FMO in Schwierigkeiten | Übermittlungsfehler | Ziegenhof am Ströhn

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

der Flughafen Münster/Osnabrück ist in diesen Tagen ein ruhiger Ort. Am Dienstag sind insgesamt zwei Maschinen gestartet, beide nach München, eine um 7.10 Uhr, eine um 16.50 Uhr. Es gab Zeiten, da flogen von Greven aus 1,8 Millionen Menschen im Jahr in den Urlaub oder zu Geschäftsterminen. Aufs Jahr gerechnet sind das fast 5.000 Passagiere an jedem einzelnen Tag. Aber das ist 20 Jahre her. Im vergangenen Jahr buchten immerhin noch eine knappe Million Menschen einen Flug vom FMO aus. Die meisten reisten nach München, Frankfurt, Mallorca und Antalya. Auch 2019 war für den Flughafen schon kein leichtes Jahr. Der Reiseveranstalter Thomas Cook ging pleite und auch die Fluggesellschaft Germania, deren Flüge ein knappes Drittel des gesamten Verkehrs ausmachten. Im vergangenen Jahr gelang es Flughafenchef Rainer Schwarz, schnell einen Ersatz aus dem Ärmel zu zaubern, der das Schlimmste verhinderte. Das ist in diesem Jahr nicht möglich. Mitte Oktober sagte Schwarz in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung, er rechne mit 200.000 bis 220.000 Fluggästen. Die zweite Corona-Welle hatte da noch gar nicht richtig begonnen.

Der Flughafen Münster/Osnabrück steckt in großen Schwierigkeiten. Er wird in den kommenden Jahren sehr viel Geld benötigen, viel mehr Geld als ohnehin schon. Dieses Geld werden die Gesellschaften übernehmen müssen, denen der FMO gehört. Das sind vor allem Kommunen. Und damit sind es die Menschen, die Steuern zahlen. Doch der Konsens darüber, dass der Flughafen dieses Geld wert ist, ist längst nicht mehr so groß wie noch vor einigen Jahren. Hinzukommt, dass das Fliegen selbst in die Kritik geraten ist. Regionalflughäfen sind nicht nur teuer, sie sind auch klimaschädlich. Mittlerweile stellt sich die Frage: Wäre es nicht besser, sich von diesem Millionengrab zu trennen und das ganze Geld in bessere Bahnverbindungen zu stecken?

Die fünf größten Eigentümer-Gesellschaften sind die Stadt Münster (35 Prozent), der Kreis Steinfurt (30 Prozent), die Stadt Osnabrück (17 Prozent), die Stadt Greven (6 Prozent) und der Landkreis Osnabrück (5 Prozent). Sie haben in den vergangenen Jahren viele Millionen investiert, um Teil einer Flughafenregion zu sein. Dass es so viel Geld wurde, hatte auch mit politischen Entscheidungen zu tun, die sich später als falsch herausgestellt haben. Und das lag auch daran, dass man sich die Zukunft des Fliegens noch vor wenigen Jahren etwas anders vorstellte als heute.

Als die Fluggastzahlen zu Beginn des neuen Jahrtausends an der Zwei-Millionen-Marke kratzten, sah es aus, als würde es noch lange so weitergehen – als wäre es erst der Anfang von etwas wirklich Großem. Die Wachstumspfade glichen dem nachgezeichneten Weg einer startenden Boeing. Es schien klar, dass man hier bald in anderen Dimensionen denken müsste, in interkontinentalen. Der Bau des zweiten Terminals hatte begonnen. Bald sollten von hier vier Millionen Menschen im Jahr fliegen können. Geplante Investitionskosten: 100 Millionen Euro. Auch die 2.170 Meter lange Startbahn würde bald nicht mehr ausreichen. 3.600 Meter lang sollte sie werden. Geplante Investitionskosten: 120 Millionen Euro. Der Rechtsstreit um die verlängerte Landebahn zog sich über Jahre hin. Im Jahr 2011 hatte die Anbahnung des Baus schon 19 Millionen Euro gekostet. Aber mit der Zeit änderten sich die Aussichten. Als der Aufsichtsrat die Pläne im Oktober 2017 begrub, geschah das, weil man die lange Startbahn einfach nicht mehr brauchte. Die Weltwirtschaftskrise hatte das Wachstum jäh gestoppt, danach kam es nicht wieder in Gang. Die Fluggastzahlen dümpelten bei einer knappen Million. Von einem Interkontinental-Flughafen sprach niemand mehr. Das Terminal II war viel zu groß geraten. An den finanziellen Folgen ächzt der Flughafen noch heute.

Der Flughafen braucht wieder Geld

Ein großes Problem war: Man hatte das Terminal komplett über Bankkredite finanziert. Die Raten waren eine Belastung, die der FMO nicht stemmen konnte. Im Jahr 2014 lag der Schuldenstand bei über 84 Millionen Euro. Ein neues Finanzierungskonzept sollte dieses Problem lösen.

Das Konzept sah vor, dass der Flughafen zwischen 2016 und 2020 insgesamt 84 Millionen Euro von seinen Eigentümergesellschaften bekommen sollte, also knapp 17 Millionen Euro pro Jahr. Münster würde davon entsprechend seinem Anteil knapp 5,9 Millionen Euro jährlich tragen müssen. Und so geschah es. Inzwischen sind die Bankdarlehen nach Angaben des FMO auf 24 Millionen Euro geschrumpft. Das entspreche „exakt den Vorgaben, die die Gesellschafter dem FMO als Zielwert vorgegeben hatten“. So steht es in einem Papier, das der Flughafen der Politik an die Hand gegeben hat (Titel: „Textbausteine einer möglichen Gremienvorlage“).

Im vergangenen Jahr hat der Flughafen den Finanzplan aktualisiert. Das Ergebnis ist das „Finanzierungskonzept 2.0“: Danach sollen die Eigentümergesellschaften zwischen 2021 und 2025 noch einmal 35 Millionen Euro zur Verfügung stellen, als Darlehen. Der Flughafen soll damit seine Infrastruktur instand halten. Es geht nicht mehr ums Wachsen, sondern darum, das Niveau zu halten. Münster wird sich mit 12 Millionen Euro beteiligen, mit knapp 2,5 Millionen Euro pro Jahr.

Mehr sollte es ursprünglich nicht werden. Doch mit der Corona-Krise kommt nun alles anders. Der Flughafen braucht mehr Geld. Wieder einmal. Zunächst 10 Millionen Euro für das aktuelle und das kommende Jahr. Die Stadt Osnabrück hat Anfang November beschlossen, dem FMO noch einmal mit 1,8 Millionen Euro auszuhelfen. Münster wäre mit etwa 3,5 Millionen Euro dabei, wenn der Rat der Hilfe zustimmen sollte. Darüber entschieden wird frühestens Anfang nächsten Jahres. Einfach so überweisen will man das Geld in Münster aber nicht. Carsten Peters, der verkehrspolitische Sprecher der Grünen in Münster, hat der Neuen Osnabrücker Zeitung vor einer Woche gesagt, man wolle auch andere Optionen prüfen. Im Grunde geht es dabei aber nur um eine: Kredite, die das Land den Flughäfen bereitstellt. Sollte das nicht klappen, wäre die Frage: Springt Münster ein? An der SPD würde es nicht scheitern, so hört man. Die Grünen sind unschlüssig. Volt hat sich noch nicht geäußert.

In Warendorf hat SPD-Fraktionschef Dennis Kocker in der vergangenen Woche über die Finanzhilfen gesagt: „Müssten wir heute entscheiden, würde die SPD ablehnen.“ Die Grünen im Kreistag des Landkreises Osnabrück, haben für die nächste Sitzung am 14. Dezember einen Antrag vorbereitet, in dem sie schreiben: „Gelingt es nicht, private Geldgeber zu finden, muss geprüft werden, ob es durch strukturelle Veränderungen wie z.B. eine Verkleinerung der Infrastruktur und / oder durch Umnutzungen möglich wäre, den Finanzbedarf zu senken.“ Auch die Aufgabe des Flugbetriebs dürfe nicht tabu sein. Diese Option müsse ebenfalls geprüft werden. Und das wäre genau die Variante, die das Aktions-Bündnis „FMO-Ausstieg jetzt!“ favorisiert. Das Bündnis, das nach eigenen Angaben aus 40 Initiativen aus Münster, Osnabrück und den Landkreisen besteht, argumentiert vor allem mit der Belastung der Fliegerei für das Klima und der nach Ansicht der Gruppe fehlenden Aussicht des Flughafens, finanziell auf eigenen Beinen zu stehen.

Diese Aussicht wäre schon allein deshalb nötig, weil die Europäische Kommission es Kommunen ab 2024 verbietet, defizitäre Airports mit Zuschüssen am Leben zu halten. In der gegenwärtigen Situation wäre das für viele Regionalflughäfen das Ende. Aber noch bleibt etwas Zeit. Nach einem Bericht des Redaktionsnetzwerks Deutschland versucht die Bundesregierung bereits, die Frist verlängern zu lassen.

Orangefarbene Karte für FMO

Das Bündnis „FMO-Ausstieg jetzt!“ spricht von 80 Millionen Euro, die bis 2030 in den Flughafen gepumpt werden müssten. Es ist eine grobe Schätzung, die vermutlich eher zu hoch als zu niedrig angesetzt ist. Aber auch der Flughafen selbst kündigte im September eine Lücke in einer Größenordnung von bis zu 30 Millionen Euro an, die sich bis 2025 auftun könnte. Aber all diese Zahlen sind vage. Noch ist nicht absehbar, wie lange die Krise anhält, und wie lange es dauern wird, bis das Geschäft sich halbwegs wieder erholt.

Die Diskussion betrifft nicht nur Münster, sondern alle Regionalflughäfen in Deutschland. Insgesamt sind es 14. Fast alle machen Verluste. Das Forum Ökologische Marktwirtschaft hat sich in diesem Jahr in einer Studie mit diesen Flughäfen beschäftigt. Ihr Titel nimmt das Ergebnis schon vorweg. Er lautet: „Regionalflughäfen: Ökonomisch und klimapolitisch unverantwortliche Subventionen.“

Über den FMO heißt es dort, er trage nicht zur „Konnektivität der Region bei“, verbinde sie also nicht mit internationalen Flugverkehrsnetzen und europäischen Wirtschaftszentren. Die Flughafendichte sei mit den Airports in Dortmund, Paderborn/Lippstadt (inzwischen insolvent) und Osnabrück „viel zu groß“. Man fliege Ziele wie Frankfurt am Main an, die innerhalb von weniger als drei Stunden mit dem Zug erreichbar seien. Die wirtschaftliche Prognose fällt düster aus. „Der aufgestaute, immense Sanierungsbedarf der Flughafeninfrastruktur und extreme Verluste in den letzten Jahren machen das Erreichen der Wirtschaftlichkeitsschwelle selbst in normalen Zeiten unwahrscheinlich“, so steht es in dem knapp 20 Seiten langen Bericht. Fazit: Sieben von zwölf untersuchten Flughäfen sollten schließen. Der FMO ist nicht dabei. Er bekommt keine rote Karte, aber eine orangefarbene.

Flughafenchef Schwarz kritisierte in der Neuen Osnabrücker Zeitung „die fragwürdigen Methoden“, mit denen hier gearbeitet werde. Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) habe die Studie „an ein im Verkehrsbereich völlig unbekanntes Institut“ vergeben, „das dann auch – fast erwartungsgemäß – mit nicht haltbarer Methodik arbeitet“. Ein Beispiel sei die Feststellung, der FMO trage nicht zur Konnektivität der Region bei. „Wenn ein Flughafen mit über 40 Prozent Geschäftsverkehr ‚nicht zur Konnektivität der Region beiträgt‘, muss man sich schon fragen: Wer dann?“, sagt Schwarz.

Nah an einer Gefälligkeitsprognose

Nun muss man sagen: Studien erstellen, die Anlass zum Zweifel an der Glaubwürdigkeit ihrer Ergebnisse geben, das können auch die Flughafengesellschaften. Ein Name, der im Zusammenhang mit Regionalflughäfen immer wieder auftaucht, ist Richard Klophaus. Er ist Professor an der Fachhochschule in Worms und laut seiner Website Partner der Interessengemeinschaft der regionalen Flughäfen, wie dem ZDF-Magazin „Zoom“ vor sechs Jahren aufgefallen ist. Klophaus schreibt Gutachten über diese Flughäfen. Laut dem Magazin kommt er dabei fast immer zu zum gleichen Ergebnis: Die Flughäfen rechnen sich für die Regionen. Die Zahlen sind meist sehr optimistisch. Im Fall des Flughafens Kassel-Calden war im Gutachten von 561.000 Fluggästen pro Jahr im wahrscheinlichsten Fall die Rede. Im vergangenen Jahr waren es 120.000. Der Flughafenplaner Dieter Faulenbach da Costa sagt in dem Beitrag, solche Gutachten lägen nah an einer Gefälligkeitsprognose. „Das heißt: Der Auftraggeber braucht den Nachweis, dass ein Bedarf da ist, kriegt eine Prognose, die den Bedarf nachweist, und kann damit seinen Flughafen ausbauen.“ Erinnern wir uns: Das Terminal II in Greven ist gedacht für vier Millionen Passagiere im Jahr.

Richard Klophaus hat auch für den Flughafen Münster/Osnabrück eine Studie geschrieben. Erschienen ist sie im November 2013. In Auftrag gegeben haben sie unter anderem die Industrie- und Handelskammer Nord Westfalen und die Gesellschaft FMO Flughafen Münster/Osnabrück. Klophaus belegt in dem Papier mit sehr vielen Zahlen und Argumenten, dass der Flughafen in Greven ein wichtiger Standortfaktor für die Region sei. Argumente, die gegen den FMO sprechen, finden sich nicht.

Möglicherweise hängt es auch davon ab, wie man auf die Sache schaut oder schauen möchte. Philipp Breidenbach vom RWI-Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung hat am Montag zusammen mit Christoph M. Schmidt, RWI-Präsident und ehemaliger Sprecher des Rats der fünf Wirtschaftsweisen, einen Text in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung geschrieben, in dem es um die Situation der Regionalflughäfen in der Corona-Krise geht – und um eine Studie, die Breidenbach im vergangenen Jahr veröffentlicht hat. In der FAZ heißt es: „Bisher wurden diese dauerhaften Subventionen gern mit Verweis auf die hohe Bedeutung der Regionalflughäfen als Anziehungspunkte für die regionale Wirtschaft gerechtfertigt.“ Dies sei aber ein Irrglaube, wie Breidenbachs Studie zeige. Das „ebenso ernüchternde wie eindeutige Ergebnis” laute: „Der Ausbau der Regionalflughäfen hat in der Vergangenheit nicht zu einem höheren Wirtschaftswachstum der umliegenden Regionen geführt.“

Das Wirtschaftswachstum ist nicht das einzige Argument für einen Flughafen. Es geht um sehr viel mehr, um das Bild und das Selbstbild einer Region. Es geht um harte Zahlen wie Arbeitsplätze und Steuereinnahmen, aber es geht auch darum, wer die beste Geschichte erzählt, um das Narrativ.

Ein übergeordneter Plan fehlt

Beim Flughafen Münster/Osnabrück ist das bekannt. In einem zweiseitigen Argumentationsleitfaden hat man Argumente zusammengestellt, mit denen die Politik auf die Kritik des Aktionsbündnisses „FMO-Ausstieg jetzt!“ reagieren kann. Auf die These, Fliegen sei schädlich fürs Klima etwa:

  • Der FMO wolle der erste Flughafen sein, der bis 2030 klimaneutral sei.
  • Die ersten emissionsfreien Airports würden Regionalflughäfen sein.
  • Der Anteil des innerdeutschen Flugverkehrs an den deutschen CO2-Emissionen betrage 0,31 Prozent.
  • Die wichtigsten Verbindungen würden sich auch in Zukunft nicht auf die Bahn verlagern.

Auf das Argument, der FMO sei finanziell ein Fass ohne Boden, schlägt der Flughafen ebenfalls Antworten vor:

  • Man hole jetzt nach, was bei anderen Flughäfen üblich sei – das Terminal aus Gesellschaftermitteln zu finanzieren (und nicht mithilfe von Bankkrediten, wie es gemacht worden war).
  • In den vergangenen 25 Jahren habe der FMO 18 Mal ein positives Betriebsergebnis erzielt.
  • Die Fluggastzahlen seien im ersten Quartal noch um 25 Prozent gestiegen – stärker als auf jedem anderen Flughafen in Deutschland.
  • Das Problem mit dem Finanzierungsloch durch Corona betreffe weltweit alle Flughäfen.

Auch zur Forderung, man möge jetzt verantwortungsvoll aussteigen, nennt der FMO Argumente:

  • Flughäfen seien langfristig angelegte Infrastruktureinrichtungen. Daher verbiete es sich, sie „aus dem Blickwinkel einer temporären Krise“ zu beurteilen.
  • Wenn der Flugverkehr in zwei bis drei Jahren wieder boome, sei es nahezu unmöglich, den geschlossenen Flughafen zu reaktivieren.
  • Die Wirtschaft müsse sich der Konsequenzen bewusst sein, die es habe, wenn man international nicht mehr erreichbar sei.

Und – da stoßen wir wieder auf Professor Klophaus – das vierte Argument lautet: Die Industrie- und Handelskammern hätten noch einmal auf die große Bedeutung des FMO als Standortfaktor für Unternehmensansiedlungen hingewiesen.

Das eigentliche Problem aber ist nicht das Argument Standortfaktor, sondern die Tatsache, dass es ein Argument für den Bau oder Erhalt eines Flughafens sein kann. Es geht um einen Interessenkonflikt, der ein gutes Ergebnis unwahrscheinlich macht. Wenn es in der Hand der Region liegt, sich einen Flughafen zu bauen, um sich einen Vorteil zu verschaffen, muss man wohl damit rechnen, dass es irgendwann zu viele Flughäfen gibt. Was fehlt, ist ein übergeordneter Plan, der die Standorte so anordnet, dass sie sich sinnvoll übers Land verteilen. Oder wie Philipp Breidenbach und Christoph M. Schmidt es in ihrem Text schreiben: „Eine nachhaltige Flughafeninfrastruktur, die finanziell tragfähig ist und zur regionalen Versorgung beiträgt, wird auf wesentlich breitere gesellschaftliche Zustimmung bauen können als die heute in Verruf geratenen ‚Landratspisten‘.”

In aller Kürze

+++ Die Bus-und-Taxi-Hybriden „Loop“-Kleinbusse sind nun mittlerweile seit zwei Monaten in Münster unterwegs. Zur Erinnerung: Man bucht übers Smartphone und steigt dann einfach ein, sobald sie da sind. Ungefähr 550 Menschen machen das schon am Tag. Klaus Baumeister hat sich für die Westfälischen Nachrichten mit der Frage beschäftigt, ob sich das Ganze lohnt und ob es vielleicht auch was für die Stadtteile wäre. Das Ergebnis im Überblick: Großes Potenzial hat „Loop“ vor allem als Angebot für den letzten Kilometer, also den Weg von der Bushaltestelle im Stadtteil bis zur eigenen Haustür. Auf diesen Teilstrecken könnte der Kleinbus auf Abruf laut Baumeister langfristig die großen Buslinien ersetzen. Das Gute daran: Die Stadtbusse müssten dann nicht mehr im 10- oder 20-Minuten-Takt durch die Wohngebiete kurven.

+++ Wie die Westfälischen Nachrichten berichten, hat der risikofreudige Betreiber der Gaststätten „Mocca D‘or“, „Fiu“ und „Café del Popolo“ ein neues Hygienekonzept vorgelegt. Und die Stadt hat es genehmigt. Die Läden hatten vor einigen Wochen schon vor allen anderen schließen müssen, weil dort in Sachen Corona-Regeln so ziemlich alles drunter und drüber ging. Die neuen Hygienekonzepte sind aber nun offenbar besser. Im Moment bringt den Restaurants das allerdings nicht viel. Die Gastronomie befindet sich ja weiter im verordneten Winterschlaf.

Corona-Update

Kurz sah es am Wochenende so aus, als sei Münster unter die Grenze von 50 Neuinfektionen pro 100.000 Menschen und Woche (Sieben-Tage-Inzidenz) gefallen und damit kein Risikogebiet mehr. Aber das war – Sie hatten es wahrscheinlich eh schon geahnt – ein Übermittlungsfehler. Mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von 55,2 steht die Stadt im Landesvergleich aber trotzdem recht gut da. Duisburg, Solingen und Hagen melden immer noch eine Inzidenz von mehr als 200. Überhaupt nicht gut ist die Nachricht, dass es in Münster zwei weitere Todesfälle im Zusammenhang mit der Pandemie gibt – eine 76-jährige und eine 93-jährige Frau sind gestorben. Die Zahl der Corona-Toten stieg damit auf 30. Insgesamt gelten heute 363 Menschen aus Münster als infiziert. 33 von ihnen werden im Krankenhaus behandelt, davon 18 auf der Intensivstation. 13 Menschen müssen beatmet werden. Ebenfalls überhaupt nicht gut: Deutschlandweit wurden heute 388 neue Todesfälle gemeldet, der vierthöchste Wert seit Beginn der Pandemie. Was trotz dieser Zahlen Hoffnung macht: Die Unternehmen Biontech und Pfizer haben eine Zulassung für ihren Impfstoff beantragt, ebenso wie der US-amerikanische Hersteller Moderna. Bis zum 29. Dezember will die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA entscheiden, ob sie den Biontech-Pfizer-Impfstoff freigibt. Dann könnte es laut dem Unternehmen innerhalb weniger Stunden losgehen. Die Entscheidung über die Zulassung des Moderna-Impfstoffes soll bis Mitte Januar fallen.

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Ziegenkäse essen viele Menschen ja höchstens mal im Salat. Meist mit viel Honig darauf, wonach das Ganze dann auch hauptsächlich schmeckt. Forscher haben nun herausgefunden, dass man Ziegenkäse auch ohne Honig essen kann. Wenn Sie das ausprobieren möchten, empfehlen wir Ihnen den Marktstand des Ziegenhofs am Ströhn. Dort bekommen Sie Camembert und Frischkäse aus Ziegenmilch und sogar Ziegensalami und -fleischwurst. Die Tiere haben auf dem Hof viel Auslauf, der Käse wird in der hofeigenen Käserei hergestellt. Ein Tipp von meiner Kollegin Marie Schwesinger: Probieren Sie den Ziegenkäsekuchen, den Sie mittwochs und samstags am Marktstand bekommen. Der sei der absolute Knaller.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

+++ Normalerweise geht das Projekt „zwischen/miete nrw“, das vom Center for Literature mitgestaltet wird, so: Menschen, die Bücher schreiben, besuchen Menschen, die nicht zwingend Bücher schreiben müssen, in ihren Wohngemeinschaften, lesen literarische Texte vor und diskutieren bei einem Getränk über die Geschichten. Das ist im Moment natürlich nicht möglich, deshalb finden die Veranstaltungen bei den Bücherschreibenden zuhause statt. Und jetzt die gute Nachricht: Sie können im Internet zuschauen. Morgen ab 20.15 Uhr liest Titanic-Redakteurin Ella Carina Werner aus ihrem Kurzgeschichtenband „Der Untergang des Abendkleides“, am Freitag geht’s weiter mit Linus Giese und seinem Buch „Ich bin Linus“.

+++ Vielleicht wissen Sie es schon: Heute ist der 1. Dezember, jedenfalls noch kurz. Aber wenn Sie sich das erste Video im Kultur-Adventskalender des Kammertheaters „Der Kleine Bühnenboden“ bei YouTube anschauen, sehen Sie dort die Nummer 24. Was ist da los? Ganz einfach: Die Theaterleute drehen den Spieß um und laden zum „Christmas Countdown“ ein (Google-Übersetzung: „Weihnachts-Countdown“). Jeden Tag gibt es eine Kultur-Miniatur zu sehen und zu hören, etwa eine kurze Lesung oder ein Lied. Hier können Sie sich den Teaser mit Konrad Haller anschauen und anschließend das erste Türchen öffnen.

+++ Der Hintergrund dieses digitalen Adventskalenders ist natürlich, dass immer noch fast alle Kultureinrichtungen geschlossen sind. Ja, „fast“, Sie haben sich nicht verlesen: Die Stadtbibliothek und die Stadtteilbüchereien sind offen und Sie können von dort jede Menge Kultur nach Hause tragen. Wenn Sie nicht wissen, was Sie ausleihen sollen (oder wenn Sie Ideen für Weihnachtsgeschenke suchen), dann hören Sie sich doch mal den Podcast „Seite an Seite“ an. Er wird von der Buchhandelskette Hugendubel produziert, natürlich damit wir alle Lust bekommen, (mehr) zu lesen. Das klappt auch, es sind wirklich sehr schöne Tipps dabei.

+++ Wie geht es uns allen eigentlich in der Corona-Krise, wovor haben wir Angst, welche Gedanken machen wir uns? Um all das geht es in der Ausstellung „Lockdown Room 23“ von Annette Müller, der Enkelin von Brauerei-Gründer Pinkus Müller. Noch bis zum 17. Januar können Sie sich das interaktive filmische Hörspiel im Wohnzimmer von Pinkus Müller anschauen und anhören. Hier ist ein Trailer zu sehen, und auf der Seite können Sie auch gleich einen Termin buchen.

Am Freitag schreibt Ihnen wieder Constanze Busch. Haben Sie bis dahin eine schöne Woche.

Herzliche Grüße

Ralf Heimann

Mitarbeit: Constanze Busch

PS

Auf dem Sportplatz vom SC Nienberge, wo in den letzten Jahren höchstens mal ein Neueinkauf im Mittelfeld eingeschlagen ist wie eine Bombe, ist nun ein 125 Kilogramm schwerer Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden worden, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung. Dazu muss man sagen: Blindgänger sieht man auf dem Platz sicherlich nicht zum ersten Mal, seit dort Fußball gespielt wird. Aber diesmal mussten während der Partie zwischen dem Kampfmittelräumdienst und der Bombe ungefähr hundert Menschen im Radius von 150 Metern das Gebiet um den Sportplatz verlassen. Daher hier auch noch einmal für sie das Ergebnis: Der Kampfmittelräumdienst siegte souverän mit 1:0.


PPS

Eine kleine Bitte noch, verbunden mit dem Hinweis, dass Sie sich selbst drüber freuen könnten. Halten Sie sich bitte den 13. Dezember frei. Sie müssen nicht nachschauen. Das ist ein Sonntag. Dann findet die erste RUMS-Veranstaltung überhaupt statt, leider nur digital, aber es ist immerhin ein Anfang. Ab 18 Uhr werde ich zwei Stunden lang mit unserem Kolumnisten Klaus Brinkbäumer sprechen – und unter anderem die Fragen stellen, die Sie uns währenddessen in den Chat schreiben oder vorher per E-Mail senden. Es wird um sein Buch “Im Wahn”, das er gemeinsam mit Stephan Lamby geschrieben hat, über den dazugehörigen Film, der weiterhin in der ARD-Mediathek zu sehen ist, über den US-Wahlkampf und dessen für die überwiegende Mehrheit der Menschen inzwischen klaren Ausgang. Aber wir reden auch über Lokaljournalismus im Allgemeinen und im Besonderen, denn der ehemalige Spiegel-Chefredakteur und designierte MDR-Programmdirektor hat seine Wurzeln, wie sehr viele Journalist:innen bei einer Tageszeitung, in seinem Fall bei den Westfälischen Nachrichten in Münster. Alle weiteren Informationen, vor allem, wie und wo wir uns digital treffen, das schreiben wir Ihnen in den nächsten Briefen. Eingeladen sind alle RUMS-Abonnent:innen.

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