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Hilferuf aus der Uniklinik | Impfzentrum | Brauerei Kemker
Guten Tag,
am 6. November schrieben 69 Intensiv-Pflegekräfte der Uniklinik Münster ihrem Vorstand einen offenen Brief, in dem sie für die Bedingungen auf ihren Stationen sehr drastische Worte fanden. Die Situation nannten sie „patientengefährdend“. Zuvor hätten sie in vielen Briefen an die Pflegedienstleitung, die Stationsleitung und den Personalrat darauf hingewiesen. So steht es in dem Schreiben, das sie über Vertrauensleute in einer Sonderausgabe der Gewerkschaftszeitung Herzflimmern veröffentlichten.
Die Situation beschreiben die Pflegekräfte wie folgt:
- Seit dem 1. Oktober beschäftige der Vorstand keine Zeitarbeitskräfte mehr in der Pflege. Damit sei die Belastung für das feste Personal enorm gestiegen.
- Die Zeitarbeitskräfte hätten vorher ganze Nachtdienste übernommen. Sie seien fester Bestandteil der Dienstpläne gewesen. Die momentane Überlastung hätte man nach Meinung der Pflegekräfte absehen können.
- Schwerkranke Menschen würden weiterhin in gleicher Zahl operiert und danach auf die Intensivstationen verlegt. Dem Empfinden der Pflegekräfte nach „ohne Rücksicht auf unsere Berufsgruppe“.
- Die Pflegekräfte zählen ihre Aufgaben auf und schreiben, der hohe Anspruch des Krankenhauses „spiegelt sich in keiner Weise in der Besetzung wider“.
- Studien hätten nachgewiesen, dass die Besetzung der Pflege „in direktem Zusammenhang zur Überlebenswahrscheinlichkeit“ der Patient:innen steht.
- Berufsverbände forderten, dass eine Pflegekraft sich um maximal zwei Patient:innen kümmern dürfe, in komplexen Fällen um eine. Auf den Stationen der Uniklinik kämen vier Pflegekräfte auf zehn Patient:innen oder drei auf sieben.
- Die seit Beginn des Jahres geltenden Dienstzeiten „lassen nichts anderes als Überstunden zu“. Pausenzeiten würden ignoriert, „in jeder Schicht Überstunden produziert und Ruhezeiten (…) nicht eingehalten“.
- In den vergangenen Wochen hätten die Pflegekräfte zunehmend auf anderen Stationen aushelfen müssen, „um Engpässe zu kompensieren“, in zwei Fällen sogar Pflegerinnen, die gerade erst eingearbeitet wurden.
- 59 Mitarbeitende hätten nun eine Verfügung unterschrieben, die es der Klinik untersage, sie in der Freizeit zu kontaktieren, um Ausfälle zu kompensieren. „Wir sind nicht bereit, Ihr verantwortetes System in dieser Form weiter mitzutragen“, schreiben die Pflegekräfte.
- Mit Blick auf die gegenwärtige Situation schreiben sie: „Die aktuelle mediale Offensive und Selbstinszenierung als überregionales ‚Corona-Zentrum‘ empfinden wir als Hohn“. Es werde vermittelt, dass eine sichere Versorgung jederzeit gewährleistet sei. Das spiegle nicht die Realität wider.
Seit dem offenen Brief sind knapp drei Wochen vergangen. Am Donnerstag berichteten die Westfälischen Nachrichten darüber, am Freitag die WDR-Lokalzeit. In diesen Beiträgen äußern sich auch Hugo Van Aken und Thomas van den Hooven, der Ärztliche Direktor und der Pflegedirektor der Klinik.
Thomas van den Hooven sagt in dem WDR-Beitrag:
- Die entlassenen Zeitarbeitskräfte hätten nur vier Prozent des gesamten Pflegepersonals ausgemacht. In Zahlen: Es gehe um fünf bis sechs Vollzeitstellen.
- Und er sagt: Eigentlich habe man genügend Personal. Man sei zurzeit nur nicht flexibel genug.
Der Grund für das, was Thomas van den Hooven fehlende Flexibilität nennt, ist: Laut WDR übernehmen mittlerweile 80 Prozent der 250 Intensivpflegekräfte keine Bereitschaftsdienste mehr.
Hugo Van Aken sagt:
- Die Uniklinik habe noch immer mehr Pflegekräfte, als das Gesetz vorsehe. Er habe kein Verständnis für so eine Aktion mitten in der Pandemie.
Eine Frage wäre, ob denn ausgerechnet mitten in der Pandemie die Zeitarbeitskräfte wegfallen mussten. Eine Sprecherin sagt, die Entscheidung darüber sei bereits Anfang des Jahres gefallen. Ansonsten beantwortet die Uniklinik zu dem Thema zurzeit keine weiteren Fragen. Man habe einen Mediator eingeschaltet.
Die Ursache liegt im System
Wie das Problem erscheint, hängt auch davon ab, aus welcher Perspektive man es sich anschaut. Auf der einen Seite stehen die Zahlen auf dem Papier, das sind die Mindestanforderungen. Auf der anderen Seite steht die Realität, mit der die Pflegekräfte Tag für Tag konfrontiert sind. Im Frühjahr bekamen sie viel Anerkennung und Applaus für ihre Arbeit. Doch dabei blieb es. Als die erste Corona-Welle mit dem Beginn des Sommers abklang, waren ihre Arbeitsbedingungen kein Thema mehr. Auch an der schlechten Bezahlung änderte sich so gut wie nichts.
Die Ursachen für dieses Missverhältnis liegen jedoch nicht unbedingt in den Kliniken selbst, sondern in der Struktur des Gesundheitssystems. Darüber, dass sich hier etwas ändern muss, sind Gesundheitsfachleute sich einig. Doch das Problem ist komplex. Und wer etwas ändern möchte, muss unangenehme Entscheidungen treffen.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat zwar viele Gesetze auf den Weg gebracht, auch zu den Krankenhäusern, aber an die Struktur hat er sich bislang nicht gewagt. Man kann das verstehen, wenn man sich die Probleme aus der Nähe ansieht. Denn dort etwas zu ändern, würde bedeuten: Man müsste viele Krankenhäuser schließen.
Der Gesundheitsökonom Bert Rürup hat das Problem vor anderthalb Jahren in einem Beitrag für das Handelsblatt erklärt.
In Deutschland gibt es etwas mehr als 1.900 Krankenhäuser. Sie halten pro 100.000 Menschen etwa 600 Betten bereit. Laut Rürup ist das im internationalen Vergleich „fast einmalig“. Gleichzeitig sei es „ökonomisch nicht effizient und medizinisch bedenklich“, schreibt er.
Etwa 1.000 Kliniken haben weniger als 300 Betten. Die meisten dieser Krankenhäuser sind nur wenig spezialisiert und nicht gut ausgestattet. Technische Geräte sind teuer. Um sie zu refinanzieren, muss man sie regelmäßig nutzen. Nicht spezialisierte Kliniken können das nicht.
Qualität ist wichtiger als Nähe
Ein Viertel der deutschen Krankenhäuser, die Herzinfarkte behandeln, machen das kaum 30 Mal im Jahr, in etwa der Hälfte der Kliniken kommt es ungefähr 70 Mal im Jahr vor. Das hat der Gesundheitsökonom Thomas Mansky vor einem Jahr in einem Interview mit dem Verband der Ersatzkassen gesagt. In dem Gespräch sagte er auch, dass es etwa 500 kleinere und nicht spezialisierte Kliniken gebe, die sich in Städten befinden. Und er fragte: „Sind diese Kliniken versorgungsnotwendig?“ So eine unangenehme Frage müsste man auch in Münster stellen: Brauchen wir alle Kliniken in dieser Stadt?
Würde man kleine Kliniken schließen, könnte man die größeren und spezialisierten besser ausstatten. Ein Argument dagegen ist, dass vielen Menschen ein Krankenhaus in ihrer Nähe wichtig sei. Thomas Mansky sagt: Wenn „Menschen zu Patienten werden, fragen sie nicht, wo das nächste Krankenhaus ist, sondern wo sie die beste Behandlung erhalten“. Das belegen auch Umfragen.
Um die Finanzierung der Krankenhäuser kümmern sich die Länder und die Krankenkassen gemeinsam. Krankenkassen kommen für die Betriebskosten auf, die Länder für den Bau und die Investitionen. Doch das funktioniert schon seit Jahren nicht mehr so richtig. Das Problem sind die Investitionen der Länder.
Laut Thomas Mansky betrug die Investitionsquote bei den Krankenhäusern im Jahr 2016 deutschlandweit im Mittel 3,9 Prozent vom Umsatz. Damit der Gerätepark nicht veralte, brauche es eine Quote zwischen 8 und 15 Prozent.
Teilweise finanzieren die Häuser ihre Technik über die Behandlungen mit, also über die Krankenkassen. Und die Finanzierung dort läuft über die sogenannten Fallpauschalen. Pro Behandlung können die Kliniken eine bestimmte Summe abrechnen. Je schneller die Menschen wieder aus dem Krankenhaus heraus sind, desto mehr Geld bleibt übrig. „Dies wird von der Politik einerseits mit einem Augenzwinkern hingenommen, andererseits wird dann oft das ‚Gewinnstreben‘ der Krankenhäuser verteufelt – mehr Bigotterie geht kaum“, sagt Mansky.
Um den Kliniken Investitionen zu erleichtern, hat man einen Strukturfonds eingerichtet. Wenn Kliniken ihre Ausstattung verbessern, gibt der Bund die Hälfte der Summe dazu – aber eben nur die Hälfte. So richtig hat auch das die Investitionen nicht in Gang gebracht. Und manchmal wäre die sinnvollste Lösung einfach, Krankenhäuser zu schließen. Das müssten die Länder machen, aber das würde heißen: Irgendein Politiker muss den Menschen erklären, dass das Krankenhaus in ihrem Ort bald nicht mehr da sein wird. So etwas schiebt man gerne vor sich her.
Förderprogramme allein reichen nicht
Mit dem System ist es ein wenig wie mit einem Rubiks-Zauberwürfel. Hat man die eine Seite schön geordnet, sind da immer noch die anderen fünf. Bei den Pflegekräften war das gut zu beobachten. Vor zwei Jahren hat Jens Spahn ein Förderprogramm gestartet, das 13.000 Pflegekräfte für Altenheime finanzieren sollte. Anderthalb Jahre später waren gerade einmal 2.600 zusätzliche Stellen geschaffen worden. Ein Förderprogramm allein reicht nicht aus. Es muss auch genügend Menschen geben, die in diesen Berufen arbeiten wollen. Speziell in der Pflege ist das ein Problem. Die Arbeit ist hart, die Bedingungen oft schlecht, und die Bezahlung nicht sehr attraktiv.
Im vergangenen Jahr hat das Bundesgesundheitsministerium versucht, zumindest die Anreize der Kliniken zu verändern – mit sogenannten Personaluntergrenzen an Stellen, wo die Pflege besonders wichtig ist. Diese Bereiche müssen die Kliniken mit einer bestimmten Anzahl an Pflegekräften (im Verhältnis zu Patient:innen) ausstatten. Machen sie das nicht, können sie für die Behandlung nicht den vollen Preis abrechnen. Mit Beginn der Corona-Zeit im März hat das Ministerium dann diese Regelung teilweise vorübergehend wieder aufgehoben, damit mehr Menschen behandelt werden können, allerdings mit Folgen für die Behandlungsqualität und die Nerven der Pflegekräfte.
Zwischenzeitlich hat der Bund den Kliniken eine sogenannte Freihaltepauschale gezahlt – für freie Betten, die sie bereithalten, um bei rasant steigenden Corona-Infektionszahlen ausreichend Kapazitäten zur Verfügung zu haben. Diese Pauschale gibt es nicht mehr. Vor drei Wochen hat NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) gesagt, sie sei im Moment nicht nötig. Aber so eine Einschätzung kann sich momentan sehr schnell ändern.
Zumindest für das aktuelle Problem mit der Pflege gäbe es laut Uniklinik-Pflegedirektor Thomas van den Hooven eine schnelle Lösung. Im WDR-Beitrag sagte er: „Die Lösung dieses Problems liegt bei der Politik, und sie liegt eigentlich auch auf der Hand. Wenn man sagen würde: Ihr müsst zwingend für die Betreuung von diesen Patienten so und so viel Personal vorhalten, dann ist das Problem gelöst. Und das macht die Politik aber nicht.“
Am Ende ist alles wohl nicht nur ein strukturelles Problem. Am Ende braucht es vor allem eins: politischen Willen.
+++ Die Bundeskanzlerin wird sich morgen in Berlin wieder mit den Landesregierungen treffen, um darüber zu sprechen, wie es in den nächsten Wochen jetzt weitergeht. In einigen Punkten haben die Länder offenbar schon gemeinsame Vorstellungen. Wie in der vergangenen Woche kursieren wieder Beschlussvorlagen, über die unter anderem der Tagesspiegel berichtet. Beim Teil-Lockdown soll es danach bis kurz vor Weihnachten bleiben. Die Schulen würden nicht schließen. Die Länder empfehlen, die Weihnachtsferien auf den 19. Dezember vorzuziehen, vielleicht auch schon auf den 16. Zu Weihnachten wie auch Silvester soll man sich mit zehn Personen treffen dürfen (schwere Entscheidung für Fußballmannschaften). Und noch eine gute Nachricht für Pyro-Fans: Das Böllern soll nur da verboten werden, wo es üblicherweise stattfindet – auf öffentlichen Plätzen oder Straßen. Aber gut, wozu hat man schließlich einen Keller.
+++ Bundesgesundheitsminister Jens Spahn geht davon aus, dass die ersten Impfungen schon im Dezember stattfinden werden. NRW-Gesundheitsminister Kajo Laumann hat der Nachrichtenagentur dpa gesagt, die Impfzentren in Nordrhein-Westfalen sollen schon im Dezember impfbereit sein. Ob dieses Zentrum in Münster in der Halle Münsterland zu finden sein wird, ist nach Auskunft der Stadt weiterhin nicht geklärt. Sobald eine Entscheidung gefallen sei, werde man das bekanntgeben, teilte man uns mit. Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer dagegen hat keine großen Zweifel mehr. Für ihn sei die Halle Münsterland gesetzt, sagte er den Westfälischen Nachrichten.
+++ Münsters neues Polizeipräsidium an der Loddenheide wird sehr hoch und sehr groß werden, berichten die Westfälischen Nachrichten. Das Gebäude soll danach bis zu sechs Geschosse haben und bis zu 25 Meter hoch sein („BIGGEST POLICE DEPARTMENT EVER“). Die Pläne liegen bis zum 18. Dezember im Stadthaus 3 aus. Das ist vorgeschrieben, wenn ein Bebauungsplan geändert wird. Bis das Gebäude steht, wird aber noch etwas Zeit vergehen. Einziehen will das Polizeipräsidium im Jahr 2025.
+++ Die Geschäfte in Nordrhein-Westfalen bleiben vor Weihnachten sonntags geschlossen, auch am Sonntag nach Neujahr. Das hat das Oberverwaltungsgericht Münster am Dienstag entschieden. Das Land wollte das Gedränge in den Städten durch die zusätzlichen Verkaufstage etwas entzerren. Das Gericht argumentierte, die verkaufsoffenen Sonntage könnten, weil momentan sonst ja nicht viel los ist, noch mehr Menschen animieren, in die Städte zu fahren. Wirtschaftlich sei der Wunsch des Einzelhandels zwar zu verstehen, schreibt das Gericht in einer Mitteilung. Aber wenn’s um Infektionsschutz gehe, sei der Plan – das ist jetzt meine Formulierung – doch wohl eher Murks.
Der Physiker und Klimaforscher Joachim Curtius hat sich für 1.000 Euro vier Luftreiniger gekauft, sie in einer Schulklasse aufgestellt und mit sensiblen Messgeräten überprüft, was die Filter so an Aerosolen aus der Luft fischen. Und nach ungefähr einer halben Stunden hatten sie die meisten Viren-Teilchen schon erledigt, schreibt der Spiegel. Im RUMS-Brief hatten wir vor anderthalb Wochen bereits Luftfilter zum Selberbauen empfohlen. Und am vergangenen Samstag verbreitete auch Münsters Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer bei Facebook diesen Link mit Anleitung zum Bau von Luftfiltern aus Materialien, die man im Baumarkt bekommt. Vor allem, wenn man die Meldung vom Impfzentrum im Hinterkopf hat, klingt das durchaus hoffnungsvoll. Die aktuellen Corona-Zahlen sind allerdings weniger erfreulich. Die Stadt meldete am Montag und am Dienstag jeweils einen weiteren Todesfall. Ein 73-jähriger Mann und eine 90-jährige Frau starb an den Folgen einer Corona-Infektionen. Im Vergleich zum Montag meldete die Stadt elf Neuinfektionen. Aktuell gelten damit 391 Menschen in der Stadt als infiziert. 35 Menschen Infizierte liegen im Krankenhaus, 14 auf der Intensivstation. Die Zahl in der vergangenen sieben Tagen infizierten Menschen pro 100.000 Menschen (Sieben-Tage-Inzidenz) liegt bei 66,3.
Ann-Marlen Hoolt hatte in ihrem RUMS-Brief am Freitag geschrieben, dass von den 1.000 Fahrradplätzen im Parkhaus am Bremer Platz mehr als 600 nicht vermietet sind. Woran das liegt, lässt sich schwer sagen. Möglicherweise am Preis, an der Bequemlichkeit der Menschen oder vielleicht auch daran, dass die Parkhausgesellschaft WBI zu wenig Werbung macht.
Auf Twitter hat darüber am Wochenende eine Diskussion begonnen, an der sich auch WBI-Geschäftsführer und Ex-Oberbürgermeisterkandidat Peter Todeskino beteiligt. Für @tho_kno ist die Sache klar: Die WBI will das Radlager eigentlich gar nicht und setzt das Angebot deshalb schlecht um. „So, wie die WBI es anbieten, wird es nicht angenommen, aber anders anbieten wollen sie es erklärtermaßen nicht und Schuld sind die faulen Radfahrenden. Das ist so offensichtlich lieblos, eine Frechheit und – Entschuldigung – Verarschung. Mein Fazit: Sie wollen diese Lösung nicht“, schreibt @tho_kno.
Peter Todeskino sieht das erwartungsgemäß etwas anders. Er antwortet: „An der Ostsee entsteht gerade eine neue Radstation im Landmarkenprojekt mit 2.000 Einstellplätzen, Servicestation und Werkstatt. Außerdem sind 400 öffentliche Parkplätze im Bereich der Bremer Straße in Planung.“ Nun helfen Fahrradparkplätze an der Ostsee den Radelnden in Münster wenig, aber vermutlich haben sich hier die Autokorrektur oder schönen Erinnerungen an Kiel einen kleinen Scherz erlaubt. Todeskino meinte wahrscheinlich die Ostseite des Bahnhofs, wo voraussichtlich ab 2022 eine zweite Radstation stehen soll – mit Platz für 2.100 Räder.
Das werde nicht ausreichen, schreibt @vonjosbach, unser Interviewpartner Simon Chrobak von der Interessengemeinschaft fahrradstadt.ms: „Dumm nur, dass der Bedarf geschätzt 3-4x höher ist. Da hilft es wenig wie es an der Ostsee aussieht. Der Radverkehrsanteil soll um 10 % steigen, noch mehr Pendelverkehr soll multimodal werden. Das, was Landmarken da baut, wird bei Eröffnung schon zu klein sein.“
Wenn Sie die Diskussion nachverfolgen wollen, fangen Sie am besten hier an.
Man kann ja nicht so viel machen zurzeit, aber immerhin kann man sich sehr vieles nach Hause bestellen. Die Brauerei Kemker aus Everswinkel liefert Biersorten, deren Namen Sie gar nicht mehr aussprechen können, wenn Sie drei Flaschen davon getrunken haben. Sie heißen Fliärblome, Ebeltoft Gaardbryggeri oder – okay, das ist einfach – „Kultuur Experience – 9 Bottle Tasting Pack“. Die Brauerei verkauft auch Biersorten von befreundeten Herstellern, zum Beispiel der in Münster beheimateten Gruthaus-Brauerei. Sehr empfehlen kann ich zum Beispiel eine Flasche Gruthaus Goldhafer-Tripel. Sieht aus wie ein Champagner, ist aber mit 12,99 Euro etwas günstiger und schmeckt besser. Die Brauerei Kemker selbst experimentiert mit wilden Hefen und, wenn ich das richtig sehe, auch mit Äpfeln. Vor Ort ansehen können Sie sich das Bier auch. Es gibt einen Hofladen.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Eines der großen Phänomene unserer Zeit ist die Angst, etwas Wichtiges zu verpassen. Der Fachbegriff lautet: Fear of missing out. Und immerhin dieses Problem scheint Corona nun vorübergehend gelöst zu haben. Es gibt so gut wie nichts, was man verpassen könnte. Außer vielleicht…
+++ … den Themenabend des Stadtarchivs am Donnerstag zum Rechtsextremismus, den Sie allerdings nur online verpassen können, weil er vor Ort nicht stattfindet, jedenfalls nicht für Gäste. Der Historiker Timm C. Richter spricht über Reichswehr, Universität und rechtsradikale Netzwerke in Münster in der Zeit von 1919 bis 1933. Sein Vortrag (Titel: „Durchglüht vom vaterländischen Geist“) beginnt um 18 Uhr. Zuschauen können Sie über die Seite des Stadtarchivs oder über die Plattform Twitch. Und wenn Sie am Donnerstagabend keine Zeit haben, kein Problem. Den Vortrag können Sie sich auch danach noch zwei Wochen lang ansehen.
+++ Dann noch ein weiterer Veranstaltungstipp, für den Sie das Sofa nicht verlassen müssen. Der Wissenschaftsjournalist Volker Stollorz hält am Dienstagabend einen Vortrag mit dem selbsterklärenden Titel „Journalismus über Wissenschaft im Weltereignis Pandemie. Praxis und Herausforderungen“, der Teil der Ringvorlesung „Wissenschaft & Öffentlichkeit in der Corona-Krise“ ist. Wenn Sie sich den Vortrag ansehen möchten, müssten Sie sich hier anmelden. Eine Übersicht aller Vorlesungen aus der Reihe finden Sie hier.
Am Freitag schreibt Ihnen wieder Constanze Busch. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche.
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Constanze Busch, Marie Schwesinger
PS
Man findet auf der Straße ja alles Mögliche. In der vergangenen Woche habe ich zum Beispiel ein Fahrradschloss gefunden, mein Fahrradschloss; es lag vor meiner Haustür. Als ich es zum letzten Mal in der Hand gehabt hatte, hing mein Fahrrad noch dran, aber das war nun verschwunden. Das Ärgerlichste an Fahrraddiebstählen ist, dass man danach wochenlang jede Ansammlung von Rädern und jeden Fahrradständer abscannt, immer in der unwahrscheinlichen Hoffnung, das verschwundene Rad könnte vielleicht dabei sein. Dem Künstler Ruppe Koselleck muss es seit Jahren so gegangen sein. Er hat sich allerdings freiwillig dazu entschieden. Und er suchte auch nicht nach Fahrrädern, sondern nach Spielkarten. Am 14. Februar 2003 fand er auf der Straße eine Karte aus einem Skatspiel. An diesem Tag beschloss er, so lange zu sammeln, bis er ein vollständiges Kartenspiel zusammen hat, also ungefähr hundert Jahre, könnte man nun denken. Aber das stimmt nicht ganz. Genau 17 Jahre hat es gebraucht. Seit dem 22. November besitzt Koselleck ein Skatspiel aus Fundstücken. Das schreibt er auf seiner Facebook-Seite. Ab dem 14. Dezember möchte er diese Karten im Gmünder Kunstverein ausstellen, sofern das dann schon wieder möglich ist. Wir drücken ihm jedenfalls die Daumen. Und wissen Sie was, ich habe heute Morgen auf dem Weg zum Bäcker den Deckel einer Fahrradklingel gefunden. Ein Rücklicht lag hier noch zu Hause in meiner Schreibtischschublade. Ich vermute, es wird nur eine Frage der Zeit sein.
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