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Die Lage in den Krankenhäusern | 16 Corona-Todesfälle seit Weihnachten | Schnelltests
Guten Tag,
in einem Cartoon von Til Mette aus dieser Woche sitzt ein Mann mit einem Telefonhörer in der Hand an seinem Schreibtisch und sagt: „2021 ist schlecht. Da warte ich auf einen Impftermin. Was ist mit 2022?“ So scheint es sich im Moment für viele anzufühlen. Erst kam die Hoffnung: Hurra, es gibt einen Impfstoff. Doch dann folgte gleich die Ernüchterung: Bis genug davon für alle da ist, wird noch viel Zeit vergehen.
Das ist die aktuelle Situation:
- Schon geimpft: In den Alten- und Pflegeheimen in Münster haben die Impfungen zum Jahresende begonnen. Am Montag hatte die Stadt nach eigenen Angaben 2.100 Menschen in 14 stationären Pflegeeinrichtungen geimpft, darunter auch Teile des Personals.
- In dieser Woche: Der größte Engpass ist der Impfstoff. Wenn die angekündigten Lieferungen in dieser Woche ankommen, könnten bis zum Wochenende laut Stadt über 1.200 Impfungen in neun Einrichtungen folgen.
- Start im Impfzentrum: Wann danach die nächste Impfdosen-Lieferung kommt, ist laut Stadt noch nicht bekannt. Damit sei auch noch nicht klar, wann das Impfzentrum in der Halle Münsterland in Betrieb gehen kann. Laut Plan sollen die Zentren Anfang Februar öffnen. Bis Mitte Februar soll das Land 920.000 Impfdosen erhalten. Weil pro Impfung zwei Dosen nötig sind, können damit 460.000 Menschen geimpft werden.
- Sechs Dosen pro Flasche: Weil die Füllstände der Impffläschchen schwanken, reicht der Inhalt manchmal für sechs Impfungen – statt wie angegeben für fünf. Daher habe man nun gleich ein gutes Dutzend Rettungskräfte impfen können, schreibt die Stadt.
- Manche müssen warten: Der momentan verwendete Impfstoff von Biontech und Pfizer kann nicht transportiert werden, wenn er einmal geöffnet ist, und er muss schnell verabreicht werden. Daher ist es nicht möglich, die überzähligen Dosen zu lagern oder damit zu anderen Pflegeeinrichtungen oder Wohnungen zu fahren. Ältere Menschen, die zu Hause gepflegt werden und nicht ins Impfzentrum kommen können, müssen auf ihre Impfung weiter warten. Sie wird wohl erst möglich sein, wenn weitere Impfstoffe zugelassen sind, die sich problemlos transportieren lassen.
- Impfbereitschaft hoch: Die Impfbereitschaft ist nach Angaben der Stadt hoch. 19 von 20 der in den Einrichtungen lebenden Menschen (95 Prozent) seien bereit, sich impfen zu lassen.
- Impfbereitschaft nicht so hoch: Das Personal steht offenbar nicht ganz so geschlossen hinter der Impfung. Aus dieser Gruppe sind laut Stadt nur 15 von 20 Menschen (75 Prozent) bereit, sich die Spritze geben zu lassen. Das klingt nach wenig, wenn man bedenkt, dass diese Menschen in ihrem Alltag erleben, welche Folgen das Virus hat. Aber zur Einordnung: Die Skepsis in Deutschland ist groß. Kurz vor Weihnachten kam laut der Tagesschau eine Umfrage zu dem Ergebnis, dass nur ungefähr jeder zweite Mensch in Deutschland sich gegen Corona impfen lassen würde.
- Die Nebenwirkungen: Bei einer Viertelmillion Impfungen in den USA ist es zu lediglich sechs schweren allergischen Reaktionen gekommen, berichtet die Nachrichtenagentur AP. Auch weniger schwere Reaktionen seien selten gewesen, heißt es. Fachleute des Paul-Ehrlich-Instituts und der Europäischen Arzneimittelbehörde haben laut dem Ärzteblatt in einer eingehenden Prüfung festgestellt, dass die Impfung für Menschen mit allergischen Erkrankungen kein höheres Risiko darstellt. Wenn Menschen auf die erste Dosis allergisch reagieren, soll ihnen die zweite Dosis nicht verabreicht werden.
- Benachrichtigung kommt: Wer wann an der Reihe ist, das erfahren die Menschen, die sich impfen lassen dürfen, per Post. Wer eine Benachrichtigung bekommen hat, kann über die bundesweit einheitliche Nummer 116117 einen Termin vereinbaren. Menschen über 80, die zu Hause leben, aber in der Lage sind, ins Impfzentrum in der Halle Münsterland zu kommen, dürfen in den nächsten Wochen mit Post rechnen.
Dass die Situation sich bis dahin verbessern könnte, ist bislang nicht in Sicht. Eher im Gegenteil.
16 Todesfälle seit Weihnachten
Die Zahl der Todesfälle durch und mit Covid-19-Erkrankungen in Münster nimmt massiv zu. Seit dem 23. Dezember sind in Münster nach Zahlen der Stadt 16 Menschen nach einer Corona-Infektion gestorben – darunter sechs Frauen im Alter von 50, 91, 91, 92, 94 und 96 Jahren und vier Männer im Alter von 46, 84, 85 und 97 Jahren. Neben diesen zehn Fällen hat die Stadt auf Nachfrage am Dienstagnachmittag sechs weitere Todesfälle bestätigt. Die Infektionszahlen steigen unterdessen. Seit Sonntag meldet die Stadt 46 Neuinfektionen. Aktuell gelten 638 Menschen in der Stadt als infiziert. Die Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei 91,3. Das kann allerdings auch daran liegen, dass die Zahlen durch die Ferien und die Weihnachtstage verzerrt sind. Ein realistisches Bild wird sich möglicherweise frühestens Ende der Woche ergeben.
Die Lage in den Krankenhäusern
Mit den weiter wachsenden Infektionszahlen verschärft sich auch die Lage in den Krankenhäusern. Laut Stadt werden dort zurzeit 106 Menschen behandelt, davon 18 auf der Intensivstation, zwölf werden beatmet. Wir haben die fünf Kliniken in der Stadt nach der aktuellen Situation gefragt.
Raphaelsklinik und Clemenshospital: Hartmut Hagmann und Beate Mens, der Geschäftsführer und die Pflegedirektorin der Raphaelsklinik und des Clemenshospitals, beschrieben uns die Lage am Montagnachmittag in einer Telefonkonferenz. Hagmann sprach von einer „sehr angespannten Situation“. Der Druck sei enorm hoch. Er gehe davon aus, dass die Zahlen weiter steigen. Aktuell liegen in beiden Krankenhäusern zusammen 26 Menschen mit einer Covid-19-Erkrankung, neun auf der Intensivstation, hinzu kommen 20 Verdachtsfälle. Es sei noch etwas Luft. Planbare Operationen habe man bis Mitte des Monats verschoben. Insgesamt stünden 16 Intensivbetten zur Verfügung, im Notfall auch noch zehn weitere auf anderen Stationen.
Wenn das Virus sich ausbreitet, wird die Situation auch für das Personal risikoreicher. Momentan sei „eine Handvoll“ der Mitarbeitenden selbst infiziert. In diesen Fällen würden nicht alle Kontaktpersonen gleich in Quarantäne geschickt. Aber man teste regelmäßig, in Absprache mit dem Gesundheitsamt. Außerdem kümmere sich ein zwölfköpfiges Team in den Kliniken darum, die Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen. „Wir haben das Personal inzwischen mit FFP2-Masken ausgestattet“, sagt Beate Mens. Man setze auch weiter auf Leiharbeit, um die hohe Belastung abzufedern. Im Prinzip könne man nun auch mit den Impfungen beginnen. „Aber keiner kann uns sagen, wann der Impfstoff kommt“, sagt Hartmut Hagmann.
St.-Franziskus-Hospital: Die Situation am Hohenzollernring sieht kaum anders aus. „Wir sind stark ausgelastet“, schreibt Marlene Lepper, die Sprecherin der Klinik. Die Zahl der Covid-19-Infektionsfälle hatte vor Weihnachten deutschlandweit einen neuen Höchststand erreicht. Das habe sich auch in der Klinik bemerkbar gemacht. Nicht dringende, planbare Operationen habe man vorerst verschoben. Daher habe man auf den Normal- und Intensivstationen im Moment freie Betten. Das werde sich aber wohl ändern, sobald ab Ende nächster Woche auch nicht dringende Operationen wieder stattfänden. Im St.-Franziskus-Hospital gibt es ebenfalls Covid-19-Fälle in der Belegschaft – aktuell 22 bei 2.100 Beschäftigen. Sie befänden sich zu Hause in Quarantäne. Mitarbeitende, die im Kontakt mit Menschen stehen, die an Covid erkrankt sind, tragen seit Pandemiebeginn eine FFP2-Maske. Im Dezember habe man auch alle übrigen Mitarbeitenden mit diesen Masken ausgestattet, die regelmäßig mit Patient:innen in Kontakt kommen, schreibt Marlene Lepper.
Uniklinik: 25 Menschen mit einer Covid-Erkrankung liegen zurzeit in der Uniklinik, 21 davon auf der Normalstation, vier auf der Intensivstation, diese vier müssen beatmet werden. Das teilt die Klinik per E-Mail mit. Das bedeutet: Es gibt noch drei freie intensivmedizinische Betten zur Covid-Behandlung. Damit auf den Covid-Stationen genügend Personal zur Verfügung steht, hat die Uniklinik sechs von 44 Operationssälen geschlossen. 75 Vollzeitkräfte aus der Pflege und 30 aus dem ärztlichen Bereich arbeiten zurzeit auf den Covid-Stationen. Zwölf der 11.000 Mitarbeitenden stehen zurzeit wegen einer Corona-Infektion nicht zur Verfügung. Sie sind zu Hause in Quarantäne. Und zum Einsatz von Masken teilt die Uniklinik mit: FFP2-Masken seien Standard für alle, die Menschen mit einer Covid-19-Erkrankung behandeln – oder mit einer Immunschwäche, zum Beispiel nach einer Transplantation oder einer Chemotherapie. Bei allen übrigen gilt: normale Maske und Abstand. Das Ganze sei Teil des Hygiene-Konzepts, das die Uniklinik nach Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts erarbeitet und seit dem Frühjahr regelmäßig angepasst habe.
Herz-Jesu-Krankenhaus: Antworten haben wir leider nicht bekommen. Man sagte uns, die Fragen müsse der Chefneurologe beantworten. Der sei aber leider nicht im Haus.
Evangelisches Krankenhaus: Per E-Mail und Telefon haben wir gestern und heute niemanden erreicht, der uns Auskunft geben konnte.
Wenn wir noch Informationen bekommen, reichen wir sie am Freitag nach.
+++ In Sicht ist es im Moment nicht, aber sobald die Pandemie wieder etwas abklingt, könnten Veranstaltungen unter einer Bedingung wieder möglich werden: Gäste müssten vorher einen Schnelltest machen. So könnte Thomas Pieper, Betreiber von Heaven und Coconut Beach, sich das vorstellen, allerdings frühestens im Sommer. Das hat er den Westfälischen Nachrichten gesagt. Pieper hat die Schnelltest-Station am Hawerkamp mitorganisiert. Betrieben wird sie von dem erst vor ein paar Wochen gegründeten Unternehmen Covimedial aus Dillenburg (Hessen), hinter dem Christoph Neumeier steht, ein in der Veranstaltungsbranche gut vernetzter Unternehmer. In den Nachrichten tauchte die Schnellteststation am Hawerkamp in den vergangenen Tagen mit eher unerfreulichen Meldungen auf. Mehrere Schnelltests kurz vor Weihnachten hatten falsche positive Testergebnisse ausgegeben. Dem WDR hatte das Unternehmen vage mitgeteilt, es habe „eine etwas höhere Quote an falschen positiven Tests gegeben“. Norbert Schulze Kalthoff, Leiter des Gesundheitsamts in Münster, sprach dagegen von zu etwa 90 Prozent falschen Tests, von denen das Gesundheitsamt erfahren habe. Thomas Pieper sagte den Westfälischen Nachrichten, das Problem sei inzwischen gelöst. Die Stadt hat uns bestätigt, dass es seit Weihnachten keine Probleme mit falschen Testergebnissen am Hawerkamp mehr gab.
+++ Die Stadtwerke wollen im Laufe des Jahres den Flechtheimspeicher am Hafen umbauen, um dort neue Büroflächen zu schaffen. Das kündigt das Unternehmen in einer Pressemitteilung an. Die Fassade soll Fenster bekommen. Aber am „hafentypischen Eindruck“ des 120 Jahre alten Gebäudes soll sich nichts ändern, heißt es. Einziehen soll dort der IT-Dienstleister items, an dem die Stadtwerke beteiligt sind. Kosten wird der Umbau ungefähr 3,5 Millionen Euro. In einem Jahr soll alles fertig sein.
+++ Im Missbrauchskomplex sind am Dienstag zwei Prozesse am Landgericht fortgesetzt worden. Das Hauptverfahren zum Schutz der Opfer unter Ausschluss der Öffentlichkeit, berichten die Westfälischen Nachrichten. Im anderen Verfahren gegen einen 30-jährigen Bekannten des Hauptangeklagten aus Münster, der zwei Jungen mehrfach missbraucht haben soll, wurden Zeugen vernommen. Bemerkenswert: Ein Mann, der in Münster bislang als Zeuge geführt wurde, ist nun selbst angeklagt, allerdings nicht in Münster, sondern von der Staatsanwaltschaft Köln.
+++ Eine Abwehrschwäche im Nervensystem kann einen schweren Covid-19-Verlauf zur Folge haben. Das ist das Ergebnis einer neuen Studie, an der zwei Wissenschaftler aus Münster beteiligt waren, wie die Uniklinik meldet – und zwar Gerd Meyer zu Hörste, Privatdozent, und Michael Hemig, Oberarzt an der Uniklinik. Die Studie ist im Fachjournal Immunity erschienen. Das bedeutet: Unabhängige Fachleute haben sie vor der Veröffentlichung begutachtet. Begleiterscheinungen einer Covid-19-Erkrankung, die das Nervensystem betreffen, könnten Schlaganfälle, Krampfanfälle oder eine Hirnhautentzündung sein. Die bekanntesten Folgen seien der Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns.
Wahrscheinlich fällt den meisten von Ihnen eine italienische Pizzeria, ein nettes griechisches Restaurant oder ein guter türkischer Imbiss in der Stadt ein. Aber wissen Sie, wo man in Münster eine passable mittelalterliche Küche findet? Jetzt werden Sie sagen: Na sicher, im Café Met oder am Germania Campus. Aber das stimmt nicht. Die einzige ordentliche mittelalterliche Karte hat das Restaurant Fegefeuer an der Von-Kluck-Straße 15. Da finden Sie zum Beispiel die „Aufgespießte Sau“, „Engelsflügel“ oder den „Scheiterhaufen“. Und gut, Spätzle, Pesto und einen veganen Gemüseauflauf wird man damals möglicherweise anders genannt oder zubereitet haben. Das macht die Gerichte aber nicht weniger probierenswert. Das Fegefeuer hat inzwischen auch einen Lieferdienst. Bestellen können Sie, wie man es wahrscheinlich schon damals gemacht hat, via Internet. Hinweis: Halten Sie vor dem Haus bitte einen Parkplatz fürs Pferdegespann frei.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Im neuen Jahr geht es weiter wie im alten. Es ist nicht viel los, ein wenig dann aber doch, zum Beispiel:
+++ Haben Sie am Sonntag die RUMS-Kolumne von Marina Weisband gelesen? Und würden Sie gern noch mehr über Kita und Schule in Zeiten von Corona erfahren? Dann könnten Sie sich morgen Abend ab 20.30 Uhr via Zoom in eine Videokonferenz einklinken. Marina Weisband und die Grünen-Landtagsabgeordnete Josefine Paul werden dort über das berichten, was zu diesem Thema zurzeit auf Landesebene passiert. Anschließend würden sie diskutieren und Fragen beantworten. Anmelden können Sie sich hier.
+++ Und hier noch ein Podcast-Tipp, in dem es zwar nicht direkt um Münster geht, aber irgendwie dann doch. Der ehemalige Schalker Fußballprofi Yves Eigenrauch besucht in der ersten Folge seines neuen Podcasts „Yves“ Maximilian Lenz, den Sie vielleicht kennen, auch wenn Ihnen der Name jetzt nicht viel sagt. Besser bekannt ist Lenz als Techno-DJ Westbam. Seine Verbindung zu Münster ist: Er ist hier aufgewachsen. Die von Yves Eigenrauch: Er war hier 16 Jahre an der Kunstakademie.
Am Freitag schreibt Ihnen wieder Constanze Busch. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche. Und bleiben Sie gesund.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Constanze Busch, Johanne Burkhardt, Marie Schwesinger
PS
Zum Ende ausnahmsweise mal ein Blick in die nordöstliche Nachbarschaft, nach Osnabrück. Wo wir immer über Fahrradstädte reden, schauen Sie sich doch mal diese Bilder an: Wenn Menschen aus den Niederlanden eine Straße planen, kann es am Ende auch so aussehen. Gar nicht so schlecht, oder?
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