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Das bisschen Haushalt | Verkehrsversuch scheitert | Jusho
Guten Tag,
als Münsters damaliger Kämmerer Alfons Reinkemeier im September 2018 den Haushaltsplan der Stadt für das Jahr 2019 vorstellte, blieb zwischen den Einnahmen und Ausgaben eine Lücke von knapp 24 Millionen Euro. Reinkemeier sagte, im nächsten Jahr wolle er diese Lücke schließen. Im Jahr darauf war das prognostizierte Defizit auf knapp 44 Millionen Euro gewachsen. Es war schon nicht mehr die Rede von einem ausgeglichenen Haushalt. Der war längst nicht mehr in Sicht. Dann kam das Jahr 2020. Die absehbare Lücke lag nun bei 67 Millionen Euro, wobei ein Großteil, 55 Millionen, durch Corona zustande kam. Die neue Kämmerin Christine Zeller sagte: „Der Haushalt der Stadt Münster wird auch in den nächsten Jahren deutliche Defizite ausweisen.“ Für das Jahr 2021 prognostizierte sie eine Lücke von 70 Millionen Euro.
Als Christine Zeller am vergangenen Mittwoch in einem Konferenzraum ganz oben im Stadthaus I zusammen mit Oberbürgermeister Markus Lewe den Plan für das nächste Haushaltsjahr skizzierte, war das sich abzeichnende Defizit dann doch etwas kleiner geworden als gedacht: 66 Millionen Euro. Aber da waren ja auch noch die Kosten für Corona. Sie kamen dazu. Und so hatte sich die Lücke dann doch auf 96 Millionen Euro ausgedehnt. Über der Pressemitteilung stand: „Stadt will Ausgaben senken.“ Eigentlich hätte es heißen müssen: Stadt muss Ausgaben senken.
Die Zahlen sind Prognosewerte, und am Ende kommt es manchmal doch anders, weil unverhoffte Einnahmen auftauchen – oder, was öfter der Fall ist, unerwartete Ausgaben.
Mit einer Pandemie zum Beispiel konnte niemand rechnen. Sie trifft alle Kommunen in ähnlicher Weise, und sie reißt so große Löcher in die Finanzpläne, dass fast überall die Aufsichtsbehörden hätten eingreifen müssen. Gelingt es einer Kommune nicht aus eigener Kraft, einen Haushalt aufzustellen, in dem Einnahmen und Ausgaben einander entsprechen, muss sie einen Plan aufstellen, in dem sie aufzeigt, wie sie ihre Finanzen wieder ins Gleichgewicht bringen will, ein sogenanntes Haushaltssicherungskonzept.
Das Land schenkte einen Zauberstab
Bis der Kommune das gelungen ist, darf sie nicht mehr eigenmächtig entscheiden, wofür sie ihr Geld ausgibt. In dieser Zeit hat die Aufsichtsbehörde das letzte Wort, für die Stadt Münster ist das die Bezirksregierung am Domplatz. Die Haushaltssicherung ist in Nordrhein-Westfalen kein ungewöhnlicher Zustand. Nach Zahlen des Städte- und Gemeindebunds mussten sich zuletzt etwa ein Viertel aller Kommunen für ihren Haushalt eine Genehmigung einholen. Damit nicht noch mehr Städte und Gemeinden an die Leine der Aufsichtsbehörde geraten, hat das Land den Kommunen einen Zauberstab geschenkt. Mit diesem Zauberstab – das Land nennt ihn Bilanzierungshilfe – können die Kommunen die Corona-Kosten vorübergehend aus ihrer Bilanz verschwinden lassen. So gewinnen sie Zeit.
Münster kann auf diese Weise im nächsten Jahr Ausgaben in Höhe von etwa 30 Millionen Euro aus dem Haushalt herauszaubern.
Der Zauber wirkt allerdings nur vier Jahre lang. Ab 2025 müssen die Kommunen ihre Corona-Aufwendungen dann doch in der Bilanz zeigen, allerdings nicht mit einem Mal, sondern verteilt auf die folgenden 50 Jahre. Es ist ein bisschen wie ein fiktiver Kredit, den die Kommunen sich selbst geben und dann abstottern dürfen.
Gäbe es den Zauberstab nicht, stünde Münster schon sehr bald mit dem Rücken zur Wand. Die Haushaltssicherung droht der Stadt seit Jahren. Aber irgendwie ist es dann doch immer gut gegangen. Das lag vor allem an der größten Einnahmequelle, der Gewerbesteuer. Sie hat die Stadt immer wieder herausgerissen.
Stellt man die Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen in Münster auf einem Zeitstrahl dar, geht es im leichten Zickzack stetig nach oben. Im Jahr 2000 kamen über diese Steuer 199 Millionen Euro in die Kasse. Im kommenden Jahr werden es den Plänen nach 320 Millionen Euro sein. Die Gewerbesteuer füllte mit den Jahren einen bilanziellen Geldspeicher, die sogenannte Ausgleichsrücklage, auf den die Stadt immer dann zurückgreifen konnte, wenn sich im Haushalt wieder eine Lücke auftat. Aber die Reserve wird in den nächsten Jahren schmilzen.
Ende des vergangenen Jahres lagen hier noch knapp 150 Millionen Euro. Aber wenn sich alles so entwickelt, wie die Stadt es prognostiziert, ist der Posten Ende 2025 geplündert. Dann bleibt noch eine allerletzte Reserve, die allgemeine Rücklage. Muss eine Kommune aus ihr in zwei aufeinander folgenden Jahren jeweils mehr als fünf Prozent in Anspruch nehmen, um ihren Haushalt ins Gleichgewicht zu bringen, bedeutet auch das: Sie muss an die Leine der Aufsichtsbehörde. Mit etwas Pech könnte das in Münster in fünf Jahren der Fall sein. Tritt die Prognose ein, wird Münster im Jahr 2025 zum Ausgleich des Haushalts mehr als fünf Prozent der allgemeinen Rücklage benötigen.
Weniger auszugeben, ist nicht gelungen
Es kann noch viel passieren bis dahin. Und es gäbe zwei Möglichkeiten, das Problem zu lösen. Die eine ist: Die Stadt nimmt mehr Geld ein. Die andere: Die Stadt gibt weniger aus. Neue Einnahmen sind nicht in Sicht.
Mit den Ausgaben ist es dann aber auch wieder so eine Sache. Die Stadt beschwört seit Jahren den Wunsch, den Haushalt zu konsolidieren. Aber weniger auszugeben, ist ihr nicht gelungen. Im Gegenteil.
Vor zwölf Jahren, als Oberbürgermeister Markus Lewe ins Amt kam, hatte der Haushaltsplan für das laufende Jahr ein Volumen von 766 Millionen Euro. Das bedeutet: Auf der einen Seite standen Erträge in dieser Höhe, auf der anderen Seite Aufwendungen. Der Haushalt war ausgeglichen. Das gelang auch damals schon nur, weil die Stadt die Lücke von 39 Millionen Euro aus der Ausgleichsrücklage stopfte. Heute geht es um ganz andere Dimensionen. Das Volumen des aktuellen Haushaltsplans liegt bei 1,4 Milliarden Euro.
Aber wo ist denn nun zu erkennen, dass die Stadt sparsamer sein wollte?
Wenn man nach Posten sucht, die gestrichen worden sind, nach gekürzten Stellen oder nach gesenkten Zuschüssen, dann sind diese Bemühungen kaum zu sehen, um nicht zu sagen: gar nicht. Die im Haushaltsplan angesetzten Zuschüsse etwa sind im Vergleich zu denen im vergangenen Jahr um sieben Millionen auf 153 Millionen Euro gestiegen.
Und wenn man sich ansieht, wohin diese Zuschüsse fließen, dann ist klar, dass es bei jeder einzelnen Kürzung einen Aufschrei geben würde. Den größten Block macht mit knapp 134 Millionen Euro der Zuschuss für die Kinder-, Jugend- und Familienhilfe aus, dann kommen die sozialen Leistungen (6,7 Millionen), die Sportförderung (4,6 Millionen), Kultur und Wissenschaft (3 Millionen), Schulträgeraufgaben (2,1 Millionen). Wohin möchte man da das politische Signal setzen: Wir werden sparen?
Die CDU hatte im Juni eine Prioritätenliste vorgeschlagen, die eine Antwort auf die Frage gibt, welche Aufgaben für die Stadt am wichtigsten sind. Die Stadtverwaltung sollte diese Liste erstellen. So beschloss es der Rat. Die Liste ist allerdings noch nicht fertig. „Wir sind dabei“, sagte Christine Zeller am Mittwoch.
Die Stadt hat den Wildwuchs an Zuschüssen selbst gefördert. Wenn sie in der Vergangenheit Gelder gewährte, dann galt die Zusage, bis die Stadt sie wieder zurücknahm. Doch das passierte nur selten. Eher kamen neue Zuschüsse hinzu.
Zuschüsse ohne Ende
In Zukunft soll das anders sein. Im Mai hat der Rat beschlossen: Ab sofort gilt eine sogenannte Sunset-Klausel. Es war ein Vorschlag der FDP. Sunset bedeutet Sonnenuntergang. Und das ist ein etwas zu romantisches Bild dafür, dass jeder Zuschuss ab sofort eine Frist bekommt – und eine Laufzeit von maximal zehn Jahren. Danach müssen die Zahlungen nicht automatisch enden, aber die Stadt überprüft dann, ob sie weiterhin fließen sollen. Die bestehenden freiwilligen Zuschüsse will man nach und nach umwandeln.
Bis die Stadt durch diese Änderung Geld spart, wird noch etwas Zeit vergehen. Und es bleibt die Frage, wo man denn heute schon die Bemühung erkennen kann, die Ausgaben zu senken.
Doch das wäre, so erklärt Christine Zeller es, erst der zweite Schritt. Der erste Schritt sei gewesen, Aufwendungen, bei denen das möglich sei, nicht anzuheben. In vielen Fällen sei das aber nicht möglich – aufgrund von gesetzlichen Verpflichtungen oder weil Zahlungen in der Vergangenheit schon für mehrere Jahre zugesagt wurden.
So wachsen die Ausgaben erst einmal weiter. Und da ist noch ein anderes Problem, das ebenfalls mit Ausgaben zu tun hat, allerdings mit Ausgaben, die die Stadt geplant hatte, aus denen dann aber nichts wurde. So ergab sich zwar hier im Ergebnis der Eindruck: Die Stadt hat weniger ausgegeben, als sie eigentlich wollte. Und das war auch tatsächlich so, allerdings nicht, weil die Stadt so sparsam war, sondern weil sie viel plante, aber wenig davon umsetzte.
Das blähte den Haushalt in den vergangenen Jahren immer weiter auf.
Der Grund ist folgender: Die Stadt hat viel vor. Und immer wenn die Politik sich bei einem neuen Bauprojekt einig ist, stellt sie im Haushalt Mittel dafür bereit. So ist es eigentlich gedacht. Es wäre ja schlecht, wenn Bauarbeiten beginnen sollen, aber es daran scheitert, dass gar kein Geld eingeplant ist. Allerdings müssten die Arbeiten dann auch irgendwann beginnen, und das ist in der Vergangenheit oft nicht passiert. Man baute das Projekt schon mal in den Haushalt ein. Das ist auch aus politischen Erwägungen attraktiv. So wird ein Bauprojekt zumindest in der Bilanz schon mal zu etwas Faktischem. Und es gerät nicht in Vergessenheit, dass die Stadt dieses Geld irgendwann brauchen wird. Aber dort, wo diese Summen im Haushaltsplan vermerkt sind, stehen eigentlich nicht die städtebaulichen Ideen für die mittelfristige Zukunft, sondern die konkreten Pläne für das kommende Jahr.
Lewe rechnet mit Geld aus Düsseldorf
Die Folge ist eine große bilanzielle Wanderungsbewegung. Die im alten Haushaltsjahr bereitgestellten Mittel gehen in Form von sogenannten Ermächtigungsübertragungen in den neuen Haushaltsplan über. Da stehen sie dann, oft das ganze Jahr über, bis wieder das Gleiche passiert wie im Jahr zuvor.
Die Zahl 45,5 Millionen Euro zum Beispiel erinnert im Haushaltsplan für das Jahr 2022 daran, dass es die Absichtserklärung gibt, einen Musik-Campus zu bauen. Wo das Geld für den Bau herkommen wird, angeblich 300 Millionen Euro, ist noch nicht klar. Theoretisch kann es auch sein, dass sich am Ende herausstellt: Lässt sich alles nicht finanzieren. Dann muss man die Zahl aus dem Haushalt wieder herausfräsen.
Markus Lewe ist zuversichtlich, dass das nicht passieren wird. Er sagte am vergangenen Mittwoch in der Pressekonferenz und dann später noch einmal in der Ratssitzung, es gebe „ermutigende Signale seitens der Landesregierung, die bereit ist, im nächsten Jahr eine Kabinettsvorlage auf den Weg zu bringen“. Übersetzt bedeutet das: Wir rechnen mit Geld aus Düsseldorf.
Bis dieses Geld ankommt, wird vermutlich noch die ein oder andere Ermächtigungsübertragung von einem Haushalt in den nächsten wandern.
Die Liste dieser Übertragungen ist lang. Turnhallen, Schulen, Straßen. Vieles ist liegen geblieben oder noch gar nicht angefangen worden. Gründe dafür seien auch Personalknappheit in der Verwaltung, die vollen Auftragsbücher in der Wirtschaft, lange Wartezeiten, vor allem in der Bauindustrie, sagt Markus Lewe. Aber Christine Zeller räumt auch ein: „Wir hatten gedacht, wir wären umsetzungsstärker.“ Zu so einer Fehleinschätzung soll es in Zukunft nicht mehr kommen, jedenfalls nicht mehr in dem Maße.
Deswegen setzt die Stadt ab sofort auf die Investitionsplanung einen Deckel. Die Dezernate bekommen Budgets, die sie nicht überschreiten dürfen. Im vergangenen Jahr, als es noch keine Budgetgrenze gab, planten sie freudig mit Investitionen in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. Der Deckel lässt nun nur noch 890 Millionen Euro zu. Es ist keine Einsparvorgabe, eher die Aufforderung, weniger zu planen. Wenn die Stadt in den vergangenen vier Jahren nur das in den Haushalt geschrieben hätte, was sie tatsächlich auch umsetzt, wäre sie mit einem Deckel von 400 Millionen Euro ausgekommen.
In diesem Jahr führt die Stadt das Budget zunächst für die Investitionen ein. Das sind Aufwendungen, die ihre Wirkung erst später entfalten. Im Gegensatz dazu stehen die konsumtiven Ausgaben, die ihren Nutzen im laufenden Haushaltsjahr stiften. Energiekosten, Sozialleistungen, Gehälter. Im nächsten Jahr sollen dann auch Dezernatsbudgets für diesen Bereich kommen. Christine Zeller sagt: „Ich vermute mal, das wird nicht ganz angenehm.“
Mehr Leistung, weniger Hilfe?
Und es gibt noch einen anderen Bereich, über den die Stadt das sagen könnte. In diesem Jahr hat Münster vom Land 67 Millionen Euro über sogenannte Schlüsselzuweisungen bekommen, mit denen das Land die Kommunen unterstützt. Im nächsten Jahr werden es nur noch 35 Millionen sein. Das liegt an einer Änderung im Gemeindefinanzierungsgesetz.
Die Landesregierung will finanziell schwächere Kommunen mehr unterstützen. Um die finanzielle Stärke zu bewerten, schaut sie auf die Gewerbesteuerhebesätze. Der Hebesatz ist ein Faktor, mit dem Städte und Gemeinden die Höhe der Gewerbesteuer selbst steuern können. Ein hoher Hebesatz bedeutet: Hier wird etwas mehr Gewerbesteuer fällig. Und das ist an den attraktiven Standorten der Fall, zu denen die kreisfreien Städte zählen, auch Münster.
Im Rathaus ist man mit der neuen Regelung nicht so richtig zufrieden. Es komme ja nicht von ungefähr, dass kreisfreie Städte einen höheren Hebesatz haben, sagte Markus Lewe am vergangenen Mittwoch. „Es gibt dort auch mehr Leistung, die abgerufen werden kann“, sagte er. Die kreisfreien Städte versorgten auch die Regionen, sie böten Leistungen, „die irgendwo finanziert werden müssen“. Das Gegenargument wäre wiederum: Wer mehr leisten kann, braucht weniger Hilfe.
Das alles sind zwar nicht so gute Aussichten, wenn es darum geht, die hohen Ausgaben der Stadt zu finanzieren. Wenn man jetzt doch etwas Gutes daran sehen wollen würde, könnte man sagen: Das werden sicher spannende Haushaltsberatungen. Im November will der Rat den neuen Haushalt beschließen.
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RUMS soll wachsen!
Bei den nächsten Meilensteinen (2.000, 2.250, 2.500) werden wir als Dankeschön weitere Workshops veranstalten. Genaueres dazu lesen Sie hier. Sie können uns dafür auch gern Organisationen vorschlagen, die Ihnen am Herzen liegen. Schreiben Sie uns dazu einfach an diese Adresse. Wie sich unsere Aktion entwickelt, teilen wir Ihnen ab jetzt regelmäßig in unserem Brief mit. Sobald Corona es zulässt und wir die ersten Workshops umsetzen können, werden wir diese auch dokumentieren.
Das Ganze haben wir noch einfacher für Sie gemacht: Sie können unsere Briefe per E-Mail oder Whatsapp teilen – beim Klick auf den entsprechenden Button unten öffnet sich in der jeweiligen App ein Fenster, in dem Sie einen Textvorschlag von uns finden, den Sie natürlich frei verändern können. Ebenso können Sie unsere E-Mails natürlich auch bei Facebook oder Twitter teilen.
+++ Der Verkehrsversuch am Neubrückentor ist offenbar gescheitert. Er endet nun doch schon in den Herbstferien – und nicht, wie ursprünglich geplant, Ende des Jahres, meldet die Stadt Münster. Nach den Herbstferien soll auf der Kanalstraße wieder alles so aussehen und fahren wie vorher. Die Stadt nennt mehrere Gründe für das frühe Ende. Zum einen hätten sich viele nicht an die neuen Regeln gehalten, es habe Verkehrsverstöße gegeben. Außerdem hätten sich nach der Rückkehr der Busse auf die Kanalstraße Staus gebildet. Menschen auf Fahrrädern oder E-Scootern seien auf den Gehweg oder die Gegenfahrbahn ausgewichen. Die Polizei, Stadtwerke, Stadt und die Straßenverkehrsbehörde hätten die Situation nun noch einmal neu bewertet. Das Ergebnis ist das vorzeitige Ende. Im Verlauf des Verkehrsversuchs hatte die Stadt mehrfach nachjustiert, „Vorfahrt achten“-Piktogramme angebracht oder die Beleuchtung verbessert. Offenbar ohne Erfolg. Die Menschen hätten sich auch nach neun Wochen nicht an die neuen Regeln gewöhnt, schreibt die Stadt. Radfahrende seien ohne Beleuchtung über die Kreuzung gefahren, es gab Beschwerden bei der Polizei, Menschen hätten angegeben, sich zu Fuß an dieser Stelle unsicher zu fühlen. Klingt eigentlich nach einem ganz normalen Tag im Straßenverkehr von Münster. Die Stadt hätte noch eine Idee gehabt, um den Verkehrsversuch fortzuführen. Dazu hätte man die Straße anheben müssen, im Fachvokabular: aufplastern. Das wirkt offenbar besser als ein Schild. Ende des Jahres will die Stadt das alles in den Ergebnissen noch einmal ganz genau erklären.
+++ Der Eisenman-Brunnen steht wieder an der Kreuzschanze. Zur Einweihung am Samstag kamen Hunderte von Menschen, es war wieder ein bisschen wie bei den Skulptur-Projekten vor vier Jahren. Wenn Sie den Termin verpasst haben, aber einen Eindruck davon bekommen möchten, was am Samstag an der Kreuzschanze los war, hier finden Sie ein acht Minuten langes Video. Und zur Erinnerung: Die Geschichte des Brunnens hat Sophie Laaß für RUMS in einem Beitrag erzählt.
+++ Die Stadt Münster hat eine Pressemitteilung veröffentlicht, über der im Titel die Frage steht: „Wer hat in Münster wie gewählt?“ In ihr findet man aber zum Glück keine Datenbank, in der man das nachschlagen kann, sondern eine Übersicht mit ganz interessanten Statistiken. Ein Ergebnis ist: Knapp die Hälfte der Menschen unter 25 Jahren haben Grün gewählt, bei den Frauen waren es etwas mehr als die Hälfte. Etwas weniger als die Hälfte der Menschen über 70 gaben ihre Stimme der CDU. Der CDU-Kandidat Stefan Nacke schnitt in dieser Altersgruppe noch etwas besser ab als seine Partei. Und Menschen über 70 nahmen auch am häufigsten ihr Wahlrecht in Anspruch. Die Wahlbeteiligung lag hier bei knapp 90 Prozent.
In der RUMS-Kolumne vom Sonntag stimmte leider eine Zahl nicht: die Höhe des Zuschusses, der aus Steuergeld in die Rentenversicherung fließt. Der Zuschuss beträgt aktuell nicht 97,6 Milliarden Euro, sondern 84,1 Milliarden. Auf 97,6 Milliarden wächst er voraussichtlich im Jahr 2025. Wir haben die Angabe korrigiert. Herzlichen Dank für den Hinweis an Gereon Franke.
Aus medizinischer Sicht gibt kaum etwas, das gegen eine Corona-Impfung spricht. Aber es gibt ja auch noch andere Argumente. Und zu den Hauptgründen in Deutschland zählt mittlerweile Trotz, meldet der Spiegel. Fast sieben von zehn befragten Ungeimpften (67 Prozent) fühlen sich danach von den Erwartungen aus Gesellschaft und Politik unter Druck gesetzt. Sechs von zehn (61 Prozent) geben an, das Profitstreben der Impfkonzerne nicht unterstützen zu wollen. Und fast drei von vier Befragten glauben, „dass die COVID-19-Impfung möglicherweise nicht sicher genug ist“. Wenn aber die Sicherheit der Impfung tatsächlich ein Argument sein sollte, wäre eine interessante Frage, ob diese Menschen sich ganz ohne Impfung tatsächlich sicherer fühlen.
Und ein Blick auf die Corona-Statistik für Münster: Die Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen innerhalb einer Woche pro 100.000 Menschen, bewegt sich bei unter 30. Die Stadt meldet heute einen Wert von 28,8. Und leider gibt es auch noch einen weiteren Todesfall. Ein 84-jähriger Mann mit Vorerkrankung und einer Corona-Infektion starb nun in einem Krankenhaus. Damit sind in Münster seit Beginn der Pandemie insgesamt 128 Menschen im Zusammenhang mit einer Corona-Infektion gestorben. Aktuell gelten im Stadtgebiet 180 Menschen als infiziert.
An der Von-Steuben-Straße 17 befindet sich, recht unscheinbar, ein japanisches Restaurant, das viel größer ist, als es von außen aussieht. Es heißt Jusho, und es war eines der ersten Restaurants in Münster, bei denen man per Tablet bestellen konnte, vielleicht war es sogar das erste. Das mag nicht alle auf Anhieb überzeugen, aber ein Argument ist in jedem Fall: Die suchenden Blicke nach Menschen, die eine Bestellung aufnehmen oder die Rechnung bringen könnten, entfallen. Die kleinen Schälchen mit Sushi, Muscheln, gegrilltem Fisch oder Wakame-Salat kommen innerhalb von Minuten. Und es gibt auch ein Mittagsmenü.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Ein paar Tipps für die nächsten Tage hat Eva Strehlke heute herausgesucht.
+++ Der Kulturverein F24 feiert an diesem Wochenende die Rettung des Hauses an der Frauenstraße, die mittlerweile auch schon wieder über 40 Jahre zurückliegt. Kurz zu Erinnerung: Im Jahr 1973 sollte das Haus abgerissen und durch moderne Eigentumswohnungen ersetzt werden. Dann folgte eine erfolgreiche Hausbesetzung, die Immobiliengesellschaft LEG, die damals noch dem Land gehörte, kaufte das Haus und erhielt es. Eine Fotoausstellung in der Kulturkneipe im Erdgeschoss läuft schon. Am Donnerstag findet in der Trafostation an der Schlaunstraße ab 19 Uhr ein politisches Gespräch zur Wohnungspolitik statt, am Freitag geht es von 15 bis 18 Uhr mit einer Aktion auf dem Prinzipalmarkt zur Wohnungssituation weiter. Am Freitagabend endet das Ganze mit einer Feier ab 19 Uhr. Musik: Blues. Adresse: Frauenstraße 24. Weitere Infos zum Programm finden Sie hier online.
+++ „The Sound of Distant Presence“ war ein einmaliges Musikprojekt während des Corona-Lockdowns. Jetzt kommt es als Projektreihe zurück. Beteiligt sind Menschen aus der ganzen Welt. Sie haben in einer Summer School gemeinsam und digital das Deutsche Requiem von Johannes Brahms aufgenommen. In der Überwasserkirche ist es ab morgen zu hören – über 96 Lautsprecher, aus denen jeweils eine Stimme oder ein Instrument zu hören ist. Beim Rundgang können Sie sich anhören, wie das alles zusammen klingt. Mehr Infos finden Sie auf der Homepage der Kustodie der WWU. Und vielleicht noch: Der Eintritt ist frei, es gilt die 3G-Regel.
+++ Second-Hand-Kleidung zum Kilopreis – das ist das Prinzip des Unternehmens Vinokilo. Es hat einen Onlineshop und tourt mit kleinen Märkten durch ganz Europa. Heute und morgen ist der Markt zu Gast im Jovel. Karten für morgen gibt es hier.
Und dann noch ein sehr kurzfristiger Tipp von mir.
+++ Wenn Sie heute Abend noch nichts vor haben, kommen Sie doch später ins LWL-Museum für Kunst und Kultur am Domplatz. Dort diskutieren ab 19:30 Uhr Marina Weisband, Georgine Kellermann, Moritz Piepel und Klaus Brinkbäumer über die Frage, wie wir die Demokratie vor all den Bedrohungen schützen können, denen sie ausgesetzt ist – und vor allem, wie es möglich wird, sie zu gestalten. Die Diskussion ist Teil des Festivals für Demokratie, das zurzeit in Münster stattfindet. Tickets bekommen Sie hier.
Vielleicht dann bis später. Am Freitag schreibt Ihnen Constanze Busch. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Eva Strehlke
PS
Zum Schluss noch einen Geburtstagsgruß. Der Kinderliederkomponist Detlev Jöcker aus Münster feiert heute seinen 70. Geburtstag. Wenn Sie Kinder haben oder innerhalb der vergangenen 40 Jahre selbst ein Kind waren, haben Sie relativ wahrscheinlich schon Lieder von ihm gehört oder gesungen. Aber wie erfolgreich er ist, das ist nicht ganz so bekannt. Und sein Erfolg fällt vielleicht auch deshalb nicht auf, weil er nie Hotelzimmer zertrümmert hat oder mit anderen Geschichten jenseits seiner Musik in den Schlagzeilen war. Dabei lässt er viele Stars, die ihr Starsein in der Öffentlichkeit auslebten, bei den Verkaufszahlen weit hinter sich. Jöcker hat 13 Millionen Tonträger verkauft. Zum Vergleich: Die Rolling Stones haben in Deutschland etwa fünf Millionen Platten unter die Leute gebracht. Das Beispiel ist nicht ganz zufällig gewählt, denn mit dem Stones-Konzert in Münster fing für Jöcker alles an. Das erklärt er in diesem kleinen vier Minuten langen Video, in dem er durch die Halle Münsterland läuft und sich daran erinnert, wie er das Konzert dort erlebte. Danach kehrt er in den Kindergarten zurück, in dem er sein erstes Konzert gab. Von mir einen ganz herzlichen Glückwunsch. Und das Ständchen darf Detlev Jöcker sich selber singen.
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