und voreilig berichten, denn sonst…
- Greenwashing: Klima ist in, und Insekten sind es auch. Das wissen Leute, die zum Beispiel für Unternehmen und Behörden kommunizieren. Wenn wir Antworten auf Anfragen erhalten oder Pressemeldungen lesen, bemerken wir im Idealfall, wenn irgendwas nicht so grün ist wie behauptet. Je nachdem, wie der eigene Wissensstand ist, ist das aber nicht so einfach. Mit unserem „Klima-Update“ zum Beispiel wollen wir Ihnen regelmäßig wenigstens kurze Nachrichten mitteilen. Es ist aber auch besonders anfällig für versehentliches Greenwashing, da wir nicht so viel Rechercheaufwand in die kleineren Meldungen stecken wie in unsere längeren Berichte.
- Lieber nicht berichten als falsch? Ich halte Themen eher zurück, wenn ich das Gefühl habe: Ich bin mir da unsicher. Bis zu einem gewissen Grad ist das sicherlich gut so. Andererseits: Wenn niemand berichtet, ist das auch schlecht. Und im Lokalen kann das sehr schnell passieren.
Weiter unten finden Sie meine Recherche zum Kiebitz und dem Irrflug einer Beschwerde durch die Behörden. (sst)
+++ Wie sicher sind die 20 Millionen Euro, die Berlin Münster für den Musik-Campus zugesagt hat? Dazu gibt es offenbar unterschiedliche Einschätzungen. Bundesentwicklungshilfeministerin Svenja Schulze (SPD) sagt, Münster müsse mehr machen, um das Geld zu sichern, berichten die Westfälischen Nachrichten. Die Stadt spricht von „konstruktiven Gesprächen“ mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth und scheint nicht daran zu zweifeln, dass man sich in Berlin an die Zusage hält. Doch seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts im November zum Bundeshaushalt sieht in Berlin alles etwas anders aus. Der Bund muss sparen, wo es geht. Und bei Projekten, die nicht finanziert sind, hätte man einen Grund, die Zusage wieder zurückzuziehen. Für den Musik-Campus fehlen der Stadt knapp 36 von 85 Millionen Euro. Selbst schließen darf die Stadt die Lücke nicht. Das hat der Rat festgelegt. Woher das Geld kommen soll, ist weiter unklar. (rhe)
+++ Der Kulturgeograph Philipp Hövel hat in seiner Doktorarbeit untersucht, wie rechte Parteien Emotionen nutzen, um Politik zu machen. Ein Ergebnis ist: Sie entwerfen Feindbilder, zum Beispiel von bestimmten Bevölkerungsgruppen oder der Regierung und lenken Gefühle wie Angst und Wut auf diese Gruppen, schreibt Kathrin Kottke in der Unizeitung „wissen/leben“. Hövel hat 400 Reden und Interviews von führenden Personen aus Alternative für Deutschland (AfD), der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) und der Schweizerischen Volkspartei (SVP) untersucht und gemeinsame Muster identifiziert. Typisch für die Parteien ist demnach, Religion und Kultur als Kriterium für Zugehörigkeit zu machen und so eine nationale Gemeinschaft zu erfinden, die dem „Fremden“ gegenübersteht. Interessant: Das Eigene mit positiver Bedeutung aufzuladen, falle den Parteien schwer. (rhe)
+++ Freiberufliche Hebammen machen bis Sonntag in einer Aktionswoche auf ihre schwierigen Arbeitsbedingungen aufmerksam. Vor allem geht es um Geld. Ihre Vergütung sei seit sieben Jahren nicht angepasst worden, schreibt das Bündnis „Hebammenprotest“ bei Instagram. Viele Hebammen stiegen aufgrund von Existenznöten aus dem Beruf aus, heißt es. Sichtbar wird der Hebammenmangel in Münster zum Beispiel im Geburtshaus in Wolbeck, das von Frauen aus dem gesamten Münsterland besucht wird, wie die Westfälischen Nachrichten am vergangenen Sonntag, dem Welthebammentag, berichteten. Seit den Herbstferien bietet der Arbeiter-Samariter-Bund in schlecht versorgten Gebieten ein neues Angebot (RUMS-Brief). Das Hebammenmobil versorgt Frauen mobil zu Hause. (rhe)
Unsere Umfragen auf Social Media
Wir machen auf Social Media gerade verschiedene Umfragen zu Themen, die Münster betreffen. Falls Sie das sehen, machen Sie gerne mit. Die Ergebnisse werten wir aus und schreiben darüber in unseren Briefen. Wir wollen dabei nicht nur über die Perspektiven unserer Leser:innen etwas erfahren, sondern auch etwas über die von Nicht-Leser:innen, denen wir danach anbieten, RUMS auszuprobieren. Wenn Sie an unseren Umfragen teilnehmen möchten, tragen Sie Ihre E-Mail-Adresse am Ende der Umfragen ruhig ein. Für Sie ändert sich dadurch mit Blick auf Ihr RUMS-Abo nichts.
Am Freitag hat die Stadt mitgeteilt, dass es nun eine Zwischenlösung für das Jugendzentrum gibt, das bisher im Paul-Gerhadt-Haus untergekommen ist (RUMS-Brief). Wir hatten noch angefragt, wie der zeitliche Ablauf war, und darauf nun eine Antwort bekommen. Seit Mitte April hat es laut Kommunikationsamt intensive Gespräche zwischen den involvierten Ämtern der Stadt und der Trägerin Erlöserkirchengemeinde gegeben. Dabei habe sich abgezeichnet, dass die Bennostraße 7 nicht mehr für die PG-Angebote genutzt werden könne.
Kiebitzschutz: Irrflug einer Beschwerde
Der Naturschutzbund hat sich beschwert. Er findet, die Stadt müsste Kiebitze besser schützen. Was folgte, erinnert an Kafka. Nur warum? Ist der Kiebitz zu unwichtig? Oder steht er größeren Interessen im Weg?
Alles begann im April 2023. Da schickte der Naturschutzbund (Nabu) Münster eine Beschwerde an das Umweltministerium Nordrhein-Westfalen. Also, Sie sehen schon, eigentlich begann alles deutlich früher, aber irgendwo muss man ja anfangen.
Konkret besteht diese Beschwerde aus fünf Seiten Text, begleitet von acht weiteren Seiten Begründung und einigen Dokumenten, die die Informationsgrundlage bilden.
Und was steht da drin?
Die Kurzform ist: Der Nabu wirft der Stadt vor, dass sie gegen das Naturschutzgesetz verstößt; hier können Sie die Pressemitteilung lesen. Konkret geht es um den Kiebitzschutz in Münster. Die Population des Feldvogels schrumpft deutschlandweit seit Jahren, und zwar schnell. Laut Bundesamt für Naturschutz zwischen 1980 und 2016 um 93 Prozent. In Münster gab es 2003 noch 346 Brutpaare, 2023 waren es etwa 75.
Was steckt hinter dem Vorwurf?
Der Kiebitz ist eine streng geschützte Art. Und deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten dürfen laut Paragraph 44 im Naturschutzgesetz nur zerstört oder beschädigt werden, wenn sie sich dafür an einer anderen Stelle in der Nähe niederlassen. Diese Stellen heißen „Ausgleichsflächen“ und dienen dem Artenschutz. Bevor Flächen bebaut werden, muss eigentlich sichergestellt sein, dass die als neuer Lebensraum geplante Fläche auch von den Tieren angenommen wird.
Der Nabu sagt nun: In Münster hat das nicht überall funktioniert. Kiebitze seien wegen Bauvorhaben vertrieben worden. Die Stadt habe aber versäumt, zwischen den Jahren 2013 und 2021 für möglicherweise mehr als 40 Brutpaare, mindestens aber für 26, neue Lebensräume zu schaffen.
Der Verein stellt außerdem konkrete Forderungen an die Stadt. Sein Eindruck ist, dass die Interessen des Umweltamts weniger stark gewichtet werden als Interessen an Bau- und Gewerbegebieten. Der Nabu schreibt außerdem, dass die Stadt mehreren Bitten um ein Gespräch nicht nachgekommen sei.
Nach der Beschwerde im April vergingen ein paar Monate. Inzwischen ist es Dezember 2023. Detlef Lobmeyer rief im Umweltministerium an und fragte: Wie sieht es denn aus mit einer Antwort? Liege noch nicht vor, sagte man ihm.
Anfang Januar 2024 fragte er noch einmal. Zwei Wochen später kam eine Mail aus dem Umweltministerium. Das Ministerium zitiert darin die Bezirksregierung Münster (die höhere Naturschutzbehörde): „Nach Einschätzung der höheren Naturschutzbehörde ist der Stadt Münster kein Fehlverhalten nachzuweisen. Der Bericht verdeutlicht, dass die Stadt die rechtlichen Vorgaben zum Kiebitzschutz beachtet und im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten (u.a. Flächenverfügbarkeit) bestmöglich umsetzt.“
Moment. In den Jahren 2021 und 2022 hat sich der Nabu in zwei Anfragen an die Stadt Münster nach Ausgleichsflächen für Kiebitz-Brutpaare erkundigt. Aufgrund dieser Informationen kam der Nabu erst zu dem Schluss, dass mehrere Dutzend dieser Ausgleichsflächen fehlen. Warum kann das Umweltministerium nun, ohne auf die Beschwerde einzugehen, sagen, dass alles in Ordnung ist? Und was hat die Bezirksregierung damit zu tun?
Fragen, die Fragen aufwerfen
Die Bezirksregierung übernimmt als höhere Naturschutzbehörde unter anderem die Aufsicht über die unteren Naturschutzbehörden, in diesem Fall über das Umweltamt der Stadt Münster. Die Bezirksregierung hat also einen Fragenkatalog erstellt, den die Stadt Münster beantwortete (das ist der Bericht, der oben im Zitat genannt wird). Die Antwort der Stadt Münster und die darin enthaltenen Fragen der Bezirksregierung liegen uns vor.
Der Nabu kritisiert an der Antwort vor allem eines: Keine der Fragen aus dem Katalog geht auf die Beschwerde ein. Die Fragen beziehen sich zum Beispiel erst auf Planungen ab dem Jahr 2014, obwohl der Nabu in seiner Beschwerde ja über Pläne ab 2013 Bescheid wissen wollte. Die betreffen insbesondere die Loddenheide. Damals gab es dort viel mehr Brachflächen als heute, und es haben sich 40 Brutpaare angesiedelt. Viele Planverfahren, die der Nabu kritisiert, fallen ins Jahr 2013. Dazu musste sich die Stadt wegen der Fragestellung aber nicht äußern.
Auf der anderen Seite tauchen in den Antworten der Stadt Maßnahmen auf, die dem Nabu bisher nicht bekannt waren beziehungsweise erst nach 2021 eine Rolle gespielt haben, also ebenfalls nicht zu den Fällen gehören, über die sich der Nabu konkret beschwert.
Kurz zusammengefasst ist das Fazit des Nabu ungefähr: Die Stadt Münster hat brav die Fragen der Bezirksregierung beantwortet, die allerdings nicht auf die Beschwerdepunkte des Nabu eingehen.
Kurze Pause (geht gleich weiter)
Kommen Sie noch mit? Mir jedenfalls hat der Kopf geraucht, als ich versucht habe, das Ganze zu verstehen. Und ja, ich habe mehrere Anläufe gebraucht. Irgendwann dann habe ich zumindest so viel verstanden, dass die Argumentation des Nabu nachvollziehbar für mich war. Nur, klar: Damit habe ich bisher ja nur eine Seite angehört.
Ich habe also Anfragen an die Stadt Münster und die Bezirksregierung gestellt. Ich hätte dazu gerne Gespräche geführt und mir den Vorgang erklären lassen, weil die Sache ziemlich komplex ist. Der Sprecher der Bezirksregierung teilte mir mit, das sei nicht möglich. Die Kommunikationsstelle der Stadt ging gar nicht erst auf meine Bitte ein.
Das war Anfang Februar. Der Stadt habe ich neun Fragen geschickt, von denen ich nachträglich vier priorisiert habe. Auf sie habe ich am 16. Februar eine Rückmeldung erhalten. Die Stadt beantwortete einen Teil der vier Fragen. Wie sie zu den Forderungen des Nabu steht und warum sie nicht auf die Beschwerde eingeht, erfuhr ich nicht.
Münster und seine Flächen
Die Stadt schrieb mir allerdings etwas zum Thema Flächenverfügbarkeit. Aus dem Ministerium hieß es, dass die Stadt Münster „im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten (u.a. Flächenverfügbarkeit)“ die Vorgaben zum Kiebitzschutz „bestmöglich umsetzt“. Wenn man so will, kann man „Münster“ und „Flächenverfügbarkeit“ als Gegensätze bezeichnen, und die Kiebitze haben ziemlich schlechte Karten.
Ich verstehe das Naturschutzgesetz allerdings so: Die Flächen müssen gefunden werden, bevor man baut.
Die Pressestelle schreibt dazu, dass es gerade sehr schwierig und langwierig sei, Flächen zu erwerben. Eigentümer wollten in den meisten Fällen nicht verkaufen, sondern allenfalls tauschen. Außerdem würden sehr hohe Preise verlangt. Deswegen schaue man insbesondere, wie sich die Flächen der Stadt eignen.
Solange es die nicht gibt und solange man auch keine anderen Flächen kaufen kann, können Kiebitzhabitate nicht überplant werden, heißt es. So passiert es zum Beispiel bei den Planungen für das Baugebiet Kötterstraße.
Der Bezirksregierung habe ich Fragen zu dem Fragenkatalog gestellt. Also etwa, wie dieser zustande kam und warum er erst nach Maßnahmen ab 2014 fragt. Die Behörde kündigte an, sich zeitnah zurückzumelden.
Knapp fünf Wochen und eine weitere Nachfrage später schrieb ich eine E-Mail. Einen Tag später kam eine Antwort: Es gelte der Stand aus dem Umweltministerium, der mir am 9. Februar mitgeteilt wurde. Der lautete: Bevor das alles nicht geklärt sei, könne man keine Infos herausgeben.
Dem Umweltministerium hatte ich geschrieben, weil ich mir unter anderem erklären lassen wollte, wie es auf der Informationsgrundlage zu dem Schluss kommt, dass die Stadt Münster sich ausreichend um den Kiebitzschutz kümmert. Ich hatte auch noch eine Frage zum Fragenkatalog.
Die Antwort kam ein paar Tage später: Man wolle die Kritikpunkte zusammen mit Bezirksregierung und Nabu jetzt besprechen. Bevor das alles nicht geklärt ist, könne man leider nichts sagen.
Tut sich was?
Nachdem ich die drei Rückmeldungen der Behörden erhalten habe, habe ich beim Nabu nachgefragt. Von einem Gesprächsangebot hat man dort nichts gehört.
Das war Mitte März. Anfang der Woche meldete ich mich noch einmal bei der Stadt und dem Umweltministerium. Die Stadt schreibt, sie plane im Juni ein Gespräch mit dem Nabu und der Naturschutzstation. Das Ministerium teilt mir mit, das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) überprüfe den Sachverhalt gerade fachlich-ornithologisch.
Ist dann ja nochmal gut gegangen?
Ich kann nicht beurteilen, ob die Stadt genug oder wenig oder alles in ihren Kräften stehende tut, um Kiebitze zu schützen. Bei mir hinterlässt der bisherige Umgang mit dieser Beschwerde allerdings Zweifel.
Das Umweltministerium hat neun Monate nach Eingang einer Beschwerde und erst auf mehrfache Nachfrage hin diese zunächst mit einem Satz für erledigt erklärt, ohne auf ihre Inhalte einzugehen. Auch wir haben nur sehr eingeschränkt Antworten auf unsere Fragen erhalten. Will jemand etwas unter den Tisch kehren? Halten Behörden das Thema einfach für unwichtig? Ist für die Stadt gerade was anderes dringender, zum Beispiel der Wohnungsbau?
Zum Rückgang der Kiebitzpopulation schreibt die Stadt, das sei eine bundesweite Tendenz. Also, Münster kann gar nicht viel machen? Nur: Warum gibt es denn immer weniger Kiebitze? Könnte das Schrumpfen der Kiebitz-Population nicht auch damit zusammenhängen, dass Habitate überplant und zu wenige Ausgleichsflächen geschaffen werden?
Die Stadt hat die schwierige Aufgabe, ihre sehr knappen Flächen möglichst so zu verwalten, dass es für alle gut ist. Da braucht es Kompromisse, keine Frage (RUMS-Brief). Die wiederum haben mit gesetzlichen Vorgaben und politischen Entscheidungen zu tun. Und die wiederum mit Prioritäten.
Ein paar Dinge, die in Sachen Kiebitzschutz passieren
Und damit ich Sie nicht ratlos mit meinen Gedanken zurücklasse, hier noch ein paar Informationen rund um den Kiebitzschutz, die ich von der Stadt Münster erhalten habe.
- Seit 2014 gibt es das Kiebitzschutz-Projekt der Nabu-Naturschutzstation, das unter anderem jedes Jahr die Kiebitze zählt.
- Seit 2022 fördert die Stadt das Projekt „Natur de Buur Münster“. Ein Baustein davon ist der sogenannte Kiebitzmagnet.
- Einmal im Jahr gibt es den runden Tisch zum Artenschutz mit verschiedenen Akteur:innen.
- Feldvogelinseln werden sowohl mit Mitteln aus einem Landesprogramm finanziert als auch mit städtischen Mitteln.
- Das Umweltamt erarbeitet gerade Regeln für strengere ökologische Auflagen, was die landwirtschaftlichen Pachtflächen der Stadt angeht. Wenn die nach weiteren Absprachen so umgesetzt werden wie gerade geplant, gehe man davon aus, dass Feldvogelarten davon profitieren.
- Die Stadt versucht, weitere Flächen für den Kiebitzschutz zu kaufen.
- Zu guter Letzt: Es gibt Flächen, auf denen die Stadt positive Entwicklungen festgestellt hat. In der Vennheide haben 2023 vier Brutpaare gebrütet, 2021 waren es nur zwei. Auf der Fläche östlich des Rieselfeldhofes hat 2023 erstmals erfolgreich ein Kiebitz gebrütet. (sst)
Der Nabu hat vor ein paar Wochen das Kinderheft “Kiebitze suchen ein Zuhause” veröffentlicht. Es ist für Leser:innen ab dem Vorschulalter gedacht. Hier stehen noch mehr Infos zum Büchlein und Adressen, an denen Sie es abholen können.
Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
+++ Die Stadtverwaltung schlägt vor, dass Münster dem Bündnis „Kommunen für biologische Vielfalt“ beitritt, um sich mit anderen Kommunen besser über den Schutz der biologischen Vielfalt austauschen zu können. Der Vorteil wäre: Münster bekäme Zugang zu Fachwissen. Der Nachteil: Die Mitgliedschaft kostet 1.960 Euro im Jahr. Der Rat entscheidet darüber im Juni. Angeregt hatten das Volt, SPD und Grüne vor knapp drei Jahren. In ihrem Antrag stehen neben dem Bündnisbeitritt viele konkrete Forderungen für Münsters Grünflächen. An einem Konzept arbeitet die Verwaltung laut Sprecher gerade. (rhe/sst)
+++ Es geht in diesem Jahr weiter mit den extrem hohen Temperaturen, vor allem in Europa, berichtet die Nachrichtenagentur dpa. Der April hat wieder einen nicht ganz so erfreulichen Rekord aufgestellt. Es war der elfte Monat in Folge, der wärmer war als alle Vormonate seit Jahresbeginn – und der erste April überhaupt mit einer Durchschnittstemperatur von über 15 Grad. Das belegen laut dpa Daten des EU-Klimadienstes Copernicus. Prognose: Es war nicht der letzte Rekord. (rhe)
+++ Der kenianische Klimaexperte Mohamed Adow kritisiert in einem Interview mit dem „Spiegel“, dass die Länder des Globalen Nordens sehr viel weniger zahlen als notwendig wäre, um in Ländern wie Kenia Klimaschutz und Klimaanpassung zu ermöglichen. Ohne internationale Hilfe werde Afrika diese Anpassung aber nicht gelingen. Aktuell haben sich in Kenia und Tansania nach schweren Regenfällen kleine Bäche in gefährliche Ströme verwandelt. Über 200 Menschen sind schon gestorben. Adow sagt, so etwas sei in Afrika die neue Realität. (rhe)
+++ In unserer unfreiwilligen Tradition, speziell in Texten über Preußen Münster Fehler unterzubringen, haben wir am Dienstag wieder zuverlässig geliefert. Wir schrieben, dass Münster schon am Sonntag aufsteigt, wenn „Köln nicht gegen Regensburg nicht verliert”. Und ja, genau, da stimmt was nicht. Richtig ist: Regensburg darf am Sonntag nicht gewinnen, dann steigen die Preußen auf, wenn sie in Verl gewinnen. Außerdem schrieben wir, die letzte Chance wäre sonst am Sonntag drauf. Richtig ist: Das wäre die letzte Chance zum direkten Aufstieg. Andernfalls bliebe mit großer Wahrscheinlichkeit noch die Relegation als wirklich allerletzte Chance – wenn man die nächste Saison jetzt mal rausnimmt. (rhe)
+++ In unserem Text „Zähfließender Aktenverkehr“ haben wir Marvin Seidemann am Dienstag den Grünen zugeordnet. Tatsächlich sitzt er für die SPD in der Bezirksvertretung Mitte. Wir haben das korrigiert. (rhe)
+++ Sieben Parteien aus Münster wollen morgen auf der Stubengasse gemeinsam gegen Gewalt demonstrieren und so ein Zeichen für einen fairen und gewaltlosen demokratischen Wettbewerb setzen. (Antenne Münster)
+++ Ein Mann soll am Kanal mit einer Wildkamera im Wald pinkelnde heimlich Menschen gefilmt haben. (Westfälische Nachrichten)
+++ Preußen Münster muss weitere 6.300 Euro Strafe zahlen, weil sogenannte Fans beim Spiel gegen Ulm Feuerwerkskörper gezündet haben. (Preußen Münster)
+++ Der Umbau des mittleren und südlichen Teils des Bremer Platzes ist fast fertig. (Stadt Münster)
+++ Bei einem Zimmerbrand im Landgasthof „Pleister Mühle“ am Freitagmorgen ist eine Person verletzt worden. (Westfälische Nachrichten)
+++ Der Frauennotruf berichtet von einer steigenden Zahl an Fällen sexueller Belästigung und immer jüngeren Tätern. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Polizei warnt davor, Falschinformationen in sozialen Netzwerken zu verbreiten, die angebliche Straftäter zeigen sollen. (Polizei Münster)
+++ Ein Forscherteam der Universität Münster bekommt 2,6 Millionen Euro vom Bundesforschungsministerium, um die Grundbausteine des Universums zu erforschen. (Uni Münster)
+++ Wer möglichst naturnah in einem „Tiny House“ leben möchte, wird in Münster nichts finden und muss zum Beispiel nach Coesfeld, Ahaus oder Nordkirchen umziehen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Der Kleingartenverein Langemarck hat seinen Namen abgelegt, weil er an einen Mythos aus dem Ersten Weltkrieg erinnert, der einen erfolglosen Angriff der Deutschen als heldenhaften Erfolg darstellte. (Westfälische Nachrichten)
Passend zum frühsommerlichen Wetter hat an der Kreuzung Hansaring/Albersloher Weg vor drei Wochen ein neues Café eröffnet. Im Pampelune gibt es nicht nur eine große Auswahl an Eissorten, sondern auch selbstgemachte Smoothies, Kaffee und Kuchen. Die können Sie entweder vor Ort im farbenfrohen Ambiente mit Blick auf das Treiben an der Kreuzung genießen oder Sie nehmen die Leckereien einfach mit, zum Beispiel an den Hafen. Ich habe den Açaí-Berry-Smoothie getestet und fand ihn sehr fruchtig und lecker. Geöffnet hat das Café Pampelune mittwochs, samstags und sonntags von 12 bis 19 Uhr und an den anderen Tagen von 11 bis 18 Uhr. (kan)
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute hat Katja Angenent für Sie in den Kalender geschaut. Das sind ihre Empfehlungen:
+++ Das „Luft&Laune New Art Festival für Musik und Kunst“ findet in seiner dritten Auflage heute und morgen Abend am Hawerkamp statt. Karten gibt es entweder für einen Einzeltermin oder für beide zusammen. Bei diesem Festival hat das Publikum die Wahl: Im Programm ist von Italo-Disco über Feuershows, Singer-Songwriter-Auftritten, Karaoke und Improtheater für fast jeden Geschmack etwas dabei. Außerdem laden Kreativ-Workshops zum Mitmachen ein. Einblicke gibt es bei Instagram.
+++ „Poesie und Alltag“ lautet das Motto des Lyriktreffens Münster, das in diesem Jahr vom 10. bis zum 13. Mai stattfindet. Lesungen, Workshops und Gespräche ermöglichen Begegnungen zwischen Publikum und Dichtenden. Eines der Themen: Übersetzung. Karten erhalten Sie über das Theater Münster, einen Blick ins Programmheft gibt es hier.
+++ Wenn Sie am Sonntag das Freilichtmuseum Mühlenhof besuchen, treffen Sie dort auf über 40 Ausstellende, die Kunsthandwerk und Kreatives präsentieren. Außerdem haben Sie die Gelegenheit, um 15 Uhr eine Lesung auf Plattdeutsch mit der Schauspielerin Elisabeth Georges und Jugendlichen der Niederdeutschen Bühne zu erleben. Der Kreativmarkt und die Lesung sind im Eintrittspreis für den Mühlenhof enthalten.
+++ „Zauberei & Bier“ heißt eine Veranstaltung, die am Montagabend im Kneipencafé „Im Viertel“ am Hansaring stattfindet. Zauberkünstler Toby hat sich das Ganze ausgedacht, sein Kumpel Nico ist auch dabei. Laut Ankündigung gibt es ab 20 Uhr „sehr viel Blödsinn und geile Zauberei“. Ich wette, Bier wird ebenfalls ausgeschenkt. Karten bekommen Sie hier.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen bis dahin eine gute Zeit.
Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier
Mitarbeit: Katja Angenent (kan), Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Susanne Bauer
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PS
Borkenkäfer können schnell mal ein ganzes Waldstück kaputt machen. Für private Besitzer:innen bedeutet das großen wirtschaftlichen Verlust. Die sind wohl gut beraten, wenn sie erfinderisch werden. So wie Timo und Lisa Gelzhäuser. Sie besitzen einen Fichtenwald, der jedoch fast komplett befallen ist (hier sehen Sie Vorher-Nachher-Fotos). Die Geschwister haben schon vor ein paar Jahren angefangen, Holzhütten und Tiny Houses aus vom Borkenkäfer befallenem Holz zu bauen. Vor ein paar Wochen haben sie das erste Einfamilienhaus aus Borkenkäferholz aufgestellt, der WDR (etwa ab Minute 5) hat sie dabei begleitet. Das hat übrigens nur ein paar Tage gedauert. Ganz kleine gute Nachricht zum Schluss: Forscher:innen haben gerade die Vermutung geäußert, dass vom Borkenkäfer befallene Waldstücke einen guten Lebensraum für den gefährdeten Wiedehopf, einen Zugvogel, bieten. (sst)
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