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Ordnungsamt jagt Kleinvieh | Fünf Punkte zum Musik-Campus | Ein Kulturhaus
Guten Tag,
fangen wir heute an mit einem Testosteron-Problem. Zwei junge Männer haben in der Nacht zu Sonntag auf der Steinfurter Straße beim Versuch, ihre Männlichkeit unter Beweis zu stellen, ihren Führerschein verloren.
Die beiden verhinderten Rennfahrer, 22 und 30 Jahre alt, bogen um kurz nach Mitternacht mit ihren Mercedes-Limousinen von der Wilkinghege auf die Steinfurter Straße ein, so steht es im Polizeibericht, und überholten sich dann auf den beiden Fahrstreifen immer wieder gegenseitig, die Tachonadel zeitweilig bei 130. Auf den Straßenschildern steht an dieser Stelle die Zahl 70. In Höhe der Grevener Straße endete die Fahrt vor einer roten Kelle.
Das Ganze wird nun erstens teuer und zweitens ungemütlich. Die Höchststrafe für unerlaubte Autorennen (sogenannte Spazierfahrten – mutmaßlich) liegt bei einem zweijährigen Aufenthalt in einem Ein-Zimmer-Appartment an der Gartenstraße. Aber am schlimmsten ist wahrscheinlich: Die beiden müssen jetzt erstmal mit dem Stadtbus fahren. Wie uncool ist das denn bitteschön?
Der neue Trend: Kleinvieh
Das war eine etwas umständliche Herleitung zu einer Statistik. Aber man kann so einen Newsletter ja unmöglich mit einer Zahlenkolonne beginnen. Die kommt erst jetzt. Ordnungsamt und Polizei haben im vergangenen Jahr nämlich 165.000 Verwarnungen und Bußgeldbescheide für Verkehrsdelikte verteilt und so knapp 5,4 Millionen Euro eingenommen. Das bedeutet: Im Durchschnitt kostete so ein Ticket die verwarnte oder büßende Person 33 Euro.
Immerhin das ist im vergangenen Jahr günstiger geworden. Im Jahr davor kassierten die Ordnungskräfte im Schnitt 36,50 Euro. Das liegt allerdings nicht daran, dass die Stadt neuerdings in einer Art Bußgeld-Sale Sonderkonditionen gewähren würde. Regelverstöße sind im November sogar teurer geworden. Parken auf dem Gehweg zum Beispiel kostete vorher zwischen 20 und 35 Euro; inzwischen liegt der Tarif bei 55 bis 100 Euro (bis Mitte des Jahres waren Autos auf Gehwegen außerhalb des Promenadenrings für Ordnungskräfte auch noch unsichtbar, aber wir wollen’s nicht zu kompliziert machen).
Woran liegt es also, dass eine durchschnittliche Geldstrafe (wie auch immer sie nun offiziell heißt) im Schnitt günstiger geworden ist? Die Antwort: Die Stadt hat 13.000 Verfahren mehr eingeleitet als im vergangenen Jahr, aber ungefähr genauso viel Geld damit gemacht (5,5 Millionen Euro).
Und wie kommt das? „Es wurden weniger schwerwiegende Verstöße geahndet“, schreibt eine Sprecherin der Stadt auf Nachfrage. Durch die höhere Zahl der Bußgelder und Verwarnungen habe sich am Ende aber in etwa die gleiche Geldsumme ergeben. Bei den Verstößen sei es vor allem um zu schnelles Fahren und Falschparken gegangen.
In anderen Worten: Die Ordnungskräfte haben bei kleineren Vergehen genauer hingeschaut. Zum Beispiel eben bei falsch parkenden Autos. Und da ist das Ordnungsamt im Herzen Dienstleister. „Der Wunsch nach Parkraumüberwachung ist groß“, schreibt die Stadt. Es gebe viele Hinweise aus der Bevölkerung. Das Ergebnis: 82.000 Knöllchen, knapp 4.000 mehr als im Jahr davor. Durchschnittliche Kosten: 17 Euro. Dafür kann man’s nicht selber machen.
Vergehen am Steuer sind etwas teurer. Sie kosten im Schnitt 47 Euro. Hier ging es um insgesamt knapp 90.000 ärgerliche Erlebnisse. 59.000 Mal: „Ach, hier gilt ein Tempolimit?“ 19.000 Mal: „Ich hab nur zehn Sekunden telefoniert.“ Und 2.800 Mal: „Das war doch noch dunkelorange.“
Viele Firmen wollen lieber Kupfer
Nun zu einer Straße, auf der überhöhte Geschwindigkeiten große Freude auslösen würden, aber immer noch sehr selten vorkommen: zur Datenautobahn. Sagt man das überhaupt noch so? Wahrscheinlich ist auch hier längst die Rede von Datenmetrobusspuren. Tatsächlich sind viele Haushalte aber weiterhin über Datenfeldwege mit der digitalen Welt verbunden. Auch in Münster?
Die Stadt hat einen fünfseitigen Bericht zum Glasfaserausbau veröffentlicht, um den sich mittlerweile Stadtwerke und Telekom gemeinsam kümmern (was bisher geschah: im RUMS-Brief hier und hier). Bis 2030 will die Stadt 3.000 Kilometer Glasfaserleitungen im Stadtgebiet verlegen. Kurz überschlagen: Bis zum 1. Januar 2030 sind es noch 2.884 Tage. So was hat man ja im Kopf. Wie viel ist das pro Tag? Fragen wir den Taschenrechner: in etwa ein Kilometer Leitungen. Das dürfte doch zu schaffen sein.
Ein Blick in die nahe Zukunft: Weil der Bund seine Förderrichtlinie geändert hat, bekommen ab Anfang nächsten Jahres auch Haushalte superschnelles Internet, die nach den derzeitigen Regeln noch warten müssten.
Für Münster sehen die konkreten Planungen so aus: In diesem Jahr sollen Hiltrup, Amelsbüren und Wolbeck dran sein, im nächsten Jahr Roxel, Albachten, Handorf und Coerde, im übernächsten Sprakel, Gimbte, Kinderhaus, Zentrum Nord und Nienberge (hier die Übersicht als Karte). Hinweis der Stadt: Die Reihenfolge kann sich kurzfristig ändern – zum Beispiel, weil sich durch Straßenarbeiten, von denen man heute noch nichts ahnt, die Gelegenheit ergibt, an dieser Stelle auch gleich Kabel im Boden zu versenken.
Bei der Stadtverwaltung spricht man seit Ende des Jahres nur noch in der Vergangenheitsform über den Glasfaserausbau. Dort ist alles erledigt. Schulen, Kitas und Verwaltungsgebäude sind ans Glasfasernetz angeschlossen. Ursprünglich war die Rede von 92 Standorten, die einen Anschluss bekommen sollten. Beim Nachzählen kommt man nun allerdings auf 113 Standorte (hier eine Übersicht). Die Erklärung ist einfach: Nicht nur das Glasfasernetz wächst, sondern auch die Stadtverwaltung.
Fehlt noch was? Ja, die Gewerbegebiete. Sie sollen den Plänen nach bis Ende nächsten Jahres mit Glasfaseranschlüssen ausgestattet sein. Hier ist das spezielle Problem: Viele Unternehmen wollen den Anschluss gar nicht, obwohl sie ihn kostenlos bekommen könnten. Warum? „Wenn etwas kostenlos ist, sind viele ganz besonders skeptisch“, sagt Christian Tebel vom städtischen IT-Dienstleister Citeq. Und: „Viele sagen: Uns reichen die Kupferkabel.“ Im Gewerbegebiet an der Kleimannbrücke ließ sich laut Tebel vor vier Jahren nur jedes fünfte Unternehmen mit einem Glasfaseranschluss ausstatten. Nach viel Überzeugungsarbeit seien es dort, wo die Kabel aktuell verlegt werden, immerhin zwischen 50 und 60 Prozent. Im Moment laufen die Arbeiten in Nienberge (hier die Übersicht). Ärgerlich wird’s für viele Firmen in ein paar Jahren, wenn sie feststellen: Die Kupferkabel reichen doch nicht. Dann kommt nach dem Anschluss ans Glasfasernetz nämlich auch noch eine Rechnung direkt ins Haus.
Braucht Münster mehr Gewerbeflächen?
Bleiben wir noch kurz in den Gewerbegebieten. Dort sieht die Wirtschaftsinitiative WIN ein ganz anderes Problem als vor sich hin tröpfelnde Datenleitungen. „Wir laufen sehenden Auges in eine zunehmend prekäre Lage“, sagt Ingo Düppe, der stellvertretende Vorsitzende der Initiative. Er hat sich im Liegenschaftsausschuss mit Schrecken die Jahresbilanz der Wirtschaftsförderung angehört und befürchtet nun, dass bald kein Platz zum Bauen mehr da sein könnte. Im Jahr 2019 habe die Wirtschaftsförderung sieben Hektar Gewerbefläche vermarktet, im Jahr 2020 dann 6,2 Hektar, im vergangenen Jahr nur noch 3,2 Hektar. Man müsse kurzfristig neue Gewerbegebiete planen, sagt Düppe.
Die ÖDP dagegen sagt sinngemäß: Bloß nicht! Und wörtlich: „Wir brauchen ein Umdenken in allen städtischen Instanzen – Flächenverbrauch ist kein Indikator für die Wirtschaftsleistung einer Stadt, sondern ein Indikator für nicht zeitgemäßes politisches Handeln.“ Das ist ein Zitat von Michael Krapp, der morgen an Stelle des aus Altersgründen ausscheidenden Franz Pohlmann für die ÖDP in den Rat nachrücken wird. Versiegelte Flächen hätten einen großen Einfluss auf den Wasserhaushalt und das städtische Mikroklima, schreibt Krapp in einer Pressemitteilung. Und ganz unabhängig davon: Im Gewerbegebiet Hansapark in Amelsbüren seien zuletzt eine Tankstelle, eine Lkw-Waschanlage und ein Autohaus gebaut worden. Die ÖDP äußert vorsichtige Zweifel daran, ob der Stadt „durch eine derartige Vergabepolitik der Weg in die Zukunft gelingt“, so steht es in der Pressemitteilung.
Ein Hinweis: Die knappen Flächen sind nicht nur in den Gewerbegebieten ein Problem, sondern auch überall dort, wo sich die Frage stellt: Wie bringen wir hier Solaranlagen unter? Falls Sie es nicht gesehen haben: Darum ging es im RUMS-Brief am Freitag.
Musik-Campus: FDP macht fünf Vorschläge
Bis vor einigen Tagen steuerte die Musik-Campus-Debatte auf das große Finale morgen Abend im Rat hin. Dort sollte begleitet von einem imaginären Tusch die Entscheidung darüber fallen, ob die zaudernde Stadt diesen Campus denn nun haben möchte oder nicht. Es waren allerdings noch so viele Fragen offen, dass man das Tempo vom Allegro ins Moderato herunterregulierte. Nun folgt noch ein mehrwöchiges Zwischenspiel. Das Ende des dritten Aktes dann voraussichtlich im April.
Die FDP hat für die Zeit dazwischen etwas vorbereitet. Ein Positionspapier mit fünf Änderungsvorschlägen, die Fraktionschef Jörg Berens heute Mittag in einer Videokonferenz vorgestellt hat. Grundsätzlich hält Berens den Campus für eine gute Idee. Aber wie es mit guten Ideen so oft ist, die Frage sei: „Können wir uns das leisten?“
Die FDP möchte eine Bruchlandung ausschließen und schlägt daher vor:
- Die Stadt soll benennen, welche Investitionen sich verzögern und ausfallen, wenn der Musik-Campus kommt. Bildungseinrichtungen dürfe es nicht treffen.
- Die Stadt soll klarstellen, dass sie selbst nicht einspringen wird, wenn die 30 Millionen Euro für den Konzert- und Kongress-Saal nicht wie geplant durch Spenden oder Fördermittel zusammenkommen. Vorschlag dazu: einen Stichtag definieren, an dem ein bestimmter Teil des Geldes da sein muss.
- Die Stadt soll eine Strategie für den Fall entwerfen, dass der Musik-Campus scheitert. Auch dann brauchen die städtische Musikschule und das Sinfonieorchester weiterhin neue Gebäude.
- Die Stadt soll sich überlegen, wer die Gebäude bauen wird, wenn die Kooperation mit dem Land scheitert. Der Bau- und Liegenschaftsbetrieb, das landeseigene Immobilienunternehmen, das im Moment dafür vorgesehen ist, würde in dem Fall nicht für die Stadt bauen.
- Die Stadt soll aufzeigen, welche Folgen ein Musik-Campus für das Theater sowie die Halle Münsterland hätte. Und sie soll die Frage beantworten: Welche Perspektiven gäbe es für beide?
Die Alternative: ein Kulturhaus
Dann gibt es aber auch noch eine Gruppe von Menschen, die ganz andere Vorstellungen haben – die sich keinen Musik-Campus wünschen, sondern etwas anderes. Was genau das sein könnte, stellt die Gruppe auf ihrer Website Stadtkultur Münster vor. Ihre Idee: „drei individuelle und vielseitige Kulturstandorte statt Musikmonolith“. Hinter der Initiative stehen unter anderem der ehemalige Uni-Kanzler Klaus Anderbrügge, der Musikprofessor Joachim Harder sowie die frühere Bürgermeisterin Wendela Beate Vilhjalmsson. Die Initiative ruft dazu auf, einen Appell gegen den Musik-Campus und für eine Alternative zu zu unterzeichnen.
Korrekturhinweis: Wir hatten geschrieben, Klaus Anderbrügge sei Rektor der Uni Münster gewesen. Das stimmt nicht. Er war Kanzler. Wir haben das korrigiert.
Ihren Alternativ-Vorschlag nennen sie Kulturhaus. Damit meinen sie ein großes Gebäude in der Innenstadt mit Räumen für Ausstellungen, Bereichen zum Arbeiten, einem Lesesaal, Gastronomie, vielleicht einem Konzertsaal, vielleicht auch Proberäumen für das Orchester. Festgelegt sind sie da nicht. „Es könnte (…) auch ganz anders ausgestaltet sein“, steht unter der Aufzählung. Das klingt vage, aber es ist offenbar gedacht als Diskussionsvorschlag. Als Beispiele nennt die Gruppe das Theater in Basel, das Forum in Groningen, das DOKK1 in Aarhus, die Amerikanische Gedenkbibliothek Berlin oder die Deichman-Bibliothek in Oslo.
Als möglichen Standort nennt die Gruppe den von der Stadtverwaltung schon aus dem Rennen genommenen Hörster-Parkplatz. Die Stadt möge ausloten, ob man den Platz über einen Erbpachtvertrag vergeben könnte, schreibt die Initiative. In dem Fall würde die Stadt Eigentümerin bleiben. Die Halle Münsterland könnte den Konzertbetrieb und die Gastronomie übernehmen. Und es gebe es ja auch noch Fördermittel von Land, Bund und Europäischer Union. Das kennen wir doch irgendwoher.
Falls Sie nicht genug von der Debatte über den Musik-Campus bekommen können, hier noch ein Lesetipp: Die Grünen haben eine Infosammlung zusammengestellt. Dort ist auch ein Kommentar der musikcampuskritschen Kultur AG der Partei zu finden, geschrieben vom früheren Fraktionschef Hery Klas und dem Künstler Markus Papenberg.
+++ Zufälle gibt’s: Am Wochenende sind am Bahnhof fünf Eisenbahnwagons in Flammen aufgegangen, und zwar drei Mal – am frühen Samstagmorgen, am Samstagabend und dann noch einmal später in der Nacht. Die Polizei geht von Brandstiftung aus; einen technischen Defekt könne man ausschließen, sagte eine Sprecherin. Geschätzter Sachschaden: eine halbe Million Euro. Menschen wurden nicht verletzt. Doch das hätte schnell passieren können. Die Polizei rettete einen Mann aus dem brennenden Wagen. In dem Wagons übernachten sonst offenbar Obdachlose. Falls Sie wissen möchten, wie brennende Eisenbahnwagons aussehen, die Westfälischen Nachrichten haben das Feuer gefilmt. Die WDR-Lokalzeit berichtete ebenfalls darüber.
+++ Wenn zum Jahresende Post von den Stadtwerken kommt, am besten schon mal merken: vor dem Öffnen auf jeden Fall hinsetzen. Der Gaspreis steigt im April schon zum zweiten Mal in diesem Jahr, berichten die Westfälischen Nachrichten heute, und der Februar hat ja soeben erst begonnen. Knapp 14 Prozent geht’s für den Gaspreis nach oben. Das mache laut Westfälischen Nachrichten etwa 160 Euro mehr im Jahr aus. Erst zum Januar war der Preis um 16 Prozent gestiegen, da hatten die Stadtwerke höhere Kosten von 145 Euro berechnet. Warum Gas plötzlich so teuer ist? Das Magazin Forbes nennt vier Gründe: Die Nachfrage in Europa steigt, immer mehr Gas wird zur Produktion von Strom benötigt, die Netzentgelte für den Transport und der CO2-Preis sind gestiegen. Und: politische Gründe. 40 Prozent des deutschen Gases kommt aus Russland. Hier noch ein Servicetext der Tagesschau: Alternativen zur Gasheizung. Und zum Schluss eine weitere schlechte Nachricht: Auch Strom wird im April teurer, um knapp 9 Prozent. Die Mehrkosten hier: 47 Euro.
+++ Wirken autofreie Innenstädte eher wie ein Defibrillator oder wie ein Elektroschocker? Der Spiegel hat einen Faktencheck gemacht. Über dem Artikel ist ein Foto vom autofreien Tag (Parking Day) auf der Warendorfer Straße in Münster zu sehen. Fazit des Faktenchecks: „Berichte über den Tod des Einzelhandels durch die Verkehrswende sind stark übertrieben.“ Autofreie Einkaufsstraßen oder Viertel funktionierten in der Regel gut. In einem großen autofreien Stadtgebiet könne der Effekt aber auch ein anderer sein. „Wenn es zu schwierig wird, die Geschäfte zu erreichen, dann werden sie natürlich darunter leiden“, sagt der schwedische Mobilitätsforscher Jonas Eliasson. Was „zu schwierig“ bedeute, sei aber von Stadt zu Stadt verschieden. Parkplätze in der Nähe seien jedenfalls genauso wichtig wie ein gut ausgebauter Nahverkehr. Ergebnis unter dem Strich: „Die Beschränkung des Autoverkehrs macht die Städte höchstwahrscheinlich attraktiver,“ sagt Eliasson, „aber auch nur bis zu einem gewissen Grad“.
+++ Wir hatten es schon angekündigt. Morgen Abend ist Ratssitzung. Worum geht’s? Hier die Themen im Schnelldurchlauf. Der Musik-Campus fliegt von der Tagesordnung. Aber es bleibt trotzdem genug zu diskutieren. Das Hauptthema diesmal: Verkehr. Es wird zum Beispiel um eine geplante Preiserhöhung für Bustickets gehen, die nach den Plänen des Ratsbündnisses aber nicht kommen wird (RUMS-Brief). Das Rathausbündnis wird stattdessen voraussichtlich das 365-Euro-Ticket beschließen (Start im August 2023) sowie einen Fonds für den Nahverkehr. Eine andere Frage wird sein: Ordnen die Stadtwerke die Achsen mehrerer Buslinien neu (6, 8, 15 und 16), damit alle Linien die Altstadt erreichen, mit Elektrobussen zu befahren sind, dazu Zeit gewonnen wird – und nimmt die Stadt in Kauf, dass die Busse aus Coerde dann nicht mehr am Bült halten? Voraussichtlich wird der Linientausch erstmal verschoben. Ebenfalls zur Debatte steht die Frage: Wie wird die Öffentlichkeit in Zukunft an politischen Entscheidungen beteiligt? Ein Thema ist: Wo setzt die Stadt bei freien Flächen ihre Prioritäten (RUMS-Brief)? Und: Der Rat wird einen Bebauungsplan für das Gebiet am Metropolis-Hochhaus beschließen. Daneben war zwischenzeitlich ein weiteres Hochhaus geplant. Doch mehr als eins möchte man dort nun doch nicht haben. Der Bebauungsplan für das Grundstück am Gasometer steht ebenfalls auf der Tagesordnung. Die Beschlussvorlage klingt nicht, als würde die Stadtverwaltung dem Kollektiv „Gaso bleibt!“ (RUMS-Brief) große Chancen auf den Zuschlag geben. Diese Möglichkeit will sich das Rathausbündnis aber offenhalten. Daher hat es die Vorlage um einen Beschlusspunkt ergänzt. Das letzte Wort bei der Auswahl des Konzepts für das Industriedenkmal soll der Rat haben. Los geht’s morgen um 16.30 Uhr in der Halle Münsterland – oder hier live am Bildschirm.
Engagement in Münster: Unsere Interviews aus der RUMS-Hütte zum Nachlesen
Heute schalten wir das sechste Interview aus unserer Reihe Engagement für Münster für Sie frei. Unsere Mitarbeiterin Ann-Marlen Hoolt hat mit Firas Hallak von der Seebrücke Münster darüber gesprochen, wie die Organisation sich für geflüchtete Menschen und gegen die Kriminalisierung der privaten Seenotrettung im Mittelmeer einsetzt. Und darüber, warum es so wichtig ist, sich für Werte wie Solidarität und Menschenrechte zu engagieren. Das Interview finden Sie hier.
Im Rahmen unserer Marketingaktionen auf dem X-MS-Markt in Münster haben wir Menschen vorgestellt, die sich in der Stadt engagieren. Leider konnten wir diese Gespräche wegen der Corona-Beschränkungen nicht vor Publikum führen. Aber wir haben sie für Sie aufgenommen und veröffentlichen sie nun nach und nach in gekürzter Version als schriftliche Interviews. Die bisher erschienenen (#1 Haus der Wohnungslosenhilfe, #2 Münster-Tafel, #3 Anti Rost Münster, #4 Haus Thomas und #5 Ein Rucksack voll Hoffnung) finden Sie auf dieser Seite. Das nächste bekommen Sie dann wieder in einer Woche von uns. Wir verlinken es wie immer an dieser Stelle für Sie.
Wir haben Post bekommen, von Friedrun Vollmer, der Leiterin der Westfälischen Schule für Musik. Am Sonntag hatte Michael Jung sich in seiner Kolumne mit der städtischen Musikschule beschäftigt. Friedrun Vollmer schreibt keine Replik, sondern ein Porträt ihrer Schule, in dem sie die Kritik der Kolumne jedoch aufnimmt. Jung hatte geschrieben, die städtische Musikschule fokussiere sich in der Ausbildung nicht auf die Breite, sondern auf die Spitze. Vollmer entgegnet: „Ebenso wie die Breitenförderung ist die Spitzenförderung wichtig für die uns anvertrauten jungen Menschen.“ Diese gegeneinander auszuspielen oder auf ihre finanzielle kommunale Belastung zu reduzieren sei „eine Argumentation vergangener Zeiten“. In ihrer Schule laufe seit anderthalb Jahren ein „Zukunftsprozess“, die Ergebnisse stünden kurz vor der Veröffentlichung. Ein Musik-Campus würde laut Vollmer gleich mehrere Mängel des Gebäudes an der Himmelreichallee beheben. Die Räume seien nicht barrierefrei, die sanitären Anlagen nicht ausreichend, kleinkindgerechte Rückzugsorte fehlten, Unterrichtsräume und Foyers seien nicht getrennt voneinander nutzbar, ein Tonstudio fehle ebenso wie ein Probesaal fürs Orchester, Proberäume für Bands oder für Chöre. Außerdem gebe es keinen Raum für die digitale Tonproduktion, zu wenige Parkplätze und Probleme mit dem Brandschutz. Den vollständigen Beitrag von Friedrun Vollmer finden Sie hier.
+++ Ab heute impfen auch die Apotheken. Nicht alle, aber bis Ende März sollen es laut der Apothekerkammer in etwa die Hälfte sein, wenn es überhaupt eine Nachfrage gibt, falls genügend Impfstoff da ist, und je nachdem, wie die Pandemie verläuft. Sie Sehen schon: Man ist vorsichtig geworden mit Prognosen. Unsere Prognose: Das wird sich schnell wieder ändern.
+++ Eine gute Nachricht aus Berlin: Wenn Ihr Schnelltest positiv war, Sie aber gern noch etwas mehr Gewissheit hätten, bleibt der dazu nötige PCR-Test weiter kostenlos, berichtet die Deutsche Presseagentur. Vielleicht sollte man doch hinzufügen: vorerst. Dass das ganz selbstverständlich ist, erkennen Sie am Wort „doch“ in der Überschrift, denn eigentlich war das anders geplant.
+++ Die Corona-Inzidenz bleibt vierstellig. Die Stadt meldet heute einen Wert von 1.034 (Neuinfektionen pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche). Seit gestern sind 789 dazugekommen. Aktuell gelten im Stadtgebiet 5.860 Menschen als infiziert. Die Behörden gehen allerdings davon aus, dass der tatsächliche Wert höher liegt. Viele Menschen kurieren ihre symptomlose Infektion zu Hause aus oder bemerken sie nicht einmal.
+++ Wie das Schulministerium hier meldet, konnten Mitte letzter Woche 1.766 Kinder und Jugendliche an Münsters Schulen pandemiebedingt nicht am Präsenzunterricht teilnehmen. 1.017 von ihnen sind nachweislich mit dem Coronavirus infiziert. Gleichzeitig fallen 104 Lehrkräfte aus, 64 von ihnen wegen einer Infektion. Die tatsächlichen Zahlen liegen wahrscheinlich jeweils etwas höher, weil nicht alle Schulen aktuelle Zahlen gemeldet haben.
Wir haben Ihnen in dieser Rubrik schon die ein oder andere Gemüsekiste empfohlen. Und jetzt kommt die nächste. Sie ist allerdings etwas anders als die übrigen (das sagen sie alle). Der Unterschied ist: Diese Kiste können Sie sich selbst zusammenstellen. Bei Bauer Melchior bringt’s dir können Sie im Shop neben regionalem Obst und Gemüse aus dem Münsterland auch Milchprodukte, Brote, Eier, Wurst und Honig bestellen. Und wenn Sie Lebensmittel lieber klassisch vor Ort kaufen möchten, ist es auch möglich, die Bestellung vor Ort abzuholen. Oder Sie besuchen den Laden in der Scharnhorststraße 49A am Aasee.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Johanne Burkhard hat drei Empfehlungen für Sie, und zwar diese:
+++ Wenn Sie gerne wieder kreativ werden wollen, aber noch ein bisschen Inspiration brauchen, bietet die katholische Arbeitnehmerbewegung eine spannende Workshop-Reihe an: Aus alt macht schön. Am Donnerstagabend können Sie zum Beispiel altes Schmierpapier oder Büchern zu einem Notizheft upcyceln – also wiederaufbereiten (Recycling) und damit aufwerten (up). Anmelden können Sie sich hier.
+++ Wenn Sie sich am Donnerstag lieber mit Nachhaltigkeit aus einer theoretischen Perspektive beschäftigen wollen, dann könnte das Münsteraner Klimagespräch etwas für Sie sein. Der Philosophieprofessor Michael Quante von der Uni Münster und Steffen Lambrecht von Fridays for Future diskutieren ab 19:30 Uhr über die Frage der Generationengerechtigkeit in der Klimakrise. Sie können sich kostenlos zum Zoom-Gespräch dazuschalten. Hier finden Sie den Link.
+++ Noch knapp zwei Wochen ist Peking Gastgeber der olympischen Winterspiele. Politische Vertreter:innen einiger Länder boykottieren die Spiele. Und was passiert währenddessen in Xinjiang? Die neue Arte-Produktion Das Drama der Uiguren wirft einen Blick auf die Ursprünge der chinesischen Uiguren-Politik und verdeutlicht auf eindrucksvolle Weise das Schicksal dieser Menschen.
Und noch ein Tipp von mir:
+++ Hans Gummersbach, früher Schulamtsleiter und Direktor der Volkshochschule in Münster, hat eine große Sammlung an Fotografien aus dem 19. Jahrhundert, sogenannten Daguerrografien. Benannt sind sie nach dem Erfinder des fotografischen Verfahrens, Louis Daguerre. Gummersbach hat schon als junger Mann angefangen, diese Fotos zu sammeln. Seit dem Wochenende stellt er einen Teil seiner Sammlung im Kunstmuseum Ahlen aus. Die Ausstellung trägt den Titel: „Neue Wahrheit? Kleine Wunder! – die frühen Jahre der Fotografie“. In diesem knapp vier Minuten langen Video erzählt Hans Gummersbach, was die Faszination dieser Bilder ausmacht. Zu sehen ist die Ausstellung bis zum 29. Mai. Und falls Ihnen Ahlen zu weit ist (Dreiviertelstunde mit dem Zug): Es gibt auch einen Katalog.
Am Freitag schickt Ihnen Constanze Busch wieder eine sorgfältig belichtete Momentaufnahme des Stadtgeschehens. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche. Und jetzt: Bitte lächeln!
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Johanne Burkhardt, Constanze Busch
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PS
Wenn man nach 20 oder 30 Jahren in eine Stadt zurückkommt, wird man vieles nicht wiedererkennen. Aber was genau sich verändert hat, lässt sich aus dem Kopf oft kaum sagen, denn so ein Gehirn hat ja auch viele Löcher. Carsten Schulte, den Sie vielleicht vom Preußen-Magazin 100ProzentMeinSCP kennen, hat im vergangenen Jahr ein Magazin gegründet, auf das ich erst jetzt gestoßen bin. Es heißt Münster-Blick und dokumentiert mit sehr schönen Fotos die Veränderungen in der Stadt. Einiges bleibt für lange Zeit, neue Gebäude zum Beispiel. Einiges nur sehr kurz, die Verkehrsversuche. Anderes war vorübergehend verschwunden, ist aber nun wieder da: der Brunnen von Nicole Eisenman. Schauen Sie es sich an. Ich finde: ein sehr schönes Projekt.
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