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Flyoverleaks | Die Impfteams kommen | Café Kuhlmann
Guten Tag,
am Montagmorgen verschickte das Presseamt der Stadt Münster seine tägliche E-Mail mit den Themen des Tages. In diesen Nachrichten steht, mit welchem Material die Redaktionen später noch rechnen können. Am Montag war es nur ein Text. „Studie empfiehlt neue Radverkehrsbrücke“, so lautete die Zusammenfassung. Es würde also um die geplante Fahrradbrücke am Aasee gehen, den sogenannten „Flyover Aegidiitor“. Sie steht am übernächsten Mittwoch im Rat auf der Tagesordnung. Die Verwaltung hatte ihre Empfehlung dazu schon veröffentlicht. Die Brücke soll in einer Variante gebaut werden, die von der Promenade in die Bismarckallee führt. Das ist der Vorschlag. In dem Papier war auch von einer Studie die Rede, von einer Machbarkeitsstudie, die offenbar existierte, aber nicht veröffentlicht worden war.
Am Montagnachmittag kam schließlich die Pressemeldung der Stadt – und mit ihr auch die 26 Seiten lange Studie. Aber warum erst jetzt, zehn Tage nach der Empfehlung aus der Verwaltung?
Eine mögliche Antwort könnte sein: Die Studie ist nicht rechtzeitig fertig geworden. Aber das ist wohl nicht der Grund. Auf der Titelseite steht das Datum 14. April 2021. Was könnte dann die Antwort sein?
Einige Fragen mehr warf am Montagnachmittag ein Artikel der Westfälischen Nachrichten auf. Die Redaktion hatte eine frühe Version der Studie aus dem November 2020 erhalten. Dort steht laut dem Artikel: „Es wird empfohlen, auf eine Brückenlösung zu verzichten.“ In der neuen Version kommen die beiden Autoren zu dem Schluss: Brückenlösung weiterverfolgen.
Prognose: Radverkehr wird sich verdoppeln
Die Stadt erklärt das den Westfälischen Nachrichten damit, dass es sich bei der Version aus dem November um eine vorläufige Fassung gehandelt habe. Später seien noch neue Erkenntnisse hinzugekommen. Sie hätten das Ergebnis verändert. Doch laut der Darstellung geht es nicht um neue Erkenntnisse, sondern lediglich um eine neue Prognose. Sie lautet: Durch die Veloroute aus Mecklenbeck wird der Radverkehr zwischen Promenade und Bismarckallee sich verdoppeln.
Dass die Veloroute aus Mecklenbeck kommen würde, war im vergangenen November schon bekannt. Darauf weisen die Westfälischen Nachrichten hin. Und sie bemerken, in der Version aus dem November sei nirgendwo erwähnt, dass es sich bei dem Papier um einen Entwurf handle.
Erstellt hat die Studie das Planungsbüro Stadtverkehr aus Hilden. Wir fragen dort, wie es dazu kam, dass der zusätzliche Verkehr in der ersten Version nicht berücksichtigt wurde. Einer der beiden Autoren antwortet, wir mögen bitte die Stadt Münster fragen. Das machen wir. Das Presseamt antwortet: „Der erste Vorentwurf der Machbarkeitsstudie aus November 2020 hatte zu diesem Zeitpunkt zwar den Trassenverlauf der Veloroute bereits aufgegriffen, die prognostizierten Zahlen für die Veloroute waren jedoch noch nicht eingearbeitet. Diese Prognose ist erst im Verlauf der weiteren Bearbeitung eingearbeitet und bewertet worden.“
Das beschreibt zwar, was gemacht worden ist. Aber es ist keine Antwort auf die Frage, warum die Autoren eine Bewertung vorgenommen haben, ohne Zahlen zu berücksichtigen, die schon verfügbar waren.
Vermeidung von Redundanzen
Eine andere Frage wäre: Warum hat die Stadt die neue Version der Machbarkeitsstudie dann nicht gleich veröffentlicht? Auch das haben wir gefragt. Das hier ist die vollständige Antwort der Stadtverwaltung:
„Die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie wurden in der Vorlage aufgegriffen und in einigen Punkten noch weiter verdichtet, wie z. B. durch eine differenzierte Betrachtung der Baumstandorte. Die Machbarkeitsstudie stellt somit eine der Grundlagen für die Vorlage dar, die u. a. durch die wichtigen Aspekte Baumschutz und Denkmalpflege seitens der Verwaltung ergänzt wurde. Von daher ist sie auch in der Vorlage explizit erwähnt, wurde aber zur Vermeidung von Redundanzen der Vorlage nicht zusätzlich beigefügt. Selbstverständlich wird die Machbarkeitsstudie durch die Stadtverwaltung bei Anfragen zur Verfügung gestellt und wurde mittlerweile auch veröffentlicht.“
Die Begründung lautet also im Wesentlichen: „zur Vermeidung von Redundanzen“.
Eine zufriedenstellende Antwort ist das nicht. Vor allem nicht, wenn man weiß, dass am 27. April eine Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz bei der Stadt einging. Das bestätigt das Presseamt. Nach dieser Anfrage war klar: Die Stadt würde die Studie veröffentlichen müssen. Wenn es nur darum gegangen wäre, Redundanzen zu vermeiden, hätte sie das Papier gleich an die Antwortmail hängen können. Doch das passierte nicht. Bis zur Veröffentlichung vergingen noch einige Tage.
Die Westfälischen Nachrichten haben eine Chronologie ihrer Recherche veröffentlicht. Daraus geht hervor: Am 29. April sprach die Redaktion mit dem Stadtbaurat über die Widersprüche in den beiden Versionen der Papiere.
Das setzte offenbar etwas in Gang. In einem Schreiben vom Freitag, dem 30. April, also einen Tag später, bestätigte das Planungsbüro der Stadt Münster, dass es sich bei der Version aus dem November um einen „Vorentwurf“ gehandelt habe. Dieses Schreiben ging an die Redaktion der Westfälischen Nachrichten.
Neue Trasse und neue Prognose
Am gleichen Tag schickte Stadtbaurat Robin Denstorff die Studie an die Parteien, versehen mit dem Hinweis, „dass offenbar ein nicht autorisierter erster Vorentwurf der Machbarkeitsstudie ‘Radbrücke Weseler Straße kursiert’‘. Die aktuelle Fassung werde „selbstverständlich auch in Kürze veröffentlicht“. Auf einmal ging alles sehr schnell.
Gleich nach dem Wochenende, am gestrigen Montag, schickte die Grünen-Fraktion Robin Denstorff einen Fragen-Katalog. Die Antworten kamen noch am selben Tag.
Aus ihnen geht unter anderem hervor, dass die Stadt den Auftrag an das Planungsbüro im Oktober 2020 erteilt hat. Die erste Version des Papiers muss dann sehr schnell entstanden sein. Sie ging wenige Wochen später an die Stadt. Die Grünen fragen, warum der Entwurf überhaupt erstellt worden sei. Er fasse die „Ausgangslage für das Projekt, die geplante Vorgehensweise und die Datenlage zusammen“, heißt es in der Antwort. Auf die Frage, ob der Vorentwurf Teil des Auftrags gewesen sei, schreibt Denstorff: „Die Erstellung von frühen Vorentwürfen entspricht der üblichen Erarbeitungsmethodik.“
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Als Beispiele für die Unterschiede zwischen den Versionen nennt Denstorff „einen nicht aktuellen Trassenverlauf entlang der Bismarckallee, bei dem viele wertvolle Bäume hätten gefällt werden müssen“. So schreibt es auch das Presseamt in einer Antwort auf unsere Anfrage. Und dann macht Stadtsprecher Thomas Reisener einen Vorschlag. Herausgeben könne man den Entwurf leider nicht. Das wolle das Planungsbüro nicht. Aber ich könne mir das Papier ansehen, im Stadthaus 3 am Albersloher Weg, im Tiefbauamt.
Dort liegen am Dienstagnachmittag um 14:30 Uhr in einem Büro im dritten Stock beide Versionen der Studie auf einem großen Tisch. Der Blick geht von hier in den grünen Innenhof. Es hängen noch nicht alle Bilder an der Wand. Der stellvertretende Tiefbauamtsleiter Gerhard Rüller ist gerade erst eingezogen. Aus dem Gespräch dürfen wir nicht wörtlich zitieren. Aber Rüller beantwortet geduldig und freundlich alle Fragen.
Entwurf darf nicht veröffentlicht werden
Auf dem Papier aus dem November steht tatsächlich nicht „Entwurf“ oder „vorläufige Version“. Dass es sich nicht um ein Schriftstück handelt, das zur Veröffentlichung gedacht war, erkennt man an anderen Details. Gleich zu Beginn stimmen die Ziffern einer Aufzählung nicht. Auf den folgenden Seiten sind in der neuen Version Halbsätze ergänzt worden oder Sätze hinzugekommen. Und die Bewertungen der Brücken-Varianten am Ende unterscheiden sich von der späteren Version.
Die wesentlichen Änderungen sind tatsächlich die, die auch Stadtbaurat Robin Denstorff in seiner Antwort an die Grünen-Fraktion formuliert hat.
Die Trasse des Radwegs auf der Bismarckallee führte im November mitten durch eine Baumreihe. Diese Bäume hätten gefällt werden müssen. Das hätte die Variante unmöglich gemacht. In der neuen Version verläuft der Radweg an an den Bäumen vorbei. Und eben: Die Prognosewerte zum Radverkehr haben sich verändert, oder genauer: verdoppelt.
Wie es dazu kam?
Nach Darstellung der Stadt passierte das in zwei Schritten. Den ersten davon machte man im November, als das Planungsbüro die erste Version mit den Ist-Werten vorlegte. Da habe man gesehen: Mit diesen Werten kommt man hier nicht weiter, denn der Verkehr entwickelt sich. Der zweite Schritt folgte nach dieser Darstellung Ende Februar, als erste Ergebnisse zu den Veränderungen vorlagen, die das geplante Radwegenetz in der Stadt verursachen wird.
In beiden Versionen der Machbarkeitsstudie stehen im Wesentlichen zwei Varianten der Fahrradbrücke zur Auswahl. Die eine sieht aus wie eine Stimmgabel. Sie führt von der Promenade aus am Biergarten vom Wirtshaus Spatzl im Kruse Baimken vorbei, aber von dort direkt in die Baumreihen an der Adenauer-Allee. Sie hätten gefällt müssen. Das war für diese Variante das K.O.-Kriterium. Im Fall der anderen Variante, die von der Bismarckallee über die Weseler Straße auf die Promenade führte, war das Hauptproblem, dass die Brücke nach Einschätzung der Verkehrsplaner gar nicht gebraucht worden wäre. Die neue Prognose löst dieses Problem.
Und somit ändert sich auch die Einschätzung in anderen Punkten.
Ergebnis auf wackligen Beinen
Würde die Weseler Straße durch die Fahrradbrücke entlastet? Im November kam das Büro zu der Einschätzung, dass die Entlastung „mittelmäßig“ sein würde. Nun steht dort: „ja“.
Wird der Unfallschwerpunkt an der Aegidiistraße entschärft, also die Stelle, an der der Radverkehr von der Promenade die Straße kreuzt? Im November hieß es: „nein“. Nun steht dort: „ja“. Das erwartbare Nutzen-Kosten-Verhältnis im November war: „schlecht“. Nun ist es: „gut“.
Hat sich die Einschätzung mit der neuen Prognose wirklich geändert? Oder sollte sie sich ändern?
Die einen sagen: Wenn das Votum für die Fahrradbrücke von optimistischen Prognosewerten abhängt, die Brücke sich also nur dann lohnt, wenn der Radverkehr sich verdoppelt, steht das alles auf ganz schön wackligen Beinen. Bei der Stadt heißt es, auch das für die Fahrradnetzplanung zuständige Büro halte die Zahlen für realistisch.
Bleibt die Frage, warum jemand den Entwurf der Studie an die Öffentlichkeit gegeben hat?
Dafür kann es unterschiedliche Gründe geben. So etwas passiert zum Beispiel, weil Menschen auf Missstände aufmerksam machen wollen. Oder weil sie auf etwas aufmerksam machen möchten, das für sie nach einem Missstand aussieht. Oder weil sie eigene politische Ziele verfolgen. Ein solches Ziel könnte sein, den Flyover zu verhindern.
Der Eindruck, dass hier nicht ganz sauber gespielt worden sein könnte, kann dazu führen, dass die Stimmung in der Politik sich dreht. Und im Moment steht sie auf der Kippe.
Eigentlich hatte die Rathaus-Koalition das Projekt schon zurückgestellt, doch da waren die Voraussetzungen noch etwas andere. Der Bund hätte das Projekt in jedem Fall gefördert, aber die Stadt hätte 2,5 Millionen Euro zuzahlen müssen. Inzwischen würde der Bund 94 Prozent der Kosten übernehmen. So steht es in der Ausschussvorlage vom 23. April. Das würde bedeuten, die Stadt bekäme die Brücke für 600.000 Euro. Fast geschenkt also. Kann man so ein Geschenk ablehnen?
Nützt es dem Verkehr oder doch eher dem Stadtbaurat?
Es gibt Argumente dafür und andere, die dagegen sprechen, die Brücke zu bauen. Dafür spräche, dass sie an dieser Stelle ein Verkehrsproblem lösen würde. Auch dass die Verkehrswende hier sichtbar würde in Form eines Symbols, sehen einige als Pluspunkt. Es könnte ein Bild werden, das sich von der Fahrradstadt Münster in der Welt verbreitet. Die Fahrradbrücke wäre, wie man in der Politik sagt, ein Leuchtturm.
Doch genau das spräche auch gegen sie, denn man könnte fragen: Ist es das richtige Bild? Die Fahrräder müssten auf die zweite Ebene ausweichen, damit der Autoverkehr unten freie Fahrt hat. Und selbst wenn bald in der Bismarckallee doppelt so viele Menschen auf Rädern unterwegs wären, würden sie dann wirklich die Brücke nutzen? Oder nähmen sie doch lieber einen kleinen Umweg, um die Steigung zu umfahren? Man könnte auch fragen: Löst die Brücke hier nicht ein klitzekleines Problem für die Menschen, die von der Promenade in die Bismarckallee wollen oder umgekehrt, während für die übrigen alles beim Alten bleibt? Da ist ja schließlich auch noch die Aegidiistraße, da ist die Weseler Straße, die in beide Richtungen führt. Man könnte fragen: Gibt es nicht andere Stellen in der Stadt, an der sich mit 600.000 Euro Verkehrsprobleme lösen lassen, die dringender sind? Und dient das Projekt wirklich dem dem Radverkehr? Oder hilft es vor allem Stadtbaurat Robin Denstorff, dem von seiner achtjährigen Amtszeit nur noch etwa die Hälfte bleibt, um ein paar sichtbare Erfolge zu hinterlassen? Das sind Fragen, um die es nun geht.
Eine Antwort wird die Rathauskoalition geben müssen, denn nur, wenn sie zustimmt, kann die Brücke gebaut werden. Wie die Antwort ausfallen wird, steht noch nicht fest.
Volt-Ratsherr Tim Pasch schrieb am Donnerstag bei Twitter: „Wir haben uns im Wahlkampf hier klar positioniert: Den Flyover als leuchtturmartige Insellösung wollen wir nicht unterstützen. Und daran hat sich so nichts geändert.“
Die Grünen erklären am Dienstagmorgen in einer Pressemitteilung, die Berichte über die zwei Versionen der Machbarkeitsstudie stellten das Vertrauensverhältnis auf eine harte Probe. Fraktionssprecherin Sylvia Rietenberg schreibt, die Berichte machten sie „fassungslos“. Co-Sprecher Christoph Kattentidt fordert Robin Denstorff auf, den ersten Entwurf zu veröffentlichen.
Am Montagabend hat die Partei in ihrer Fraktionssitzung über das Projekt Flyover diskutiert. Eine Entscheidung gebe es noch nicht, hieß es danach. Ohne den ersten Entwurf der Studie gesehen zu haben, werde es auch nicht möglich sein, eine Entscheidung zu treffen.
Die SPD wäre durchaus offen für die Fahrradbrücke, allerdings unter der Bedingung, dass der Bau nicht nur imposant aussieht, sondern auch die Probleme des Radverkehrs löst, vor allem an der Stelle, wo Weseler Straße, Adenauer-Allee und Aegidiistraße aufeinandertreffen. SPD-Fraktionschef Marius Herwig macht die Herausgabe der Studie ebenfalls zur Bedingung für einen Beschluss. „Wenn sich hier zwei Gutachten in ihrem Ergebnis grundsätzlich widersprechen, muss hierüber fachpolitisch diskutiert werden“, schreibt er.
Den Grünen hat Stadtbaurat Robin Denstorff in seiner Antwort auf die Fragen bereits angeboten, sich sich das Papier anzusehen. Wahrscheinlich wird Gerhard Rüller in seinem Büro in den nächsten Tagen also etwas mehr Besuch bekommen.
+++ Nach über einem Jahr Pandemie funktioniert vieles digital ganz gut – nur das demokratische System offenbar nicht so richtig. Im Laufe der Woche wird sich entscheiden, ob am übernächsten Mittwoch statt des Rates wieder der Hauptausschuss tagt. Das Land Nordrhein-Westfalen hat am Freitag beschlossen, dass die epidemische Lage verlängert wird. Das könnte bedeuten: Die Stadt Münster wird statt dem vollständigen Rat wieder das kleinere Gremium einberufen, um das Infektionsrisiko zu verringern. Was schon feststeht: Die Sitzungen der Fachausschüsse, in denen die Themen für die Ratssitzung vorbereitet werden, wurden abgesagt. Etwa der Verkehrsausschuss, der am Donnerstag tagen und sich unter anderem mit dem Flyover beschäftigen sollte. Stattdessen werden sich die Politiker:innen digital besprechen. Offizielle Vorberatungen sind diese Treffen nicht. Aber beraten wird dort natürlich trotzdem. Die Bürger:innen können allerdings nicht zuhören, die Besprechungen werden nicht übertragen, wie man uns mitteilte.
Anders sieht es mit der Ratssitzung aus. Der Rat hatte im März beschlossen, dass die Beratungen künftig live übertragen werden sollen, sodass die Bürger:innen auch von zuhause aus zuschauen und zuhören können. Die Sitzung am 19. Mai wird deshalb die letzte sein, die ausschließlich analog stattfindet. Wenn Sie zuhören möchten, müssen Sie in die Halle Münsterland gehen. Ab Juni gibt es die Stadtpolitik dann auch per Live-Stream im Internet.
In unserem RUMS-Brief vom Dienstag hatten wir über die Situation des Handels in Münster berichtet, unter anderem über den kleinen Laden Vielfachglück. Dabei sind leider Fehler passiert, die wir aber schnell richtigstellen wollen. Die beiden Gründerinnen weisen uns darauf hin, dass sie ihr Geschäft nicht vor einem Jahr eröffnet haben, sondern im Oktober 2019. Und sie schreiben, dass die Vermietung von Regalflächen an Kund:innen ihnen nicht allein durch den zweiten Shutdown geholfen habe. Diese Mieten hätten die Fixkosten nicht annähernd gedeckt. Sie hätten die Pandemie vor allem überstanden, weil sie privates Geld eingebracht hätten. Welche Förderung genau sie bekommen haben, hatten wir nicht geschrieben. Aber um das auch noch klarzustellen: Sie haben nach eigenen Angaben 9.000 Euro Soforthilfe bekommen. Inzwischen hätten sie Anspruch auf die Überbrückungshilfe 3, haben diese aber noch nicht beantragt, schreiben sie. Und wenn Sie sich den Laden noch mal ansehen möchten: Hier finden Sie die Website, unten auf der Seiten finden Sie die Adresse und einen Stadtplan.
Wir haben Post bekommen, und zwar zum einen von Holger Krehl, einem Rechtsanwalt aus Münster, der sich über die Corona-Politik ärgert. Wobei man hier natürlich sagen könnte: wer nicht? Krehl rechtfertigt zum Beispiel, dass Münster jetzt, wenn man die nachgemeldeten Zahlen zusammenrechnen würde, eigentlich längst mit dem Fuß auf der Bundesnotbremse leben würde. Maßgeblich bei der Entscheidung über die Bremse sind die Angaben des Robert-Koch-Instituts. Die sind nicht immer ganz aktuell, aber es könne durchaus sinnvoll sein, das hinzunehmen: „Eine Bundesnotbremse braucht eine zentrale Stelle“, schreibt Krehl. Wolfgang Wiemers vom Umweltforum hat uns ebenfalls geschrieben. Er kritisiert uns. Das ist natürlich völlig in Ordnung. Nur vielleicht ein Wort zu seiner Kritik, wir sollten die Themen aus den Kolumnen aufgreifen und in den RUMS-Briefen behandeln. Das machen wir durchaus. Marina Weisband hat neulich zum Beispiel über die Situation der Pflege an der Uniklinik berichtet. Darum ging es auch einige Wochen später im RUMS-Brief. Dass wir das nicht bei allen Themen machen, liegt auch daran, dass in der Woche nur für zwei Themen Platz ist. Aber in diesem Jahr werden ja noch einige RUMS-Briefe erscheinen.
Nach Köln schickt jetzt auch Münster mobile Impfteams in Stadtteile mit besonders hohen Inzidenzwerte, berichtet der WDR. In der vergangenen Woche hatte wir darüber geschrieben, dass die Zahlen in Münster im Norden der Stadt Ende April deutlich höher waren als in den übrigen Bezirken. Am Freitag sind die mobilen Teams zum ersten Mal im Einsatz. Unterdessen meldet die Stadt, dass mittlerweile 33.000 Menschen vollständig geimpft sind. Sie haben also auch die zweite Impfung erhalten. Die Inzidenz hält weiterhin etwas Sicherheitsabstand zur kritischen Hunderter-Marke. Am Dienstag lag sie nach Angaben bei 80,9. Die Stadt meldet 27 Neuinfektionen seit gestern. Weitere Informationen dazu hier.
Im Kuhlmann an der Salzstraße, einem kleinen Ladenlokal im Schatten der Dominikanerkirche, hat sich in den letzten Monaten einiges getan. Vielleicht kennen Sie das Traditionsgeschäft noch als Anlaufstelle für alle, die religiöse Figuren, Kleinkunst und Kerzen suchten. Im vergangenen Jahr mussten die Inhaber:innen allerdings wegen der Corona-Krise schließen. Jetzt wird hier eine andere Tradition fortgesetzt: die der Kaffeehäuser. Neben frischem Kaffee gibt es aber auch knusprige Panini und leckeren Kuchen – im Moment natürlich alles zum Mitnehmen. Der Kuchen wird von Küchenschätze gebacken. Unser Tipp: der Cheesecake mit Mohn und Himbeeren.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Das Theater Münster lädt am Freitag wieder zu einer digitalen Vorstellung ein. Der Titel: „Das Geräusch sich weitender Pupillen“. Die Autorinnen sind Katja Brunner und Martina Clavadetscher. In dem Stück geht es um das ungeborene Kind der antiken Seherin Kassandra. Das Baby stellt interessante Fragen, zum Beispiel: Wer hätten wir alle sein können, wenn wir alle schon mal alles gewesen wären? Die Antworten gibt es (vielleicht) am Freitag ab 19 Uhr auf der Website des Theaters. Wie immer ist das Stück 24 Stunden lang kostenlos abrufbar. Infos dazu finden Sie hier.
+++ Und noch eine interessante Frage: Was machen die Menschen, die im Museum arbeiten, eigentlich den ganzen Tag? Sie restaurieren zum Beispiel Kunstwerke. Wie so etwas aussieht, können Sie sich am Donnerstagnachmittag anschauen. Dann wird im Lichthof des LWL-Museums für Kunst und Kultur ein Bodenrelief des US-amerikanischen Künstlers Matt Mullican restauriert, und die Arbeit wird von 15 bis 16 Uhr live über die Videokonferenz-Software Zoom übertragen. Wenn Sie sich das anschauen möchten, können Sie im Ticketshop des Museums für zwei Euro eine virtuelle Eintrittskarte kaufen. Und wenn Sie wieder persönlich ins Museum gehen möchten, gibt es auch gute Nachrichten: Das LWL-Museum ist ab heute wieder geöffnet. Sie müssen sich einfach einen Termin buchen, der Nachweis über einen negativen Corona-Test ist aktuell nicht mehr nötig.
Am Freitag bekommen Sie zum ersten Mal Post von Johanne Burkhardt. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche. Und bleiben Sie gesund.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Constanze Busch und Eva Strehlke
PS
Haben Sie am Wochenende den Münster-Tatort gesehen? Und wenn ja, warum? Weil sie sich schon den ganzen Sonntag drauf gefreut hatten? Weil sie Krimis mögen? Weil sie sich gut unterhalten fühlen? Oder einfach, weil zufällig die ARD lief? Jan Josef Liefers hat eine andere Vermutung. Er ist überzeugt davon, dass die 14,22 Millionen Zuschauer:innen, die am Sonntag eingeschaltet haben, ein Statement abgeben wollten, für ihn und die Videos zur #allesdichtmachen-Aktion, mit der er und andere die Politik der Bundesregierung kritisieren wollten, was aber nach hinten losgegangen war – auch weil sich herausgestellt hatte, dass einige der Menschen, die geplant und mitgewirkt haben, ganz gut in der Querdenkerszene vernetzt sind, oder sich gerade bemühen, es zu werden. Ich selbst schaue den Tatort eigentlich eher wegen Boerne und Thiel, weniger wegen Liefers und Prahl. Aber nach dem Tweet von Liefers hatte ich den Eindruck, dass er selbst da vielleicht gar keinen so großen Unterschied mehr erkennen kann. Ich schrieb bei Twitter, irgendwer müsse Jan Josef Liefers mal sagen, dass Karl Friedrich Boerne nur eine Rolle ist. Der SPD-Politiker Kevin Kühnert kommentierte das, und dabei gelang ihm das wunderbare Kunststück, einen Tweet zu schreiben, der witziger war als am Sonntag der gesamte Tatort. Jan Josef Liefers hatte sich über das Statement gefreut. 14,22 Millionen Menschen hatten eingeschaltet. Kühnert schrieb: „Ulkigerweise wären es ohne Ausgangsbeschränkung vermutlich weniger gewesen.“
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