Arkaden-Parkhaus gesperrt: Spontaner Verkehrsversuch? | Münster und Enschede: eine späte Freundschaft | Eingedämmte Neubauten: KfW-40-Häuser

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

gestern Morgen, 10.23 Uhr, landete eine E-Mail von der Stadt im RUMS-Postfach: Die Tiefgarage von den Münster-Arkaden in der Königsstraße ist gesperrt. Die Szenen, die sich davor abspielen, besonders am Wochenende, kennen Sie bestimmt: Viele Menschen, die mit dem Auto in die Innenstadt fahren und in der Tiefgarage parken wollen, bleiben einfach stecken. Auf den 450 Metern zwischen Ludgerikreisel und Parkhaus stehen die Autos dann Stoßstange an Stoßstange herum und warten vermutlich eine halbe Ewigkeit darauf, dass in der Tiefgarage endlich einer der 250 Stellplätze frei wird.

Falls Sie samstags die Innenstadt clevererweise meiden und sich gerade nicht vorstellen können, wie die Blechkisten die Königsstraße verstopfen, dann lassen Sie doch einfach mal diese Aufnahmen auf sich wirken.

Die Tiefgarage war jedenfalls gesperrt, aber sollte damit dann auch der Stau verschwinden? Das ist zumindest das Ziel der Rathauskoalition. Sie hat beschlossen, dass das Parkhaus umgewidmet werden soll, um das Stauproblem in der Königsstraße zu lösen. Wie genau, das weiß sie noch nicht. Aber vielleicht war ja am Donnerstagmorgen der Zeitpunkt gekommen, um das einfach mal auszuprobieren. Sollte das ein spontaner fünfter Verkehrsversuch in Münster sein?

Bevor Sie aber jetzt den RUMS-Brief schließen und sich auf den Weg zum Parkhaus machen, um sich das alles selbst einmal anzusehen: Bleiben Sie ruhig zu Hause. Der Verkehrsversuch ist schon wieder beendet. Wie sich herausstellte, war einfach nur ein Rohr in der Tiefgarage geplatzt. Aber keine Sorge, das Wasser ist auch schon abgepumpt, es ist niemand zu Schaden gekommen, und die Tiefgarage ist auch schon wieder offen. Wer sich also morgen mit dem Auto auf dem Weg zu den Arkaden macht, kann sich wie gewohnt in die Schlange vorm Parkhaus einreihen. (sfo)

Kurz und Klein

+++ Am Sonntag wird ein neuer Landtag in Nordrhein-Westfalen gewählt und sehr wahrscheinlich gehören auch Sie zu den 234.802 Personen, die in Münster wahlberechtigt sind. Schon letzte Woche meldete die Stadt, dass so viele Menschen in Münster Briefwahl beantragt haben wie bei keiner anderen Landtagswahl zuvor. Heute früh teilte uns das Amt für Kommunikation auf Anfrage mit, dass die Stadt mittlerweile über 81.500 Wahlscheinanträge bearbeitet habe. Fast 69.000 davon kamen auch schon als „rote Wahlbriefe” wieder zurück. Wenn Sie noch auf den letzten Drücker Briefwahl beantragen wollen: Das geht nur noch heute, aber seien Sie schnell. Nach 18 Uhr können die Anträge nicht mehr bearbeitet werden. Und sorgen Sie dafür, dass ihr Wahlschein am Sonntag auch vor 18 Uhr wieder bei der Stadt ankommt. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, können Sie auch beim Hauptwahlbüro in der Salzstraße vorbeischauen. Dort waren auch schon 18.408 Leute vor Ihnen zu Besuch und haben Ihr Kreuzchen gemacht. (sfo)

+++ Als zweite deutsche Stadt tritt Münster dem Netzwerk Altersfreundlicher Städte und Gemeinden der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei. In dem Netzwerk haben sich weltweit über eintausend Städte zusammengeschlossen, um sich darüber auszutauschen, wie sich Städte auf die immer älter werdende Bevölkerung vorbereiten können. Es geht um gemeinschaftliche Wohnformen, barrierefreie Wohnungen und darum, wie Beeinträchtigte und Ältere mobil bleiben. In Deutschland ist bislang nur Radevormwald Mitglied. Welche Städte dem WHO-Netzwerk bereits angehören, sehen Sie auf dieser interaktiven Karte. (ast)

+++ Die Stadt Münster muss nicht noch einmal darüber entscheiden, wie sie mit den in den Stadt herumstehenden E-Scootern umgeht. Das Verwaltungsgericht lehnte einen Eilantrag des Blinden- und Sehbehindertenvereins ab, schreibt das Gericht in einer Pressemitteilung. Der Verein hatte zum zweiten Mal versucht, die Stadt mit einem Eilantrag zu einer neuen Regelung zu bewegen, zum Beispiel einem Verbot. Die aktuelle ist: Die Firmen bekommen gegen Geld eine Sondernutzungserlaubnis. Abschreckend wirkt die neue Gebühr offenbar nicht. Erst vor ein paar Wochen kam mit dem Unternehmen „Bird“ noch ein vierter Anbieter hinzu. (rhe)

+++ Über vier Brücken sollst du nicht gehen: Vier der 21 Holzbrücken in Münster haben ihre besten Jahre hinter sich. Sie sind inzwischen so morsch, dass die Stadt davor warnt, sie noch zu betreten. Was passieren kann, wenn man sich nicht daran hält, erklärt Lydia Staudinger vom zuständigen Amt: „Es kann unerwartet zu einem Abbruch von Teilen kommen und zum Absturz führen.“ Also bitte Vorsicht. (ast)

+++ Münster hat einen neuen Schriftzug aus Blumen. „Münster für Frieden“ steht dort, wo man in den vergangenen Jahren „Münster bekennt Farbe“ lesen konnte. Und wenn Sie jemandem erklären möchten, wo genau die Friedensbotschaft zu finden ist, das ist ganz einfach: direkt am Kanonengraben. (rhe)

Zahlen, bitte.
Infografik zu Pendler:innen nach und aus Münster

Während sich nachts nur knapp 314.000 Menschen in Münster aufhalten, sind es tagsüber gut 374.000. Das liegt natürlich vor allem an den Pendler:innen, die zum Arbeiten in die Stadt kommen. Es fahren aber auch fast 45.000 Menschen aus Münster zur Arbeit in die umliegenden Gemeinden.

(Quelle: Stadt Münster)

Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!

Wie es weiterging

Im RUMS-Brief vom 6. Mai haben wir über den aktuellen Stand des Streiks an der Uniklinik berichtet. Keine der sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen darf selbst verhandeln, solange sie dem Arbeitgeberverband des Landes NRW angehört. Und weil die Tarifgemeinschaft der Länder am 2. Mai gegen die Aufnahme von Verhandlungen gestimmt hat, darf auch der Arbeitgeberverband nicht verhandeln. Katharina Wesenick, Landesfachbereichsleiterin bei der Gewerkschaft Verdi, berichtete uns letzten Freitag von einem Vorschlag der Landesregierung. Dieser solle Verhandlungen ermöglichen, sei allerdings auch mit vielen Baustellen verbunden. Details durfte sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht nennen.

Nun gibt es mehr Einzelheiten zum Vorschlag der Landesregierung: Die Unikliniken sollten aus dem Arbeitgeberverband austreten, um selbst verhandeln zu können. In der Sitzung vom 10. Mai habe das Kabinett beschlossen, die erforderlichen Schritte einzuleiten, heißt es in der Pressemitteilung. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann sagte, der Kabinettsbeschluss ebne den Weg für Tarifverhandlungen.

Aber wenn doch die Weichen gestellt sind, warum sprach Wesenick dann letzte Woche Freitag von „vielen Baustellen, die mit dem Vorschlag einhergehen”? Wir haben diese Woche noch einmal bei Wesenick nachgefragt: Welche Konsequenzen hätte ein Austritt? Zunächst werfe er viele neue Fragen auf. Vor allem gefährde er aber den Flächentarifvertrag, und das habe Verdi nie gewollt, sagt Wesenick. Ganz im Gegenteil: Für die Verhandlungen sei rechtliche Sicherheit in Form einer Tarifbindung für alle sechs Unikliniken nötig. Die Landesregierung befürworte einen Flächentarifvertrag; dies sei laut Wesenick aber nur eine unverbindliche politische Absichtserklärung.

Interessant ist außerdem, wie lange der Austritt dauert und was getan werden muss. Wesenick sagte, die Landesregierung peile einen Austritt zum Ende des Jahres an. Dafür muss das Land zunächst das Hochschulgesetz ändern, weil dieses noch eine Mitgliedschaft der Unikliniken im Arbeitgeberverband vorschreibt. „Die Gesetzesänderung soll kurzfristig erarbeitet und den Fraktionen (…) zur weiteren Beratung zur Verfügung gestellt werden”, heißt es in einer Pressemitteilung der Landesregierung NRW – eine der ersten Aufgaben für die neuen Landesregierung nach der Wahl. Das Ergebnis dieser Beratungen kann aber niemand vorhersagen.

Fest steht: Die Landesregierung erlaubt schon jetzt die Aufnahme der Verhandlungen. Aber wer darf mit Verdi verhandeln? Wesenick hofft auf eine Verhandlungsgemeinschaft aller Unikliniken: „Verdi steht nicht für Einzelverhandlungen mit jeder Uniklinik zur Verfügung”, sagte sie. Eine Antwort gibt es vermutlich noch heute: In einem sogenannten „Verfahrensgespräch” klären Verdi und die Universitätskliniken den weiteren Fahrplan der Tarifverhandlungen. So lange werde auch weiter gestreikt, sagt Wesenick.

Was heißt das für die Patient:innen? Die Uniklinik Münster antwortet, seit Beginn des Streiks am 2. Mai seien 856 Operationen durchgeführt worden – 37 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Uniklinik verschiebe täglich bis zu 200 ambulante Behandlungen, was einem Rückgang von ungefähr 10 Prozent entspreche. (ast)

Preußen Münster: Wie der Erfolg zurückkam

Gemessen an der Stimmung war es für Preußen Münster die beste Saison seit Jahren. Zuletzt stolperte der Verein; im vorletzten Spiel gegen Rheda-Wiedenbrück gab es ein Unentschieden. Am Dienstag trennte der Verein sich von seinem Fanbeauftragten, weil der sich bei Facebook im Ton vergriffen hatte. Aufsteigen können die Preußen am Samstag nur, wenn sie gewinnen und den Rückstand von zwei Toren in der Tordifferenz aufholen (hier alle Szenarien). Aber auch, wenn das nicht klappen sollte, war es eine erfolgreiche Saison. Nach dem Abstieg aus der 3. Liga hat der Fußballautor und Preußen-Experte Dietrich Schulze-Marmeling für RUMS analysiert, was im Verein in den vergangenen Jahren schiefgelaufen ist. Jetzt haben wir ihn gebeten, uns zu erklären, was der Verein nach dem Abstieg richtig gemacht hat – was also der Grund für den Erfolg war. Eine wichtige Voraussetzung war möglicherweise der Abstieg. Lesen Sie hier Dietrich Schulze-Marmelings Gastbeitrag.

Münster und Enschede: eine späte Freundschaft

Dienstagabend, 19 Uhr, in der kleinen Bibliothek im Haus der Niederlande. Das Zentrum für Niederlande-Studien der Uni Münster hat zu einer Podiumsdiskussion über die Städtepartnerschaft zwischen Münster und Enschede eingeladen. Die besteht erst seit dem letzten Jahr und ist die jüngste Verbindung, die Münster mit einer anderen Stadt eingegangen ist.

Und diese Beziehung wolle man sich nun etwas genauer ansehen, sagt Jacco Pekelder, Direktor des Zentrums für Niederlande-Studien. Der Zeitpunkt passe sehr gut, schließlich veranstalte die Stadt gerade ihre Europawoche rund um den Europatag am 9. Mai. Ich habe oben „Podiumsdiskussion“ geschrieben, so stand es auf dem Flyer zu der Veranstaltung. Eine richtige Diskussion gab es dann aber gar nicht. Alle waren sich einig: Die Städtepartnerschaft zwischen Münster und Enschede laufe super, denn die Kontakte seien sehr eng und die gemeinsamen Projekte erfolgreich. Nur an einigen Stellen sei Luft nach oben.

Ein Bericht von der Veranstaltung könnte an dieser Stelle enden, alle sind zufrieden, das ist doch toll. Aber es lohnt sich, diese Partnerschaft einmal genauer anzuschauen. Denn es geht dabei nicht nur um einen netten Austausch und ein paar Symbole, sondern auch um Geld, wirtschaftliche Interessen, neue Straßen und andere Verkehrsverbindungen.

Aber beginnen wir erst einmal mit dem Anfang.

Versöhnung, Verständigung und die Liebe zum Karneval

Die ersten Städtepartnerschaften, wie wir sie heute kennen, wurden in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg geschlossen, aber auch schon davor pflegten die Städte Beziehungen ins Ausland. Das Ziel der neuen Städtepartnerschaften war (und ist bis heute): Menschen zusammenzubringen und „die durch zwei Weltkriege in Europa aufgerissenen Wunden zu heilen”.

Deutschland konzentrierte sich deshalb erst einmal auf die Aussöhnung mit Frankreich und dem Vereinigten Königreich, sagte Christiane Lösel, Leiterin des Büros für Internationales der Stadt Münster, am Dienstagabend. Mit dem Ende des Kommunismus konnten deutsche Städte dann auch Beziehungen nach Osteuropa aufbauen. Münster knüpfte im Laufe der Jahre Verbindungen mit Orléans, York, Lublin und Rjasan.

Später kamen auch Städte außerhalb Europas dazu; insgesamt pflegt Münster Beziehungen zu vierzehn Städten auf der ganzen Welt. Zehn dieser Verbindungen sind offizielle Städtepartnerschaften, sie sind also mit einer Urkunde besiegelt und an bestimmte Bedingungen geknüpft, etwa langjährige politische und bürgerschaftliche Kontakte, wirtschaftliche Beziehungen oder eine gemeinsame Geschichte.

Rob Welten, Bürgermeister der niederländischen Stadt Haaksbergen und Vorsitzender des Kommunalverbands Euregio, nannte am Dienstag aber auch Städtepartnerschaften, die aus kuriosen Gründen entstanden sind. Köln ist seit 2011 mit Rio de Janeiro verbandelt, weil beide Städte Karneval feiern. Und manche Städte unterzeichnen Partnerschaftsurkunden, weil ihre Namen gleich oder ähnlich klingen, zum Beispiel Münster und das tunesische Monastir.

Warum kam die Partnerschaft mit Enschede so spät?

Ob die Liebe zum Karneval oder Zufälle bei der Namensgebung für eine enge Städtepartnerschaft reichen? Welten bezweifelt das.

Im Falle von Enschede liegt die Sache ganz anders. Zwischen der Stadt im Osten der Niederlande und Münster gibt es schon seit Jahrzehnten Verbindungen, bis 2021 aber keine offizielle Partnerschaft. Beide Städte sind Mitglied im Verband Euregio, der seit Ende der 1950er-Jahre versucht, die deutsch-niederländische Zusammenarbeit zu stärken. Seit 1989 gehören Münster und Enschede außerdem dem grenzüberschreitenden Städtenetzwerk MONT an, zusammen mit Osnabrück, Almelo und Hengelo. Die Uni Münster und die Universiteit Twente in Enschede kooperieren seit etwa 25 Jahren.

Offensichtlich lief also viele Jahre lang alles auf eine Städtepartnerschaft zwischen Münster und Enschede hinaus. Warum ist sie dann aber erst so spät, im September 2021, zustande gekommen?

Nicht nur edle Motive

Für das Projekt Städtepartnerschaft habe eine Zeitlang der Motor gefehlt, antwortet Christiane Lösel auf diese Frage. Den hätten vor einigen Jahren erst Oberbürgermeister Lewe und sein damaliger Amtskollege in Enschede, Onno van Veldhuizen, zum Laufen gebracht (dazu gleich mehr). Und eigentlich wollte Münster auch gar keine weiteren Städtepartnerschaften mehr eingehen. Die Kontakte ins Ausland sind nämlich kostspielig. Es braucht dafür Personal bei der Stadt, das die Verbindungen am Laufen hält. Und diese Ressourcen wollte Münster zunächst in bestehende Kontakte investieren.

In Enschede sah das anders aus, die Stadt warb jahrelang um eine Partnerschaft mit Münster. Enschedes Deutschlandkoordinator René Bogaarts erklärt das mit einer sogenannten 360-Grad-Strategie: Seine Stadt wolle Verbindungen in alle Richtungen auf- und ausbauen, auch jenseits der Staatsgrenze. Für Enschede sei in Deutschland nämlich mehr zu holen als beispielsweise im Wirtschaftszentrum der Niederlande im Westen des Landes. Enschede hat sich dafür eine Deutschlandagenda gesetzt, die die Kooperation mit Münster einschließt. Bis 2027 will Enschede beispielsweise einen gemeinsamen Arbeitsmarkt mit den angrenzenden Regionen in Deutschland aufbauen. Kinder und Jugendliche sprechen dann wie selbstverständlich Deutsch und Niederländisch und der Pendelverkehr über die Grenze fließt reibungslos, so lautet die Vision.

Bis Münster auf das Angebot aus Enschede reagierte, dauerte es aber eine Weile. Genau genommen änderte sich alles 2016. Damals entschieden die Menschen im Vereinigten Königreich per Referendum, sich aus der Europäischen Union zu verabschieden. Und damit hatte Münster plötzlich ein Problem. Die Stadt möchte nämlich europäische Projekte vorantreiben und braucht dafür Geld aus EU-Programmen. Weil die Partnerstadt York aber nicht mehr zur Union gehört, ist „der Zugriff auf einige Fördertöpfe der EU, die eine Beteiligung von mindestens drei EU-Städten vorsieht, (…) nur noch unter erschwerten Bedingungen möglich.“ Aus diesem finanziellen Interesse macht niemand einen Hehl, der zitierte Satz steht gleich im ersten Absatz der Beschlussvorlage zur Städtepartnerschaft Münster-Enschede.

Enge Kontakte und gemeinsame Projekte

War Enschede also einfach ein schneller Ersatz für York? Kann sein, jedenfalls auf dem Papier. Es wäre aber unfair, die Städtepartnerschaft nur aufs Geld aus Brüssel zu reduzieren. Schließlich pflegt Münster zu kaum einer anderen Stadt im Ausland so enge Kontakte, was sicher auch daran liegt, dass die beiden Rathäuser nur schlappe 67 Kilometer trennen.

Christiane Lösel stellte mir in einem Telefonat einige Projekte vor, die Münster und Enschede gemeinsam verfolgen. Das sind zum einen große, langfristige Vorhaben wie der Bau der S-Bahn Münsterland, an dem beide Städte ein Interesse haben. Aber auch im Tagesgeschäft gebe es viele Verquickungen, sagte Lösel: gemeinsame Radtouren, ein Sonntagsmarkt in Enschede mit Ständen aus Münster, das Sportevent Twin City Games, die Tolle Woche in Enschede und – siehe da – von der EU-geförderte Projekte.

Bei solchen Veranstaltungen sollen die Menschen die Kultur der Nachbar:innen kennenlernen. Platt gesagt: deutsche Gründlichkeit hier, niederländischer Pragmatismus dort. Neben solchen Projekten für Bürger:innen gibt es auch Austauschprogramme für die Mitarbeitenden der Verwaltungen. Zum Beispiel kommen Verwaltungsauszubildende leichter an Praktika jenseits der Grenze, auch Feuerwehrleute und Fachkräfte aus der Wasserwirtschaft stünden im Austausch, sagt Lösel. Spürbare Veränderungen brächte das noch nicht, aber es sei ein Anfang. Auch für Politiker:innen gebe es Austauschprogramme. Die Resonanz sei laut Lösel aber noch ausbaufähig. Immerhin: Über einen Bürgermeistertausch 2017 berichtet sogar die Bildzeitung.

Verkehr, Arbeitsmarkt, Sicherheit

Hinter solchen oft auch kleinen Projekten stehen große Ziele, die Münster und Enschede in der Partnerschaftsurkunde und in einer Absichtserklärung formuliert haben. Auf acht Ebenen wollen die Städte kooperieren:

  1. Anbindung: Münster und Enschede sollen zu einer Stadtregion zusammenwachsen, in der die Landesgrenze keine Rolle mehr spielt. Dazu sollen Radwege, Straßen, Schienen und auch der Luftverkehr ausgebaut werden.
  2. Nachhaltigkeit: Auch in Sachen Klimaschutz wollen beide Städte enger zusammenarbeiten, etwa bei der Energieversorgung und der Abfallwirtschaft. Hier sind aber die Ziele sehr unterschiedlich. Laut Deutschlandagenda will Enschede 12 Prozent der Energie bis 2030 aus sich erneuernden Quellen beziehen. Münster hat sich vorgenommen, bis dahin komplett klimaneutral zu werden.
  3. Arbeitsmarkt: Die Städte wollen die Grenzregion zu einem gemeinsamen Arbeitsmarkt ausbauen, unter anderem mit einer grenzüberschreitenden Arbeitsvermittlung. Berufsabschlüsse aus dem Nachbarland sollen leichter anerkannt werden.
  4. Wirtschaft: Für Unternehmen soll es einfacher werden, an grenzüberschreitenden Ausschreibungen teilzunehmen. Dafür sind Projekte mit der IHK beabsichtigt.
  5. Sicherheit: Auf dem ehemaligen Militärstützpunkt des Flughafens Twente soll ein Übungsgelände mit sogenanntem Safety Campus für Sicherheitsschulungen entstehen.
  6. Bildung: An den Universitäten soll es mehr Studiengänge geben, die sowohl einen deutschen als auch niederländischen Abschluss vergeben.
  7. Kultur und Sport: Orchester und Theater sollen zusammenarbeiten und dabei von den Stadtmarketings unterstützt werden. Bei Großveranstaltungen und Reitsportevents wollen die Städte einander ebenfalls unterstützen.
  8. Austausch: Der soll sich nicht auf die Verwaltung und die Politik beschränken, sondern perspektivisch allen Bürger:innen zugänglich gemacht werden.

Das alles klingt sehr ehrgeizig. Und das ist interessant, weil gleichzeitig Städtepartnerschaften immer häufiger in Frage gestellt werden. Euregio-Vorsitzender Rob Welten berichtete am Dienstag, dass etwa die Stadt Utrecht inzwischen alle Partnerschaftsverträge gekündigt habe. Sie habe sie als zu teuer und auch ein wenig altmodisch empfunden: „Die Niederlande sind eben eine Handelsnation.“

Dabei zeige sich gerade jetzt, wie wichtig Städtepartnerschaften noch immer seien, sagte Christiane Lösel. Besonders am Beispiel der Freundschaft zwischen Münster und dem polnischen Lublin: „Als der Krieg in der Ukraine ausbrach, brauchten wir nur wenige Anrufe und schon waren Hilfsgüter aus Münster ins Lublins ukrainischer Partnerstadt Lwiw.“ (sfo)

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Eingedämmte Neubauten

Energiesparen ist immer eine gute Idee, und angesichts des Krieges in der Ukraine ist es jetzt auch noch politisch. Bastian Brinkmann von der Süddeutschen Zeitung schreibt, man solle Putin eindämmen, also etwa Häuser sanieren, ein schönes Wortspiel.

Wer in Münster ein ganz neues Haus baut, muss es sowieso gut eindämmen: Neue Gebäude müssen seit Oktober den KfW-40-Standard erfüllen, also besonders energieeffizient sein. Als der Standard eingeführt wurde, gab es Streit im Rat. Die CDU war dagegen (die Gründe hatten wir uns hier in einem Faktencheck angeschaut), Grüne, SPD und Volt setzten den Standard trotzdem durch.

Bis Januar 2022 wurden Bauprojekte mit diesem Standard finanziell gefördert, dann plötzlich nicht mehr. Der Grund: Der Fördertopf war leer, weil viele Menschen sich noch schnell Geld für ihren Neubau nach einem weniger effizienten und deshalb auslaufenden Energiestandard gesichert hatten. Im April füllte die Bundesregierung neues Geld in den Topf, eine Milliarde Euro, aber auch die war nach ein paar Stunden schon wieder aufgebraucht.

Und jetzt? Robin Korte von den Grünen in Münster sagte uns auf Anfrage, die Ratskoalition halte an dem KfW-40-Standard für Neubauten in der Stadt fest. Zum Ende des Jahres wolle die Bundesregierung sowieso ein neues Förderprogramm auf den Weg bringen, dann werde die Politik in Münster reagieren. Und jetzt sei erstmal die Stadtverwaltung am Zug: Sie müsse sicher eine neue Modellrechnung erstellen; vielleicht lohne sich der Standard wegen der höheren Energiepreise auch ohne Fördermittel.

Nachfrage bei der Stadtverwaltung: Wird es eine neue Modellrechnung geben? Nein, denn auch die werde bald wieder veraltet sein, so schnell, wie die Energiepreise gerade steigen. Aber, und das ist die gute Nachricht in der schlechten: Wenn die Energiepreise um sechs bis zehn Prozent pro Jahr steigen, sei ein KfW-40-Haus tatsächlich auch ohne Fördergelder „auf längere Sicht sogar deutlich wirtschaftlicher“. Um die Klimaziele zu erreichen, sei der Standard ohnehin geboten, und ab 2025 solle er laut Koalitionsvertrag der Bundesregierung deutschlandweit Pflicht werden (das stimmt).

Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Wenn Sie beim Neubau noch eine Schippe drauflegen und besonders hohe ökologische und soziale Standards einhalten, gibt es immer noch Fördermittel, jedenfalls bis Ende des Jahres. Wie viel Sie bekommen können, steht hier, und was Sie dafür tun müssen, hier. (cbu)

Corona-Update

Das Robert-Koch-Institut meldet heute, dass die deutschlandweite Sieben-Tage-Inzidenz wieder unter 500 gefallen ist. Allerdings bilden die Werte im Moment nicht das tatsächliche Infektionsgeschehen ab, unter anderem weil viele Menschen nach einem positiven Schnelltest keinen PCR-Test machen lassen und damit trotz einer Infektion nicht in der Statistik auftauchen.

Wir melden Ihnen hier deshalb zwar die offiziellen Zahlen aus Münster, aber eben mit dem Hinweis, dass sie mit großer Sicherheit sehr ungenau sind. Seit gestern wurden 336 Neuinfektionen gemeldet, insgesamt gelten heute 3.256 Münsteraner:innen als infiziert. Die Wocheninzidenz in Münster liegt laut Robert-Koch-Institut bei 474. In den Krankenhäusern der Stadt werden 44 Covid-Patient:innen behandelt, zwei von ihnen auf der Intensivstation, beide werden beatmet.

Seit Dienstag wurden in Münster drei neue Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 gemeldet. Insgesamt sind seit Pandemiebeginn 205 Menschen aus der Stadt gestorben, die mit dem Coronavirus infiziert waren. (cbu)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Wenn Bus und Bahn zu spät dran sind, können Reisende die Kostenerstattung für andere Verkehrsmittel jetzt auch digital beantragen. (Land NRW)

+++ Ab Montag entfällt die Maskenpflicht in den Gebäuden der Stadt. (Stadt Münster)

+++ Die Uniklinik will trans Personen bei dem Prozess ihrer Geschlechtsangleichung unterstützen und auch danach begleiten. (Antenne Münster)

+++ Die Bushaltestelle „Bus Shelter IV“ (heute am Aegidiimarkt A / LWL-Museum), die der US-amerikanische Künstler Dennis Adams für die Skulptur Projekte 1987 installiert hatte, war beschädigt und ist wieder repariert. (LWL)

+++ Zuchterfolg im Zoo: Am 6. Mai ist ein Mönchsgeierküken im Allwetterzoo geschlüpft. (Westfälische Nachrichten)

+++ Zur Jubliäumsfeier, das die Uni-Stiftung anlässlich ihres zehnjährigen Bestehens veranstaltet, kommt „heute show“-Frontmann Oliver Welke. (Uni Münster)

+++ Im „Maxi-Sand“ auf dem Syndikatplatz kann ab heute wieder gebuddelt werden. (Stadt Münster)

+++ Privatpersonen, Unternehmen, Vereine und andere Organisationen können sich bis zum 31. August für den Umweltpreis bewerben. (Stadt Münster)

Unbezahlte Werbung

Von Wiesen umgeben und an das Naturschutzgebiet Davert grenzend, liegt im Süden Münsters Keßler’s Landhaus, ein uriges Anwesen mit einem kleinen Ponyhof. Ein schönes Ausflugsziel für Familien und ein Paradies für junge Pferdefans, die sich dort für einen Ausritt eines der etwa zehn Ponys leihen können. Der Rundgang führt über Feldwege und durch ein kleines Waldstück und dauert etwa eine halbe Stunde. Verlaufen können Sie sich nicht, die Ponys zeigen Ihnen, wo’s langgeht. Im Café des Landhauses können Sie sich nach dem Ausritt ein gemütliches Plätzchen suchen und einen der hervorragenden selbstgebackenen Kuchen probieren. Unser Favorit ist der Stachelbeerkuchen. Für die Kleinen gibt es auch Waffeln und Eis. Anmeldungen sind am Wochenende nicht erforderlich, an anderen Tagen rufen Sie am besten vorher kurz an: 01573 3971678. Ausreiten können Sie täglich ab 14 Uhr.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Zum Wochenende kommen wieder einige schöne Empfehlungen von Eva Strehlke, voilà:

+++ Der Verein „Münster nachhaltig“ hat Radrouten entworfen, auf denen Sie nachhaltige Projekte und Akteur:innen rund um Münster kennenlernen. Auf der Homepage finden Sie digitale Karten und die Möglichkeit, eine private Tour anzufragen.

+++ Wenn Sie das sonnige Wetter nutzen wollen, um Balkon oder Garten bereit für den Sommer zu machen, sollten Sie vorher vielleicht noch schnell im Landwirtschaftsverlag (Hülsebrockstraße 2-8) vorbeischauen. Dort findet morgen und übermorgen ein großer Lagerverkauf des Landlust Shops statt, sodass Sie sich zu reduzierten Preisen mit Gartengerät und Co. ausstatten können.

+++ Morgen Vormittag um 11 Uhr startet in der Überwasserkirche die neue Konzertreihe Marktmusik. Jeden zweiten Samstag können Sie auf dem Weg zum oder vom Markt einfach vorbeischauen. Zum Start der Reihe singt morgen das Ensemble 22 der Uni Münster.

+++ Im Jugendzentrum im Paul-Gerhardt Haus findet morgen ab 14 Uhr ein Spendenflohmarkt statt. Wenn Sie selbst etwas verkaufen wollen, können Sie heute noch einen Stand anmelden, per Telefon unter 0251 54036 oder per Mail. Und sonst können Sie natürlich auch einfach zum Stöbern vorbeikommen.

+++ Was verbirgt sich wohl hinter der Jobbezeichnung „Content Moderator“? Am Montag zeigt der Filmclub Münster im Schloßtheater einen Film über diese Schattenindustrie, in der hunderttausende Menschen täglich millionenfach unerwünschte Inhalte aus dem Internet entfernen: The Cleaners. Karten gibt es hier. Alternativ können Sie den Film auch über die Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung anschauen.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Dann geht es unter anderem um die Landtagswahl. Und wenn Sie sich noch nicht sicher sind, was Sie am Sonntag wählen sollen, vielleicht hilft der Wahlkompass Ihnen weiter.

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Julia Albers, Constanze Busch, Jan Große Nobis, Ralf Heimann, Eva Strehlke, Antonia Stromann

Lektorat: Melanie Kelter

PS

Noch in den sechziger Jahren gehörte „Aus dem Fenster gucken” zu den Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen. Wenn ich ehrlich bin, finde ich dieses Hobby auch heute noch superspannend. Besonders viel Spaß macht es, aus dem Fenster zu schauen, wenn ein Baum oder Busch davor steht, denn dann kann man ganz viele Vögel beobachten. Probieren Sie es am Wochenende doch einmal aus. Und notieren Sie sich unbedingt, was Sie sehen. Denn zwischen dem 13. und 15. Mai veranstaltet der Nabu die diesjährige Stunde der Gartenvögel. Mit diesem Mitmachprojekt soll der Vogelbestand in Deutschland gezählt werden, und das ist auch für Münster wichtig, denn auch hier verschwinden immer mehr Vögel (RUMS-Brief vom 18. Februar 2022). Dem Nabu können Sie übrigens einfach helfen: eine Stunde aus dem Fenster schauen, Vögel zählen, Strichliste führen und die Ergebnisse dem Nabu zusenden. Falls Sie Lust darauf hätten, aber eine Amsel von einem Spatz nicht unterscheiden können, dann klicken Sie sich doch einmal hier durch.

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