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Hilfe für Geflüchtete | Wie die Integration in Münster gelingt | Café Classique
Guten Tag,
was war das für eine Woche. Jeden Tag kommen neue, schreckliche Nachrichten aus der Ukraine. Und es lässt sich kaum absehen, wie es dort weitergehen wird. Mehr als eine Million Menschen sind schon aus dem Land geflohen, schätzt die UN-Hilfsorganisation für Geflüchtete UNHCR. Offiziell sind bisher etwa 10.000 von ihnen in Deutschland angekommen, meldete die Tagesschau gestern Abend. An den EU-Binnengrenzen finden aber keine Kontrollen statt. Es könnten also viel mehr Menschen sein, die schon in Deutschland Schutz gesucht haben.
In Münster waren bis Mittwoch 24 Geflüchtete angekommen, darunter acht Kinder, wie die Stadt meldete. Und heute berichtet der WDR von einer privaten Hilfsinitiative, die mit Bussen zwei Gruppen von je 15 Personen nach Münster gebracht hat. Ein weiterer privater Hilfskonvoi ist noch unterwegs, er soll heute Nacht in Münster eintreffen.
Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer hatte Anfang der Woche noch gesagt, die Stadt sei „sehr erfahren und gut aufgestellt“, um sich um die Geflüchteten zu kümmern. Allerdings stellen die vielen privaten Initiativen das Sozialamt und die anderen Verantwortlichen vor eine große Herausforderung: Sie erfahren oft erst sehr kurzfristig davon, dass Menschen auf dem Weg nach Münster oder schon hier angekommen sind und Unterstützung oder eine Unterkunft brauchen.
Politik soll die Hilfe organisieren
Das wird in den nächsten Tagen und Wochen sicher so bleiben. Aber die Stadt will sich weiter und noch besser vorbereiten. Oberbürgermeister Lewe hat deshalb für nächsten Mittwoch den Hauptausschuss einberufen, der sich unter anderem damit beschäftigen soll, was die Politik auf Landes- und Bundesebene nun tun könnte, um klarere Rahmenbedingungen für die Hilfsmaßnahmen zu schaffen. Außerdem sollen die Politiker:innen im Hauptausschuss darüber beraten, wie Münster die polnische Partnerstadt Lublin bei der Unterbringung und Verpflegung von Schutzsuchenden unterstützen kann (dazu unten mehr). Und sie sollen Geld aus dem Haushalt freigeben, um die bisher angelaufenen Hilfsmaßnahmen zu finanzieren.
Die Bürger:innen bieten weiterhin mehr Unterstützung an, als die Stadt annehmen kann, was in dieser Situation mehr als ein kleiner Trost ist. Ich verlinke Ihnen hier noch einmal die Webseite, auf der die Stadtverwaltung Informationen und Kontaktdaten bereitstellt.
Laiendolmetscher:innen gesucht
Falls Sie Ukrainisch sprechen, könnten Sie ehrenamtlich als Dolmetscher:in Hilfe leisten. Dazu müssten Sie sich nur beim sogenannten Sprachmittlungspool des Kommunalen Integrationszentrums registrieren und an einer kostenlosen Schulung teilnehmen, die nächste beginnt in zwei Wochen. Die Einrichtung der Stadt vermittelt Laiendolmetscher:innen an Menschen, die kaum oder gar nicht Deutsch sprechen und zum Beispiel bei Behördengängen Unterstützung brauchen.
Wie die Stadt auf RUMS-Anfrage mitteilte, dolmetschte Ende Februar für den Sprachmittlungspool nur eine Person aus dem und ins Ukrainische. Anfang März hat sich die Zahl schon deutlich erhöht: Mittlerweile haben sich neun Menschen mit Ukrainischkenntnissen eingetragen. Der Bedarf an Ukrainisch und auch an anderen Sprachen wird aber weiter steigen, also melden Sie sich bei den Organisator:innen, wenn Sie helfen können und möchten. Gesucht werden unter anderem Menschen, die Russisch oder Polnisch beherrschen, denn auch sie könnten den Ukrainer:innen bei Beratungsgesprächen oder Ämtern helfen.
Hilfstransport auf dem Weg nach Lublin
Während die Versorgung der Geflüchteten anläuft, die nach Münster kommen, organisiert die Stadt auch schon Unterstützung für diejenigen, die in Lublin Schutz gesucht haben. Zwei LKW voll mit Lebensmitteln, Babynahrung, Hygieneartikeln, Windeln und Stromaggregaten sind auf dem Weg in die Partnerstadt nahe der polnisch-ukrainischen Grenze. Dort sind schon Zehntausende Geflüchtete angekommen, wie die Stadt berichtet. Markus Lewe habe Unterstützung angeboten und die Verantwortlichen in Lublin haben eine Liste mit Hilfsgütern geschickt, die dringend gebraucht werden: 15.000 Zahnpastatuben, 10.000 Matratzen, 5.000 Schlafsäcke und 50.000 Fertiggerichte, um einige Beispiele zu nennen. In der nächsten Woche sind weitere Transporte geplant, um die noch fehlenden Dinge nach Lublin zu bringen.
Ein Blick in den Integrationsbericht
Wir werden Sie hier in den kommenden Wochen weiter auf dem Laufenden halten, was die Stadt für die Geflüchteten tut und wo möglicherweise sonst noch Hilfe gebraucht wird.
Heute schauen wir noch auf ein anderes Thema, das eng damit zusammenhängt: Wie geht es eigentlich den Menschen in Münster, die schon vor längerer Zeit aus einem anderen Land nach Deutschland gekommen sind oder in einer Familie mit Migrationsvorgeschichte leben? Diese Frage soll das sogenannte Integrationsmonitoring beantworten, ein Bericht, den die Stadt seit einigen Jahren regelmäßig erstellt. Das Monitoring für die Jahre 2020 und 2021 (Sie finden es hier) fasst auf gut 170 Seiten Daten aus verschiedensten Quellen zusammen, etwa aus den Statistiken der Stadt sowie von Land und Bund, Schul- und Hochschulstatistiken und Informationen von diversen Einrichtungen und Verbänden wie der Handwerkskammer und dem Stadtsportbund. Wir haben den Bericht für Sie durchgesehen und stellen Ihnen heute die wichtigsten Zahlen daraus vor, zu einigen haben wir außerdem Vergleichswerte für Sie recherchiert.
Menschen mit Migrationsvorgeschichte
Wir beginnen mit einer sehr kurzen, aber wichtigen Begriffserklärung: Was bedeutet eigentlich „Migrationsvorgeschichte“? Die Stadt meint damit Menschen, die entweder selbst oder deren Eltern oder Großeltern eine Migrationserfahrung haben. In Münster ist das knapp ein Viertel der Stadtbevölkerung. Etwa die Hälfte der Menschen mit Migrationsvorgeschichte besitzt nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Beide Zahlen entsprechen etwa dem Bundesdurchschnitt.
Besonders viele Menschen mit Migrationsvorgeschichte gibt es in den jüngeren Altersgruppen. Gut 30 Prozent der 10- bis 19-Jährigen und knapp 40 Prozent der 0- bis 9-Jährigen hat eine internationale Familiengeschichte. Unter den 30- bis 39-Jährigen und den 40- bis 49-Jährigen ist es jeweils ein Viertel. Deutschlandweit sieht das ähnlich aus.
Politische Teilhabe
Eine wichtige Frage für den Erfolg von Integration ist: Wie stark sind Menschen mit Migrationsvorgeschichte in politischen Gremien vertreten? Dazu ein kurzer Überblick:
- Gut eine von zehn Personen, die in politischen Gremien aktiv sind, hat eine Migrationsvorgeschichte. Das ist etwas mehr als 2017, entspricht aber lange nicht dem Anteil der Menschen mit Migrationsvorgeschichte an der Gesamtbevölkerung.
- Der Stadtrat weist eine besonders schlechte Quote auf: Nur sechs Prozent der Mitglieder haben eine Migrationsvorgeschichte. In den Bezirksvertretungen sind es knapp zehn Prozent.
- Die Statistiken weisen auch die Geschlechterverhältnisse aus. Wenig überraschend: Am stärksten sind Männer ohne Migrationsvorgeschichte vertreten, am wenigsten Frauen mit Migrationsvorgeschichte.
- Unter den politisch Engagierten mit Migrationsvorgeschichte ist das Geschlechterverhältnis allerdings ausgeglichener als bei den Menschen ohne internationale Familiengeschichte.
- Das einzige Gremium mit quasi paritätischem Männer- und Frauenanteil ist der Integrationsrat.
Einkommen
Wie viel die Menschen in Münster verdienen, ist in den Statistiken nicht nach der Migrationsvorgeschichte aufgeschlüsselt, nur nach der Staatsangehörigkeit: Je ein Drittel der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit verdienen in Münster zwischen 1.000 und 2.000 oder zwischen 2.000 und 3.000 Euro pro Monat.
Je ein Viertel der Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft verdienen zwischen 3.000 und 4.000 bzw. mehr als 5.000 Euro im Monat.
Arbeitslosigkeit
Auch die Bundesagentur für Arbeit schlüsselt ihre Statistik nur nach der Staatsangehörigkeit auf, nicht nach der Familiengeschichte. Und die zeigt eine negative Entwicklung: Der Anteil der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit an der Gruppe der Münsteraner:innen ohne Job ist von 2014 bis 2019 von knapp 20 auf knapp 30 Prozent gestiegen. Seitdem stagniert der Wert. Nochmal zum Vergleich: Der Anteil der Menschen ohne deutschen Pass an der gesamten Stadtbevölkerung liegt nur bei etwas mehr als 10 Prozent.
Deutschlandweit sieht es ähnlich aus: 2018 lag der Anteil der Menschen ohne deutsche Staatsangehörigkeit bei gut einem Viertel.
Bildung
Bevor wir zu den Ergebnissen aus diesem wahrscheinlich wichtigsten Bereich von allen kommen, ein kurzer Hinweis: Hier wurden Statistiken bis einschließlich 2020 ausgewertet. Und für das Jahr 2020 konnten wegen der Coronapandemie nicht alle Werte erhoben werden. Alle Informationen, die ich Ihnen gleich vorstelle, sind also ein Rückblick, der möglicherweise nicht mehr die tatsächlichen Verhältnisse abbildet. Aber er gibt dennoch wichtige Anhaltspunkte:
- Etwa eines von zehn Kindern, die eingeschult werden, ist nicht in Deutschland geboren.
- Etwa vier von zehn Schulanfänger:innen haben mindestens ein Elternteil, das nicht in Deutschland geboren wurde.
- Etwa sieben von zehn Schulanfänger:innen, die nicht in Deutschland geboren wurden, haben Förderbedarf in der deutschen Sprache. Bei den in Deutschland geborenen Schulanfänger:innen mit Migrationsvorgeschichte sind es etwa drei von zehn Kindern. In beiden Gruppen ist 2020 ein deutlich höherer Förderbedarf festgestellt worden. Das könnte allerdings eine pandemiebedingte statistische Verzerrung sein, es wird sich in den nächsten Jahren zeigen.
- Für beide Gruppen gilt: Je länger ein Kind eine Kita besucht hat, desto seltener braucht es Nachhilfe in der deutschen Sprache.
- Schüler:innen ohne Migrationsvorgeschichte sind an Gymnasien deutlich überrepräsentiert, Kinder und Jugendliche mit Migrationsvorgeschichte und ohne deutsche Staatsbürgerschaft sind es an den Haupt- und Realschulen. Dafür kann es viele verschiedene Gründe geben. Einer davon könnte sein: Viele Kinder mit Migrationsvorgeschichte leben in bestimmten Stadtteilen, zum Beispiel in Coerde. Und dort ist die einzige weiterführende Schule eine Hauptschule. Diesen Zusammenhang hatten wir in diesem Text erklärt.
- Fast jede:r fünfte Schüler:in ohne deutsche Staatsangehörigkeit verlässt die Schule ohne einen Hauptschulabschluss. Der Anteil ist zwar etwas zurückgegangen und es erreichen auch inzwischen mehr Schüler:innen ohne deutsche Staatsbürgerschaft die Fachoberschulreife (gut 35 Prozent). Die Hochschulreife schaffen aber weniger als 15 Prozent – bei Schüler:innen mit deutscher Staatsbürgerschaft sind es mehr als die Hälfte.
Gesundheit
Auch diesem Absatz schicken wir einen kleinen Hinweis vorweg: Aussagen über die Gesundheitsversorgung und gesundheitlichen Risiken von Menschen mit Migrationsvorgeschichte zu treffen, ist laut der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung nicht so einfach, denn an vielen Stellen fehlen noch Daten. Die Stadt hat im Integrationsmonitoring aber einige Informationen zusammengestellt, die zeigen, in welchen Bereichen in jedem Fall noch Handlungsbedarf besteht:
- In den vergangenen Jahren hat etwa eines von zehn Kindern mit Migrationsvorgeschichte bei der Schuleingangsuntersuchung erhebliche Auffälligkeiten gezeigt – also zum Beispiel Sprach- und Sprechstörungen oder Schwierigkeiten bei der Motorik oder der Konzentrationsfähigkeit. Das ist doppelt so häufig wie bei Kindern ohne Migrationsvorgeschichte.
- In den nächsten Jahren werden die Verantwortlichen das sehr genau beobachten müssen: 2020 wurden nämlich in beiden Gruppen deutlich mehr Auffälligkeiten festgestellt als in den Jahren zuvor. Die Auswirkungen der Coronapandemie werden sich in diesem Bereich wohl erst langfristig zeigen.
- Deutlich mehr Kinder mit als Kinder ohne Migrationsvorgeschichte verpassen Vorsorgeuntersuchungen (die sogenannten U-Untersuchungen). Aber es gab hier auch einen positiven Trend: Von 2010 bis 2015 sind die Vorsorgelücken bei Kindern mit internationaler Familiengeschichte kleiner geworden und seitdem auch nicht wieder gestiegen. (Hinweis: Hier wurden nur Daten von Kindern berücksichtigt, die in Deutschland geboren sind, weil die Angaben sonst nicht vergleichbar wären.)
- Etwa doppelt so viele Schulanfänger:innen mit Migrationsvorgeschichte wie Kinder ohne internationale Familiengeschichte sind übergewichtig.
- Und zum Schluss noch ein positiver Wert: Kinder mit Migrationsvorgeschichte haben bei der Schuleingangsuntersuchung geringere Impflücken als Kinder ohne Migrationsgeschichte. (Auch hier wurden wegen der Vergleichbarkeit nur Daten von Kindern berücksichtigt, die in Deutschland geboren sind. Die Angaben beziehen sich auf die Impfungen gegen Masern, Mumps, Röteln, Tetanus und alle anderen Krankheiten, gegen die die Ständige Impfkommission für Kinder bis zur Einschulung eine Impfung empfiehlt.)
Sie sehen: Es gibt noch viel zu tun, bis Menschen mit internationalen Wurzeln hier dieselben Möglichkeiten haben. Und darum sollte es heute gehen, wir wollten einmal in der Gesamtschau zeigen, wo es noch Handlungsbedarfe und Herausforderungen gibt. Welche Lösungen und Ideen es in den einzelnen Bereichen geben könnte und was schon getan wird, werden wir uns in den kommenden Wochen und Monaten anschauen.
Zum RUMS-Brief vom letzten Freitag haben wir zwei Ergänzungen:
+++ Bei der Recherche über die Omikronwelle haben wir bei den städtischen Schulen in Münster nachgefragt, wie sie Schüler:innen unterrichten, die in Quarantäne sind. Zunächst haben nur wenige Schulen auf die Anfrage reagiert, doch inzwischen haben sich noch einige gemeldet. Geantwortet haben die Gesamtschule Münster Mitte, das Gymnasium St. Mauritz, die Realschule Wolbeck, die Hauptschule Wolbeck, die Wartburgschule in Gievenbeck sowie Hendrik Snethkamp in seiner Funktion als Sprecher der münsterschen Gymnasien.
Alle Schulen melden, dass Schüler:innen in Quarantäne per Videokonferenz in den Unterricht zugeschaltet werden können. Dafür stünden iPads zur Verfügung, die von der Stadt finanziert werden. Als einzige Schulleiterin meldet Anja Bittihn von der Hauptschule Wolbeck, dass an ihrer Schule alle Schüler:innen iPads besäßen. Aufgaben erhielten die Schüler:innen in allen Schulen über Online-Lernplattformen. Die meisten nutzten IServ, andere hätten eigene Angebote.
Christiane Gränitz von der Wartburgschule ist die einzige Leiterin einer Grundschule, die auf die Anfrage reagiert hat. Die Wartburgschule verleiht bei Bedarf iPads an Eltern, damit die Kinder am Distanzunterricht teilnehmen können. Den Umgang mit den Geräten hätten die Lehrer:innen vorab mit den Kindern im Unterricht eingeübt. So wüssten sie, welche Regeln im Online-Unterricht gelten oder wie sie sich zu Wort melden können. Praktisch funktioniert das so: In der Mitte einer Tischgruppe steht ein iPad, auf dem das Kind in Quarantäne zugeschaltet ist, wodurch es auch an Gruppenarbeiten teilnehmen kann. Wenn das Kind eine Frage hat, ist die Tischgruppe dafür verantwortlich, dass die Frage beantwortet wird. Die Lernmaterialien übersenden die Lehrer:innen den Schüler:innen per E-Mail oder Videokonferenz an den schuleigenen Account des Kindes.
+++ Wie wir letzte Woche berichteten, müssen Firmen, die E-Scooter in Münster verleihen, die Telefonnummer ihrer Beschwerde-Hotline bald deutlicher kennzeichnen. Der Blinden- und Sehbehindertenverein Westfalen hatte geklagt und wollte per einstweiliger Verfügung ein Verbot der E-Roller erwirken, die oft achtlos abgestellt und damit zur Gefahr für sehbehinderte Menschen werden. Besonders interessant an der Pressemitteilung der Stadt war allerdings die Frage, die nach dem Lesen offen blieb: Bedeutet „deutlicher kennzeichnen“ auch, dass die Firmen ihre Beschwerde-Hotline in Braille-Schrift drucken müssen?
Wir haben also nachgefragt und folgende Antwort der Stadt per E-Mail erhalten: „Die Frage nach der Braille-Schrift wird in die noch laufende Prüfung der Stadtverwaltung mit aufgenommen.“ Das hat uns stutzig gemacht, denn diese Antwort liest sich so, als sei Braille-Schrift vor unserer Anfrage noch kein Thema gewesen. Deshalb haben wir ein zweites Mal nachgefragt. Ergebnis: Uns konnte niemand mit Sicherheit garantieren, dass irgendjemand in der bisherigen Prüfung an Braille-Schrift gedacht hatte. Erfahren werden wir es Mitte März. Dann wird die endgültige Kompromisslösung vorgestellt – mit oder ohne Braille-Schrift.
+++ Haben Sie etwas Verdächtiges in der Nacht vom 28. Februar auf den 1. März gesehen? Wenn Sie bemerkt haben, wie Unbekannte einen sieben Meter langen und eine Tonne schweren Ast aus Bronze transportiert haben, dann sind Sie Zeug:in des wohl spektakulärsten Kunstraubs in Münster geworden. Die Skulptur „Progetto Pozzo di Münster“ des italienischen Künstlers Giuseppe Penone ist nämlich vom Hörster Friedhof gestohlen worden. 35 Jahre lang lag der 1.000-Kilo-Ast dort auf einem Stein und war sogar an ein unterirdisches Brunnensystem angeschlossen – doch allen Widrigkeiten zum Trotz gelang es den Räuber:innen auf wundersame Art, das Kunstwerk zu stehlen. 1987 fertigte Penone den Ast für die Skulptur-Projekte an, der Materialwert sei nicht sonderlich hoch, heißt es in der Pressemitteilung des LWL über den Diebstahl. Und doch gehöre das Kunstwerk laut Hermann Arnhold, Direktor des LWL-Museums für Kunst und Kultur, zu den inhaltlich und finanziell wertvollsten Skulptur-Projekten, die der Stadt erhalten geblieben sind. Nicht zuletzt auch, weil der Brunnen in den Alltag der Anwohner:innen um den Hörster Friedhof eingebunden sei. Der LWL habe Strafanzeige gegen die unbekannten Täter:innen gestellt und eine Belohnung in Höhe von 10.000 Euro für sachdienliche Hinweise zu dem kuriosen Kunstraub ausgeschrieben.
+++ Und wo wir gerade schon bei Bäumen und Ästen sind: Über 100 Bäume in der Stadt sind den Stürmen Ylenia, Zeynep und Antonia zum Opfer gefallen, die im Februar über Münster fegten. Sonst haben die Stürme laut Stadt keine größeren Schäden verursacht. Die Baumpfleger:innen hätten alle Äste und abgeknickte Stämme schon beseitigt, das herumliegende Holz müsse teilweise noch entsorgt werden. Gefahr gehe davon aber nicht aus. Die Stadt schätzt, dass das Aufforsten des Stadtwaldes rund zwei Jahre dauern wird. Gründe dafür sind: Bei einigen Baumarten gibt es Lieferengpässe. Und das Einpflanzen braucht auch etwas Zeit.
+++ Seit heute gelten bundesweit neue Coronaregeln, der WDR hat sie für Nordrhein-Westfalen zusammengefasst. Hier ein Überblick:
- Für Veranstaltungen wie Volksfeste, Hochzeiten oder Events mit mehr als 1.000 Besucher:innen gilt die 2G-Plus-Regel: Geimpfte und Genesene müssen sich vorab testen lassen, Geboosterte sind von der Testpflicht befreit. Dasselbe gilt für Clubs und Diskotheken, die ab heute wieder öffnen dürfen.
- Im ÖPNV, in der Gastronomie, in Freizeiteinrichtungen (Zoo, Museum, Bibliothek und Ähnliches), bei körpernahen Dienstleistungen (Friseur, Kosmetik), bei Sportveranstaltungen mit weniger als 1.000 Besucher:innen und am Arbeitsplatz gilt die 3G-Regel.
- Im Einzelhandel, bei Wahlen und Gerichtsverhandlungen, in Arztpraxen und auf Spielplätzen gelten keine Zutrittsbeschränkungen mehr.
- Ausgenommen von der 2G-Plus- und der 3G-Regel sind Minderjährige. 2G gilt derzeit nicht in NRW.
- Für Geimpfte, Genesene und Minderjährige gelten außerdem keine Kontaktbeschränkungen mehr. Ungeimpfte dürfen sich mit maximal zwei Personen aus einem anderen Haushalt treffen, Kinder unter 14 Jahren werden dabei nicht berücksichtigt.
- Bei angemeldeten Demonstrationen mit weniger als 750 Teilnehmenden gelten keine Kontaktbeschränkungen. Ab 751 Teilnehmenden gilt die 3G-Regel auch im Freien, in Innenräumen gilt sie grundsätzlich bei Demonstrationen.
- An den Quarantäne- und Isolationsregeln hat sich nichts geändert. Sie können sie hier beim WDR nachlesen.
+++ Vielleicht haben Sie es auch mitbekommen: Ende Februar sorgte die Krankenkasse BKK Provita für Schlagzeilen, weil sie in einer eigens erstellten Analyse behauptete, dass es mehr Schäden nach einer Coronaimpfung gebe, als in der offiziellen Statistik auftauchen. Nun zeigt eine Recherche des Südwestrundfunks, dass da wohl nicht viel dran ist. Ein Autor der Studie stamme aus dem Umfeld der sogenannten Querdenker:innen, heißt es dort. Zudem sei die Datengrundlage des Berichts laut SWR zweifelhaft, denn schon milde Impfreaktionen würden dort als schwerwiegende Nebenwirkungen bewertet. Diese Schlussfolgerungen wurden schon früh kritisiert: Der Virchowbund, der als Berufsverband der niedergelassenen Ärzt:innen in Deutschland tätig ist, unterstellt der „Schwurbel-BKK“, „kompletten Unfug“ mit „angeblichen Alarmzahlen“ zu verbreiten. Die BKK Provita ist eine gesetzliche Krankenkasse mit alternativem Geschäftsmodell, die sich als vegetarierfreundlich und klimaneutral vermarktet. Nach dem Wirbel um die Analyse hat sie bereits Konsequenzen gezogen: Die Pressemitteilung zur Studie wurde gelöscht und der Vorstand der Krankenkasse entlassen.
+++ Seit Dienstag sind zwei weitere Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 zu beklagen. Zwei Männer im Alter von 97 und 70 Jahren sind mit einer Coronainfektion verstorben, meldete die Stadt gestern. Seit Beginn der Pandemie sind damit insgesamt 180 Personen in Münster an oder mit Covid-19 gestorben.
+++ Heute meldet die Stadt 604 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Aktuell sind damit 5.869 Personen in Münster mit SARS-CoV-2 infiziert. Die Wocheninzidenz liegt laut Robert-Koch-Institut bei 949 Infektionen pro 100.000 Einwohner:innen in den vergangenen sieben Tagen. Von den derzeit Infizierten werden 52 Patient:innen in den hiesigen Krankenhäusern behandelt. Sieben Covid-19-Patient:innen liegen auf der Intensivstation, sechs von ihnen müssen beatmet werden.
Als neulich zum ersten Mal wieder die Sonne so richtig schien, vor blauem Himmel und mit wirklich warmen Strahlen, waren an der Rudolfstraße draußen vor dem Café Classique direkt alle Plätze besetzt. Drinnen auch, und dann stand noch eine lange Schlange vor der Glastür. Wer sich dort anstellte, konnte ab einem bestimmten Punkt, mit ein wenig Halsrecken, sehen, warum dort so viel los war: In der langen Theke standen Dutzende wunderschöne, schokoladige, fruchtige, sahnige, bunte Torten und Kuchen. Die gibt es aber nicht nur an sonnigen Tagen, sondern immer. Ich erspare Ihnen die lange Liste der appetitanregenden Namen (hier finden Sie einen kleinen Überblick), Sie können, wenn Sie diesen Brief wie die meisten RUMS-Leser:innen am Abend lesen, ja sowieso nicht direkt los. Das Café hat normale Café-Öffnungszeiten.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Fünf Abschnitte weiter oben haben Sie es schon gelesen: Die Clubs und Diskotheken sind wieder geöffnet und auch in Münster steigen wieder die ersten Partys. Am Wochenende lädt die Rote Lola zum Beispiel zu ihrer legendären WG-Party im Albersloher Weg ein und am Hawerkamp steigt eine Depeche-Mode-Party im Triptychon.
+++ Bischof Liudger, Graf von Galen oder auch die berüchtigten Wiedertäufer – in Münsters Geschichte wimmelt es nur so von Männern, aber wer sind eigentlich die Frauen, die die Stadthistorie geprägt haben? Am Samstag widmet sich das Stadtmuseum dieser Frage. Bei einem Rundgang durch die Schausammlung lernen Sie nicht nur die wichtigsten Frauen der münsterschen Geschichte kennen, auch die Frauenbilder im Laufe der Zeit werden kritisch eingeordnet. Los geht es um 16 Uhr, die Teilnahme kostet 3 Euro, um Anmeldung wird gebeten. Passend dazu hält der Twitteraccount der Historischen Kommission für Westfalen einen kleinen Vorgeschmack bereit. Dort läuft diesen Monat eine Kampagne über die recht unbekannte Frauengeschichte in Westfalen.
+++ Partys sind schön, Kultur ist es auch – viel schöner ist jedoch zurzeit das Kaiserwetter, das für dieses Wochenende vorhergesagt ist. Beste Voraussetzungen, um nach den letzten Schmuddeltagen endlich mal wieder an die frische Luft zu kommen und Sonnenenergie zu tanken. Auf komoot.de finden Sie zum Beispiel die 20 schönsten Wanderrouten im Münsterland. Da ist bestimmt auch ein Wanderweg dabei, den Sie noch nicht kennen.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann wieder. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende, blinzeln Sie da doch mal ein bisschen in die Sonne.
Herzliche Grüße
Constanze Busch
Mitarbeit: Sebastian Fobbe, Ralf Heimann
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PS
Am schwierigsten ist es zurzeit, den Überblick zu behalten. Die Informationen über den Krieg in der Ukraine kommen nicht wie ganz früher tagesaktuell oder wie früher stündlich, sondern minütlich. Sie sind kaum zu überblicken, deswegen ist es wichtig, dass jemand sie ordnet und Hintergründe liefert. Die Kolleg:innen vom Magazin Krautreporter machen das in einem neuen Newsletter, den ich gerne empfehlen möchte. Er heißt „Ukraine verstehen“, ist kostenlos, und Sie finden ihn hier.
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