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Die Hüffers im Widerstand? | Wahlbüro öffnet | Noites de Lisboa
Guten Tag,
als der Aschendorff-Verlag vor zwei Jahren sein 300-jähriges Bestehen feierte, erschien im eigenen Haus ein Buch mit dem Titel Aschendorff – Geschichte eines deutschen Medienhauses. Auf 26 von 343 Seiten, fünf davon bedruckt mit Flugblättern, geht es um die Zeit zwischen 1933 und 1945. Auf Seite 171 schreibt der Autor Karl-Peter Ellerbrock: „Ein abschließendes Urteil über die Haltung des Aschendorff-Verlags im Nationalsozialismus zu fällen, ist nahezu unmöglich.“
Zwei Seiten später kommt er doch zu einer Bewertung. Dort heißt es: „Verortet man die Rolle des Verlagshauses Aschendorff und der Familie Hüffer in diesen Kategorien (zwischen Unzufriedenheit und Protest, Anm. RUMS), geht ihr Verhalten weit über eine ‚defensive Verweigerung‘ hinaus und ist eher der Kategorie ‚offener Protest‘ zuzurechnen, wobei man sich durch den Besitz hochbrisanter politischer Flugblätter offenbar an der Grenze des aktiven Widerstands befand.“
Umgang mit der eigenen Geschichte
Der Autor Michael Bieber hat im März ein 110 Seiten langes Buch mit dem Titel Anton Eickhoff – vom Nazi zum Chefredakteur der WN veröffentlicht, in dem er zu einem anderen Ergebnis kommt. Am vergangenen Mittwoch hat Bieber das Buch im Theaterpädagogischen Zentrum an der Achtermannstraße vorgestellt. Am Ende ging es dabei auch um den Jubiläumsband von Ellerbrock. Bieber sagte: „Wenn man sich dieses Buch anguckt, dann sieht man, dass der Aschendorff-Verlag mit seiner eigenen Geschichte schönfärberisch umgeht, um es freundlich zu formulieren.“
Ein Beispiel falle sofort ins Auge: Der Autor beschreibe in seinem Buch, dass in Archiven Flugblätter gefunden worden seien, die britische Flugzeuge abgeworfen hatten. „Ah, sagt der Schreiber: Wenn da Flugblätter drin sind von Briten, dann muss sie ja auch einer gelesen haben – die muss ja auch einer abgeheftet haben. Auf den Besitz der Flugblätter stand die Todesstrafe. Ja, dann waren ja die Hüffers Widerstandskämpfer“, sagte Bieber. Doch den Schluss könne man so nicht ziehen. Das zeige etwa das Beispiel des Journalisten Paulheinz Wantzen. Der habe für ein Buch von über tausend Seiten alles Mögliche gesammelt, auch Anweisungen, auf deren Besitz ebenfalls die Todesstrafe stand. Und dieser Mann sei noch 1947 Nazi gewesen, sagte Bieber. Allein der Besitz von Flugblättern lasse so einen Schluss also nicht zu.
Für sein Buch hat Bieber die Geschichte von Anton Eickhoff recherchiert, der vor und nach dem Zweiten Weltkrieg als Chefredakteur (früher Hauptschriftleiter) für den Aschendorff-Verlag arbeitete. Von 1951 bis 1969 war er Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten.
Die Zwangsenteignung drohte
Laut Bieber folgte der Verlag, anders als in der eigenen Veröffentlichung dargestellt, schon früh freiwillig dem nationalistischen Zeitgeist und wählte eine neue Ausrichtung („christlich-national“). Der Verlag „‚überzeugte’ seine Autoren, die neue Zeit anzunehmen“, schreibt Bieber. An einer Stelle zitiert er den Philosophen Josef Pieper, der beschreibt, wie der Verlagschef ihm gesagt habe, er könne in seinem Text unmöglich nur vom „Reichskanzler“ schreiben. Mindestens an einer Stelle müsse auch „der andere bereits üblich gewordene Titel vorkommen – was ich dann schließlich, in drei Teufels Namen, zugestanden habe“, so Pieper. Der andere bereits üblich gewordene Titel war „der Führer“.
In Aschendorffs eigener Veröffentlichung klingt es, als hätte der Verlag sich so gut es geht gegen die neue politische Windrichtung gewehrt. Ellerbrock schildert, wie sich Anton und Eduard Hüffer, die damaligen Verlagschefs, den Nationalsozialisten entgegenstellten. Ihnen drohten Konsequenzen, „sollten sich die Inhaber nicht vorbehaltlos in den Dienst der nationalsozialistischen Weltanschauung stellen“, hieß es in einem Schreiben.
Die nationalsozialistische Zeitungsgesellschaft Phönix sollte die Mehrheit der Anteile an der Zeitung übernehmen. Doch „Anton und Eduard Hüffer bewahrten Haltung“, schreibt Ellerbrock. Er zitiert aus einem Schreiben, in dem beide mitteilen, sie vermöchten „es mit unserer Ehre nicht zu vereinbaren, uns an einer gemeinsamen Herausgabe der Zeitung zu beteiligen“. Schließlich trennten sie sich von ihr. „Der Zwangsverkauf grenzte an eine Enteignung“, urteilt Ellerbrock.
Sehnsucht nach autoritären Strukturen
Bei Bieber klingt das etwas anders. Er schreibt, Aschendorff habe für die „Verhältnisse des Zwangsverkaufs den maximal möglichen Preis realisiert“. Die Darstellung des Verlags, durch den Verkauf wäre wenigstens „ein schmales wirtschaftliches Überleben” möglich gewesen, „spiegelt sich in den Einkommenstabellen der Hüffers aus den Jahren 1933 – 1944 nicht wider”.
Bieber legt dar, wie der Verlag schon 1933 „auf eigene Initiative, in dem Glauben an eine ideologische Verbindung von Katholizismus und Nationalsozialismus, gewirkt“ habe. Der Wandel vollzog sich nach dieser Darstellung schnell. „Der ursprüngliche Charakter des Verlags und seine christliche Basis ist in den späten 1930er Jahren kaum mehr zu erkennen“, urteilt Bieber.
Auch Anton Eickhoffs Denken entwickelt sich in diese Richtung. Er offenbart laut Bieber schon beim Presseball 1935 ein „tief verankertes Sehnsuchtsgefühl nach autoritären Gesellschaftsstrukturen“. Im Jahr 1937, nach dem Zwangsverkauf an den NS-Verlag Phönix, wird die Redaktion verpflichtet, in die NSDAP einzutreten. Der damalige Chefredakteur Gottfried Hasenkamp will diesen Schritt nicht mitgehen. Er wechselt innerhalb des Hauses in den Buchverlag. Anton Eickhoff entscheidet sich für die Partei und für seine Karriere.
Das wird nun auch in seinen Texten deutlich. Über Eickhoffs erste Beiträge als neuer Chefredakteur heißt es bei Bieber: „Eickhoff schreibt nun als Nationalsozialist über den NSDAP-Parteitag. (…) Mit diesem Vokabular ist Eickhoff angekommen im NS-Staat als aktiver NS-Propagandist.“
Propaganda-Ausbildung in Potsdam
Aschendorff verdient laut Bieber auch nach dem Zwangsverkauf über die Druckerei Geld. Der Verlag druckt Schulbücher für das Fach Biologie, die man „nur als rassistische Pamphlete bezeichnen kann“, so sagte Bieber es bei seiner Buchvorstellung.
Anton Eickhoff wird im Jahr 1939 einberufen. Ob er sich freiwillig gemeldet hat, geht laut Bieber aus den Dokumenten nicht hervor. Dann folgt eine Propaganda-Ausbildung in Potsdam, ein Einsatz in Norwegen, später landet er in Belgien, wo er für die Zensur der Presse und die Zuteilung des Papiers zuständig gewesen ist („Wer nicht im völkischen Sinne schreibt, bekommt auch weniger Druckpapier“). Danach folgt eine Zwischenstation in Finnland und schließlich eine Anstellung bei der „Deutschen Zeitung“ in Amsterdam. Dort zeigt sich laut Bieber immer wieder: „Eickhoff ist NS-Propagandist.“
Noch Tage vor der sich abzeichnenden Niederlage veröffentlicht Eickhoff Durchhalteparolen. „Während in Münster bereits die Trümmer geräumt werden und wichtige NS-Größen die Selbstliquidierung vollziehen, schreibt Eickhoff bei Kerzenschein – Strom ist stark rationiert – über ‚Pflichten‘, ‚Verbissenheit‘ und ‚Kämpfer zu sein für das ewige Reich der Deutschen‘.“ Auch als Hitler bereits tot ist, fordert Eickhoff laut Bieber, nicht aufzugeben, sondern weiterzukämpfen.
Nach Kriegsende kehrt Eickhoff nach Münster zurück und arbeitet zunächst als Bauarbeiter. Er muss sich bescheinigen lassen, dass er ein Mitläufer gewesen sei (Entnazifizierung), um seine Karriere fortsetzen zu können. Dabei schreckt er laut Bieber „auch nicht davor zurück, für ihn kritische Tatsachen zu verschweigen, zu beschönigen oder sie – fälschlicherweise – zu leugnen, also zu lügen“. Biebers Urteil: Eickhoff sei kein Mitläufer gewesen. „Er war die treibende Kraft, die den Laden zusammengehalten hat, als Auflösungserscheinungen sichtbar wurden.“ Von alledem ist in Aschendorffs eigener Veröffentlichung nichts zu lesen.
Den Posten bekommt er dennoch
Im Jahr 1947 schreibt Eickhoff wieder erste Texte für den Verlag. „Hier zeigt sich ein komplett neuer Eickhoff“, schreibt Bieber. Der Zurückgekehrte „passt sich wieder der konservativen Politik an und hat seine orientierende Suche im deutschen Postfaschismus weitgehend abgeschlossen“.
Dass Anton Eickhoff im Jahr 1951 Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten wird, hat nach Einschätzung Biebers auch damit zu tun, dass er die richtigen Freundschaften unterhält. Gottfried Hasenkamp, zu dieser Zeit an der Spitze der Redaktion, hält einen anderen Kandidaten für ungeeignet. Dieser habe noch bis zuletzt Durchhalteparolen veröffentlicht. Das Niveau der Parolen des Kandidaten und der von Eickhoff unterscheide sich kaum, schreibt Bieber. Eickhoff habe seine NS-Propaganda sogar noch vier Wochen länger fortgesetzt. Den Posten bekommt er dennoch.
Über seine Vergangenheit äußert sich Eickhoff später nur noch ein einziges Mal öffentlich – beim 75. Geburtstag seines Freundes Theo Breider, dem Gründer des Freilichtmuseums Mühlenhof. Eickhoff schreibt einen Beitrag in einer Broschüre, in dem, so Bieber, „das gemeinsame völkische Denken von Laudator und zu Ehrendem offenbar wird“. Auch Breider, nach dem am Mühlenhof ein Weg benannt ist, habe eine NS-Vergangenheit, über die in Münster „der Mantel des Schweigens gelegt“ werde.
Eickhoff bleibt knapp 20 Jahre lang Chefredakteur der Westfälischen Nachrichten. Der Verlag hat diesen Teil seiner Geschichte bis heute nicht aufgearbeitet. Nach Biebers Eindruck hat er mit der Jubiläumsveröffentlichung sogar dazu beigetragen, Legenden zu bilden.
„An den Haaren herbeigezogen“
So behauptet Karl-Peter Ellerbrock auf Seite 162 seines Buchs: „Wir können davon ausgehen, dass auch Angehörige der Familie Hüffer am Sonntag, dem 3. August 1941, in der überfüllten Lambertikirche in Münster anwesend waren, als von Galen seine berühmte Predigt gegen die ‚Vernichtung lebensunwerten Lebens’ hielt.“
Bei der Buchvorstellung am Mittwoch sagte Michael Bieber: „Die Hüffers waren immer in der Elisabethkirche.“ Mit der Lambertikirche hätten sie seines Wissens nichts zu tun gehabt. „Das ist an den Haaren herbeigezogen.“
An einer anderen Stelle schreibt Ellerbrock, man könne nicht mehr herausfinden, in welchen Vereinen Leopold Hüffer Mitglied gewesen sei. „Hab ich ihm geschrieben. Es waren 28. Wenn er eine Aufstellung braucht, in der Entnazifizierungsakte sind alle Unterlagen drin“, sagte Bieber. Eine der Vereinigungen, denen Anton und Leopold Hüffer laut Bieber zeitweise angehörten, war der Stahlhelm-Bund. Bieber spricht von „einer rechtsextremen Gruppierung von demokratiefeindlichen ehemaligen Soldaten des Ersten Weltkriegs“.
Der Aschendorff-Verlag hat sich zu Biebers Recherchen bislang nicht geäußert. Als die Ankündigung des Buches erschien, habe ihn jedoch ein ehemaliger Redakteur angerufen, erzählte Bieber am vergangenen Mittwoch. Der habe ihm gesagt: „Bieber, endlich reißt mal einer den Schleier runter. Herzlichen Glückwunsch und Danke. So, das Gespräch hat eine Stunde gedauert. Mehr sag ich da jetzt nicht zu“, sagte Bieber. Dann sagte er doch etwas. Es werde einen Folgeband geben. Der Mann werde ihm bei den Recherchen helfen.
+++ Allmählich beginnt der Abbau der Unterkünfte für Geflüchtete aus der Ukraine. Wie die Westfälischen Nachrichten berichten, nutzt die Bezirksregierung die Halle Münsterland nur noch bis zum 13. Mai als Notunterkunft, danach soll sie wieder für den Messebetrieb verfügbar sein. In der Halle leben zurzeit 315 der knapp 2.000 in Münster registrierten Geflüchteten und damit ist sie nur etwa bis zur Hälfte belegt. Auch die Stadt will laut der Zeitung demnächst Unterkünfte schließen. Die Sporthallen in Roxel und Hiltrup würden nicht mehr gebraucht, sobald die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Plätze in der Blücher-Kaserne und in den ehemaligen Britenhäusern bereitstellt. Grund für den baldigen Abbau ist unter anderem der geringe Zustrom von Geflüchteten aus der Ukraine, über den auch wir im RUMS-Brief vom 1. April berichtet haben.
+++ Gleichzeitig haben die Stadtwerke eine Online-Plattform für die Ukraine-Hilfe geschaffen. Dort können Vereine und Initiativen aus Münster ihre Hilfsprojekte bewerben und Spendenwillige Geld einzahlen. Laut Pressemitteilung wollen die Stadtwerke sich mit 1.000 Euro an jedem Projekt beteiligen.
+++ Die Stadt will Streetfood legalisieren. Die Westfälischen Nachrichten berichten, dass mobile Verkaufsstände bald auch auf öffentlichen Flächen Essen und Trinken anbieten dürfen. Bislang können Pommesbuden, Wurstgrills und Crêpes-Stände nämlich nur auf privaten und kirchlichen Plätzen ihre Köstlichkeiten verkaufen. Der erste Stand könnte bei der Ludgerikirche eröffnen, heißt es in den WN.
+++ Wenn Sie gerade 3,2 Millionen Euro übrig haben, können Sie ein Stück münstersche Kultur kaufen. Das Programmkino Cinema & Kurbelkiste an der Warendorfer Straße steht zum Verkauf. Neben dem Kino erwerben Sie außerdem die Kneipe Garbo und ein paar Mietwohnungen. An diesem Drei-in-Eins-Konzept soll sich auch nichts ändern, sagte Manuel Walter vom Maklerbüro Engel & Völkers, das den Verkauf abwickelt, den Westfälischen Nachrichten. Der Noch-Eigentümer lege Wert darauf, dass dort weiterhin Filme gezeigt würden, heißt es dort, es gebe deshalb einen langfristigen Mietvertrag.
+++ Morgen eröffnet das Wahlbüro in der Salzstraße direkt neben dem Stadtmuseum. Dort können Sie ab dann ihr Kreuzchen für die Landtagswahl am 15. Mai setzen. Falls Sie noch unentschlossen sind, hilft Ihnen vielleicht der Wahlkompass weiter. Diesen Wegweiser durch die Wahlprogramme hat ein Team vom Institut für Politikwissenschaft der Uni Münster entwickelt. Zum Ausprobieren einmal hier entlang.
+++ Der Wahlkompass hilft Ihnen bei der Suche nach der richtigen Partei. Wenn Sie aber noch keine Direktkandidatin oder keinen Direktkandidaten für die Landtagswahl ins Auge gefasst haben, hilft Ihnen der WDR weiter.
Wir haben Post bekommen. Johannes Koch hat uns zu einem Bericht über den ersten Spatenstich für das Batterieforschungsinstitut geschrieben, den wir im RUMS-Brief verlinkt hatten. Er fragt sich, warum man für so einen Termin so viel Geld ausgibt. Den kompletten Beitrag finden Sie hier.
Thomas Krabbe kommentiert die Entscheidung, den neuen Bebauungsplan für den Hafenmarkt am Hansaring zu genehmigen. Trotz kosmetischer Eingriffe habe sich an dieser Stelle nichts geändert. Der Stadteil werde in den „Würgegriff von verkehrsanziehenden Konsumtempeln“ genommen. Hier der vollständige Beitrag.
Ende März hatte Johanne Burkhardt für RUMS mit dem Münsteraner Andre Groten gesprochen. Er hat zusammen mit seiner Frau in Kiew gelebt und musste zu Beginn des Kriegs flüchten. Hier erzählen wir einmal in der Woche, wie es für die beiden nach ihrer Flucht weiterging.
Flucht – das bedeutete im Fall von Andre und Mariia Groten: von der Großstadt ins ländliche Idyll. In Kiew sind sie noch vor wenigen Monaten in Museen gegangen, haben sich Ausstellungen angesehen, waren im Programmkino. Dann kamen sie mit der Zwischenstation Münster in der Nähe von Bremen an. Dort kann man mit dem Fahrrad ins Moor fahren. Und schon dass man mit dem Fahrrad fährt, das kannte Mariia Groten aus ihrer Heimat nicht. Eine Frage war: Beantragen Sie jetzt ein Visum für Geflüchtete? Oder geht es auch anders? Sie sind ja verheiratet. Sie fanden heraus, wie es ging. Die Papiere mussten sie nicht übersetzen lassen. Sie hatten in Deutschland geheiratet. Kompliziert war es dennoch. Drei Stunden mit dem Bus durchs Land. Dann fehlte das Foto, das Andre Groten vorab digital geschickt hatte. Der Fotoautomat im Amt war wegen Corona geschlossen. Eine Dreiviertelstunde haben sie gebraucht, um einen Fotografen zu finden. Und der sprach sogar Russisch. Er verständigte sich mit Mariia und bot schließlich an, beide zurück zum Amt zu fahren. „Denken Sie dran, in zwei Stunden habe ich Feierabend“, hatte der Mann auf dem Amt gesagt. In der Ukraine sei auch nicht alles gut, sagt Andre Groten. Aber das sei man schon anders gewohnt. Ein paar Hürden haben sie jetzt genommen. Sozialversicherungsnummer, Steueridentifikationsnummer, Krankenversicherung. Das sind die Voraussetzungen, um arbeiten zu können. Auch die Rentenversicherungsnummer ist nötig – als wäre jetzt schon klar, dass sie für immer bleiben.
+++ Heute meldet die Stadt 699 Neuinfektionen mit dem Coronavirus. Die Zahl der Neuansteckungen ist weiter rückläufig, genauso die Wocheninzidenz. Sie liegt zurzeit bei 1.482 Infektionen pro 100.000 Menschen in den letzten sieben Tagen und damit noch immer weit über dem Bundesdurchschnitt. 74 Corona-Infizierte werden im Krankenhaus behandelt, sieben liegen auf der Intensivstation und vier müssen beatmet werden. 193 Menschen sind seit Beginn der Pandemie in Münster an oder mit Covid-19 verstorben.
+++ In der letzten Woche vor den Osterferien konnten 1.038 Kinder und Jugendliche in Münster coronabedingt nicht am Unterricht teilnehmen. An der wöchentlichen Umfrage des Ministeriums haben 66 von 84 Schulen teilgenommen, in den Wochen zuvor waren es meist um die 70. Auffällig hierbei: Drei Schulen sind wieder in den Wechselunterricht übergegangen.
+++ Für heute und morgen ruft die Gewerkschaft Verdi zu Warnstreiks in den sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen auf. In Aachen, Bonn, Düsseldorf, Essen, Köln und Münster werden jeweils rund einhundert Pflegekräfte ihre Arbeit niederlegen, die Notfallversorgung ist vom Streik ausgenommen. Parallel dazu treffen sich die Tarifbeschäftigten in Oberhausen, um über ihre Forderungen zu diskutieren. Ziel ist ein sogenannter Tarifvertrag Entlastung, der die Arbeitsbedingungen in den Unikliniken verbessert. Fast 12.000 Menschen in Pflegeberufen aus NRW haben sich dieser Forderung angeschlossen, am 1. Mai soll der Tarifvertrag stehen. Juliane Ritter hatte in ihrer letzten RUMS-Kolumne darüber geschrieben.
+++ Schauen wir zum Schluss über die Stadtgrenzen hinaus: Nachdem Anfang April die meisten Corona-Schutzmaßnahmen gefallen waren, hat Bielefeld als erste Stadt in Nordrhein-Westfalen beantragt, die sogenannte Hotspot-Regel in Kraft treten zu lassen. Als Hotspot hätte Bielefeld einige Maßnahmen wie die Maskenpflicht in allen Innenräumen aufrechterhalten können. Die Landesregierung hat das jedoch abgelehnt. Die Versorgungslage sei in Bielefeld nach Einschätzung des Gesundheitsministeriums zwar angespannt, aber nicht kritisch. Außerdem sei die Zahl der Neuansteckungen und Menschen im Krankenhaus rückläufig. Die Hotspot-Maßnahmen würden keine Abhilfe schaffen, argumentiert das Ministerium in einem elfseitigen Schreiben.
Das Restaurant Noites de Lisboa war früher an der Sonnenstraße, dann verschwand es. Ich dachte, es wäre geschlossen worden. Aber dann fand ich es auf dem Rückweg einer Radtour wieder, am Rande eines Kleingartens in Coerde. Adresse: Kemperweg 45. Es liegt ein wenig versteckt. Aber es lohnt sich, zu suchen, wenn Sie es nicht zufällig bei einer Radtour finden. Mein Tipp: Trinken Sie ein portugiesisches Bier, ein Sagres, und essen Sie Fisch. Sie werden nichts falsch machen.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Seit die ZDF-Trödelshow Bares für Rares im Fernsehen läuft, ist unser aller Wortschatz um einen Begriff reicher: Provenienz. Dabei geht es um die Geschichten hinter den Kunstwerken: Woher stammen sie, wer hat sie besessen und wie sind sie im Museum gelandet? An dieser spannenden Spurensuche können Sie morgen, am internationalen Tag der Provenienzforschung, bei einer Online-Veranstaltung des LWL-Museums für Kunst und Kultur teilnehmen. Die Kunsthistorikerin Eline van Dijk gibt ab 18 Uhr Einblicke in ihre Arbeit, die sich um eine Frage kreist: Findet sich in der Sammlung des LWL-Museums NS-Raubkunst?
+++ Lange mussten Quizfans warten, aber jetzt geht es wieder los: Die münstersche Lokalgruppe von Viva con Agua richtet ihr erstes Pubquiz des Jahres in der Pension Schmidt aus. Los geht’s am Donnerstag um 20:30 Uhr. Die Teilnahme kostet nichts, es wird aber um Spenden für ein nachhaltiges Wasserprojekt gebeten.
+++ Es dauert nicht mehr lange, dann schwebt die Kuh Theodora über dem Kreuzviertel. Das ist natürlich kein echtes Tier, sondern ein Heißluftballon in Kuh-Form, der die Menge an CO2 symbolisieren soll, den man mit vegetarischer Ernährung einsparen kann. Der Kopf dahinter ist der Künstler Thomas Nufer, er veranstaltet vom 19. bis 30. April das Projekt Lass deine Kuh fliegen. Begleitet wird Theodoras Flug von einem Rahmenprogramm mit Vorträgen, Musik, Theater und natürlich kulinarischen Events, die allesamt für den Fleischverzicht sensibilisieren sollen. Wenn Sie beim Fleischfasten nach Ostern mitmachen wollen, schauen Sie einfach hier vorbei.
+++ Kleiner Tipp: Verkneifen Sie sich über Ostern lieber das Bierchen am Aasee. Dort gilt nämlich bis Ende April zwischen 18 und 6 Uhr ein Glasverbot. Laut Allgemeinverfügung, die das Verbot festschreibt, darf auch am Tag der Arbeit (1. Mai), an Christi Himmelfahrt (26. Mai) und Fronleichnam (16. Juni) niemand Glas zum Aasee bringen.
Weil in dieser Woche Karfreitag ist, bekommen Sie schon am Donnerstag Post. Constanze Busch schreibt Ihnen. Haben Sie eine gute Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Sebastian Fobbe
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PS
In der vergangenen Woche hatten wir im RUMS-Brief den neuesten Bericht des Weltklimarates erwähnt. Wenn Sie wissen möchten, was es für Münster bedeutet, so schnell wie möglich klimaneutral zu werden, schauen Sie sich die Seite Klimawatch an. Dort können Sie eine Schätzung abgeben, wie schnell in Münster die Emissionen auf Null fallen muss. Die Auflösung wird Sie sicher überraschen.
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