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Münsters Klimaziele: Ambitionen oder Imagepflege? | Münsters Theater-Intendantin im Interview | Fahrradfreundliches Klima: Mittelmaß reicht zum Sieg
Guten Tag,
gestern Morgen um halb elf im Stadtweinhaus, zweiter Stock, Kristiansand-Zimmer. Auf dem Tisch ein halb voller Aktenordner, drei Tablets und ein Buch über das Informationsfreiheitsgesetz. Um den Tisch herum fünf Personen.
An der Fensterseite: Michaela Heuer, die Justiziarin und Datenschutz-Beauftragte der Stadt. Daneben Thomas Möller, Chef der städtischen Stabsstelle Klima. Gegenüber der Anwalt und Klima-Aktivist Mathis Bönte, dann Christian Ladleif, früher Schulleiter, später Dezernent bei der Bezirksregierung, also Verwaltungsfachmann, heute Coach, ebenfalls Klima-Aktivist. Und ich.
In der Einladung hatte Thomas Möller geschrieben, Ladleif könne zwei Personen mitbringen. Dagegen sei nichts einzuwenden.
Ladleif hatte Mathis Bönte gefragt, denn der weiß, wie man Behörden dazu bewegt, Unterlagen herauszugeben, die sie herausgeben müssen. Und er hatte mich gefragt, denn ich hatte mich im RUMS-Brief mehrfach mit einem mysteriösen Fall beschäftigt. Um den sollte es heute gehen.
Vor knapp drei Jahren hatte der Rat der Stadt dem Oberbürgermeister die Aufgabe gegeben, eine Übersicht aller Maßnahmen zu liefern, die Münster bis 2030 klimaneutral machen sollen. Dieses Ziel hat die Stadt vor vier Jahren beschlossen. Unklar ist, wie sie es erreichen will.
Unklar ist auch, wie es dazu kommen konnte, dass aus dem Auftrag, einen „verbindlichen Maßnahmenplan“ zu erstellen, der im Antrag stand, eine Klimakonzeptstudie werden konnte, in der eines leider fehlt: ein verbindlicher Maßnahmenplan.
Wir, die INITIATIVE STARKE INNENSTADT MÜNSTER, sind verantwortliche Partner aus den Bereichen Handel, Gastronomie und Immobilien, um Münster erfolgreich durch die anstehenden innerstädtischen Veränderungsdynamiken zu führen. Ergreifen auch Sie die Initiative und werden Mitglied oder Fördermitglied für eine starke Innenstadt.
Als wir die Stadt im vergangenen Sommer nach diesem Plan fragten, hieß es, so eine Übersicht könne man „nicht mit verhältnismäßigem Aufwand“ liefern. Als die Westfälischen Nachrichten im Februar zur Sicherheit auch noch mal fragten, schickte die Stadt eine wunderschöne Satzgirlande:
„Die Erreichung des Ziels der Klimaneutralität und der damit verbundene Klimaschutzprozess kann nicht singulär gesehen werden, sondern ist integraler Bestandteil der zahlreichen gesamtstädtischen, zukunftsgerichteten Strategie- und Entwicklungs- und Umsetzungsprozesse.“
Übersetzen könnte man das mit: So genau wissen wir das gar nicht. Aber wir machen ja alles Mögliche, und irgendwie wird’s am Ende schon klappen.
Was die Stadt meinte, erklärte Thomas Möller gestern Morgen im Kristiansand-Zimmer so: Man könne natürlich Velorouten planen, sagte er. Aber wenn diese Routen dann fertig seien, wisse man noch immer nicht, wie viel CO2 durch sie eingespart werde. Im schlechtesten Fall könne es ja sogar so sein, dass die Menschen trotz fertiger Veloroute aus irgendeinem Grund noch mehr Auto fahren.
Das könnte man so zusammenfassen: Es ist kompliziert.
Protokolle, Notizen, E-Mails
Aber kann man auf so einer Grundlage überhaupt ein Ziel formulieren? Oder ist die Erreichung des Ziels Klimaneutralität, wenn man den damit verbundenen Prozess auch nicht singulär betrachten kann, vielleicht doch eher städtische Imagepflege als Klimapolitik?
Was hat der Oberbürgermeister gemacht, um den Ratsbeschluss von vor knapp drei Jahren umzusetzen? Was hat er seinen Dezernaten dazu geschrieben? Was ist in internen Runden besprochen worden? Wie sah der Auftrag an das Unternehmen Gertec aus, das die Klima-Konzept-Studie erstellt hat?
Und was hat Lewe den Parteien gesagt? Hat er sie darüber informiert, dass er weder den Maßnahmenplan noch den ebenfalls geforderten jährlichen Bericht liefern werde? Oder hat er einfach nicht geliefert?
Christian Ladleif möchte das wissen. Er hat Akteneinsicht beantragt. Wir haben die Anfrage im Februar um ein paar Punkte ergänzt. Nach so einer Anfrage haben Behörden vier Wochen lang Zeit. Eine erste Antwort haben wir schon bekommen. Und eigentlich hätte die Stadt längst liefern müssen. Aber Protokolle, Notizen und E-Mails, so etwas geben Behörden nicht gerne heraus. Manchmal braucht es mehrere Anläufe.
Michaela Heuer notierte am Ende des Gesprächs in ihrem Block, was sie jetzt alles zusammensuchen müssen. Protokolle, Notizen, E-Mails. Vier Wochen, dann hätten wir die Dokumente, sagte sie. Vier Wochen, das wäre dann am 22. Mai. (rhe)
+++ Falls Sie den Jubel nach dem vorzeitigen Preußen-Aufstieg in die 3. Liga verpasst haben: Hier ist ein Video vom Abpfiff. Einige Zeit später befreite Trainer Sascha Hildmann sich dann aus der feiernden Menge, um sein T-Shirt und ein paar Worte mit dem Fan-Magazin „100ProzentMeinSCP“ zu wechseln – rührselige Fotos gibt’s da übrigens auch. Und die Westfälischen Nachrichten haben aufgeschrieben, was sich in der 3. Liga nun ändern wird. Wir freuen uns mit und wünschen Ihnen schon einmal gut gefüllte Lunchpakete für die Reisen zu den Auswärtsspielen, die ab August wieder in ganz Deutschland stattfinden werden. (sst)
+++ Münsters CDU hat sich solidarisch mit Menschen erklärt, die im Straßenverkehr bedrängt und genötigt werden, weil andere sich mutwillig über geltendes Recht hinwegsetzen. CDU-Fraktionschef Stefan Weber kritisierte, dass rechtswidrig auf Gehwegen abgestellte Autos zu Fuß gehende Men…Moment, nein, falsche Zeile. CDU-Fraktionschef Stefan Weber forderte die Grünen auf, sich von Aktivistengruppen wie der „Letzten Generation“ zu distanzieren, wie auch vom grünen Bezirksbürgermeister Stephan Nonhoff, der bei einer Straßenblockade anwesend war und die Ziele der Gruppe nach eigenen Angaben unterstützt. Weber schreibt, vielen Straßenblockierern gehe es „nicht um Klimaschutz, sondern um einen politischen Systemwechsel und die Beseitigung von Demokratie, persönlicher Freiheit und sozialer Marktwirtschaft”. Und mit diesem Framing hat das Nachrichtenmagazin „Der Spiegel“ sich heute in einer Analyse beschäftigt. Kernaussage: Die öffentliche Kritik an der „Letzten Generation“ nimmt zunehmend radikale Züge an, während die Bewegung selbst friedlich bleibt. Diese Art der Kritik scheine eine Art von strategischer Kommunikation zu sein. Ihr Ziel sei es, die Gruppe als demokratiefeindlich darzustellen. Kleiner Haken nur: Eine Grundlage für diese Vorwürfe gebe es nicht. (rhe)
+++ Etwa 7.000 Beschäftigte der Stadt Münster bekommen laut Pressemitteilung wegen der Tarifeinigung im öffentlichen Dienst bald mehr Gehalt. Los geht es im Juni mit Einmalzahlungen von insgesamt 3.000 Euro, es folgt eine Bruttoerhöhung des Gehalts um 200 Euro und dann eine Erhöhung um 5,5 Prozent. Die ist in Teilen auch von der aktuellen Gehaltshöhe abhängig. Die Gewerkschaft Verdi schreibt, dass die meisten Beschäftigten so eine Gehaltserhöhung von über 11 Prozent erhalten. Münsters Personaldezernent Wolfgang Heuer hält das für eine gute Idee, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, Kämmerin Christine Zeller nennt die Folgen für den städtischen Haushalt gemäß ihrer Rolle „herausfordernd“. Gut 21 Millionen Euro mehr gehen nun ans Personal. Knapp 15 Millionen wurden allerdings schon für den Haushalt 2023 eingeplant. (sst)
+++ Das Jugendamt der Stadt Münster hat die Ergebnisse der Elternbefragung 2022 vorgestellt; sie zeigen deutlich, wie ernst es um die Kinderbetreuung in Münster steht. Gut ein Drittel (4.285) aller angeschriebenen Familien mit einem Kind unter sechs Jahren hat an der Befragung teilgenommen. Zunächst berichten sie von der aktuellen Betreuungssituation: 30 Prozent aller Kinder würden demnach zu Hause betreut und mehr als 60 Prozent in Kindertageseinrichtungen. Der Bedarf ist aber eigentlich höher: Laut dem Bericht benötigten 60 Prozent der Familien andere Betreuungszeiten. Vier von fünf Familien mit unter Dreijährigen wünschen sich ein größeres Angebot. Ein Drittel der Befragten benötige zum Beispiel längere Betreuungszeiten von 6:30 bis 18:30 Uhr. In erster Linie wünschten sich die Befragten mehr Flexibilität. Die wird aktuell unter anderem durch Schließzeiten und den festen Start am 1. August verhindert. Die Familien forderten außerdem mehr Kitaplätze, deren gerechte Vergabe, die Abschaffung der Kostenbeteiligung, einen angemessenen Personalschlüssel und eine bessere Bezahlung der Fachkräfte. Denn die angespannte Betreuungssituation habe sich bei den Befragten bereits auf den Job ausgewirkt: Sie haben etwa auf Weiterbildungen und mehr Stunden verzichtet oder sogar auf eine Rückkehr in den Job – manche hätten ihn auch verloren. Das Jugendamt will nun Lösungen und Handlungsstrategien entwickeln. Den kompletten, 132-seitigen Bericht lesen Sie hier. (ast)
+++ Kommen wir zum Schluss noch einmal kurz auf die Coronapandemie zu sprechen: Die Ständige Impfkommission hat heute neue Empfehlungen veröffentlicht. Die gute Nachricht: Wenn Sie gesund und dreimal geimpft sind, sind Sie nach Einschätzung der Expert:innen auf der sicheren Seite beim Immunschutz. Menschen mit Vorerkrankungen oder über 60 Jahre sollten sich allerdings alle zwölf Monate einmal gegen Covid-19 impfen lassen. Die detaillierten Impfempfehlungen können Sie hier nachlesen. (sfo)
Einladung
Wie entstehen journalistische Texte? Wie sieht der Arbeitsalltag von Journalist:innen aus? Und wie erkennt man unseriöse Informationsquellen? Über diese und weitere Themen sprechen wir am Girls’ Day am kommenden Donnerstag, 27. April. Außerdem machen wir ein Quiz zur Medienkompetenz und werden draußen unterwegs sein, um Fotos mit dem Smartphone zu machen. Wenn Sie Schüler:innen kennen, die sich für den Beruf als Journalist:innen interessieren, leiten Sie unser Angebot doch gerne weiter, es sind noch ein paar Plätze frei. Anmelden können sie sich unter kontakt@rums.ms. Wir freuen uns!
„Theaterarbeit hat auch eine politische Dimension“
Vor einigen Wochen haben wir angekündigt, uns in mehreren Beiträgen intensiv mit dem Theater zu beschäftigen. Im März hat Constanze Busch einen Anfang gemacht und eine Studie ausgewertet, die sich mit dem Theater beschäftigt. Jetzt hat sie mit der neuen Intendantin Katharina Kost-Tolmein in einem Interview darüber gesprochen, wie sie das Theater verändern möchte, wie sie die Schwelle für Menschen senken möchte, die vorher nicht ins Theater gegangen sind, und warum sie die Zusammenarbeit mit dem Stadtensemble nicht fortführen möchte. Hier geht es zum Interview.
Hier finden Sie alle unsere Cartoons. Sollte Ihnen ein Cartoon besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Fahrradklima-Test: Spitzenplatz trotz Mittelmaß
Die Stadt Münster meldete am Montagnachmittag in einer überschwänglichen Pressemitteilung: „ADFC-Fahrradklima-Test: Münster belegt Spitzenplatz.“ Das klingt ganz fantastisch. Und es kommt noch besser: Münster hat Karlsruhe wieder überholt. Dort hatte man den Titel vor vier Jahren sagen wir ausgeliehen. Wenn man die Pressemitteilungen der Stadt verfolgte, merkte man das aber kaum.
Schon im Oktober 1998 schrieb die Stadt über einen Pressetext: „Münster ist am fahrradfreundlichsten.“ 2004 dann: „Münster baut Spitzenposition als fahrradfreundlichste Stadt aus.“ Und so ging es immer weiter. 2005 hieß es: „Fahrradklimatest 2005: Münster verteidigt Platz eins.“ Dann hörte man einige Jahre lang nichts, aber im Jahr 2013 stieg die Stadt wieder ein, diesmal mit der Meldung: „Münster wieder auf Platz 1.“ 2015 stand über dem Pressetext: „Münsters Fahrradklima bleibt spitze.“ 2017: „In Münster ist das Fahrradklima am besten.“ Leichter Rückschlag dann eben zwei Jahre später: „Fahrradklima-Test: Münster auf Platz zwei.“ Aber: „Platzierung ist Ansporn und Auftrag für die Zukunft.“ Das stand in der Unterzeile. Im Jahr 2021 sah man schon wieder das Gute: „Fahrradklima-Test: Münster wieder auf dem Siegertreppchen.“ Und nun eben: Münster belegt Spitzenplatz.
Was man in all den Jahren aus den Pressemitteilungen der Stadt nicht erfuhr: Münster wurde immer schlechter, zumindest laut der Bewertung.
Münster steht neben dem Treppchen
Im Jahr 2002 lag die Gesamtnote noch bei 1,9. Zwei Jahre später war sie auf 2,1 gefallen, im Jahr 2012 auf 2,6. Danach verbesserte sie sich wieder leicht auf 2,5, stürzte dann aber in der nächsten Rangliste auf 3,1 ab. Der Tiefpunkt war damit noch nicht erreicht. Im Jahr 2018, als der Titel zum ersten Mal aus Versehen nach Karlsruhe ging, stand unter dem Strich die Gesamtnote 3,3. Seitdem geht es wieder ganz leicht bergauf. Im Jahr 2020 schaffte Münster eine 3,2, im vergangenen Jahr eine 3,0. Und das bedeutet übersetzt einfach: befriedigend.
Man könnte also auch zu einem anderen Ergebnis kommen als zu dem, das der Oberbürgermeister in der Pressemitteilung quasi zum Warmwerden formuliert hat, und das der Erfahrung nach als Satzbaustein in zahllose noch folgende Reden Eingang finden wird. Das Statement beginnt mit dem Satz: „Münster ist die fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands!“
Zuallererst ist das schon dem Ergebnis nach falsch, denn Münster steht lediglich in einer von sechs Größenklassen an der Spitze, aber allein im Feld der kleinsten Städte ist sogar Rutesheim als Drittplatzierte mit einer Gesamtnote von 2,5 noch besser als Münster. Und sogar, wenn man nur die sechs Städte auf Platz eins vergleicht, schafft Münster es nicht einmal aufs Treppchen, sondern steht knapp daneben, nämlich auf Platz vier.
Bezeichnend ist, dass Bremen mit der Gesamtnote „ausreichend“ (3,6) den Titel „fahrradfreundlichste Großstadt Deutschlands“ trägt. Und das führt zum eigentlichen Ergebnis des Fahrradklima-Tests. Es lautet: In ganz Deutschland gibt es keine einzige Stadt, in der mehr als 20.000 Menschen leben, von der sich sagen lässt, sie biete gute Bedingungen fürs Fahrrad.
Aber auch dieses Ergebnis muss man anzweifeln, wenn man sich die Frage stellt: Wie hat man denn eigentlich herausgefunden, welche deutsche Stadt am fahrradfreundlichsten ist?
Man hat Menschen befragt – Menschen, die möglicherweise gelegentlich mit dem Fahrrad unterwegs sind, aber das ist nicht mal zwingend eine Voraussetzung; es genügt das Vermögen, lesen und ein paar Fragen beantworten zu können.
Leider eine schlechte Überschrift (sic!)
Zudem sind diese Menschen nicht einmal ausgewählt worden, damit man das Ergebnis in irgendeiner Weise repräsentativ nennen könnte. Nein, das Kommunikationsamt hat sogar dazu aufgerufen, an der Umfrage teilzunehmen. Möglicherweise hat also einfach die Stadt gewonnen, der es am besten gelungen ist, eine große Zahl an wohlmeinenden Menschen zum Mitmachen zu bewegen.
Wenn man also tatsächlich eine Aussage aus dem Ergebnis ableiten wollte, dann müsste sie lauten: In einer nicht-repräsentativen Umfrage zum Fahrradklima hat Münster in seiner Größenklasse mit einem durchschnittlichen Ergebnis gewonnen.
Leider ist das eine schlechte Überschrift. Und damit nähern wir uns langsam dem Kern, denn warum macht man so etwas überhaupt – eine Umfrage zum Fahrradklima in deutschen Städten?
Der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club, kurz ADFC, möchte das Thema ins Bewusstsein heben, er möchte für die Bedürfnisse von Menschen sensibilisieren, die mit dem Fahrrad unterwegs sind. Er möchte darauf aufmerksam machen, was sich verbessern lässt. Kurz: Er möchte den Radverkehr fördern.
Um diese Ziele zu erreichen, braucht es zuerst einmal Aufmerksamkeit, möglichst nicht nur in den überregionalen Abendnachrichten, sondern auch im Lokalen. Und wenn der Name einer Stadt in irgendeinem Ranking, einem Gutachten oder einer Untersuchung auftaucht, dann ist das mindestens schon mal eine Meldung.
Steht eine Stadt in einer Rangliste ganz vorne oder ganz hinten, dann eignet sich das wunderbar als Schlagzeile. Und je prägnanter die Schlagzeile klingt, desto größer oder weiter vorne kann die Meldung in der jeweiligen Publikation dazu stehen.
Wie ein Ergebnis zustande gekommen ist, und ob die daraus abgeleiteten Aussagen so überhaupt stimmen, das ist dann meistens eher nachrangig.
Wenn das Ranking in den Medien angekommen ist, können mehrere Beteiligte ein Häkchen an dieses Etappenziel machen. Die Organisation hat die Aufmerksamkeit, die Medien passable Abrufzahlen. Und die Stadt, die gewonnen hat, hat einen Wimpel bekommen, mit dem sie winken kann, wenn Kritik von der einen oder anderen Seite kommt. Schließlich ist man ja, zumindest der eigenen Behauptung nach, Fahrradhauptstadt.
Fast alle Bewertungen über dem Schnitt
So funktioniert der Mechanismus, der Umfragen und Rankings an die mediale Oberfläche spült. Aber das soll natürlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass es erst einmal gut ist, wenn man Menschen dazu befragt, wie sie etwas bewerten und wie man es verbessern könnte, also wenn man über ein Thema überhaupt spricht.
Daraus kann man ja lernen. In Münster ist eine der großen Fragen, wie es gelingen kann, etwas gegen die auf Gehwegen parkenden Autos zu unternehmen. Das ist einer der am schlechtesten bewerteten Punkte. Bislang drückt das Ordnungsamt hier dem Eindruck nach mindestens anderthalb Augen zu, weil man sich anscheinend sagt: Die Autos sind da, irgendwo müssen sie dann ja auch stehen.
Hinzukommt ein Personalproblem. Die Stadt schreibt, 24 Menschen hätten im vergangenen Jahr 99.071 Verwarnungen ausgestellt. Im Moment suche man Personal, aber das stehe dann auch erst nach einem halben Jahr zur Verfügung, wenn es eingearbeitet sei.
Vergleicht man Münster mit anderen Städten, sind die Menschen hier lediglich in einem Punkt überdurchschnittlich unzufrieden – nämlich damit, dass ständig Fahrräder geklaut werden. Alle übrigen Bewertungen für Münster liegen im Vergleich zu anderen Städten über dem Schnitt.
Fragt man die Stadt, was sie gut macht, nennt sie die Fahrradstraßen, die Velorouten, die neue Kanalpromenade, das verbesserte, benutzerfreundliche Fahrradwegesystem alias Fahrradnetz 2.0 oder die neun neuen Ampel-Optimierungshelfer, die im Sommer kommen sollen, und die in Münster „Leezenflow“ heißen müssen, um bloß nicht in Verdacht zu geraten, einfach nur Grüne-Welle-Assistenten zu sein.
Wichtig, der Maßstab
Vieles ist überdurchschnittlich. Allerdings möchte Münster auch nicht durchschnittlich sein, wenn es ums Fahrrad geht. Und weil das so ist, muss man auf die Dinge schauen, die in der Rangliste weiter unten stehen.
Mit am schlechtesten bewerten die Menschen die Verfügbarkeit von öffentlichen Fahrrädern oder Leihrädern. Soll Münster selbst so ein Leihsystem anbieten? Diese Frage stellt sich seit Jahren immer wieder. Zuletzt empfahl ein Gutachter der Stadt im Verkehrsausschuss so ein Leihsystem. Richtig groß war die Begeisterung allerdings nicht. Dass es kommt, gilt als unwahrscheinlich.
Ebenfalls weiter unten in der Liste steht der Punkt Abstellplätze. Im August vor zwei Jahren pumpte die Koalition das von der Stadt vorgeschlagene 1.000-Stellplätze-Programm zu einem 3.000-Stellplätze-Programm auf. So viele neue Fahrrad-Parkflächen wollte man Jahr für Jahr einrichten. Jetzt, anderthalb Jahre später, müsste man in Münster demnach ungefähr 4.500 neue Fahrradbügel finden. Tatsächlich waren es laut Stadt Ende März 914 (RUMS-Brief).
In ihrer Pressemitteilung führt die Stadt auch das als Erfolg auf. Und natürlich, es ist einer, wenn man es mit der Situation von vor zwei Jahren vergleicht. Nimmt man dagegen die Ankündigung als Maßstab, ist es keiner. Ein bisschen so ist es auch mit der gesamten Umfrage. Natürlich, es ist gut, in so einer Rangliste auf dem ersten Platz zu stehen. Aber eine glatte Drei für „die fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands“ – das ist dann doch eher nur so mittel. (rhe)
Am Sonntag, 7. Mai (13 Uhr, LBS-Gelände, Himmelreichallee 40) mitlaufen für den guten Zweck – unabhängig vom sportlichen Können und Trainingszustand. Teilnehmende im Rollstuhl sind herzlich willkommen. Das Startgeld und jeder gelaufene Meter kommen der Rückenmarksforschung zugute.
Veranstalter sind LBS West und Strong Partners.
Korrekturen
Im RUMS-Brief am Dienstag hatten wir geschrieben, die FDP werfe Bezirksbürgermeister Stephan Nonhoff Sympathien für die Aktivistengruppe „Letzte Generation“ vor. Das stimmte nicht. Die FDP wirft Nonhoff vor, dass er unangemessen gehandelt hat, als er von einer Aktion der Aktivistengruppe „Letzte Generation” erfuhr. FDP-Bezirksvertreter Paavo Cwzikla ist der Meinung, er hätte die Sicherheitsbehörden informieren müssen. Wir haben den Satz korrigiert. (rhe)
+++ Eine Förderung vom Bund unterstützt den Ausbau des Fernwärmenetzes in Münster. Stadtwerke und Stadtnetze wollen in den kommenden 12 Monaten einen sogenannten Transformationsplan erstellen; die Hälfte der Kosten und maximal 2 Millionen Euro werden von der Förderung gedeckt. Bisher verläuft der Ausbau laut Pressestelle der Stadtwerke stark nachfragegetrieben; rund 6.000 Haushalte in Münster sind ans Netz angeschlossen. Die Umfahrung an der Promenade hängt zum Beispiel damit zusammen, dass dort ein Gebäude ans Netz angeschlossen wird. Der Transformationsplan soll den strategischen Ausbau voranbringen. Konkret heißt das zum Beispiel: festlegen, wie das Fernwärmenetz sinnvoll erweitert wird und feststellen, welche Haushalte angeschlossen werden können und welche nicht. So ein Plan ist Grundlage dafür, dass im Ausbauprozess weitere Förderungen beim Bund beantragt werden können. (sst)
+++ Die internationale Bewegung „End Fossil: Occupy!“ setzt sich gegen eine profitorientierte Energieversorgung und für die Verkehrswende ein; ab dem 2. Mai ruft sie wieder zu Besetzungen auf. Auch in Münster gibt es seit Kurzem eine Ortsgruppe, die nun verkündet hat, bald die Universität zu besetzen. Warum sie das ankündigt? Man wolle die Aufmerksamkeit möglichst vieler Menschen auf die Klimakrise, ihre Ursachen und mögliche Handlungsspielräume lenken, schreibt ein:e Sprecher:in auf Anfrage. Die Gruppe fordere von der Uni Münster etwa klimafreundlichere Gebäude, eine Lehre, die die Klimakrise und ihre jeweiligen Zusammenhänge mit dem Studienfach thematisiert und dass die Uni ihre „politische Macht“ nutzt, um die „systemischen Ursachen der Klimakrise anzugehen“. Die Besetzung wolle sie vor allem nutzen, um Forderungen der Studierenden zu sammeln und zu diskutieren. Und die Uni? Die steht in Kontakt mit der Polizei und wird sich zu der Causa morgen früh beraten. (sst)
Am Sonntag, 7. Mai (13 Uhr, LBS-Gelände, Himmelreichallee 40) mitlaufen für den guten Zweck – unabhängig vom sportlichen Können und Trainingszustand. Teilnehmende im Rollstuhl sind herzlich willkommen. Das Startgeld und jeder gelaufene Meter kommen der Rückenmarksforschung zugute.
Veranstalter sind LBS West und Strong Partners.
+++ Am Sonntag ab 18 Uhr und am gesamten 1. Mai, also am Montag, sind Glasflaschen am Aasee verboten. (Stadt Münster)
+++ Geschäftsmann Thomas Schult fährt seine Lieferungen mit dem Lastenrad aus und findet „verrückt“, dass die Polizei das nicht als Lieferverkehr ansieht. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Stadt Münster schreibt über 48.000 Immobilieneigentümer:innen an, um sie über einen Starkregenschutz für ihre Grundstücke zu informieren. (Stadt Münster)
+++ Die Stadt startet eine Ausschreibung für drei Grundstücke am Nordkirchenweg, die an gemeinwohlorientierte Wohnbaugenossenschaften gehen sollen. (Stadt Münster)
+++ Der Erweiterungsbau der Mauritzschule wurde eröffnet. (Stadt Münster)
+++ Die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt mit einer Millionenförderung die Edition des Gesamtwerkes des ägyptischen Schriftstellers Ibn Nubatah al-Misri, der im 13. Jahrhundert gelebt hat und dessen Werk bisher nur schwer zugänglich ist. (Uni Münster)
+++ Das Fraunhofer-Institut eröffnet eine neue Forschungsabteilung, deren Schwerpunkt die Sicherheit vernetzter medizinischer Geräte und der Schutz sensibler Gesundheitsdaten ist. (FH Münster)
+++ Die Physiotherapeutin und Therapiewissenschaftlerin Marion Grafe ist jetzt erste Professorin für Physiotherapie am Fachbereich Gesundheit der Fachhochschule. (FH Münster)
+++ Pro Familia hat im vergangenen Jahr mit insgesamt 2.385 Beratungsgesprächen rund 500 weniger als im Vorjahr durchgeführt. (Antenne Münster)
+++ Die Tierschutzorganisation Peta wirft einem Lebensmittelladen in Gievenbeck vor, lebendige Fische zum Verkauf angeboten zu haben. (Westfälische Nachrichten)
+++ Da, wo im Ersten Weltkrieg ein 90.000 Kriegsgefangene in einem Lager lebten, steht nun eine Stele zur Erinnerung. (Westfälische Nachrichten)
+++ David Fritta-Haas hat in einer achten Klasse des Annette-Gymnasiums ein Bilderbuch vorgestellt, das sein Großvater im Konzentrationslager Theresienstadt gezeichnet hatte. (WDR)
+++ Rainer Plein, einer der Hauptorganisator:innen der ersten Homosexuellendemo 1972 in Münster, wäre heute 75 Jahre alt geworden. (Münstersche Volkszeitung)
„Kliewe Coffee Elements“ ist eigentlich ein Kaffeemaschinenhändler aus Münster, der alles anbietet, was man als Hobby-Barista für eine perfekte Tasse Kaffee braucht: eine Kaffeemühle, eine Siebträgermaschine oder einen Vollautomaten. Vor ein paar Wochen kam aber der folgerichtige Schritt: Im Showroom an der Hammer Straße 60 hat „Kliewe Coffee Elements“ jetzt auch ein kleines Café eröffnet, das nicht nur Cappuccino und Flat White, sondern auch selbstgebackenen Kuchen serviert. Das Kliewe-Café hat dienstags bis samstags zwischen 10 und 18 Uhr geöffnet.
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Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
Heute hat sich Sebastian Fobbe umgesehen und ein paar schöne Kultur- und Veranstaltungstipps für die kommenden Tage für Sie gesammelt:
+++ Der Fotograf Martin Engelmann hat fast ein Jahr lang auf Sizilien gelebt und sich intensiv mit der Insel beschäftigt, genauer: mit den Vulkanen, den Stränden, der Küche und den Spuren der Antike. Morgen stellt Engelmann seine Reisereportage in der Friedenskapelle vor. Karten gibt es ab 5 Euro.
+++ Teichhuhn, Haubentaucher, Kanadagans – der Aasee bietet vielen Vögeln Unterschlupf. Am Donnerstag können Sie ab 19 Uhr die gefiederten Bewohner:innen bei einem Spaziergang kennenlernen. Treffpunkt ist der Parkplatz am Aasee. Erwachsene zahlen 8 Euro, Nabu-Mitglieder 6 Euro und Kinder 5 Euro.
+++ Am Donnerstag feiert „Don Quijote“ im Wolfgang-Borchert-Theater Premiere. Die Karten für den Auftakt des Stücks sind zwar schon ausverkauft, hier gibt’s aber noch Tickets für die Termine im April, Mai und Juni.
+++ Wussten Sie, dass sich Annette von Droste-Hülshoff für die Kultur im Nahen Osten begeistert hat? Um ihre Faszination für den Orient und den Einfluss auf ihr literarisches Schaffen geht es beim Langen Freitag auf der Burg Hülshoff. Die Künstlerin Anna Kpok hat dazu auf dem Dachboden der Burg einen „Orient-Kosmos“ erschaffen. Die Ausstellung ist am Freitag von 19 bis 23 Uhr geöffnet. Eintritt: 5 Euro.
+++ Mal wieder nix zum Anziehen? Dann lohnt sich ein Besuch der Kleidertauschparty im Mehrgenrationenhaus und Mütterzentrum „MuM” am Gescherweg 75. Die steigt Donnerstag von 16 bis 17.30 Uhr, Getränke und Kuchen gibt’s auch. Das Prinzip: Wer hat, bringt Kleidung mit, die noch in gutem Zustand ist, aber nicht mehr getragen wird. Alle dürfen sich dann die Kleidungsstücke mitnehmen, die ihnen gefallen.
+++ Zum Schluss noch eine schöne Nachricht: Wenn Sie die beiden Ausstellungen zum 50. Todestag von Pablo Picasso bisher verpasst haben, keine Sorge. Wegen des hohen Andrangs verlängert das Picasso-Museum die sehr sehenswerten Ausstellungen bis zum 14. Mai. Alle Infos, die Öffnungszeiten und Eintrittskarten finden Sie hier.
Am Freitag schreibt Ihnen Svenja Stühmeier. Kommen Sie gut durch die Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Constanze Busch (cbu), Sebastian Fobbe (sfo), Jan Große Nobis (jgn), Antonia Strotmann (ast), Svenja Stühmeier (sst)
Lektorat: Melanie Kelter
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PS
Vielleicht kennen Sie die Geschichte der sächsischen Frau, die nach Bordeaux reisen wollte, aber ein Ticket nach Porto bekam, weil man ihr Anliegen im Reisebüro falsch verstanden hatte („Nach Bordo“). Am vergangenen Freitag schrieben wir von einer ähnlichen Panne, die zwar nicht ganz so lustig war, aber wahrscheinlich auch ähnlich ärgerlich. Eine österreichische Wissenschaftlerin, die Münster einen Preis entgegennehmen sollte, hatte eine Fahrt in die Lüneburger Heide gebucht, nach Munster. Und als Günter Breithardt, emeritierter Medizinprofessor und jahrelang Chefarzt an der Uniklinik, das las, erinnerte er sich wiederum an ein Erlebnis in den 1980er-Jahren. Damals arbeitete er noch in Düsseldorf. Und dort hatten sie zu einem Workshop einen Wissenschaftler aus Paris eingeladen. Als er in Düsseldorf ankam, hätte er es vom Flughafen gar nicht so weit gehabt, doch der Taxifahrer verstand einen Buchstaben falsch und brachte ihn statt ins 40 Kilometer entfernte Altenberg im Bergischen Land nach Altenberge hier drüben in der Nachbarschaft. Das waren ungefähr 110 Kilometer gewesen – oder eben 220, wenn man die Rückfahrt mitrechnet. Am vermeintlichen Ziel klärte sich das Missverständnis auf. Man fuhr im selben Taxi zurück. Glück im Unglück vielleicht: Es hätte auch alles noch schlimmer kommen können. 565 Kilometer vom Flughafen Düsseldorf entfernt, mitten im Erzgebirge, liegt das 7.800 Menschen große Dörfchen Altenberg. Oder wie sie dort sagen: Aldeberch. Das wiederum ist nicht zu verwechseln mit der Motte Aldeberg. Das ist eine alte Burganlage. Und die liegt in der Nähe von Mönchengladbach. (rhe)
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