Verliert Münster den Charakter als Studierendenstadt? | Uniklinik-Streik: Einigung nach elf Wochen | Wie es am Wochenmarkt weitergehen soll

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

was war das für eine Woche. Am Dienstag brachte uns eine extreme Hitzewelle noch zum Schwitzen, in Südeuropa und an der A44 bei Kassel brannte der Wald und heute Vormittag sind die Temperaturen wieder unter die 20-Grad-Marke gesackt. So sieht er also aus, der vielleicht kälteste Sommer für den Rest unseres Lebens.

Um bei diesem Hitzewahnsinn nicht den Verstand zu verlieren, haben Sie sich bestimmt die eine oder andere Überlebensstrategie überlegt. Morgens stoßlüften, dann Rollos runter und nur noch aus dem Haus, wenn es unbedingt sein muss. Im Tierreich ist das übrigens nicht anders. Füchse, Kaninchen und Dachse verlassen bei der Hitze ihren unterirdischen Bau auch nur, wenn es sich nicht vermeiden lässt. Wildschweine nehmen häufiger mal ein kühlendes Schlammbad. Und Feldhasen haben einen ganz besonderen Trick zur Abkühlung auf Lager: Sie leiten die Hitze aus ihrem Körper, indem sie mehr Blut in ihre Löffel pumpen. Wieder was gelernt.

Und was machen Eichhörnchen? Die gehen bei der Hitze in die nächstbeste Brauerei. So ist es zumindest kürzlich im Läuterwerk an der Hammerstraße geschehen. Einige Gäste entdeckten ein fast ausgetrocknetes Eichhörnchen, das sich mit letzter Kraft in Richtung Zapfhahn robbte. Die Gäste verständigten das Thekenpersonal, das das arme Ding sofort mit einigen Schlucken Wasser und einer Handvoll Pekannüsse aufpäppelte. Später übergaben die Helfer:innen dem Nestwerk Münsterland das kleine Eichhörnchen für die weitere Pflege.

Das Eichhörnchen hat also noch einmal Glück gehabt, aber nicht jedem Wildtier, das verletzt oder verwaist aufgefunden wird, kann im Moment geholfen werden. Das Nestwerk fordert deshalb den Rat der Stadt Münster dazu auf, eine Wildtierstation einzurichten. Die Petition können Sie hier unterschreiben. Wenn Sie mehr machen wollen als unterschreiben, dann schauen Sie einmal hier. Dort finden Sie einige Tipps, mit denen Sie Ihren Garten oder Balkon tierfreundlicher machen können. Vögel, Igel, Eichhörnchen und Co. freuen sich im Sommer zum Beispiel über einen schattigen Unterschlupf oder über eine Wassertränke. (sfo)

Kurz und Klein

+++ Weniger Studierende I: Verliert Münster den Charakter als Studierendenstadt? Auf diesen Trend deutet zumindest die Statistik hin: Landes- und bundesweit nehmen immer weniger Menschen ein Studium auf. Die Gründe für den Rückgang schreiben die Statistikfachleute dem demografischen Wandel und der Coronapandemie zu: Es kommen einfach nicht genug Studierende nach, und durch die Pandemie würden auch weniger Menschen aus dem Ausland zum Studium nach Deutschland ziehen, heißt es in der Pressemitteilung. Die Universität Münster spürt diesen Trend. Laut einer Auswertung der Statistikamts IT NRW nahm die Zahl derjenigen, die ein Studium an der Uni anfangen, in den letzten drei Wintersemestern kontinuierlich ab. Uni-Sprecher Norbert Robers kann für das kommende Semester noch keine Zahlen nennen. Am 15. Juli endete die Bewerbungsfrist für zulassungsbeschränkte Studiengänge, allerdings sei es zu aufwendig, die Bewerberzahlen von allen Fachbereichen abzugreifen, sagt Robers. Genaues sei im Oktober bekannt. (sfo)

+++ Weniger Studierende II: Bei der FH Münster ist das anders. Sie hat in den letzten Wintersemestern mehr Studienanfänger:innen aufgenommen, aber die Zahl der Bewerbungen gehe zurück, schreibt Michelle Liedtke von der FH-Pressestelle. Auf die 1.131 zulassungsbeschränkten Studienplätze fürs kommende Semester haben sich fast 4.200 Personen beworben, im vergangenen Jahr waren es noch 5.700 Studieninteressierte. Den Rückgang erklärt sich die FH mit der Demografie. Der Hackerangriff, der das Bewerbungsportal zwischenzeitlich vom Netz trennte, habe dagegen keinen spürbaren Effekt hinterlassen, schreibt Liedtke. Für zulassungsfreie Studiengänge ohne NC können sich Studierende noch bis zum Semesterbeginn an beiden Hochschulen bewerben. (sfo)

+++ Ende Februar meldete Münsters Zoo, dass Zeta, die älteste Löwin Europas ihren 24. Geburtstag feiert. Fernsehteams kamen, um mit ihrem Pfleger zu sprechen. Der sagte, 24, das sei nun wirklich ein Methusalem-Alter. Eigentlich werden Löwen im Schnitt 16 Jahre alt. Jetzt ist Zeta gestorben, schreibt der Zoo in einer Mitteilung. Ihr Gesundheitszustand habe sich immer weiter verschlechtert. Sie habe unter anderem Probleme mit den Nieren und Arthrose gehabt. Man habe sie einschläfern müssen. Woran genau sie litt, soll nun eine Untersuchung in der Pathologie klären. (rhe)

Wie es weiterging I

Am Dienstagabend verkündete die Tarifkommission der Gewerkschaft Verdi auf einer Pressekonferenz, dass sie dem Tarifvertrag Entlastung zustimmt und den Streik aussetzt. Elf Wochen lang hatten die Beschäftigten an den sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen für bessere Arbeitsbedingungen gestreikt. Nun endet der Arbeitskampf nach elf Wochen.

Worauf haben sich Verdi und die Unikliniken geeinigt? Der Entlastungstarifvertrag soll ab Anfang 2023 gelten und enthält im Kern schichtgenaue Betreuungsschlüssel für „weite Teile in der Pflege“, heißt es in der Pressemitteilung. Verdis Verhandlungsführerin Katharina Wesenick sagt, das Verhältnis zwischen Beschäftigten und Patient:innen werde in Zukunft pro Dienstschicht von einem System gemessen. Wenn beispielsweise auf einer Normalstation im Nachtdienst 35 Betten belegt sind und der Betreuungsschlüssel vorsieht, dass auf eine Pflegekraft maximal 13 Patient:innen kommen, müssen dort mindestens drei Pflegekräfte arbeiten. Wenn nur zwei Pflegekräfte da sind, bekommen beide einen sogenannten Belastungspunkt. Sobald jemand sieben Punkte hat, gibt es für diese Person einen freien Entlastungstag. Im ersten Jahr können die Pflegekräfte bis zu elf Entlastungstage bekommen, im zweiten Jahr 14 und im dritten Jahr 18. Davon würden fünf Entlastungstage ausgezahlt, damit in den Kliniken genug Personal arbeitet.

Diese Umsetzung dürfte allerdings bis zu anderthalb Jahre dauern. Deshalb gibt es laut dem neuen Tarifvertrag bis Mitte 2024 fünf freie Tage, von denen einer ausgezahlt werden müsse, sagt Wesenick. Für Beschäftigte aus der Ambulanz, dem Transport, dem Service (Küche, Kantine), der IT und der Technik habe Verdi keine Entlastungstage verhandeln können. In diesen Bereichen müssen die Unikliniken dreißig neue Vollzeitstellen besetzen. Laut Wesenick befürchten die Arbeitgeber, dass noch mehr Berufsgruppen „eine Chance wittern“ und Entlastungstage einfordern.

Eine Formalie muss allerdings noch erfüllt werden, damit der Entlastungstarifvertrag in Kraft tritt: Die Verdi-Mitglieder müssen zustimmen. Sie hatten sich im April bei einer Urabstimmung für einen unbefristeten Streik ausgesprochen. Daher müssen drei Viertel der Gewerkschaftsmitglieder bis zum Ende der Erklärungsfrist am 5. August das Eckpunktepapier des Tarifvertrags absegnen. Nur so würde der Streik endgültig beendet, erläutert Katharina Wesenick.

Sollten die Verdi-Mitglieder das Papier ablehnen, würden die Streiks fortgeführt. Dies hält Katharina Wesenick aber für sehr unwahrscheinlich, weil sich am Dienstag bei einer Abfrage in den Streikzelten schon eine Mehrheit für das Eckpunktepapier abzeichnete. (ast)

Wie es weiterging II

In der nächsten Woche kommt die Hitze zurück. Hier noch ein paar Nachträge zu unserer Berichterstattung im RUMS-Brief am Dienstag.

Wir hatten geschrieben, wenn man sich kostenlos etwas Blaualgenwasser abfüllen wolle, könne man das am Aasee machen. Danach meldete sich eine Leserin, die das sehr missverständlich fand, weil in der Nähe der Aasee-Kugeln ein Trinkwasserbrunnen steht. Daher hier noch einmal unmissverständlich: Der Brunnen war nicht gemeint. Aus dem können Sie bedenkenlos trinken, wie übrigens auch aus dem Trinkwasserbrunnen am Coerdeplatz auf der anderen Seite der Altstadt.

Was ist noch passiert? Die Stadt Münster hat kostenlos Wasser für Obdachlose zur Verfügung gestellt. Das Land Nordrhein-Westfalen stellt außerdem einen Topf mit 250.000 Euro Hilfen zur Verfügung, aus denen freie Träger und Wohnungslosenhilfen sich wie im Winter bedienen können, meldet der Caritas-Verband. (rhe)

Zahlen, bitte.
Infografik zu Menschen mit Migrationsvorgeschichte in politischen Gremien

Eine wichtige Frage für den Erfolg von Integration ist: Wie stark sind Menschen mit Migrationsvorgeschichte in politischen Gremien vertreten? 2021 hatte im Durchschnitt gut eine von zehn Personen, die in politischen Gremien aktiv sind, eine Migrationsvorgeschichte. Das ist etwas mehr als noch 2017, entspricht aber lange nicht dem Anteil der Menschen mit Migrationsvorgeschichte an der Gesamtbevölkerung.
Der Stadtrat weist eine besonders schlechte Quote auf: Nur sechs Prozent der Mitglieder haben eine Migrationsvorgeschichte. In den Bezirksvertretungen sind es knapp zehn Prozent.

(Quelle: Integrationsmonitoring Stadt Münster)

Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!

Geteilter Markt, geeinter Markt

Der vergangene Mittwoch war kein normaler Markttag in Münster. Viele Marktbeschicker:innen sind gerade im Urlaub, und wegen der Extremhitze hatte es der Marktmeister den übrigen Händler:innen selbst überlassen, ob sie zum Wochenmarkt an den Domplatz kommen wollen oder nicht. Entsprechend wenige Marktbeschicker:innen haben ihre Stände aufgebaut. Und wirklich viel zu tun haben sie auch nicht. Das Gedränge, das Sie sonst vom Wochenmarkt kennen, blieb zumindest am Mittwoch aus.

Hinter den Kulissen ist zurzeit dennoch einiges los. Der Wochenmarkt am Domplatz soll nämlich umgestaltet werden, und nicht alle Marktbeschicker:innen sind mit den Plänen der Stadt Münster einverstanden. Während sich die einen über die Erreichbarkeit des Marktes sorgen, kämpfen die anderen um ihren Standplatz. Und sie sind nicht nur sauer auf die Stadt. Auch zwischen den Händler:innen rumort es.

Damit wir die Streitigkeiten der Marktbeschicker:innen mit der Stadt und untereinander verstehen, müssen wir zwei Jahre zurückspringen. Alles fing nämlich mit dem Beginn der Pandemie an und mit ein wenig Glück könnten die Marktbeschicker:innen am Ende auch einen Kompromiss finden, mit dem alle leben können.

Coronabedingt neu aufgeteilt

Im März 2020 beschloss die Stadt Münster, den Wochenmarkt neu aufzuteilen. Der Grund war die Coronapandemie, denn mit der Neuordnung wollte die Stadt den Markt entzerren, um Infektionen zu vermeiden. Zeitweise schlängelte sich der Wochenmarkt deshalb vom Prinzipalmarkt über den Domplatz bis zum LWL-Museum für Kunst und Kultur. Diese Form des Wochenmarktes war angedacht bis Ende August 2020 – wahrscheinlich in der Annahme, dass sich das mit dem Coronavirus bis dahin erledigt haben würde.

Aber Sie wissen: Es kam ganz anders. Inzwischen sind die Verkaufsstände vom Prinzipalmarkt verschwunden und seit Herbst 2020 konzentriert sich wieder alles am Domplatz. Allerdings ist auch die jetzige Aufteilung etwas luftiger als die alte: An der Westseite des Paulus-Doms stehen die Blumenhändler:innen auf dem alten Beschickerparkplatz, die Imbissbuden haben sich auf dem von der Stadt angemieteten Westfalenfleiß-Parkplatz gegenüber vom Landesmuseum eingerichtet und auf den Anwohnerparkplätzen zwischen der Bezirksregierung und der Kardinal-Von-Galen-Skulptur haben sieben Stände ihren Platz gefunden (hier das Beweisfoto).

Streitpunkt 1: die erste Marktreihe

Wenn es nach dem Ordnungsamt geht, sollen diese Stände jetzt weg. Anfang Juli erfuhren die Beschicker:innen davon, dass sie die sogenannte erste Marktreihe räumen müssen. Und zwar binnen vierzehn Tagen. Die waren am Mittwoch allerdings schon abgelaufen, die sieben Verkaufsstände standen trotzdem auf den Parkplätzen. Was war da los?

Peter Holkenbrink, Gemüsebauer aus Ostbevern, ist der inoffizielle Klassensprecher der ersten Marktreihe. Er sagt, die Beschicker:innen hätten das Ordnungsamt so verstanden, dass sie „für immer“ in der neuen Marktreihe bleiben könnten. Sonst wären einige von ihnen auch gar nicht erst das Risiko eingegangen, vom Domplatz wegzuziehen. Holkenbrink hatte vor dem Umzug einen Platz mitten auf dem Wochenmarkt. Um Kunden zu binden, sei Standorttreue alles, sagt er.

Und er ergänzt, dass ihm der neue Standort deutlich besser gefalle. Die Linden spenden Schatten, und für ältere Kund:innen ist Holkenbrinks Gemüsestand leichter zu erreichen. Sie können sich auf der geteerten Straße besser bewegen als auf den Pflastersteinen am Domplatz. Er und die anderen Beschicker:innen hätten in den vergangenen zwei Jahren viel in die Marktreihe investiert, sagt Holkenbrink. Er würde sie gerne weiterentwickeln, zum Beispiel mit einem Blumenstand. Umsatzmäßig habe sich im Vergleich zu seinem alten Standort wenig verändert, sagt er.

Dass die Stadt die Beschicker:innen kurzfristig über den erneuten Umzug informiert hat, ärgert Holkenbrink. Zwei Wochen seien zu wenig Zeit, um die Kund:innen auf den Standortwechsel vorzubereiten. Wie sieht die Stadt die Sache?

Übergangslösung oder nicht?

Das Presseamt antwortet auf unsere Nachfrage, das Ordnungsamt habe die Nutzung der Anwohnerparkplätze „von Beginn an als Übergangslösung konzipiert“. Eine Zusage, die Parkplätze „für immer“ nutzen zu können, habe es nie gegeben. Das sei auch gar nicht möglich, denn das stünde der Weiterentwicklung des Wochenmarktes im Weg, und dagegen spreche „die straßenverkehrsrechtliche Situation“.

Peter Holkenbrink sieht das anders. Er versteht, dass das Ordnungsamt die Marktreihe wieder als Straße nutzen wolle. Er wirbt aber für eine Kompromisslösung: Die Straße bleibt eine Straße, aber der Markt darf trotzdem darauf stattfinden. Man könne zum Beispiel wie am Domplatz elektrische Poller vor der Einfahrt installieren. Die Anwohnenden könnten sie dann mit einer Fernbedienung in den Boden absenken.

Sandra Beer, die für die SPD im Rat der Stadt Münster sitzt, zeigt Verständnis für Holkenbrink und die anderen Händler:innen in der ersten Marktreihe. Sie hat sich vor Ort ein Bild gemacht und mit den Beschicker:innen gesprochen. Sie findet, die Marktreihe solle bestehen bleiben, bis die Politik eine Lösung findet. Beer könne aber auch die Stadt verstehen. Die Lücken auf dem Domplatz würden das Marktflair beschädigen und dadurch, dass die erste Marktreihe auf einer befahrbaren Straße aufgebaut sei, täten sich Sicherheitsfragen auf.

Das Presseamt teilt mit, dass ein Grund für den Abbau der ersten Marktreihe auch darin bestehe, „die typische Wochenmarkt-Atmosphäre“ wiederherzustellen. Ob damit gemeint ist, dass alles wieder so aussehen soll wie 2019, wissen wir nicht. Peter Holkenbrink würde das jedenfalls nicht wollen. Er fand den alten Markt zu eng. An seinem neuen Standort habe er nun genug Platz für den Auf- und Abbau und mehr Zeit für seine Kundschaft.

Sandra Beer sagt, die freien Flächen könne man mit neuen Beschicker:innen besetzen. Oder auch mit den gelben Stühlen, die auf den Anwohnerparkplätzen stehen, wenn kein Markt stattfindet. Und für das Verkehrsproblem finde sich schon eine „smarte Lösung“, sagt Beer. „Ein Händler könnte zum Beispiel wie beim Weihnachtsmarkt die Einfahrt zur Straße mit seinem Fahrzeug zuparken“, sagt sie.

Streitpunkt 2: der autofreie Domplatz

Eine noch smartere Lösung wäre, den Domplatz gleich ganz autofrei zu machen. So will es schließlich das Ratsbündnis aus Grünen, SPD und Volt. Peter Holkenbrink findet diese Idee gut. Er befürchtet nicht, dass die Kundschaft ausbleibt, wenn in Münsters Innenstadt irgendwann keine Autos mehr fahren dürfen.

Sorglosigkeit, die nicht alle Markthändler:innen teilen. Eine Reihe weiter hat Vinzenz Kuhl seinen Stand. Er verkauft dort Wurst, Käse und Feinkost. Anders als Peter Holkenbrink sieht Kuhl die autofreie Innenstadt kritisch. Ihn stören die Imbissbuden auf dem Westfalenfleiß-Parkplatz. Er könne nachvollziehen, dass es auf dem Wochenmarkt eine Fläche für den Imbiss gibt, sagt er. Aber nicht, dass dafür Leute, die aufs Auto angewiesen seien, nicht mehr auf dem Wochenmarkt einkaufen könnten.

Kuhl wäre bereit, Einschränkungen hinzunehmen, wenn es Alternativen zum Auto gebe. Man könnte zum Beispiel einen Rikscha-Transport für ältere Kundschaft oder einen Abhol- oder Lieferservice einrichten, sagt er. Das könne man einfach ausprobieren.

Abspaltung vom Marktverein

Mit seinen Bedenken ist Vinzenz Kuhl allerdings relativ alleine. Im vergangenen Jahr gründete er mit sechs anderen Beschicker:innen einen zweiten Marktverein, der die Interessen derjenigen vertritt, die den Kundenparkplatz erhalten wollen. Inzwischen sind sie zu zehnt – und im Vergleich zu den über 100 Mitgliedern des ursprünglichen Marktvereins in der Minderheit.

Kuhl sorgt sich außerdem um die Marktatmosphäre. Er sagt, er habe Verständnis für seine Kolleg:innen in der ersten Marktreihe. Ihn stören allerdings die Lücken, die durch die Entzerrung entstanden sind. Früher sei der Markt ein Hingucker und Touristenmagnet gewesen, findet er. „Jetzt sieht er aber schovel aus.“

Dass aber der alte Wochenmarkt aus der Vor-Corona-Zeit zurückkehrt, erscheint unwahrscheinlich. Und das liegt nicht nur an den Rebell:innen aus der ersten Marktreihe. Auch die Beschicker:innen der Imbiss-Stände auf dem Westfalenfleiß-Parkplatz werden ihren Standort nur widerwillig räumen.

Das sagt zumindest Rolf Mehlitz. Er betreibt Stürzl’s Grill und frittiert Reibekuchen, zu denen er Kräuterquark oder Apfelmus reicht. Mehlitz liebt seinen neuen Standort unter den schattigen Linden. Am Domplatz sei es zu eng und zu heiß gewesen. Ein Wochenmarkt müsse den Kund:innen aber heutzutage einen Eventcharakter bieten, sagt er. Und von den Leuten, die mit dem Auto zum Markt kämen, hänge der Umsatz ohnehin nicht ab.

Das sieht auch Martin Winterhoff so. Er betreibt das Café am Dom und ist der stellvertretende Vorsitzende der Interessengemeinschaft der Marktbeschicker:innen, von der sich die autofreie-Innenstadt-Kritiker:innen um Feinkosthändler Vinzenz Kuhl abgespaltet haben. Winterhoff sorgt sich nicht um die Erreichbarkeit des Wochenmarkts. Die Leute würden nur ungern vor dem Westfalenfleiß-Parkplatz im Stau stehen, der Krach und der Gestank der Autos würden die Leute beim Einkaufen stören. Winterhoff wolle lieber unabhängig vom Auto die Aufenthaltsqualität am Markt steigern.

Kompromisse in Reichweite?

Winterhoff sagt zwar, die Beziehungen zum zweiten Marktverein seien schlecht. Trotzdem sind sich Winterhoff und Kuhl in einem Punkt einig: Beide finden, es müssten Alternativen für Kund:innen geschaffen werden, die nicht im Aegidii-Parkhaus parken wollen. Eine solche Alternative habe es Anfang 2022 schon gegeben, sagt Winterhoff. Die Kund:innen konnten ihre Einkäufe in einem Taschenwagen zwischenlagern oder nach Hause liefern lassen. Allerdings endete die Zusammenarbeit mit dem Anbieter früher als gedacht. Im Laufe des Jahres soll dieser Service aber zurückkommen, sagt Winterhoff.

Für einen Kompromiss zwischen den zerstrittenen Händler:innen könnte das ein guter Anfang sein. Und wie schätzt er die Chancen ein, eine Lösung für die erste Marktreihe zu finden? Winterhoff antwortet, die Zusammenarbeit mit der Stadt habe immer sehr gut funktioniert. Die Interessengemeinschaft der Marktbeschicker:innen habe mehrfach nachgefragt, ob die Reihe erhalten bleiben könne. Umso erstaunter sei man gewesen, als es geheißen habe, die Marktreihe müsse binnen vierzehn Tagen verschwinden. Angesichts der steigenden Coronazahlen hält Winterhoff es für eine schlechte Idee, den Wochenmarkt wieder zu verdichten.

Auch Obst- und Gemüsehändler Peter Holkenbrink ist optimistisch. Er hat fast 1.000 Unterschriften von Kund:innen gesammelt, die sich für den Erhalt der ersten Marktreihe aussprechen. Morgen möchte er die Unterschriften den Vertreter:innen der Ratsfraktionen übergeben. Peter Holkenbrink hofft, dass die Politik eine Übergangslösung schafft und dann einen dauerhaften Kompromiss zwischen den Marktbeschicker:innen und dem Ordnungsamt finden kann. Denn die Zeit rinnt. Am 10. August sollen die Händler:innen die erste Marktreihe räumen. (sfo)

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Corona-Update

+++ Die Stadt Münster will die zentrale Impfstelle im Jovel wird deshalb früher als geplant aus der Sommerpause zurückgeholt: Ab dem 2. August wird dort wieder geimpft. Was die Infektionslage angeht, sei vieles allerdings unklar, schreibt die Stadt. Da nur positive PCR-Testergebnisse in die offizielle Statistik des Robert-Koch-Instituts einfließen, könne man an der Sieben-Tage-Inzidenz nur eine Tendenz ablesen. Man gehe deshalb von einer hohen Dunkelziffer infizierter Menschen aus, wird Norbert Schulze Kalthoff, Leiter des Gesundheitsamts Münster, in der Pressemitteilung zitiert. Besonders viele Ansteckungen würden derzeit in der Altenpflege registriert. Die Verläufe seien bei infizierten Patient:innen leichter als beim Personal. (sfo)

Korrekturhinweis: Die usprüngliche Meldung war widersprüchlich. Wir haben über einen Strategiewechsel der Stadt berichtet, der aber gar keiner war. Das haben wir korrigiert.

+++ Schauen wir uns direkt einmal die offiziellen Zahlen der Stadt an: Von gestern auf heute sind 280 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus registriert worden. Die Wocheninzidenz liegt weiterhin im mittleren dreistelligen Bereich: 631 positive PCR-Tests wurden in den letzten sieben Tagen pro 100.000 Einwohner:innen gemeldet. 3.220 Münsteraner:innen sind im Augenblick nachweislich infiziert. Fünf Covid-Erkrankte liegen auf der Intensivstation und zwei werden beatmet. (sfo)

+++ Seien Sie in den kommenden Tagen bitte vorsichtig, wenn Sie sich selbst zu Hause testen: Ab Temperaturen von 30 Grad Celsius verringert sich die Aussagekraft der Selbsttests. Sie spucken dann häufiger falsch-negative Ergebnisse auf, meldet die Verbraucherzentrale. (sfo)

+++ Der Impfbus hält am Mittwoch in Berg Fidel, am Donnerstag in Hiltrup, meldet die Stadt Münster. Möchten Sie sich impfen lassen? Dann können Sie sich anmelden, Sie können sich aber auch spontan entscheiden. (jgn)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Kachelmannwetter sieht mit 39 Grad einen neuen Hitzehöchstwert für Münster (am Kapuzinerkloster), die Wetterstation von Meteomedia nicht. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Bezirksregierung will gegen den Wassermangel in der Region erst mal nichts unternehmen, ihn aber im Blick behalten. (Bezirksregierung Münster)

+++ Die Stadtwerke Münster sehen für den Fall einer Nachfolgelösung für das 9-Euro-Ticket die Gefahr, dass die Menschen aus ihren Abos fliehen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Münsters SPD fänd’s ganz gut, wenn es nach dem Ende des 9-Euro-Tickets (aufs Jahr gerechnet, dem 108-Euro-Ticket) mit dem 365-Euro-Ticket weitergehen würde, das die SPD für Münster ohnehin schon wollte. (SPD Münster)

+++ Das Stadtwerke-Jobticket für Menschen, die beruflich pendeln, wird für viele Menschen ab August günstiger. (Westfälische Nachrichten)

+++ Nachdem die Umleitung fertig ist, kann nun die alte Kanalüberführung abgebaut und ersetzt werden. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Ludwig-Erhard-Berufskolleg bekommt bis zu den Herbstferien 400 neue Fenster für 2,2 Millionen Euro, die Strom, Geld und tonnenweise CO2 sparen sollen. (Stadt Münster)

+++ ​​Weil die Stadtwerke das Wasser, das sie zum Spülen neuer Trinkwasser-Rohre brauchen, in Mariendorf nicht in die Kanalisation leiten können, versuchen sie jetzt, damit den ausgetrockneten Teich an der Dyckburg zu retten. (Stadtwerke Münster)

+++ Die Bezirksregierung Münster macht 108.000 Euro locker, um neue Bäume und Grünflächen in der Stadt zu fördern. (Bezirksregierung Münster)

+++ Tätigkeitsverbote gibt es noch nicht, aber bei der Diakonie haben fünf Beschäftigte wegen der Impfpflicht in Gesundheitseinrichtungen von sich aus gekündigt. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Industrie- und Handelskammer ist erleichtert, dass nach einigem Hin und Her nun wieder Gas durch die Pipeline Nordstream I fließt, und hofft, dass sich im Winter wegen des knappen Gases niemand einschränken muss. (IHK Nord Westfalen)

+++ Münsters Telefonseelsorge hat in 50 Jahren mehr als 400.000 Gespräche entgegengenommen und feiert jetzt Geburtstag. (Bistum Münster)

+++ Über 3.000 Menschen haben bislang an der Aktion „Sport im Park“ teilgenommen, bei der man noch bis zum 14. August Sportarten kostenlos ausprobieren kann. (Stadtsportbund)

+++ Nikolai Rewin wandert von seiner Heimatstadt Hamburg aus über den Westen Deutschlands und Belgien bis nach London, um gegen die Auslieferung von Julian Assange an die USA zu demonstrieren – und für Pressefreiheit. (Westfälische Nachrichten)

+++ Wenn die Kegelbrüder Pech haben, beginnt ihr Prozess erst 2025. (Mallorca Zeitung)

Unbezahlte Werbung

Die Sommerferien sind mehr als zur Hälfte vorbei, viele Münsteraner:innen sind schon wieder zurück aus dem Urlaub und fragen sich, wie sie die Eindrücke und Emotionen noch ein wenig länger auch hier in Westfalen genießen können. Gar nicht so einfach manchmal. Wer in Spanien war und sich dort von Tapas und Wein ernährt hat – ein wirklich vorzügliche Mischung, die so viel entspannter ist, als das übliche deutsche Abendessen – sollte mal bei „Olive & Meer“ am Inselbogen im Geistviertel vorbeischauen. Dort hat Raquel Seoane Martínez im Mai 2021 einen Wein -und Feinkosthandel eröffnet, in dem sie neben zig spanischen Weinen und Olivenölen auch einige ausgesuchte Lebensmittel wie Flor de Sal – ein besonders Meersalz –, eingelegte Oliven, Essige oder Chips anbietet. Zurück zu den Tapas, die gibt es dort auch. Freitags und samstags lädt Raquel Seoane Martínez zu einem Wein-Tasting ein, bei dem sie die wunderbaren kleinen Speisen serviert, natürlich selbstgemacht. Und lernen können die bis zu zehn Gäste auch etwas: Es geht an den Abenden um Weinregionen, Rebsorten und Winzer, und das in einer sehr netten und familiären Atmosphäre. Freie Termine sind auf der Website zu finden.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Eva Strehlke hat sich die Veranstaltungen der Stadt angeschaut. Und diese schönen Tipps hat sie für Sie herausgesucht:

+++ Die erste Vorstellung beim Sommernachtskino, Monsieur Claude und sein großes Fest, musste direkt abgesagt werden – Sie wissen schon: Gewitter am Mittwoch. Wenn Sie jetzt ein Déjà-u haben, liegen Sie richtig. Vor sieben Jahren musste schon einmal eine Vorstellung ausfallen: Monsieur Claude und seine Töchter. Den dritten Teil der Filmreihe über die leidgeprüfte französische Familie können Sie sich ja trotzdem noch anschauen, ganz wetterfest im Schlosstheater. Zeiten und Tickets finden Sie hier.

+++ Bleiben wir beim Film: Im Sommernachtskino können Sie in den nächsten Tagen noch 22 ganz unterschiedliche Filme anschauen, von Neuheiten wie dem Filmbiografie „Elvis” bis hin zum Klassiker „Bang Boom Bang”. Schauen Sie doch mal hier, was Sie anspricht – und bringen sich dann vorsichtshalber einfach Kuscheldecke und Regenschirm mit. Los geht’s immer, wenn es dunkel wird.

+++ Puppentheater verbindet man meistens mit Kindergeburtstag und flachen Kasperle-Witzen. Dass das nicht so sein muss, zeigt das Münsteraner Charivari Theater in der Nähe des Aasees. Samstags gibt es hier ab 19:30 Uhr „Puppenspiel bei Wein und Kerzenschein“. Aktuell im Programm: Rumpelstilzchen.

+++ Münster ist laut und musikalisch, trotz Corona und sowieso. Das wollen Maxi, Luca, Basti, Leon und Carina von der Band „Kings & Hurricanes“ beweisen und haben deswegen das erste Made-in-Münster-Festival auf die Beine gestellt. Los geht’s morgen ab 15 Uhr an der Sputnikhalle. Karten gibt’s für 15 Euro online oder vor Ort und das Programm finden Sie hier. Alle Gewinne gehen an die Kinderkrebshilfe Münster.

+++ Die weibliche Intuition ist am Dienstag Thema im Frauenzimmer, einem Treffpunkt für Frauen im Alten Backhaus an der Coerdestraße. Ab 19 Uhr geht es darum, wie Sie Ihre Intuition entdecken und stärken können. Das Treffen findet im Rahmen des Programms FrauenZeitAlter des Gleichstellungsamts statt. Die Teilnahme kostet 3 Euro, vorab sollten Sie sich telefonisch unter 0251 4921701 oder per Mail anmelden.

Am Dienstag bekommen Sie Post von Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Ralf Heimann, Jan Große Nobis, Eva Strehlke, Antonia Strotmann
Lektorat: Antonia Strotmann

PS

Der Sommer ist einfach die beste Zeit zum Lesen. Vor allem im Urlaub hat man endlich den Kopf frei, um mal wieder ein gutes Buch in die Hand zu nehmen. Vielleicht suchen Sie auch gerade nach einer spannenden Lektüre für den Sommerurlaub. Schauen Sie doch dazu einmal beim Unrast Verlag vorbei. Er verlegt „Bücher der Kritik“, unter anderem von der Feministin Angela Davis, dem münsterschen Soziologen Andreas Kemper oder von der Schwarzen Lyrikerin May Ayim. Auch in meinem Bücherregal findet sich das eine oder andere Werk von dem kleinen linken Verlag aus Münster. Wegen der steigenden Herstellungskosten ist der Unrast Verlag jetzt aber leider in Schwierigkeiten geraten und braucht Ihre Unterstützung: Sie können zum Beispiel spenden – oder einfach ein neues Buch kaufen. Ich bin mir sicher, Sie werden etwas Spannendes finden.

PPS

Wir bei RUMS finden Medienvielfalt gut, daher werben wir gern für andere Medien, heute zum Beispiel für das Magazin „kiosk“, das mehrere Studierende der Fachhochschule im vergangenen Jahr gegründet haben. Im Team ist unter anderem auch Paula Götz, die schon ein paar Mal für uns fotografiert hat (hier, hier oder hier). In der zweiten Ausgabe soll es um das Thema „Spiel“ gehen. Damit die Ausgabe erscheinen kann, braucht es noch etwas Geld, um den Druck zu bezahlen. Die Crowdfunding-Kampagne läuft noch bis nächsten Sonntag (31. Juli). Vielleicht möchten Sie das Magazin unterstützen. Dann hier entlang.

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