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Vom Fleck kommen: 9-Euro-Ticket oder Tanken? | FMO-Studie: Was steht drin? | Schlussverkauf: Einzelhandel – Zum Wohlfüllen
Guten Tag,
am vergangenen Mittwoch hat die Bundesregierung ihr neues Konjunkturprogramm für die Autoindustrie gestartet. Das ist jedenfalls meine Vermutung. Sie geht so: Das 9-Euro-Ticket soll den Menschen nun drei Monate lang vorführen, dass es ohne Auto einfach nicht geht, wenn man nervenverträglich reisen möchte.
Gebrauchte Autos zu kaufen, lohnt sich ohnehin gerade nicht, weil die Preise in Richtung Mond unterwegs sind. Allerdings – und das könnte gegen ein Auto sprechen – ist Tanken nach dem Sekundenrabatt der letzten Woche auch sehr schnell wieder teurer geworden. Kurz vor dem Stichtag kostete der Liter Super 2,13 Euro, dann machte er (Überraschung) noch schnell einen Sprung auf über 2,20 Euro, um dann am nächsten Tag auf 1,95 Euro herabzurauschen und langsam wieder in Richtung 2 Euro zu steigen. Heute Morgen zahlte man bei Aral, Esso, Shell oder Westfalen in Münster 2,05 Euro.
Der Staat soll von den hohen Spritpreisen nicht profitieren. So hatte Bundesfinanzminister Christian Lindner von der FDP den vorübergehenden Wegfall der Energiesteuer begründet. Staat kann man auch übersetzen als: die Allgemeinheit, denn dorthin fließt das Steuergeld ja auf irgendeine Weise zurück. Aber wer profitiert dann, wenn nicht der Staat?
Gegenfrage: Was glauben Sie, wie vielen altruistischen Ölkonzernen die Erkenntnis der letzten Wochen egal ist, dass man den Leuten an der Zapfsäule im Grunde alles abnehmen kann, was sich mit drei Ziffern abbilden lässt.
Bei der Zeitung hat man früher gesagt (oder sagt es vielleicht noch immer): „Der Leser hat kein Archiv.” Im Guten bedeutet das: Man muss auch die Vorgeschichte erklären, wenn man möchte, dass etwas verstanden wird. Aber man kann den Satz auch anders verstehen: An die Details erinnert sich eh niemand.
So kann es auch an der Tankstelle passieren. Wenn der Literpreis bald wieder bei 2,20 Euro liegt, wird sich kaum jemand daran erinnern, ob das an der hohen Energiesteuer liegt oder an den schönen Margen der Ölindustrie.
Schalten wir nun noch einmal schnell rüber zur Esso-Tankstelle an der Raststätte Münsterland Ost. Dort kostete der Liter Super heute Morgen 2,30 Euro. (rhe)
+++ Was ist eigentlich aus den 13 Kegelbrüdern geworden, die ihren Urlaub verlängern mussten, weil sie unter Verdacht standen, für den Brand in einer Bar verantwortlich zu sein? Einer von ihnen ist nach Berichten mehrerer Medien wieder frei, weil er offenbar nachweisen konnte, dass er duschte, als alles passierte. Vier haben 12.000 Euro Kaution gezahlt, warten aber noch in einer Zelle, weil das Geld laut den Behörden noch nicht eingegangen sei, so hieß es jedenfalls. Acht müssen wohl noch länger bleiben, im schlimmsten Fall für zehn Jahre, schreibt die Bild-Zeitung. Das Untersuchungsgericht will danach 500.000 Euro sehen. Dann könnte es auch bei ihnen etwas schneller gehen, so steht es da. Und das mag alles seine Richtigkeit haben, aber ehrlich gesagt: Ein bisschen komisch klingt es schon. (rhe)
+++ Seit April müssen Firmen, die in Münster E-Scooter verleihen, 50 Euro pro Roller und Jahr an die Stadt zahlen. Von der Gebühr hatte sich die Stadt eigentlich erhofft, die E-Roller-Flotte zu reduzieren, doch offenbar ist das Geschäft mit den Scootern immer noch so lukrativ, dass letzte Woche ein fünfter Anbieter nach Münster gekommen ist: Mit den lachsfarbenen Rollern von Voi fahren jetzt 6.000 solcher Gefährte in Münster herum, was dem städtischen Haushalt 300.000 Euro an zusätzlichen Einnahmen beschert. Wobei „fahren“ hier aber das falsche Wort ist, denn eigentlich verschärfen die neuen Scooter nur ein Dauerproblem: Sie verstopfen Gehwege weiter, denn die meiste Zeit liegen die E-Roller eh auf dem Boden rum. Darauf habe die Stadt schon mit Maßnahmen reagiert, schreibt uns das Presseamt. Das Ordnungsamt kontrolliere, ob die Roller richtig geparkt seien, und ließe sie schlimmstenfalls auch abschleppen. Und außerdem habe die Stadt die bisherigen freiwilligen Selbstverpflichtungen für die Firmen in verbindliche Auflagen umgewandelt. Mit diesen Regeln müssten die Rollerfirmen ihr Beschwerdemanagement verbessern und zum Beispiel ihre Servicehotline auf den Scootern deutlicher kennzeichnen. Das ist schon seit Mitte März so. (sfo)
+++ Die Sommerhitze lässt in Münster zwar noch etwas auf sich warten, aber immerhin sind die Brunnen in der Stadt schon ausgetrocknet. Die Stadt möchte die Brunnen und Wasserspiele deshalb etappenweise sanieren: Im ersten Schritt gibt sie vier Jahre lang 100.000 Euro aus, damit die Brunnen überhaupt wieder funktionieren, und danach will sie 1,8 Millionen Euro in die Hand nehmen, um die Brunnen von Grund auf zu sanieren. So lautete zumindest der Plan, über den heute der Umweltausschuss abstimmen sollte. Daraus wird aber vorerst nichts. Die Entscheidung wandert in den Rat, weil die Koalition erst noch die Bezirksversammlung Münster-West über das Brunnenkonzept abstimmen lassen will. (sfo)
+++ Durch die Pandemie warten in den Niederlanden schätzungsweise 100.000 bis 120.000 Patient:innen seit Monaten auf ihre Behandlung im Krankenhaus. Alex Friedrich, Ärztlicher Direktor der Uniklinik Münster, hat sich in den niederländischen Medien deshalb dafür ausgesprochen, dass mehr Patient:innen in Nordrhein-Westfalen behandelt werden. Die Landesregierung und Den Haag sollten nun einen Vertrag aushandeln, der die zusätzlichen Behandlungen in NRW regelt. (sfo)
Vielleicht trügt der Eindruck, dass es in Münster allen sehr gut geht, ja doch. Das verfügbare Durchschnittseinkommen der Menschen in der Stadt hebt sich jedenfalls nicht sehr von dem der Bundesbürger:innen ab. Wenn dann noch die im Vergleich zu vielen anderen Städten hohen Lebenshaltungskosten – vor allem wegen der Mieten – in Betracht gezogen werden, ist das aus Münster-Sicht positive Vorurteil wohl genau das: ein Vorurteil.
(Quellen: Wirtschaftsförderung Münster, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung (Stand jeweils 2019))
Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!
Die FMO-Studie
Wir hatten es im RUMS-Brief am Freitag schon gemeldet: Die von der Stadt Münster in Auftrag gegebene Studie zur Zukunft des Flughafens Münster/Osnabrück, kurz FMO, kommt zu dem Ergebnis, den Flughafen zu schließen, wäre einmalig sehr teuer, mit Blick auf die Finanzen der Stadt vermutlich zu teuer. Aber was genau steht in der Studie? Wir haben sie gelesen, damit Sie es nicht machen müssen. Hier eine Zusammenfassung.
Die aktuelle Situation
Hätten die Studien aus den 90er-Jahren recht behalten, wäre der FMO heute um ein Vielfaches größer. Dann wären schon im Jahr 2010 pro Jahr 3,2 Millionen Menschen im Jahr von Greven aus geflogen oder dort gelandet.
Tatsächlich waren es vor drei Jahren eine knappe Million. Vier von fünf Menschen, die vom FMO aus fliegen, landen im Mittelmeerraum, auf den Kanaren, am Roten Meer (Spanien, Türkei, Griechenland, Ägypten) oder innerhalb Deutschlands (Frankfurt, München).
Zur Entwicklung im Vergleich: Zwischen 2011 und 2019 sank die Zahl der Menschen, die von Greven aus fliegen oder dort landen, um ein Viertel. Auf den Flughäfen in Nordrhein-Westfalen wuchs die Zahl im gleichen Zeitraum um etwa ein Fünftel. Die Entwicklung verlief gegen den Trend.
Die Studie skizziert zwei Szenarien: Zum einen die Herabstufung auf einen Verkehrslandeplatz, auf dem kein Linien- oder Charterverkehr mehr stattfindet. Zum anderen den wirtschaftlichen Umbau, um den Flughafen im besten Fall profitabel zu machen.
Szenario I: Herabstufung
Ein Drittel aller Flüge am Flughafen Münster/Osnabrück sind kommerzielle Charter- oder Linienflüge. Sie würden entfallen, wenn der Flughafen nur noch ein Verkehrslandeplatz wäre.
Die Studie hat sich auf Grundlage der Zahlen von vor drei Jahren mit der Frage beschäftigt: Was wäre gewesen, wenn der Flughafen in Greven nicht zur Verfügung gestanden hätte?
Dann hätten sich 40 Prozent aller Flüge nach Düsseldorf verlagert, ungefähr zehn Prozent nach Hannover, Dortmund, Paderborn/Lippstadt und Köln/Bonn. Von den Menschen, die vom FMO nach Frankfurt oder München fliegen (die meisten zum Umsteigen), hätten 56 Prozent Direktflüge von anderen Flughäfen genommen. Die übrigen wären woanders umgestiegen, viele im Ausland.
Stünde der Flughafen in Greven nicht zur Verfügung, würde das laut den Berechnungen bedeuten: 600.000 Stunden zusätzliche Reisezeit auf Straßen und Schienen. Die Reisezeit im Flugverkehr würde sich um 300.000 Stunden verringern. Das heißt: Unter dem Strich 300.000 Stunden mehr Reisezeit, ein Fünftel davon für Geschäftsreisen.
Das ist in der Studie in Geld umgerechnet worden. Eine einstündige Geschäftsreise kostet den Annahmen nach knapp 20 Euro, andere Reisen im Schnitt 7,20 Euro. Macht 3,6 Millionen Euro volkswirtschaftliche Gesamtkosten einer Schließung auf Basis dieser Rechnung.
Dem stellt das Gutachten die Kosten für den CO2-Ausstoß gegenüber. Wenn im Luftverkehr 56 Millionen Personenkilometer wegfallen, kommen im Straßenverkehr 49 Millionen hinzu, zum Beispiel wegen längerer Anreisewege.
Unter dem Strich würde das bedeuten: Wäre der FMO nur noch ein ganz normaler Verkehrslandeplatz, würden im Jahr 2.600 Tonnen CO2 eingespart. Wie viel das umgerechnet in Geld ist, hängt von den Annahmen dazu ab, wie viel Wohlstand zukünftigen Generationen durch den CO2-Ausstoß entgeht.
Hier orientiert die Studie sich am Umweltbundesamt und berechnet zwei Varianten. In einer spart die Herabstufung des Flughafens 500.000 Euro, in der anderen 1,8 Millionen Euro. Das Ergebnis: Die volkswirtschaftlichen Kosten im Falle dieses Szenarios sind höher als der Nutzen.
Szenario II: Transformation
Eine zweite Möglichkeit ist, den Flughafen Münster/Osnabrück wirtschaftlich neu auszurichten. Was würde das bedeuten? Hier einige Eckpunkte.
- Der Flughafen erhöht die Preise für Starts und Landungen sowie die Passagierentgelte.
- Der Flughafen reduziert das Personal früher als eigentlich geplant (2030).
- Der Flughafen schließt in den Wintermonaten nachts. In dieser Zeit wären keine Starts und Landungen mehr möglich.
- Der Flughafen vermietet das Terminal 1 an Firmen, die dort unter anderem ihre Büros einrichten.
Allein die Reduzierung des Personals könnte die Kosten laut der Studie um 2,7 Millionen Euro reduzieren.
Verzichtet der Flughafen auf all das, geht das Autorenteam für das Jahr 2024 von einem Fehlbetrag (nach Steuern) in Höhe von 11,5 Millionen Euro aus. Im Falle der Neuaufstellung ergäbe sich im Jahr 2024 ein Fehlbetrag von 8 Millionen Euro.
Läuft alles wie bisher weiter, sieht die Studie im Jahr 2026 ein Minus von 6,2 Millionen Euro (nach Steuern). Dreht man an den oben beschriebenen Schräubchen, reduziert sich das Minus der Prognose auf 2 Millionen Euro.
Die Annahme dabei ist, dass in zwei Jahren 700.000 Menschen den FMO nutzen werden, doppelt so viele wie im vergangenen Jahr, aber ein knappes Drittel (28 Prozent) weniger als vor drei Jahren. Die sogenannten Drehkreuzverbindungen nach Frankfurt oder München bleiben in diesem angenommenen Fall bestehen, aber es kämen keine weiteren hinzu.
Im Jahr 2026 erreicht der Flughafen in diesem Szenario wieder die Passagierzahlen der Zeit vor Corona, also eine knappe Million.
Innerhalb von Deutschland werden laut der Studie weniger Flugzeuge abheben, weil geschäftliche Treffen jetzt via Videokonferenz stattfinden. Aber die wieder steigende Zahl internationaler Flüge kompensiert das ein bisschen. Die Zahl der Urlaubsflüge wächst laut der Prognose verhalten.
Wenn sich die Flughäfen bald selbst tragen müssen, könnte der FMO laut der Studie davon profitieren. Für Flughäfen wie den in Dortmund könnten die neuen Regeln dagegen zum Problem werden. Bislang stützt man den Flughafen dort stark. Wäre das nicht mehr möglich, müssten die Fluggesellschaften mehr zahlen. Der Standort würde unattraktiver. Für den Flughafen Paderborn/Lippstadt könnte es laut der Studie dauerhaft schwer werden. Es könnte sein, so die Annahme, dass dessen aktuelle Erholung nicht von Dauer sei. Den FMO könnte beides stärken.
Einsparpotenzial findet sich laut der Studie zum Beispiel bei der Flughafenfeuerwehr. Um hier Geld zu sparen, müsste man ihr den Status einer Werksfeuerwehr nehmen. Das würde die Kosten pro Jahr um 2,4 Millionen Euro verringern.
Kooperation von Flughäfen
Flughäfen stehen in Konkurrenz zueinander. Aber sie können zum Beispiel Material und Dienstleistungen einkaufen, gemeinsam ausbilden, forschen und in der Flugsicherung zusammenarbeiten. Nennenswert viel Geld sparen ließe sich dadurch laut Studie aber nicht.
Bedeutung für Bund und Land
Von bundesweiter Bedeutung ist der Flughafen in Greven laut der Studie nicht. Die vom Bund im Luftverkehrskonzept festgelegten Kriterien dafür erfüllt er nicht.
Auch in Nordrhein-Westfalen hat der FMO laut der Studie keine herausgehobene Position. Dafür spricht zum Beispiel, dass nur ein Viertel der Menschen im Einzugsbereich des Flughafens, die einen Flug buchen, in Greven ins Flugzeug steigt.
Wenn der Flughafen Münster/Osnabrück überregional doch eine große Bedeutung hat beziehungsweise haben soll, dann müssten Bund und Land das laut der Studie deutlich machen.
Der Bund müsste dem Flughafen bescheinigen, dass er militärisch wichtig ist. Oder der FMO müsste Teil einer Kriseninfrastruktur werden. Das würde ihm eine besondere Bedeutung in humanitären Notlagen (Hilfe für Geflüchtete) oder in der Gesundheitsvorsorge (Pandemie) geben. Darüber müssten Bund und Land entscheiden.
Bedeutung für die regionale Wirtschaft
Würde man den Flughafen zu einem Verkehrslandeplatz herabstufen, wäre das für den FMO-Konzern vermutlich das Ende. Für die Kommunen und Kammern, denen der Flughafen gehört, wäre das teuer. Laut Gutachten würde es einmalig 95 Millionen Euro kosten. Münster müsste davon ein Drittel tragen (35 Prozent, also 33,3 Millionen Euro).
Für die regionale Wirtschaft hätte die Herabstufung des Flughafens laut der Studie Nachteile. Wenn Firmen beschlossen hätten, sich in der Region anzusiedeln, würden sie diese Entscheidung wahrscheinlich nicht rückgängig machen, aber zukünftige Entscheidungen könnte die Schließung beeinflussen, so die Prognose.
Die neue Gesellschaft würde ungefähr 30 Stellen brauchen. Geld verdienen würde sie dann nur noch über Mieten (Büros, Hallen) und das private Fluggeschäft. Der kommerzielle Flugverkehr würde wegfallen. Und man müsste die Kosten für die Flugsicherung tragen. Laut Studie hätte das ein Vorsteuerergebnis von minus 2,5 Millionen Euro zur Folge. Anders gesagt: Wenn der Flughafen in Zukunft irgendwann Gewinne abwerfen soll, ist die Herabstufung nicht das Mittel der Wahl.
Empfehlung
Die Studie empfiehlt, den Flughafen wirtschaftlich neu aufzustellen. Das bedeutet: Der Flughafen braucht zunächst mehr Geld. Damit blieben auch die Vorteile bestehen: die bessere Erreichbarkeit der Region und die Chance, dass der Flughafen in Zukunft Vorteile für Wirtschaft und Verkehr bringt.
Stuft man den Flughafen Münster-Osnabrück zu einem Verkehrslandeplatz herab, wird es laut Studie nicht möglich sein, die Kosten mit dem Betrieb zu decken. Außerdem wäre die Herabstufung einmalig sehr teuer, und sie hätte Nachteile für die Erreichbarkeit der Region und die Attraktivität des Standorts.
Ein Hinweis zum Schluss
Am Ende der Zusammenfassung steht noch eine Anmerkung. Eine Verkehrsprognose für die Jahre 2022 und 2023 sei nicht Teil des Auftrags gewesen. Es habe sich allerdings eine große Nachfrage an Urlaubsreisen aufgestaut (falls nicht bald die nächste Corona-Welle kommt). Der Nachholeffekt ist laut der Prognose groß, bleibt aber nicht von Dauer. Generell sei davon auszugehen, dass der Luftverkehr eher zurückgehen werde. Die Folgen des Kriegs in der Ukraine seien dabei in den Annahmen noch nicht enthalten.
Die Kritik
Die veröffentlichte Kurzfassung des FMO-Gutachtens ist acht Seiten und einen Absatz lang. Sie enthält einen Auszug und die Zusammenfassung der Ergebnisse aus dem Endbericht, so steht es auf dem Titel. In dem Auszug wird deutlich: Sehr umfangreich ist die Untersuchung nicht. Das ist einer der Kritikpunkte am Ergebnis.
Ralph Griesinger vom Aktionsbündnis „FMO-Ausstieg jetzt“ kritisiert etwa, dass lediglich eine Variante der Schließung untersucht worden sei – die Herabstufung auf einen Landeplatz für private Flüge. Es gebe auch andere Alternativen, sagt er. In Weesow-Willmersdorf habe man auf einer Fläche von der Größe des Flughafens einen Solarpark gebaut, den größten in Deutschland. Würde man den FMO schließen, entfiele zudem das Verbot, dort Windkraftanlagen zu bauen, sagt Griesinger.
Außerdem kritisiert er die Alternativrechnung. Im Gutachten lautet die Annahme: Die Flüge werden sich zu großen Teilen verlagern. Aber: „Es wird nicht betrachtet, dass viele Flüge gar nicht mehr stattfinden werden“, sagt Griesinger. Vor allem die Billigangebote, zum Beispiel Kurztrips nach Wien, viele davon werde es dann vielleicht nicht mehr geben.
Ein weiterer Punkt: Die Studie stellt die CO2-Einsparungen dem volkswirtschaftlichen Schaden gegenüber. „Das kann man so machen, aber dann berücksichtigt man nicht, dass die Minderung der Treibhausgasemissionen ein Staatsziel ist, das vom Klimaschutzgesetz und vom Bundesverfassungsgericht vorgegeben ist“, sagt Griesinger. Diese Erwägung sei für ihn nicht nachvollziehbar.
Und: Greisinger hält die Möglichkeit, dass der Flughafen in Greven Gewinne erwirtschaften wird, für unwahrscheinlich. Natürlich werde es Geld kosten, den FMO zu schließen. Aber: „Das Geld ist ohnehin weg“, sagt er. Deswegen könnte man nach seinem Verständnis auch die hohe Einmalzahlung in Kauf nehmen.
Der Flughafen-Experte Carsten Schürmann lobt den Ansatz, sich mit verschiedenen Szenarien auseinanderzusetzen. Ihm fehle allerdings der erweiterte Blick, sagt er. In der Luftfahrt passiere sehr viel. Neue Antriebstechnologien zum Beispiel oder die veränderte Bedeutung von Kurzstreckenflügen. „Man könnte fragen, wie der FMO sich positionieren kann“, sagt Schürmann. Doch das komme in der Untersuchung nicht vor. Das Gutachten stütze sich auf „traditionelle Konzepte“, es schaue auf die betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkte, nicht so sehr auf das, was möglich wäre.
Übrigens: Wenn Sie sich den Flughafen noch einmal aus der Nähe ansehen möchten, dann halten Sie sich am besten den Sonntag frei. Dann feiert der FMO von 11 bis 18 Uhr sein Sommerfest zum 50-Jährigen. Dann können Sie sich kostenlos über den Flughafen führen lassen oder Rundflüge mit Hubschraubern und Oldtimern machen. Bei der Gelegenheit macht der Flughafen auch schon einen ersten Schritt in die Zukunft: Er eröffnet einen neuen Kinderspielplatz. (rhe)
Korrekturhinweis:
In einer ersten Version hatten wir aus Versehen die Wörter “Verkehrsflughafen” und “Verkehrslandeplatz” synonym verwendet. Im ersten Szenario würde der Flughafen Münster/Osnabrück zu einem Verkehrslandeplatz herabgestuft. Wir haben das im Text korrigiert.
+++ Im RUMS-Brief am Freitag haben wir uns verrechnet. Vielen Dank für die vielen Hinweise. In einer Meldung zur bevorstehenden Sperrung der Bergstraße schreiben wir, 40 Wochen hätten 1.200 Tage. Das stimmt natürlich nicht. Es sind nur 280 Tage. Richtig wäre gewesen: gefühlt 1.200 Tage. (rhe)
+++ Und wo wir schon bei Zahlen sind: Im letzten Brief haben wir fälschlicherweise gemeldet, dass die Stadt im Rahmen des Umwidmungsprogramms 20 Parkplätze entfernt und bislang nur 150 von 1000 abgepeilten Fahrradstellplätze geschaffen hat. Das ist natürlich Quatsch. Die Stadt will 3000 neue Fahrradstellplätze schaffen. (sfo)
Die Stadt hat seit Samstag 452 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus registriert. Damit gelten derzeit 1.742 Personen in Münster offiziell als infiziert. Die Inzidenz liegt laut RKI bei 326 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen. Bundesweit liegt die Wocheninzidenz heute bei knapp unter 200. Laut Divi-Intensivregister liegen zwei Covid-Patient:innen in Münster auf der Intensivstation. Eine:r davon muss beatmet werden. (sfo)
Ende März hatte Johanne Burkhardt für RUMS mit dem Münsteraner Andre Groten gesprochen. Er hat zusammen mit seiner Frau in Kyjiw gelebt und musste zu Beginn des Kriegs flüchten. Hier erzählen wir, wie es für die beiden nach ihrer Flucht weiterging.
In den letzten Tagen sind Andre und Mariia Groten ein paar Mal in Albachten spazieren gegangen, im Wald gegenüber, ein paar Meter entfernt von ihrer neuen Wohnung. Es war idyllisch, friedlich und wunderbar. Mariia sagte: „Es fühlt sich an, als wären wir schon Jahre hier.“ In den gleichen Tagen schlugen in Kyjiw, wo ihre Kleidung noch immer in Kisten in einer Wohnung steht, Raketen ein. Das sind die beiden Welten, in denen das Leben von Andre und Mariia Groten stattfindet. In Deutschland arbeitet Andre auf seinen letzten Tag in der alten Firma hin, am 10. August wird das sein. In Kyjiw droht Putin mit neuen Angriffen. Gleichzeitig sind die Cafés wieder geöffnet, auch die Geschäfte. Die Menschen müssen Geld verdienen. Mariias Vater in der Ukraine macht das, was er im Sommer immer macht, er kümmert sich um den Garten. Seine Frau arbeitet 30 Stunden die Woche im Krankenhaus. „Die Menschen werden kriegsmüde“, sagt Andre Groten. Und mit der Normalität kehren auch die alltäglichen Probleme zurück. Mariias Schwester pendelt zwischen den Schwiegereltern, um nicht immer aufeinanderzuhocken. Andre hat in Deutschland die neue Wohnung eingerichtet, in den nächsten Wochen will er sein Russisch verbessern, Mariia ihr Deutsch. Am Montagnachmittag haben sie erst mal das gemacht, was man an einem Feiertag so macht. Sie sind mit dem Rad nach Senden zu Andres Mutter gefahren, um Kuchen zu essen. Rund um Donezk flogen die Russen Luftangriffe.
+++ Am Wochenende waren die Bahnsteige voller als sonst, vor allem weil viele Leute mit dem 9-Euro-Ticket von Münster an die Nordsee fahren wollten, so schreiben es viele Medien, erwähnen aber nicht, dass das über Pfingsten schon immer so war. (Antenne Münster, Ann-Kathrin Hipp)
+++ Die Polizei Münster hat zwei Männer festgenommen, die im Verdacht stehen, mehrere Geldautomaten im Münsterland, in Ostwestfalen-Lippe und am Niederrhein gesprengt zu haben. (WDR)
+++Die Sparkasse hat einen Jahresüberschuss von 10,2 Millionen Euro erzielt – etwas weniger als im vergangenen Jahr, weil die Bank sich absichert. (Sparkasse Münster)
+++ Die Wahlen zum Studierendenparlament der Uni Münster, an denen nur 14,6 Prozent der Studierenden teilnahmen, hat CampusGrün mit 42 Prozent gewonnen. (Studierendenparlament Uni Münster)
+++ Etwa tausend Menschen haben gestern den ökumenischen Pfingstgottesdienst am Domplatz gefeiert, schätzt die Evangelische Kirche. (Evangelischer Kirchenkreis Münster)
+++ Die Stadt hat von ungefähr 3.000 Leuten Tipps für das Fahrradnetz 2.0 bekommen. (Stadt Münster)
+++ Die Linke will per Resolution erreichen, dass sich der Stadtrat mit den Streikenden der Uniklinik solidarisiert. (Die Linke Münster)
+++ Die Polizei sorgt sich darüber, dass immer mehr Menschen in Münster Waffen kaufen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Das Bündnis „Kein Meter den Nazis“ organisiert am Samstag einen Gegenprotest zum sogenannten Frauenkongress, den eine extrem rechte Gruppe mit der AfD veranstaltet. (Münstertube)
Fast sieben Jahre lang gab es den Unverpackt-Laden „Einzelhandel zum Wohlfüllen“. Erst an der Hammerstraße, seit Februar dieses Jahres auch am Rosenplatz, doch jetzt ist Schluss. Zum 2. Juli schließen beide Standorte. Pandemie, Personalmangel und massiv steigende Einkaufspreise seien in den letzten zwei Jahren nicht spurlos am Geschäft vorübergegangen, schreibt das Team zum Abschied. Für alle, die ein letztes Mal plastikfrei einkaufen und stöbern möchten, gibt es einen Schlussverkauf mit 15 Prozent Rabatt auf das gesamte Sortiment. Neben Lebensmitteln finden Sie dort auch unverpackte Pflegeartikel, Reinigungsmittel und Nützliches für die Küche.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Die Empfehlungen für heute hat Viktoria Pehlke für Sie zusammengestellt.
+++ Wir haben vor kurzem die Fotografie-Ausstellung um Annelise Kretschmer angekündigt. Am 10. Juni findet im LWL-Museum für Kunst und Kultur nun die Junge Nacht mit dem Thema „Schau mir in die Augen“ statt, bei der Annelise Kretschmer auch Touren anbietet. Von 18 bis 24 Uhr orientieren sich Workshops, Improvisationstheater, Fotoaktionen und Livemusik am Thema der Ausstellung. Im Workshop „Fotolab“ können Teilnehmende beispielsweise ihre eigenen Negative gegen Aufpreis in der Dunkelkammer selbst entwickeln.
+++ Am Donnerstag stellt der Historiker Joachim Käppner seine neue Veröffentlichung „Soldaten im Widerstand“ in der Villa ten Hompel vor. Es wird ein Gespräch über Widerstandskämpfer:innen und Regimegegner:innen im Nationalsozialismus geben. Das Forum wird auch über Zoom übertragen.
+++ Der Verein pro Filia versucht Mädchen in Nepal vor dem Verkauf in die indische Prostitution zu bewahren. Am Sonntag veranstaltet der Verein eine Kunstauktion, bei der etwa 80 Werke zum Verkauf stehen, die Sie bereits hier ansehen können. Oberbürgermeister Markus Lewe wird vor Ort sein, als Auktionator tritt Götz Alsmann auf. Beginn ist um 11 Uhr am Leonardo-Campus 6.
+++ Zum Thema „Gesundheit in der nachhaltigen Stadt Münster“ können Sie am Sonntag an einer Stadtteilerkundung des Hansaforums teilnehmen. Das Team leitet Interessierte mit einem kritischen Blick durch das Hansaviertel. Treffpunkt ist der Spielplatz an der Dortmunderstraße um 14:30 Uhr.
+++ Der 6. Münsteraner Friedenslauf am 30. September ist noch eine Weile hin. Aber anmelden können sich Schulen nur noch bis zum 15. Juni. Mit dem Lauf sammeln Schüler:innen Spenden für die Friedensarbeit des Vereins Pax Christi Münster und dem Forum Ziviler Friedensdienst). Begleitet wird das Ganze durch musikalische Beiträge und Workshops.
Am Freitag schreibt Ihnen Constanze Busch. Ich wünsche Ihnen eine schöne Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Sebastian Fobbe, Constanze Busch, Viktoria Pehlke, Jan Große Nobis
Lektorat: Antonia Strotmann
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PS
Zum Schluss noch eine Bilanz. Stichwort Stadtradeln. Gewonnen hat in diesem Jahr das Team der Gesamtschule Münster Mitte, schon wieder, und zwar mit 82.409 Radkilometern. Das ist wirklich beachtlich. Vor allem aber: Herzlichen Glückwunsch! Für RUMS war ebenfalls ein Team dabei. Es hat mit 5.047 Kilometern von 124 Firmen den 23. Platz gemacht. Damit liegt RUMS auf Platz 88 von 495 Teams. Gratulation aus der Redaktion, die – das geben wir gern zu – nicht so viel dazu beigetragen hat. Journalistische Distanz, wenn Sie verstehen, was wir meinen.
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