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Wo es kostenloses Wasser gibt | Wie Münster auf Hitzewellen vorbereitet ist | Das Café Luna
Guten Tag,
wenn man in einem französischen Restaurant „une caraphe d‘eau“ bestellt, eine Karaffe Wasser, dann bekommt man das Wasser kostenlos. Das geschieht nicht ganz freiwillig. Französische Restaurants sind dazu verpflichtet. Um ein Haar hätte die Europäische Union das Recht auf kostenloses Wasser vor drei Jahren auch in den übrigen Mitgliedstaaten etabliert, doch die Gastro-Lobby verhinderte das in letzter Sekunde.
Damit hat man in Deutschland, dem Land der begrenzten Möglichkeiten, weiter immerhin die Möglichkeit, ein Glas Wasser für 4,20 Euro zu bestellen. In Münster bekommt man Leitungswasser etwas günstiger, im Enchilada zum Beispiel für 3,20 Euro.
Wenn Sie ohne Geld oder EC-Karte in der Stadt unterwegs sind und spüren, dass der Durst unüberhörbar wird, können Sie sich entweder zum Aasee begeben und dort ein Glas frisches Blaualgenwasser schöpfen. Das trinkt man jedoch möglicherweise nur einmal im Leben. Daher würden wir davon abraten.
Eine andere Möglichkeit ist: Sie versuchen, eine sogenannte Refill-Station zu finden. Das sind Stellen, an denen Sie kostenlos Leitungswasser abfüllen können. Sie müssen nur ein Glas oder eine Flasche mitbringen. Von diesen Stationen gibt es über 6.000 in Deutschland und 40 in Münsters Innenstadt – zum Beispiel im Stadthaus I, im Servicezentrum der Stadtwerke an der Salzstraße, in der Starbucks-Filiale am Bahnhof – oder bei RUMS in der Neubrückenstraße, gegenüber vom Theater. Kommen Sie vorbei, wir freuen uns. Alle übrigen Stationen finden Sie hier auf der Karte. (rhe)
+++ Sie haben es bestimmt mitbekommen: Am Samstagmorgen um eine Minute nach 9 Uhr landete am Flughafen Münster/Osnabrück eine Maschine, auf die sehr viele Menschen warteten. Sie brachte die verbliebenen 8 der 13 Kegelbrüder nach Hause, die bis zum Wochenende auf Mallorca in Untersuchungshaft gesessen hatten (hier das Beweisvideo). Die Männer waren erst wenige Stunden zuvor entlassen worden. Ihre Freilassung haben sie ihrer Anwältin Maria Barbancho Saborit zu verdanken, die eine Vertretungsrichterin davon überzeugen konnte, die Münsteraner gehen zu lassen. Der eigentliche Ermittlungsrichter, Antoni Rotger, habe eine Freilassung auf Kaution bisher verhindert, er gelte laut deutscher Presseagentur (hier Süddeutsche Zeitung) als harter Hund. Mit der Freilassung ist das Verfahren aber noch lange nicht zu Ende. Gegen die Kegelbrüder wird immer noch ermittelt. Wie der WDR meldet, hat die Anwältin fleißig Beweise gesammelt, die den Kegeltclub entlasten sollen. Mittlerweile ist ein anderer Tourist in den Fokus der Ermittlungen gerückt. Er ist auf einem Handyfoto zu sehen, das die Mallorca Zeitung kürzlich abdruckte. Heute soll ein Gericht auf Mallorca entscheiden, ob ein neues Gutachten erstellt wird. Es könnte die Kegelbrüder entlasten. (sfo)
+++ Ende März meldete Alles Münster, dass sich die Arbeiten am Hansator auf der Ostseite des Hauptbahnhofs auf der Zielgeraden befinden. Dort sollen ein Hotel, ein Supermarkt, eine Drogerie, ein Restaurant für hawaiianische Schüsselgerichte, kurz Bowls, und einige Wohnungen für berufstätige Singles und Paare einziehen. Aber wie Sie bestimmt gemerkt haben: Die Baustelle gegenüber vom Bremer Platz ist immer noch da. Jetzt soll es aber wirklich losgehen. Der charmante Bodenbelag mit Tennisplatz-Flair, der sich um das Gebäude herum schlängelt, ist auch schon fast fertig. Die Landmarken AG, die das Bauprojekt managt, teilte auf RUMS-Anfrage mit, dass Ende dieser oder Anfang nächster Woche Rewe, Müller und das Hotel im Hansator öffnen. In den hyggeligen Einzimmerwohnungen leben schon seit April Menschen, die knapp 1.400 Euro Kaltmiete für 43 Quadratmeter erübrigen können. Die richtige Einweihungsfete fürs Hansator steigt am 26. August. (sfo)
+++ Zum Schluss eine Ankündigung: In der Nacht von gestern auf heute haben sich die Gewerkschaft Verdi und die sechs Unikliniken in Nordrhein-Westfalen offenbar in ihrem Streit um einen Tarifvertrag Entlastung fürs Klinikpersonal geeinigt. Damit könnte der Klinikstreik nach 79 Tagen enden. Heute Abend will Verdi die Ergebnisse der Verhandlungen in einer Pressekonferenz vorstellen. Noch ist man verhalten optimistisch, auf der Website ist die Rede von einer „möglichen Einigung“ mit den Arbeitgebern. Wir sind gespannt und werden Sie auf dem Laufenden halten. (sfo)
Etwas mehr als die Hälfte der Münsteraner:innen ist weiblich. Die politischen Gremien, die die Entscheidungen für die Stadt, ihre Finanzen und ihre Zukunft treffen, bilden das nicht ab. Mehr als 60 Prozent der Mitglieder im Stadtrat und in den Ausschüssen sind Männer, in den Bezirksvertretungen sind es über 70 Prozent. Unter den politisch Engagierten mit Migrationsvorgeschichte ist das Geschlechterverhältnis allerdings ausgeglichener als bei den Menschen ohne internationale Familiengeschichte. Das einzige Gremium mit quasi paritätischem Männer- und Frauenanteil ist der Integrationsrat.
(Quellen: Integrationsmonitoring, Gendermonitoring)
Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!
Die stille Gefahr – wie Münster auf Hitzewellen vorbereitet ist
Wir befinden uns auf dem Höhepunkt einer Hitzewelle. Frankreich ist mit einem neuen Hitzerekord in die Woche gestartet. Großbritannien hat die sogenannte nationale Notlage einberufen. Der Zugverkehr liegt brach, Landebahnen schmolzen. Man rechnet mit noch nie dagewesenen Temperaturen. Im Süden Europas brennen knapp 30 Wälder. Allein in Spanien starben nach Medienberichten in der vergangenen Woche 360 Menschen an den Folgen der Hitze. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung zeigt die Erde heute auf ihrer Titelseite als glutrotes Wärmebild, und irgendwo mittendrin in dem satten Rot liegt Münster, wo der Deutsche Wetterdienst heute einen Rekordwert von 39 Grad vorhersagte, ein halbes Grad mehr als am bisherigen Rekordtag, dem 25. Juli 2019, was aber mit 38 Grad (19 Uhr) dann doch nicht erreicht wurde.
Wetterdaten zeigen, dass die Hitze in den vergangenen Jahrzehnten zu einem immer größeren Problem geworden ist. Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) in Genf sagt voraus, dass Extremhitzeereignisse und Wärmerekordjahre in den kommenden zehn Jahren mit großer Wahrscheinlichkeit zunehmen werden. Fachleute halten Kommunen für darauf schlecht vorbereitet. Wir haben in einer gemeinsamen Kooperation von Correctiv Lokal, Zeit Online und RUMS Daten ausgewertet und uns angeschaut, wie es in Münster aussieht.
Das Problem mit der Hitze beginnt schon bei den Zahlen. Wenn ein Mensch erfriert, dann steht das so im Totenschein. „Hitzetote werden kaum erfasst, weil ein Hitzetod schwierig zu erkennen ist“, sagt Hendrik Oen, Hausarzt und Bezirksleiter der Kassenärztlichen Vereinigung. Ist die Todesursache Hitze, dann kann im Totenschein alles Mögliche stehen: Herzinfarkt, Herz-Kreislauf-Erkrankung , Nierenversagen.
Das Robert-Koch-Institut hat vor einigen Wochen zusammen mit dem Deutschen Wetterdienst und dem Umweltbundesamt die Zahlen zu den Hitzesommern 2018 bis 2020 ausgewertet und ist zu dem Schluss gekommen: In diesen drei Jahren sind in Deutschland 19.000 Menschen an Hitze gestorben. Die Hitze ist ein stilles Problem, und das führt dazu, dass sie unterschätzt wird.
Nur wenige Kommunen haben Hitzeaktionspläne
An einem Montagmorgen im Juli sitzt Martin Herrmann in einer Videokonferenz, die das Recherchenetzwerk Correctiv organisiert hat. Aus seinen Worten klingt große Besorgnis. Herrmann ist Arzt und Vorsitzender der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit, kurz KLUG, einem Netzwerk aus Einzelpersonen, Organisationen und Verbänden aus dem Gesundheitswesen, die erreichen wollen, dass der Klimawandel zum wichtigsten Gesundheitsthema wird. Noch sind sie davon ein Stück entfernt.
Er habe im vergangenen Jahr viele Gespräche mit Kommunen, Kliniken und anderen Organisationen geführt, sagt Herrmann. Dabei sei herausgekommen, dass Deutschland für den Katastrophenfall durch große Hitzewellen nicht vorbereitet ist.
Im Mai veröffentlichte KLUG eine Umfrage unter ärztlichem Fachpersonal. Sie identifizierte ein „geringes Bewusstsein“ für Gesundheitsgefährdungen durch die Klimakrise. Das ist auch an vielen anderen Stellen zu erkennen.
Die Bundesregierung hat vor fünf Jahren ein Papier veröffentlicht, das Kommunen dabei helfen soll, Hitzeaktionspläne zu erstellen – also Pläne, die dafür sorgen sollen, dass möglichst wenige Menschen an der Hitze sterben und das Gesundheitssystem nicht überlastet wird. Bislang haben nicht viele Kommunen diese Möglichkeit genutzt. Erfurt, Dresden, Köln oder Mannheim sind einige der wenigen Ausnahmen. Aber richtig zufrieden ist Martin Herrmann mit den Ergebnissen nicht. „Fast keine Kommune hat es geschafft, sich mit den Gesundheitsakteuren zusammenzutun“, sagt er. Damit meint er Pflegeheime, Praxen oder Kliniken.
Wie sieht es in Münster aus? Wir haben die Stadt gefragt. Ein Hitzeaktionsplan sei in Planung, schreibt Stadtsprecherin Angela Hennersdorf. Wann das Papier fertig sein werde, sei noch nicht abzusehen. Was sich aber sagen lasse: Die Stadt suche eine Person, die den Hitzeaktionsplan entwickelt und umsetzt. Man werde bald eine Stelle ausschreiben.
Und wie arbeitet die Stadt mit anderen Stellen zusammen? „Krankenhäuser, Arztpraxen, Senioreneinrichtungen sind alle grundsätzlich sensibilisiert für das Thema“, schreibt Hennersdorf.
Frankreich ist weiter
Im Moment ist die Datenlage noch vage. In Deutschland gelten mindestens neun Millionen Menschen als hitzegefährdet. Wie viele es in Münster sind, ist nicht klar. Daten zu hitzegefährdeten Menschen in Münster liegen der Stadt nicht vor. Das ist in Deutschland eher der Normalfall. Wie es anders geht, zeigt zum Beispiel Frankreich.
Ab dem 65. Lebensjahr können ältere Menschen sich bei den Städten registrieren lassen. Sobald die Alarmstufe „Hitzewelle“ erreicht ist, meldet sich der Soziale Dienst bei diesen Menschen, stellt Ventilatoren in die Wohnung, sorgt dafür, dass sie genug trinken.
Wie es so oft passiert, wurde das Land erst aus Schaden klug. Nach einer tödlichen Hitzewelle vor knapp 20 Jahren verpflichtete Frankreich die Kommunen, ein solches Register zu führen. In Deutschland steht das noch bevor, obwohl die Hitze auch hier tödlich und teuer ist.
Allein die Hitzesommer in den Jahren 2018 und 2019 verursachten nach einer am Montag veröffentlichten Studie Schäden in Höhe von rund 35 Milliarden Euro. Und während für die 183 Menschen, die bei der Flutkatastrophe im Ahrtal vor einem Jahr starben, in der vergangenen Woche eine Gedenkveranstaltung stattfand, was gut ist, bleiben die vielen tausend Menschen, die der Hitze zum Opfer fielen, namenlose Zahlen in der Statistik.
Den unbedingten Willen, schnell etwas zu unternehmen, erkennt man bislang noch nicht. Als der größte deutsche Ärzteverband, der Marburger Bund, und die Bundesärztekammer gestern einen nationalen Hitzeschutzplan forderten, verwies der Bund auf die Kommunen. Bei Risikogruppen wie Kindern und Senioren wüssten diese am besten Bescheid.
Ein Drittel unter dem Bundesschnitt
Das Zögern liegt vielleicht auch daran, dass die Zahlen den Eindruck vermitteln könnten: So richtig dringlich ist es noch nicht. In Münster etwa gab es zwischen 2011 und 2021 genau 71 Hitzewarnungen. Das sind durchschnittlich sechs pro Jahr. Der bundesweite Durchschnitt ist neun, in Münster liegt der Wert also ein Drittel darunter.
Auch wenn man auf die Zahl der sogenannten Hitzetage schaut, an denen die Temperatur auf über 30 Grad stieg, liegt Münster leicht unter dem Durchschnitt. Bundesweit gab es zwischen 1991 und 2020 im Schnitt zehn Hitzetage pro Jahr, in Münster waren es neun. Im Vergleich zu den Jahren davor ist die Zahl jedoch deutlich gestiegen: Sie hat sich mehr als verdoppelt. Zwischen 1961 und 1990 kam das Thermometer in Deutschland im Schnitt gerade mal an fünf Tagen pro Jahr auf mehr als 30 Grad, in Münster an vier Tagen.
Aber was bedeutet das, wenn es an immer mehr Tagen im Jahr immer heißer wird? Einen Eindruck gibt die Zahl der Menschen, die ins Krankenhaus eingewiesen werden. In Münster waren das im Hitzejahr 2018 nach Zahlen der Krankenkasse AOK in der Altersgruppe der Menschen über 65 Jahren etwa doppelt so viele Versicherte wie bundesweit.
Die Krankenkasse gibt die Einweisungen pro einer Million Versicherte an. In Münster waren es 951, im Bundesschnitt 488. Heruntergerechnet auf die etwa 315.000 Menschen, die im Moment in Münster leben, bedeutet das: knapp 300 Einweisungen im Jahr.
Die hohe Zahl erklärt sich wohl auch dadurch, dass in Münster viele Menschen aus dem Umland behandelt werden.
Das größte Manko
Wir haben die Uniklinik gefragt, wie sie auf Hitzewellen vorbereitet ist. Einen Hitzeaktionsplan gebe es nicht, schreibt Kliniksprecherin Marion Zahr, aber die Mitarbeitenden seien sensibilisiert. Man arbeite mit Wetterprognosen, die Klinik sei komplett klimatisiert, außerdem lüfte man regelmäßig, schirme die Zimmer mit Markisen oder Rollläden vor der Sonne ab. In diesen Zeiten achte man besonders darauf, dass alle Patient:innen ausreichend trinken. Für das Personal sei Wasser kostenlos.
Eine geregelte Zusammenarbeit mit der Stadt, mit Pflegeheimen oder Arztpraxen, wie Martin Herrmann vom Netzwerk KLUG sie fordert, findet aber auch hier nicht statt.
Wie so etwas aussehen kann, zeigt ein Pilotprojekt in Berlin. Kommt eine Hitzewarnung vom Deutschen Wetterdienst, wird eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt. Das Einsatzleit- und Lagezentrum gibt den Alarm weiter an Multiplikatoren wie die Kassenärztliche Vereinigung, die Heimaufsicht oder Trägergesellschaften. Pflegedienste, die Feuerwehr, das Technische Hilfswerk, das Landesamt für Gesundheit, sie alle sind eingebunden. „Entscheidend ist, dass alle Institutionen schon vorher wissen, was bei einer Warnung zu tun ist“, sagt Martin Herrmann. Und das sei eben heute auch das größte Manko.
Aber wie gehen Alten- und Pflegeheime bislang mit der Hitze um? „Die Einrichtungen bekommen das sehr gut hin“, sagt Natalie Albert vom Caritasverband, der in Münster mehrere Alten- und Pflegeheime betreibt. Anfragen zu dem Thema gebe es jedes Jahr. Sie sehe da keine große Dramatik. Die Pflegekräfte seien es gewohnt, mit der Hitze umzugehen.
Was zu tun ist, sei klar. „Der grobe Rahmen ist durch Konzepte geregelt“, sagt Natalie Albert. Man stelle Sonnensegel und Sonnenschirme auf, man setze Ventilatoren oder Luftbefeuchter ein. Und wenn es draußen zu heiß sei, dann bleibe man eben drinnen und mache ein kühles Fußbad. Der Kontakt zu den Ärzt:innen sei ohnehin immer da.
Und was ist mit den Menschen, die nicht aus dem Bett können? „Es ist ein Irrglaube, zu denken, dass es viele Menschen gibt, die den ganzen Tag im Bett verbringen“, sagt Natalie Albert. Man habe Spezialrollstühle, und es sei auch möglich, Betten in andere, kühlere Zimmer zu schieben. „Das bekommen wir immer hin“, sagt sie.
Am wichtigsten seien aber Ernährung und Flüssigkeitsaufnahme. „Wenn es heiß wird, gibt es eben keinen deftigen Erbseneintopf, dann gibt es eine Kaltschale“, sagt Natalie Albert. Ein Eis, viel Obst, viel Gemüse, vor allem viel Wasser, das sei wichtig.
Kleine Kneipe im Altenheim
Bei den Alexianern, die in Münster ebenfalls Alten- und Pflegeheime betreiben, gibt es zwar keine Kooperationen mit der Stadt oder Arztpraxen, aber dafür festgelegte Verfahrensanweisungen, schreibt Sprecherin Carmen Echelmeyer. Es werde auch geprüft, ob die Mitarbeitenden sich daran halten.
Außerdem mache man in den Heimen all das, was auch Privatpersonen machen würden, um sich gegen Hitze zu schützen. Lüften am Morgen, Zimmer vor der Sonne abschirmen, auf lockere Kleidung und Sonnenschutz achten, Ventilatoren aufstellen. Es gebe leichte Speisen und frisches Obst. Man achte darauf, dass die alten Menschen ausreichend trinken und dokumentiere das. „In unserer Einrichtung Haus Thomas haben wir sogar eine kleine Kneipe“, sagt die Sprecherin. Da gebe es auch mal ein kühles Bierchen, natürlich alkoholfrei.
Hendrik Oen, der Hausarzt, empfiehlt vieles, was einem auch so gegen Hitze einfallen würde. Im Schatten oder drinnen aufhalten, körperlich nicht belasten, viel trinken, aber nicht zu viel. Anders, als man es früher oft hörte, rät Oen aber nicht mehr, alles abzudunkeln und keine Hitze in die Räume zu lassen. „Es ist besser, zu lüften und so für etwas Kühlung zu sorgen“, sagt er.
Schlechte Hitzetipps können gefährlich sein. Der Faktencheck-Verein Mimikama hat einige Mythen zusammengestellt, die immer wieder verbreitet werden. Dazu gehört zum Beispiel auch der Rat, kalte Tücher über die Heizung oder den Wäscheständer zu hängen. Das kann wirken wie ein Aufguss in der Saune. Es erhöht die Luftfeuchtigkeit. Für alte Menschen oder kleine Kinder kann das bei starker Hitze lebensgefährlich werden.
Ein Monitoring-System fehlt
Und was macht die Stadt Münster, um sich vor Hitze zu schützen? Im Moment nutzt sie zum Beispiel Wasser aus dem Ostbad, um Pflanzen zu bewässern. In der Aktion Münster schenkt aus helfen die Menschen in der Stadt, die Bäume feucht zu halten. Im Aasee versorgen Belüfter das Wasser mit Sauerstoff. An den Aaseekugeln und am Spielplatz am Coerdeplatz (der mit dem Flugzeug) stehen Trinkwasserspender. Zwei weitere am Bremer Platz seien in Planung. Dort soll auch ein Sonnensegel aufgebaut werden. Im Südpark sind die Wasserspiele gerade saniert worden. Viele andere Brunnen in der Stadt werden bald erneuert. Auf dem Domplatz kann man zurzeit im Schatten sitzen. Unter den Linden stehen 80 Stühle.
Das klingt gemütlich und angenehm. So möchte man sich den Sommer vorstellen. Aber das ist auch eines der großen Probleme. In der Vorstellung erscheint es gar nicht so schlimm, wenn der Sommer ein paar Grad wärmer wird. Die Aufklärungsseite Hitze-Info des Netzwerks KLUG vermittelt ein etwas anderes Bild davon, was uns in den nächsten Jahren erwartet:
Das Deutsche Komitee Katastrophenvorsorge habe festgestellt, dass 96 Prozent der Todesfälle durch Naturkatastrophen zwischen 1990 und 2020 von Hitze verursacht worden seien, so steht es dort. Schätzungen gingen von mehreren tausend Toten pro Jahr durch Hitzewellen in Deutschland aus. Erschwerend komme hinzu, dass es in Deutschland kein Monitoring-System gebe, das Todesfälle und Erkrankungen durch Hitze erfasst. Damit bleibe das Leid der Erkrankten und Hinterbliebenen unsichtbar.
So ein Monitoring-System fordert auch Heiko Wischnewski, der klimapolitische Sprecher der Linken in Münster. Er hat am Wochenende eine Pressemitteilung verschickt, mit der er auf die Correctiv-Recherche reagiert. Wischnewski fordert mehr öffentliche Trinkwasserbrunnen in den Stadtvierteln. Auch ein Hitzeaktionsplan sei längst überfällig, schreibt er. In der Überschrift seiner Mitteilung steht: „Münster muss den Hitzeschutz ernster nehmen.“ (rhe/ast)
Diese Recherche ist Teil einer Kooperation von Zeit Online, Correctiv Lokal und RUMS. Das Netzwerk Correctiv recherchiert zu verschiedenen Themen und berichtet unter correctiv.org/klima langfristig über die Klimakrise. Weitere Infos zur Hitze in Deutschland finden Sie hier.
+++ Die Stadt Münster meldet heute 430 neue Infektionen mit dem Coronavirus. 2.771 gelten als nachweislich infiziert. Auf der Intensivstation liegen vier Covid-Erkrankte, zwei Infizierte müssen beatmet werden. Die Sieben-Tage-Inzidenz gibt das Robert-Koch-Institut für Münster mit 623 positiven PCR-Tests pro 100.000 Einwohner:innen in der vergangenen Woche an.
+++ Bei den derzeitigen Temperaturen fällt es schwer, an den Herbst zu denken. Aber was sein muss, muss sein, besonders in einer Pandemie. Der Intensivmediziner Gernot Marx empfiehlt allen älteren Menschen für den Herbst eine fünfte Impfung. Vorausgesetzt, es gibt dann einen angepassten Impfstoff, der besser vor Omikron schützt. Wenn Sie beim Lesen gerade kurz aufgeschreckt sind und jetzt denken: Ups, ich bin nur dreimal geimpft. Hab ich da was verpasst?“ Nein, haben Sie nicht. Die Ständige Impfkomission empfiehlt den vierten Piks zurzeit nur für Menschen über 70 und Vorerkrankte. Was Sie aber nicht davon abhalten sollte, sich trotzdem impfen zu lassen. Derzeit dümpelt die Impfquote beim zweiten Booster bundesweit bei nur 7,5 Prozent herum. Wenn Sie dabei noch nachhelfen wollen, kein Problem. Schauen Sie mal hier vorbei.
+++ Manchen Menschen ist das viele Impfen allerdings suspekt. Verständlich, denn nicht jede:r hat die Corona-Impfung ohne Weiteres vertragen. In seltenen Fällen treten auch unerwünschte Begleiterscheinungen nach der Impfung auf, die die Gesundheit der Geimpften längere Zeit beeinträchtigen. Dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) sind zwischen dem 27. Dezember 2020 und dem 31. März 2022 rund 296.000 solcher Verdachtsfälle gemeldet worden. Dieser Zahl stehen allerdings über 172 Millionen verabreichte Impfdosen in Deutschland gegenüber.
Wir haben bei der Uniklinik Münster nachgefragt, ob auch hier schon Menschen mit Verdacht auf das sogenannte Post-Vac-Syndrom vorstellig geworden sind. Die Kliniksprecherin Anja Wengenroth antwortete, dass diese Frage schwer zu beantworten sei. Es gebe nämlich keinen einheitlichen Diagnoseschlüssel für das Post-Vac-Syndrom (allein im Bericht des PEI werden 38 Begleiterscheinungen genannt), deshalb könnten die Betroffenen an den unterschiedlichen Bereichen der Uniklinik aufschlagen. (sfo)
+++ Der frühere FDP-Staatssekretär Andreas Bothe übernimmt die Nachfolge von Dorothee Feller und wird neuer Regierungspräsident. (Westfälische Nachrichten)
+++ Nach drei Jahren Stillstand gehen die Bauarbeiten am Hafenmarkt weiter. (WDR Münster)
+++ Das Umweltamt ist ganz zufrieden mit dem Wasser im Aasee, erlaubt das Schwimmen aber dennoch nicht. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Uniklinik wird in den nächsten Jahren größer werden und sich verändern. (Westfälische Nachrichten)
+++ Nach der Cyberattacke auf die Fachhochschule Münster haben die Studierenden wieder Internet, die Bediensteten aber noch nicht. (FH Münster)
+++ Die Fachhochschule Münster erforscht die Long-Covid-Folgen – und ob eine Sauerstoffkammer dagegen hilft. (Westfälische Nachrichten)
+++Nach einer Empfehlung des Wissenschaftsrats soll die Fachhochschule Münster in Zukunft selbst Doktortitel verleihen können, zunächst probeweise. (Landesregierung NRW)
+++ Die neue NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) ist Botschafterin des Christopher-Street-Day in Münster, kann aber nicht teilnehmen. (Alles Münster)
+++ Eine LEG-Mieterin sollte knapp 1.800 Euro Betriebskosten nachzahlen, bekommt nun aber einen Nachlass von 60 Prozent. (LEG-Mieter:innenvereinigung)
+++ Ein Send-Schausteller überklebt ein Schild, nachdem es als rassistisch kritisiert worden war. (Westfälische Nachrichten)
+++ Der 23-jährige Orang-Utan Ramon ist aus Blackpool nach Münster umgezogen, um Nachwuchs zu zeugen. (Alles Münster)
+++ Der Verein für kulturelle und gesellschaftliche Zusammenarbeit AFAQ wird zehn Jahre alt. (MünsterTube)
+++ Rechte Chatgruppe I: Detlef Lorber von der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes fordert die Entlassung der Polizisten, die in einer Chatgruppe rechtsextreme Inhalte verbreitet haben. (Instagram VVN-BdA Münster)
+++ Rechte Chatgruppe II: Die grüne Jugendorganisation Kaktus fordert Konsequenzen und eine unabhängige Untersuchung. (Kaktus Münster)
+++ Die CDU-Senioren-Union möchte erreichen, dass Menschen mit einer kleinen Rente stärker entlastet werden. (CDU Münster)
+++ Die Linke fordert eine Strategie, um Menschen mit geringem Einkommen das Leben etwas leichter zu machen. (Linke Münster)
Auf der Suche nach einem kühlen Zufluchtsort vor der Hitze hat es mich heute in das Café Luna im Hof 68 verschlagen. Der Eingang liegt ein wenig versteckt am Bohlweg 68 zwischen einer Tankstelle und einem Supermarkt, was erst mal nicht sehr erholsam klingt. Nach ein paar Metern trifft man dann aber auf eine kleine Gartenoase. Die Terrasse des Cafés ist hübsch begrünt, es blühen fliederfarbene und weiße Hortensien. Der Innenraum des Cafés ist hell und einladend, auf der Karte stehen neben Kaffee auch hausgemachte Kuchen, Dinkelwaffeln und vegan belegte Bagels. Durch eine Tür ist das Café mit dem Geschäft von Grün & Form verbunden. Nach einem Stück Kuchen lässt sich der Besuch also gleich beim Stöbern zwischen Gartenaccessoires und Keramik fortsetzen. (vpe)
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Was heute und in den nächsten Tagen in Münster los ist, hat heute Viktoria Pehlke für Sie in Erfahrung gebracht.
+++ In der Leo:16 Kneipe findet morgen ab 19 Uhr ein Podiumsgespräch mit der Journalistin Anastasia Tikhomirova statt. Sie wirft einen feministischen Blick auf den Krieg in der Ukraine und spricht über die feministische Opposition in Russland und die Lage von Frauen und der LGBTIQ*-Community in der Ukraine.
+++ Die B-Side lädt am Samstag zum 4-Elements Jam am Hawerkamp ein. Von 12 bis 22 Uhr gibt es Graffiti, Breakdance, Musik und Workshops. Es wird ein Mix an DJs und Rap-Artists auftreten. Eintritt und Getränke sind auf Spendenbasis.
+++ Das Center for Literature in der Burg Hülshoff bietet für Jugendliche ab 14 Jahren einen Film- und Drehworkshop an. Vom 21. bis 28. Juli zeigen Video-Expert:innen den Teenagern, wie sie Drehbücher schreiben und Filme produzieren. Anmelden bitte per E-Mail.
+++ Für gleich zwei Getränketouren im August können Sie momentan Tickets kaufen. Am 6. August veranstaltet das Zweischneidige Pferd zum Aperitif eine Art kulinarische Reise quer durch Italien. Vorverkaufskarten gibt es im Teilchen und Beschleuniger. Am 19. August findet dann das „Wein und Gehen“ in mehreren Läden im Hansaviertel statt. Mit einem Weinglas ausgestattet, bekommen sie in acht Locations verschiedene Weine angeboten. Tickets gibt es im Zweischneidigen Pferd und im Exkaffee.
+++ Die lesbische Datingshow „Princess Charming“ hat im letzten Jahr viele Herzen erobert. Für die aktuelle zweite Staffel gibt es sogar regelmäßige Public Viewings. Wer heute Abend noch spontan Zeit hat: Im Bohème Boulette läuft ab 19 Uhr die sechste Folge.
+++ In der Reihe „Libanon 1982“ zeigt Die Linse im Cinema mittwochs regelmäßig Filme, die sich mit dem Bürgerkrieg im Libanon und dessen Folgen beschäftigen. Morgen läuft ab 18:30 Uhr der Film Panoptic, der im Untergrund des modernen Beiruts spielt. Weitere Infos und Termine der Libanon-Reihe finden Sie hier.
Am Freitag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Kommen Sie bis dahin gut durch die Hitze, ab übermorgen wird’s ja etwas besser.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Sebastian Fobbe, Antonia Strotmann, Jan Große Nobis, Viktoria Pehlke
Lektorat: Antonia Strotmann
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Vor 45 Jahren und ungefähr zwei Wochen, am 1. Juli 1977, kam eine Gruppe junger Menschen nach einem Kneipenbesuch auf die im Nachhinein eher nicht so gute Idee, die Billardkugeln am Aasee ins Wasser zu rollen. Skulpturen und dann auch noch so nichtssagend weiße und runde, wie sie sich jeder ausdenken kann, mitten in der Stadt, das war dann offenbar doch etwas zu viel für die westfälische Seele. Das hatte schon die Debatte vor der Ausstellung gezeigt, den ersten Skulptur-Projekten. Die Gruppe scheiterte so grandios mit ihrem Versuch, die Kugeln zu beseitigen, dass man sich die Geschichte heute noch immer erzählt. Die Kugeln liegen weiter an der gleichen Stelle. Claes Oldenburg, der großartige Pop-Art-Künstler und Schöpfer der „Giant Pool Balls“, der eigentlich als Polizeireporter angefangen hatte und dessen Skulpturen die Zeitschrift Art „Kolossalobjekte“ nannte, ist gestern im Alter von 93 Jahren in New York gestorben.
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