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Der Flaschenpost-Deal | Hoffnung für Kneipen | Ökullus
Guten Tag,
am 30. September sprach der Handelsexperte Alexander Graf in einem Podcast eine Stunde lang mit Christopher Huesmann, dem Marketing-Chef des in Münster gegründeten Getränke-Lieferdienstes Flaschenpost. Am Ende ging es auch um die Konkurrenz. Vor drei Jahren hat der Lebensmittelkonzern Dr. Oetker unter etwas kuriosen Umständen ein Unternehmen gegründet, das Durstexpress heißt und etwas belächelt wurde, weil es wie eine fast identische Flaschenpost-Kopie erscheint. Alexander Graf sagte, er glaube, der Konzern werde den Dienst irgendwann „relativ kostengünstig für ’n Euro“ an Flaschenpost rüberreichen. Nun ist es etwas anders gekommen. Am Sonntag berichteten die Branchendienste OMR und Deutsche Startups, dass Dr. Oetker Flaschenpost kauft, für eine Milliarde Euro. Der Konzern bestätigte am Montag in einer Pressemitteilung zwar nicht den Preis, aber seine Absicht. Weil im Falle der Übernahme die beiden größten Unternehmen auf dem Markt in einer Hand wären, entscheidet über den Verkauf nun das Kartellamt.
In Münster ist noch nie ein Start-up für einen Preis in dieser Größenordnung über den Ladentisch gegangen. Auch in Deutschland kommt so etwas eher selten vor. Im OMR-Podcast hieß es, das sei etwas, das man in der deutschen Start-up-Szene lange nicht erlebt habe. Auch Coca-Cola soll mitgeboten haben. Vermutlich trieb auch das den Preis in die Höhe. Aber was macht dieses Unternehmen so interessant?
Die Leute sagten, die Idee sei Unsinn
Als der Flaschenpost-Gründer Dieter Büchl vor knapp zehn Jahren die Idee hatte, einen Lieferdienst für Getränke zu gründen, kannte er sich in der Branche kaum aus. Im Jahr 2002 hatte er im bayerischen Unterhaching einen Lieferdienst für Druckerpatronen aufgebaut. Doch das war etwas ganz anderes. Auf die Idee mit den Getränken kam er, so erzählte er es im vergangenen Jahr der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, weil er es leid war, Kisten zu schleppen, aber keinen Anbieter fand, der ihm diese mühsame Aufgabe auf unkomplizierte Weise abnahm. Büchl fragte Menschen, die sich in der Branche auskennen. „Von vielen Leuten habe ich gehört, meine Idee sei Unsinn“, sagte er. Sie hätten ihm gesagt, es habe keinen Sinn, heute noch in Getränkelieferungen zu investieren. Büchl probierte es trotzdem.
Im Jahr 2014 gründete er das Unternehmen. Wenige Monate später schien das Experiment gescheitert. Büchl stellte das Geschäft wieder ein. Allerdings nicht, weil es nicht funktionierte, sondern weil er mit den Lieferungen nicht nachkam. Ein Jahr lang überarbeitete er das Konzept, sammelte viele Millionen Euro ein (Liste der Investor:innen unter Punkt 3) und startete neu. Seitdem wächst das Geschäft rasant. Im Jahr 2017 wollte Büchl wissen, ob das Modell auch in einer Millionenstadt wie Köln funktioniert. Es funktionierte. Im März 2018 kam Mannheim dazu. Mittlerweile stehen in Deutschland 23 Flaschenpost-Lager, pro Standort arbeiten nach Angaben des Unternehmens bis zu 400 Menschen, in Münster sind es insgesamt 700, die Hälfte davon in der Hauptstelle am Sentmaringer Weg. Marketing-Chef Christopher Huesmann sagte in dem Podcast vor vier Wochen, die 23 Hallen seien ungefähr die Hälfte dessen, was man für Deutschland brauche. Und er sagte, Flaschenpost habe mittlerweile 8.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.
Mit dem Wachstum kamen jedoch auch einige Probleme. Es begann mit Kritik am Fahrstil des Lieferpersonals. Bullis, die Straßen und Gehwege zuparkten. Bis zu 150 Fahrzeuge groß ist die Flotte laut Flaschenpost mittlerweile pro Standort. Fahrer:innen beschwerten sich über Fahrzeuge ohne Klimaanlagen. Dieter Büchl erklärte der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das als „Wachstumsschmerz“. Es seien zeitweise einfach keine anderen Lieferwagen verfügbar gewesen. Das Problem sei inzwischen gelöst. Doch der Eindruck, dass im Unternehmen recht raue Sitten herrschen, entstand auch anderen Stellen. Anfang des Jahres versuchte Flaschenpost erfolglos einen Betriebsrat zu verhindern. Es kam zu Kündigungen, das Unternehmen bestritt einen Zusammenhang. Noch vor wenigen Tagen berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung über einen offenen Brief an die Geschäftsführung, in dem Mitarbeiter:innen und die zuständige Gewerkschaft die Arbeitsbedingungen und einen autoritären Führungsstil bemängelten. Das Unternehmen wies auch diese Vorwürfe zurück.
Der Weg des geringsten Widerstands
Am Wachstum änderte das alles nichts. Laut OMR stieg der Jahresumsatz innerhalb von zwei Jahren von 100 auf etwa 300 Millionen Euro. Eine Erklärung für den großen Erfolg ist vermutlich, dass die Mehrheit der Menschen auch bei Bedenken hinsichtlich der Arbeitsbedingungen oder der Umweltverträglichkeit eines Angebots den Weg des geringsten Widerstands wählt. Flaschenpost macht es den Menschen so einfach, wie es nur geht.
Märkte, die Getränke nach Hause liefern, gab es auch vorher schon. Im Interview mit Flaschenpost-Marketing-Chef Christopher Huesmann wandte Alexander Graf ein, dort müsse man doch auch einfach nur anrufen, dann würden die Getränke gebracht. Huesmann antwortete: „Da fängt das an: anrufen! Und dann liefern die meisten eben erst am nächsten Tag – mit einem Lieferaufschlag und oft auch noch ‚Treppengeld‘. All das haben wir nicht: Du bestellst online und wir sind in zwei Stunden da – ohne Liefergebühren.“ So lautet jedenfalls das Versprechen.
Die Getränkemärkte ließen die Kundschaft schon durch den Zuschnitt ihres Angebots spüren, dass es ihnen lieber wäre, wenn die Leute einfach vorbeikämen und ihre Getränke selbst abholten. Für die Märkte ist die Lieferung umständlich, und sie schmälert die ohnehin schon kleinen Margen. Doch wenn Firmen eher auf ihre eigenen Interessen schauen als auf die der Kundschaft, kann schnell jemand kommen, der es besser macht. Und so kam Flaschenpost.
Thorsten Hennig-Thurau, Marketing-Professor an der Uni Münster, kennt dieses Phänomen auch aus anderen Branchen. Die amerikanischen Filmstudios etwa hätten schon vor Jahren einen Dienst zum Abruf von Videos gegründet. Er hieß Movielink. Das Problem war: Er sollte den Kinos nicht wehtun. Deswegen sah man dort, gegen Geld, zwar Filme, aber nicht die richtig guten. „Und dann kam irgendwann Netflix“, sagt Hennig-Thurau.
Ein Schritt fällt weg
Die Digitalisierung bringt ein Phänomen mit sich, mit dem sich viele Unternehmen verständlicherweise schwertun. Sie müssen gegen ihr eigenes Interesse handeln, wenn sie von neuen Angeboten nicht überrumpelt werden wollen. Der Getränkehandel hätte einen Dienst anbieten müssen, der das eigene Geschäft weniger lukrativ macht. Daher gab es diesen Dienst nicht. Die Flaschenpost konnte ihn gründen, weil sie sich damit selbst keinen Schaden zufügte. Doch der eigentliche Beweggrund war, dass man die Mängel des bestehenden Angebots erkannte.
Bei der Lieferung gehe die Hälfte der Marge verloren, sagte Christopher Huesmann im Interview mit Alexander Graf vor vier Wochen, aber im Vergleich zum stationären Getränkehandel ergeben sich auch Vorteile. „Edeka, Rewe und Co. können nicht beim Hersteller vorfahren, eine Palette Bier holen, und sie direkt in den Supermarkt bringen“, sagte Huesmann. Sie müssten die Ware erst einmal in ein Verteilerzentrum fahren und dort meistens umkommissionieren in Einzelkisten oder sogar -flaschen. „In viele Märkte kann man nämlich keine Palette liefern“, sagte Huesmann. Flaschenpost könne direkt vom Hersteller kaufen, die Ware ins Lager fahren und dann ausliefern. Unter anderem das spart Geld.
Die Konkurrenz interessiert sich schon lange für den Lieferdienst aus Münster. Das Manager-Magazin berichtete im August 2019 in einem Artikel mit dem Titel „Dr. Copy“, wie Nils Lorenz, der damalige Chef der größten deutschen Brauereigruppe Radeberger, mit Flaschenpost über einen Einstieg verhandelte. Die Brauereigruppe gehört zum Oetker-Konzern. Laut dem Bericht unterzeichnete Lorenz damals eine Geheimhaltungserklärung, erhielt Einblick in die IT und die Finanzprognosen. Das Geschäft kam nicht zustande, doch kurz darauf gründete Dr. Oetker den Lieferdienst Durstexpress, „fast eine Eins-zu-Eins-Kopie von Flaschenpost“. Sogar die Lieferwagen wurden ähnlich beklebt.
Raum für Wachstum
Der Dienst wächst nicht so schnell wie die Flaschenpost, doch die Perspektive scheint ausgezeichnet zu sein. Kai Hudetz und Werner Reinartz, der Geschäftsführer und der Direktor des Kölner Instituts für Handelsforschung, haben die Aussichten Ende September in einem Beitrag für das Manager-Magazin mit Zahlen illustriert. Der Online-Handel in Deutschland habe im vergangenen Jahr zum ersten Mal die Umsatzschwelle von 60 Milliarden Euro überschritten. „Das sind mehr als zehn Prozent des Einzelhandels“, schreiben sie. Beim Handel mit Lebensmitteln liege der Online-Marktanteil dagegen bei gerade einmal zwei Prozent. Vorangetrieben werde das Wachstum aber durch Anbieter wie Flaschenpost oder den Online-Supermarkt Picnic. Es scheint noch etwas Raum für Wachstum zu geben.
Der Online-Supermarkt Picnic, an dem Edeka beteiligt ist, beliefert seit Oktober auch Münster. Flaschenpost testet an seinem Gründungsstandort zurzeit ebenfalls, ob die Menschen inzwischen auch bereit sind, Lebensmittel per App einzukaufen. „Keine andere Branche hat im E-Commerce derzeit so hohe Wachstumsraten wie der Lebensmittelhandel“, schrieb die Deutsche Presseagentur am gestrigen Montag. Picnic wie auch Flaschenpost wollen diese Chance nutzen. Sie schielen vor allem ins Ausland.
Für Dr. Oetker hätte der Flaschenpost-Deal einen weiteren Nutzen. „Seine Kunden zu kennen, zu verstehen und ihre Bedürfnisse zu erfüllen, das wird in Zukunft mehr denn je über das Bestehen im Wettbewerb entscheiden“, schreiben Kai Hudetz und Werner Reinartz. Diesen Zugang vergrößert Dr. Oetker mit dem Lieferdienst aus Münster. Der Konzern stellt die Getränke nicht mehr nur her. Er liefert sie auch selbst aus und erfährt so, wo die Menschen wohnen, die sie bestellen, und wie oft sie welche Produkte in welcher Menge kaufen. Bleibt die Bestellung für einen längeren Zeitraum aus, schickt Flaschenpost eine E-Mail. Betreffzeile: „Wir vermissen dich!“
Jobgarantie klingt anders
In der Pressemitteilung vom Montag kündigt Dr. Oetker an, dass sich Durstexpress und Flaschenpost zusammenschließen werden, wenn das Kartellamt die Übernahme genehmigt. An der Spitze des gemeinsamen Unternehmens soll ein Vorstand stehen, der sich aus dem Führungspersonal beider Firmen zusammensetzt. Es soll zwei Zentralen geben, eine in Berlin und eine in Münster. Das Magazin Business Insider schreibt, es sei unwahrscheinlich, dass alle Mitarbeiter:innen an Bord bleiben werden. Zusammen sind es etwa 11.500, ungefähr 3.500 arbeiten bei Durstexpress.
Die Westfälischen Nachrichten berichteten am Montag, Flaschenpost werde alle Mitarbeiter:innen übernehmen. Das wollte das Unternehmen am Dienstag auf Nachfrage nicht bestätigen. Eine Sprecherin schrieb lediglich, es sei dem Unternehmen „enorm wichtig, das geballte Fachwissen und die Marktexpertise auch künftig zu halten“. Ungefähr so formuliert es auch Durstexpress: „Wir möchten das inzwischen erarbeitete Know-how unserer Mitarbeiter natürlich auch weiterhin für den Durstexpress erhalten.“ Das klingt nicht schlecht. Aber eine Jobgarantie klingt anders.
+++ Der Wochenmarkt in Münster sieht ab sofort wieder etwas anders aus als in den vergangenen Wochen. Essen und Getränke gibt es vorübergehend nur noch zum Mitnehmen – Tische, Bänke und Pavillons gar nicht mehr. Das alles soll helfen, die Infektionszahlen wieder in den Griff zu bekommen, erklärte Oberbürgermeister Markus Lewe am Dienstagmittag in einer Pressekonferenz.
+++ Zumindest ein Teil der Gastronomie-Betriebe kann offenbar ein wenig hoffen, bald zumindest vor der Tür wieder Gäste bewirten zu dürfen. Markus Lewe sagte am Dienstagmittag, er sehe „Handlungsspielräume“. In Dortmund ist man schon etwas weiter. Dort hat die Stadt angekündigt, die Vorschriften etwas zu lockern. Bundesweit wollen viele Betriebe solche Lockerungen über die Gerichte erwirken. Die Tagesschau berichtet von einer Klagewelle gegen den Teil-Lockdown.
+++ In den beiden vor anderthalb Wochen vom Ordnungsamt geschlossenen Restaurants Mocca d’or und Fiu haben sich offenbar noch weitere Menschen mit Covid-19 angesteckt. Die Westfälischen Nachrichten berichten von mittlerweile neun Beschäftigten, die positiv getestet worden seien, sowie einer Frau, bei der ein „dringender Verdacht“ bestehe, dass sie sich bei einem Restaurantbesuch angesteckt habe. Inzwischen sind auch noch ein paar Details über den Besuch des Ordnungsamts bekannt geworden. Bei der ersten Kontrolle habe sich der Geschäftsführer noch bei den Gästen über die Kontrollen lustig gemacht. Bescheid wusste er schon lange. Wir haben noch einmal nachgefragt: Die erste Kontrolle fand nach Angaben der Stadt am 24. August statt. Bei der zweiten am 2. Oktober passten die Abstände von Tischen und Stühlen draußen nicht. Aber die drei Wochen danach bis zur Schließung waren offenbar noch immer zu kurz, um sich mit den Corona-Regeln vertraut zu machen.
+++ Im Missbrauchsfall von Münster hat heute der erste Prozesstag vor dem Landgericht stattgefunden, allerdings weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wie die Nachrichtenagentur epd meldet. Das Verfahren gegen den 27-jährigen Hauptbeschuldigten aus Münster beginnt am 12. November. Er soll unter anderem den damals zehnjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin missbraucht haben. Das Kind muss laut epd nicht vor Gericht aussagen. Das werde die Beamtin übernehmen, die die Aussage des Jungen aufgenommen hat. Insgesamt sitzen acht Männer und eine Frau als Tatverdächtige in Untersuchungshaft.
Die Uniklinik Münster behandelt inzwischen auch Menschen aus Belgien mit einer Covid-19-Erkrankung. Am Dienstag wurden die ersten zwei Patient:innen eingeliefert, schreibt die Klinik. Belgien ist eines der am stärksten betroffenen Länder in der Europäischen Union. Insgesamt können die Kliniken in Münster zurzeit 250 Intensivbetten bereitstellen. Nach Angaben der Stadt liegen momentan 33 Menschen mit einer Covid-Infektion im Krankenhaus, zehn auf der Intensivstation. Die Stadt meldet seit gestern 34 neue Infektionen. Damit gelten aktuell 516 Menschen im Stadtgebiet als infiziert. Am Montag war ein 64-jähriger Mann an den Folgen einer Covid-Erkrankung gestorben. Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit der Pandemie stieg damit auf 16. Im städtischen Gesundheitsamt werden sich ab nächster Woche 103 Menschen damit beschäftigen, Corona-Kontakte nachzuverfolgen. Die Hälfte von ihnen arbeitet sonst in anderen Ämtern und springt ein, die andere Hälfte wurde neu eingestellt. Übrigens: Wer sich über Corona auf dem Laufenden halten möchte, dem empfehle ich den Twitter-Account von Olaf Gersemann von der Zeitung „Die Welt“, der dort sehr akribisch aktuelle Informationen und Grafiken zusammenträgt und einordnet.
Wer jetzt wieder zu Hause im Homeoffice sitzt, muss sich mittags natürlich um Essen kümmern. Und jeden Tag den Bringdienst holen, das ist einerseits teuer, und irgendwann hat man sich auch an Pizza satt gegessen. Daher ein Tipp für den Fall, dass Sie etwas Zeit zum Kochen haben: Ökullus bringt Ihnen regelmäßig eine Kiste mit frischem Biogemüse nach Hause. Und wenn Sie jetzt schon denken: Dann muss ich mir auch noch überlegen, was ich koche, damit vergeht ja auch wieder sehr viel Zeit, das Problem löst Ökullus gleich mit. Zur Biokiste gibt es Rezepte. Sehr gute. Ich habe das selbst schon ausprobiert. Bestellen können Sie die Biokiste hier.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Sie wissen es natürlich, die USA wählen heute einen neuen Präsidenten. Wegen der Zeitverschiebung werden wir das Ergebnis frühestens morgen früh erfahren, da die Briefwahl wegen der Pandemie eine große Rolle spielt, vielleicht erst in ein paar Tagen, und weil Donald Trump alles zuzutrauen ist, vielleicht auch erst in ein paar Monaten. Auf die lange Wahlnacht einstimmen können Sie sich heute Abend zum Beispiel bei halbzehn.fm. Dort ist der Münsteraner Mathias Gößling zu Gast, mit dem ich befreundet bin. Er hat vor ein paar Monaten seinen Urlaub geopfert, um Bernie Sanders vor Ort in den USA beim Wahlkampf zu helfen. Und falls Sie sich auf die Einstimmung einstimmen möchten: Was er dabei erlebt hat, hat er hier in einem Interview erzählt.
Am Freitag schreibt Ihnen meine Kollegin Constanze Busch. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
PS
Im Magazin der Süddeutschen Zeitung gibt es eine Rubrik, die „Gefühlte Wahrheit“ heißt, und an der ich einige Jahre lang mitgearbeitet habe. In dieser Rubrik erscheinen Grafiken, die einen Zusammenhang illustrieren, der nur gefühlt besteht. Das klingt kompliziert, ist aber eigentlich ganz einfach. Über einer meiner Lieblings-Gefühlten-Wahrheiten steht zum Beispiel: „Was Hausmeister denken, wenn Sie um 8 Uhr früh den Laubbläser anstellen.“ Darunter sieht man ein Kuchendiagramm. Ein sehr kleines Kuchenstück steht für die Antwort: „Wieder so viel Laub von den Bäumen gefallen.“ Ein sehr, sehr großes Stück steht für: „Na, ihr Studenten, noch schön müde von der lauten Party gestern Nacht?“ Hier können Sie sich die Grafik ansehen. Warum ich Ihnen das erzähle? In Berg Fidel hat ein 48-jähriger Mann in dieser Woche einen Gärtner bedrängt und beschimpft, weil der mit einem Laubbläser, na ja, entweder versucht hat, Laub wegzublasen – oder eben, ihn zu wecken. Man weiß ja nie. Die Gemeinde Haar in der Nähe von München, wo man den Ärger mit den Geräten anscheinend auch kennt, hat sich schon vor Wochen überlegt, wie man das Problem lösen kann. Die Lösung ist: Die Stadtverwaltung hat ihre Bauhof-Kolonne mit Rechen ausgestattet, wie die Süddeutsche Zeitung nun schreibt. Das ist leise, weckt nur Menschen mit einem sehr leichten Schlaf, hat aber leider einen anderen Nachteil: Das meiste Laub, das die Laubbläser vorher geschafft haben, bleibt jetzt liegen. Einen Vorteil hat die Lösung aber auch: Wenn die Gärtner:innen jetzt Ärger mit den Leuten aus der Nachbarschaft bekommen, haben sie immerhin etwas in der Hand, um sich zu wehren.
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