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Das York-Quartier: Wohnviertel der Zukunft? | Noch mehr Flyover-Gutachten | Bouldern
Guten Tag,
Münster wächst, in zehn Jahren werden wahrscheinlich 330.000 Menschen in der Stadt leben. Es gibt jetzt schon zu wenige Wohnungen, vor allem zu wenig bezahlbare. Und das knappe Gut namens Wohnraum dürfte in den nächsten Jahren noch viel knapper werden: Bis 2040 steigt die Zahl der Haushalte in Münster weiter stark an, so lautet eine Prognose im Wohnungsmarktbericht NRW. Wo sollen die vielen Zugezogenen in der Stadt also bleiben? Es wird nicht reichen, bestehende Stadtteile nachträglich durch Neubau zu verdichten, irgendwann wird es einfach zu eng. Es müssen ganz neue Wohnviertel her.
Auf den Geländen der ehemaligen britischen Kasernen Oxford (Gievenbeck) und York (Gremmendorf) sollen in den nächsten Jahren solche Quartiere entstehen. Dort soll modellhaft das Wohnen der Zukunft entworfen und ausprobiert werden: „innovatives, urbanes und nachhaltiges Leben in Münster” verspricht die Stadt für das neue York-Quartier. Um die beiden Kasernengelände neu zu planen und zu vermarkten, hat die Stadt eine neue Tochtergesellschaft gegründet: die Konvoy GmbH (der Name steht für Konversionsflächen der Oxford- und der York-Kaserne).
Wir dröseln das große Versprechen mal auf
Wir haben uns das York-Gelände im Stadtteil Gremmendorf einmal genauer angeschaut. Seit beinahe zehn Jahren wird über die Nachnutzung und Neugestaltung des Kasernengeländes gesprochen und in den Medien berichtet. Seit Herbst 2020 wird dort auch tatsächlich gebaut. 1.800 Wohneinheiten sollen insgesamt entstehen, und mit dem Bauprojekt soll auch das neue Stadtteilzentrum gestaltet werden.
Die Vision: In einem „sozial und kulturell durchmischten Quartier“ sollen „attraktive, bezahlbare Wohnflächen in unterschiedlichen Lagen und Größen“ gebaut werden. Das klingt so gut, man möchte fast gleich die Umzugskisten packen. Aber was bedeutet das eigentlich konkret?
Wir haben das große Versprechen einmal in drei kleinere aufgedröselt:
- eine vielfältige Nachbarschaft
- bezahlbarer Wohnraum
- ein attraktives Wohnviertel
Kann das neue Quartier diese Versprechen halten? Wir haben recherchiert und mit Expert:innen für das Bauvorhaben gesprochen.
Wann beginnt denn das Wohnen der Zukunft?
Bevor wir den Versprechen auf den Grund gehen, noch schnell ein paar Eckdaten. Der Grundstein für die ersten Gebäude im zukünftigen York-Quartier sollte eigentlich im vergangenen Sommer gelegt werden. Aber die Kampfmittelsuche auf dem alten Kasernengelände dauerte länger, als zunächst erwartet. Insgesamt wurden vier Bomben geborgen. Im Mai 2020 schlugen die Sonden erneut aus, wegen der Pandemie dauerte es aber länger als üblich, das Gelände zu evakuieren. Weitere Bomben tauchten nicht auf. Gefunden wurden ein altes Fahrrad, ein altes Auto und anderes Altmetall, erzählte uns Stephan Aumann, Konversionsmanager der Stadt Münster und Geschäftsführer der Konvoy, bei einem Interview auf dem Gelände.
Mit einer kleinen Verzögerung ging es dann im Oktober 2020 los mit dem Hochbau. Die ersten acht Wohnungen sollen schon Ende 2022 bezugsfertig sein. Bis das gesamte Projekt abgeschlossen ist und das ehemalige Kasernengelände so aussieht wie in den Entwürfen, wird es aber mindestens bis 2028 dauern.
Eine vielfältige Nachbarschaft
„Ein sozial und kulturell durchmischtes Quartier”, das soll heißen: Menschen mit unterschiedlich hohen Einkommen, Familien, Paare und Singles, Menschen mit und ohne internationale Familiengeschichte sollen Tür an Tür leben. Dahinter steckt nicht nur die schöne Vorstellung von einer bunt gemischten Nachbarschaft, sondern auch ein praktischer Grund. „Die Erfahrung mit anderen Quartieren zeigt: Je mehr diese Mischung vorangetrieben werden kann, auch im einzelnen Gebäude, umso größer ist die Chance, dass ein Stadtteil stabil ist und nicht nach der ersten Besiedlungsperiode ausstirbt“, erklärte uns Gerhard Joksch. Der ehemalige Stadtbaurat saß bis zum vergangenen Herbst für die Grünen im Stadtrat und war unter anderem Fraktionssprecher für das Thema Bauen. Dem Aufsichtsrat der Konvoy gehört er noch immer an.
Es soll nicht so laufen wie in vielen anderen Neubaugebieten: Junge Familien mit Kindern ziehen ein, irgendwann sind die Kinder erwachsen und ziehen aus. Die Eltern bleiben dann allein in der eigentlich zu großen Wohnung zurück und Infrastrukturen wie Schulen oder Kitas werden überflüssig, weil kaum noch junge Familien in das Gebiet ziehen können oder möchten. Leben von Anfang an junge und alte Menschen in derselben Nachbarschaft, ziehen auch immer wieder junge und alte ins Viertel, so die Hoffnung.
In vielen anderen Stadtvierteln von Münster klappt es mit der Durchmischung nicht so gut, sie sind zumindest in einer Hinsicht sehr homogen: Vor allem im Zentrum sind die Grundstücks- und Mietpreise sehr hoch. Im Kreuzviertel wird zum Beispiel gerade eine Drei-Zimmer-Wohnung mit 82 Quadratmetern und Balkon für 980 Euro kalt angeboten, das ist auch für manche gutverdienende Elternpaare kaum zu stemmen. Zum selben Preis ist auch diese exklusive Zwei-Zimmer-Wohnung (57 Quadratmeter) zu haben. Für Menschen, die wenig verdienen oder mehr Platz für eine größere Familie brauchen, kommt eine Wohnung im Stadtkern also kaum in Frage. Sie ziehen in die Außenstadtteile.
Wie genau soll im York-Quartier also die Mischung erreicht werden?
Mindestens 30 Prozent Sozialwohnungen
Der Rat hat 2018 sogenannte Gestaltungsleitlinien für das Baugebiet beschlossen, die die Stadt und Konvoy zusammen mit zwei Planungsbüros entworfen haben. Darin steht, welche Wohnformen gebaut werden sollen: Neben sozialem Wohnungsbau sind auch Eigentumswohnungen, Eigenheime, frei finanzierte Mietwohnungen und Studierendenappartements geplant. Vieles ist aber noch offen und hängt von den Entwürfen ab, die die (angehenden) Investor:innen einreichen werden. Fest steht aber: Es werden deutlich weniger Einfamilien- als Mehrwohnungshäuser gebaut. Denn: „Familien mit Kindern sind die Minderheit in Münster. In den meisten Haushalten leben ein bis zwei Personen“, erklärte uns Joksch. Dieser Anteil wird vermutlich noch weiter wachsen. Laut Wohnungsmarktbericht NRW wird die Zahl der Einpersonenhaushalte bis 2040 um bis zu elf Prozent steigen, ein etwa doppelt so starker Anstieg wie im Rest des Bundeslandes.
Zum Bau öffentlich geförderter Wohnungen hat sich die Stadt mit der „Sozialgerechten Bodennutzung Münster” (SoBoMü) verpflichtet, die auch Münsteraner Modell genannt wird: Bei Bauprojekten müssen mindestens 30 Prozent der neuen Wohnungen Sozialwohnungen sein. Im York-Quartier baut die Wohn + Stadtbau auf dem nördlichsten Teilquartier („Gartenwohnen“) neben etwa 80 Eigentumswohnungen und 220 frei finanzierten Wohnungen auch 469 Wohnungen, die öffentlich gefördert werden und später zu günstigeren Preisen vermietet werden. Die Sozialwohnungen werden sogar als Erstes gebaut, warum, erklären wir weiter unten.
Die 30 Prozent für das gesamte York-Quartier wären damit also schon erreicht. Unter Umständen könnten es auch mehr werden: Falls das Land NRW weitere Fördermittel für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stelle, könne die Wohn + Stadtbau auch weitere öffentlich geförderte Wohnungen im Quartier bauen, erklärte uns Gerhard Joksch. Und laut Stephan Aumann könnten auch private Investor:innen Sozialwohnungen in ihre Konzepte einplanen. Ob sie das tun werden, ist schwer zu sagen. Mit solchen Wohnungen verdienen die Unternehmen natürlich weniger. Dafür bekommen sie aber auch öffentliche Gelder für den Bau. Ob sich das finanziell lohnt oder nicht, ist auch in der Branche umstritten, Tendenz: nein.
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Was im Süden des York-Quartiers – außerhalb des Kasernengeländes – („Wohnen im eigenen Haus“) passieren soll, steht schon fest. Dort entstehen Reihen- und Doppelhäuser. Eigenheime und öffentlich geförderte Wohnungen könnten, zumindest nach dem aktuellen Stand, also nicht weiter voneinander entfernt sein (Sie können sich hier selbst ein Bild davon machen). Räumlich durchmischt ist das Quartier also (noch) nicht. Einige Gebäude in der Mitte der Kasernenfläche werden bis 2024 noch als Unterkunft für Geflüchtete genutzt (die sogenannte Zentrale Unterbringungseinrichtung ZUE). Danach sollen auch sie umgestaltet werden – wie genau, steht noch nicht fest. Verschiedene Ideen liegen auf dem Tisch, vom Studierendenwohnheim bis zu Reihenhäusern und Maisonettewohnungen. Klarer wird es aber erst, wenn in ein paar Jahren die Investor:innen Vorschläge einreichen.
Gerhard Joksch gibt sich mit Blick auf die soziokulturelle Mischung optimistisch: „Es ist nicht perfekt, aber es ist ein erster Ansatz“, sagte er in unserem Interview.
„Budgethäuser“: günstig, aber Zustand unklar
Ein Teil der Eigenheime soll auch günstiger zu haben sein, sagt Stephan Aumann. Das will die Konvoy garantieren, indem sie den Investor:innen vorschreibt, 30 Prozent der Hauspreise vor Vertragsabschluss zu nennen. Dadurch hätte die städtische GmbH die Möglichkeit, die späteren Verkaufspreise in einem gewissen Rahmen mit zu steuern.
Ein Unternehmen, mit dem die Konvoy aktuell verhandelt, will sogar 38 Prozent der Hauspreise nennen. In dem Entwurf dieses Unternehmens soll mindestens ein Teil der Reihenhäuser als sogenannte Budgethäuser gebaut werden. Der Kaufpreis für rund 110 Quadratmeter Wohn- und etwa 175 Quadratmeter Grundstücksfläche soll bei rund 400.000 Euro liegen. Allerdings müsse bei den Budgethäusern der Innenausbau von den Eigentümer:innen ganz oder teilweise selbst bewerkstelligt oder finanziert werden. Hier wird es etwas knifflig: Was alles unter „Innenausbau” fallen wird, steht noch nicht fest. Möglich wäre: Die künftigen Eigentümer:innen müssen selbst den Fußboden verlegen und tapezieren. Eigentlich ist „Innenausbau” aber das Gegenstück zu „Rohbau”, und umfasst nach dieser Definition alles von Trockenbau über den Sanitärbereich bis hin zu Fenstern und Türen.
Ob die Häuser den Titel Budgethaus verdienen, sei dahingestellt. Zum Vergleich: Der Quadratmeter Wohnfläche kostet 3636 Euro, und das bei einem doch recht kleinen Grundstück. Mit bestehenden Häusern lässt sich das Angebot nicht so einfach vergleichen, aber: Im Grundstücksmarktbericht 2021 der Stadt Münster steht zum Beispiel auf Seite 54, dass bei einem Reihenmittelhaus in mittlerer Lage in den Äußeren Stadtteilen (Zone 5) – und dazu gehört Gremmendorf – der mittlere Wert bei 2830 Euro liegt. Und die Eigenheime haben den Innenausbau schon hinter sich.
Mietpreise unter dem Durchschnitt
Und wie sieht es im Rest des Quartiers aus? Die Wohn + Stadtbau verspricht zumindest für das Teilquartier Gartenwohnen faire Mietpreise. Für ihre rund 220 frei finanzierten Wohnungen im Norden des Quartiers sieht sie einen durchschnittlichen Mietpreis von 11,25 Euro pro Quadratmeter vor, der damit unter der mittleren Angebotsmiete für Neubauwohnungen von bis zu 13,34 Euro pro Quadratmeter in Münster liegt (Stand 2020). Zur Erklärung: Angebotsmieten sind im Unterschied zu Bestandsmieten die Mieten von Wohnungen, die auf dem Markt sind. Die Neubauwohnungen wären damit etwas günstiger als die oben genannte Drei-Zimmer-Wohnung im Kreuzviertel mit ihrem Quadratmeterpreis von 11,95 Euro.
Die Mieten der öffentlich geförderten Wohnungen richten sich nach den für NRW geltenden Mietenstufen. Menschen mit einem Wohnberechtigungsschein A werden also 6,80 Euro pro Quadratmeter zahlen. Wäre die Drei-Zimmer-Wohnung im Kreuzviertel eine Sozialwohnung, würde sie etwa 560 Euro kosten, gut die Hälfte der tatsächlichen Miete.
Saftige Rabatte für fertige Sozialwohnungen
Wo wir gerade von Geld sprechen: Was die Stadt für die Kasernenfläche an den Bund bezahlt hat und für welche Summen die einzelnen Baufelder an die Investor:innen weiterverkauft werden, wollte man uns nicht verraten. Die Westfälischen Nachrichten meldeten vor drei Jahren, der Kaufpreis liege unter 40 Millionen Euro.
Das große Geld will die Konvoy mit dem Weiterverkauf aber nicht machen, sondern die Wohnpreise moderat halten. „Der Gewinn ist deutlich kleiner als bei einem privaten Unternehmen. Aber wir müssen so viel verdienen, dass wir die Investitionen in die Infrastruktur (Anm.: Die Stadt baut einen Teil der Kitas und Spielplätze auf dem Areal) refinanzieren können“, so Aumann. Das sei der Vorteil eines städtischen Unternehmens.
Eine Zahl kennen wir aber – weil wir sie selbst ausgerechnet haben. Im Kaufvertrag für die Kasernenfläche verspricht eine Verbilligungsrichtlinie 25.000 Euro Preisnachlass pro öffentlich geförderter Wohnung. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima), die sich unter anderem um den Verkauf staatlicher Grundstücke kümmert, gewährt solche Rabatte seit 2018.
Die Wohn + Stadtbau errichtet 469 öffentlich geförderte Wohnungen, die 2023 fertiggestellt werden sollen. Das wären exakt 11,725 Millionen Euro, die die Stadt sparen könnte. Und diese Summe dürfte der Grund dafür sein, dass die Sozialwohnungen zuerst gebaut werden. Denn der Rabatt gilt nur, wenn die Wohnungen fristgerecht fünf Jahre nach Übergabe der Kasernenfläche an die Stadt Münster bezugsfertig sind. Bisher habe man keinen Anlass zu befürchten, dass die Fristen nicht eingehalten werden können, sagte Gerhard Joksch.
Schulen und Kitas, Kultur und Kneipe
„Sozial und kulturell gemischt” und „bezahlbar” haben wir also geklärt. Damit kommen wir zum dritten (und kompliziertesten) Teil des Versprechens: „Attraktives Wohnen”. Das kann viel heißen, und je nach Lebenssituation und persönlichem Geschmack finden Menschen ganz unterschiedliche Dinge attraktiv. Also betrachten wir mal das Offensichtliche: Gremmendorf liegt sechs Kilometer (etwa 20 Fahrrad- und 15 Autominuten) von der Altstadt entfernt. Das Viertel braucht also eine gute Binnenstruktur: Schulen, Kitas, Gewerbe, Einkaufs- und Freizeitangebote. Ein wenig Gastronomie könnte für die Zeit nach der Pandemie auch nicht schaden.
Auch hier kommt es also wieder auf einen guten Mix an, sagte uns Gerhard Joksch: Neben einer soziokulturellen Mischung sei auch die Nutzungsmischung der Gebäude entscheidend dafür, dass sich ein Stadtteil stabil entwickelt. Und da scheint das York-Quartier punkten zu können.
Die groben Vorgaben setzt der städtebauliche Entwurf. Eine neue Grundschule, Spiel- und Sportplätze, Gemeinschaftsgärten und zwei Turnhallen sind vorgesehen. Über das gesamte Quartier verteilt sollen außerdem 23 Kita-Gruppen eingerichtet werden. Entlang des Albersloher Wegs, der im Osten des Baugebietes verläuft, soll das neue Zentrum Gremmendorfs entstehen: In den Häusern an der Hauptstraße sollen neben Wohnungen auch Einzelhandel, Gewerbe und Dienstleister:innen Platz finden.
Im alten Offiziersgebäude im Casino-Park, der ebenfalls an den Albersloher Weg angrenzt, soll ein neues Bürger:innenforum entstehen. Es ist als Ort für Kulturveranstaltungen und vielleicht auch für Vereine gedacht. Aus Sicht von Stephan Aumann ein großer Gewinn für den gesamten Stadtteil: „Gremmendorf braucht Orte für Kultur, so etwas fehlt hier bisher noch.” Denkbar seien Theatervorstellungen, Leseabende und Vereinsversammlungen, auch die Bezirksverwaltung könnte hier tagen. Wann das alles losgehen kann, ist wegen der Baustellen auf dem Gelände aber noch nicht klar. Das Gebäude selbst kann bereits genutzt werden.
Viele Fragen sind noch offen
Auch bei allem anderen ist noch Geduld gefragt. Die Vergabeverfahren für das neue Stadtteilzentrum laufen gerade erst an, 2024 sollen die ersten Kinder in der neuen Grundschule eingeschult werden, und wo später Spielplätze und Gemeinschaftsgärten liegen sollen, herrscht noch kahle Baustellenatmosphäre.
Für einige Teile des Kasernengeländes gibt es noch gar keine Detailplanung. Was ist beispielsweise mit den experimentellen Ideen für die ehemaligen Panzerhallen? Wie stark werden die alten Kasernengebäude in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben und wer wird darin wohnen können? Wie sieht es mit barrierefreien, alters- oder behindertengerechten Wohnformen aus? Und wie nachhaltig ist das Projekt am Ende wirklich? Wir bleiben für Sie dran.
+++ Ab morgen will die Stadt Münster die hohen Inzidenzzahlen im Norden mit einer Impfaktion bekämpfen. In Coerde können sich dann auch Menschen impfen lassen, die eigentlich noch nicht an der Reihe wären. Anmelden können sie sich zwischen 10 und 14 Uhr in der Stadtteilbücherei am Hamannplatz. Die Stadt Münster schreibt in einer Pressemitteilung, „in Coerde niedergelassene Ärztinnen und Ärzte (haben) ihre Unterstützung für ein gesondertes Zeitfenster und zudem in Eigenregie angeboten“. Spricht man mit einer der Praxen, klingt das etwas anders. Die Stadt habe am Montag nachgefragt, danach habe sich herausgestellt, dass keine mobilen Impfteams nach Coerde kommen würden, sondern die Arztpraxen die Aktion stemmen müssten. „Keine Nachfrage zu unseren zeitlichen und personellen Möglichkeiten, keine Abstimmung“, heißt es aus einer der Praxen. Man habe sich aber dennoch dazu entschlossen, die Aktion zu unterstützen. Auf die Frage, warum keine mobilen Impfteams in die Stadtteile kommen, schreibt die Stadt, den Begriff habe die Politik aufgeworfen. Tatsächlich funktioniert die Aktion in anderen Städten ähnlich. Die Teams sind an zentralen Orten im Viertel zu finden. In Coerde ist so ein Ort die Stadtteilbücherei. Von dort werden die Menschen zu drei Arztpraxen im Viertel geschickt, wo Teams aus vier Praxen impfen. Am Donnerstag hat die Stadt am Hamannplatz bereits kostenlos Masken verteilt, um auf die Impfaktion aufmerksam zu machen. In Köln war der Andrang bei der Aktion groß – so groß, dass der Impfstoff knapp wurde.
+++ Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren können noch bis einschließlich Montag ihre Stimme bei der Jugendratswahl abgeben. Das Gremium vertritt die Interessen der Kinder und Jugendlichen in Münster und arbeitet ähnlich wie der Stadtrat. Die 30 Mitglieder diskutieren über das (politische) Geschehen in der Stadt, stimmen über bestimmte Fragen ab und bringen Anregungen in den Rat oder in die Bezirksvertretungen ein. 14.700 junge Menschen aus Münster sind wahlberechtigt. Die Wahl findet ausschließlich online statt.
+++ Wir haben in den vergangenen Wochen weitere Nachrichten zu unserem Beitrag über die Gemeinschaft Emmanuel bekommen. Offenbar kursiert das Gerücht, wir hätten für diesen Text Zitate aus unserem Interview mit Pfarrer Stefan Jürgens in einen falschen Kontext gestellt. Das haben wir natürlich nicht getan. Wir haben unter unserem Beitrag ein Update dazu ergänzt und darin unsere Arbeitsweise erklärt.
+++ Im RUMS-Brief am Dienstag haben wir uns mit der Debatte über die unterschiedlichen Versionen eines Gutachtens zur Fahrradbrücke am Aasee beschäftigt, die dort gebaut werden könnte. Dabei hatten wir geschrieben, Stadtbaurat Robin Denstorff habe den Grünen das Angebot gemacht, sich den nicht veröffentlichten ersten Entwurf der Studie anzusehen. Wir wurden darauf hingewiesen, dass das keine großzügige Geste war. Nach der Gemeindeordnung ist er dazu verpflichtet, den Ratsmitgliedern Akteneinsicht zu gewähren. Inzwischen ist der erste Entwurf der Studie in den Ratsfraktionen angekommen. Bei uns übrigens auch. Wer mal reinsehen möchte, kann sich gerne melden. Die Stadt Münster hat auf ihrer Website inzwischen auch ein Dokument veröffentlicht, in dem sie die beiden Versionen vergleicht. Der Hinweis kam am Freitagnachmittag in einer Pressemitteilung, in der der Oberbürgermeister noch einmal für das Projekt wirbt. Gestern Abend erklärten in einer nicht-öffentlichen Besprechung, die eine Verkehrsausschuss-Sitzung ersetzte, Stadtbaurat Robin Denstorff und der stellvertretende Tiefbauamtsleiter Gerhard Rüller den ganzen Prozess noch einmal. Dabei kam unter anderem heraus, dass es nicht nur zwei Versionen der Studie gibt, sondern mindestens sechs. Das spricht dafür, dass die Ergebnisse sich in einem Arbeitsprozess verändert haben. Wie sehr die Stadt auf die Änderungen Einfluss genommen hat, wissen wir nicht.
+++ In unserem RUMS-Brief am vergangenen Freitag haben wir über die Inzidenzwerte in Münsters Stadtteilen berichtet. Dabei haben wir eine Angabe übernommen, die nicht exakt war. Wir schrieben, in Coerde lebten viele Menschen aus dem ehemaligen Jugoslawien, Kinderhaus dagegen (sic!) sei eher multiethnisch. Das haben wir uns nun noch einmal genauer angesehen. In ihrem Stadtentwicklungskonzept für Coerde schreibt die Stadt: In Coerde lebten im Jahr 2018 insgesamt 33.110 Menschen. 16,4 Prozent davon, also 5430 dieser Menschen haben keinen deutschen Pass. Die größte Gruppe ohne deutsche Staatsangehörigkeit stammt aus Serbien (3,2 Prozent), die zweitgrößte aus Syrien (2,7 Prozent), die drittgrößte aus Polen (1,9 Prozent). Um welche Nationalitäten es sich handelt, ist aber im Grunde unerheblich. Uns ging es hier lediglich darum, auf ein Problem hinzuweisen: Kommunikationsprobleme können erschweren, dass diese Menschen erreicht werden. Zur Zusammensetzung der Bevölkerung in den einzelnen Stadtteilen veröffentlicht die Stadt Münster übrigens sogenannte Steckbriefe. Den für Coerde finden Sie zum Beispiel hier, die für Kinderhaus hier oder hier.
Wir haben Post bekommen. Von Jochen Schweitzer. Sie kennen ihn vielleicht aus unserer Reportage „Kidane und Herr Schweitzer”. Er lobt uns einerseits, kritisiert uns allerdings auch. Es geht um die Berichterstattung über die erhöhten Inzidenzzahlen im Norden der Stadt. Sie haben es gesehen, wir haben dazu oben eine Korrektur veröffentlicht. Jochen Schweitzers Leserbrief finden Sie hier.
Die Stadt Münster hat inzwischen Inzidenzwerte für die einzelnen Stadtteile veröffentlicht. Leider ging die Tabelle nur an die Parteien im Rat. Aber wenn Sie reinschauen möchten, sie ist auch bei uns angekommen.
Dazu einige Erklärungen: Es handelt sich um Daten für die 16. und 17. Kalenderwoche (19. bis 25. April und 26. April bis 2. Mai). Zu erkennen ist, dass die Sieben-Tage-Inzidenz (Neuinfektionen pro 100.000 Menschen innerhalb einer Woche) in einigen Vierteln sehr hoch ist. Es ist aber auch zu sehen, dass die Zahl sich sehr schnell wieder ändern kann. Im Bahnhofsviertel etwa lag sie in der vorletzten Kalenderwoche bei 456, in der Woche darauf nur noch bei 65. Hier ist in den Zahlen der Corona-Ausbruch im Haus der Wohnungslosenhilfe zu erkennen. Stark erhöht waren die Zahlen vor zwei Wochen auch in Berg Fidel, Coerde oder Kinderhaus-West. Inzwischen sind die Inzidenzen dort wieder etwas geringer. Dafür sind die Werte in Angelmodde und Gelmer-Dyckburg angestiegen. Woran das liegt? Mit den Menschen, die in Gelmer auf den Spargelfeldern arbeiten, habe es nichts zu tun, schreibt die Stadt auf Nachfrage. In Gelmer gehe es im Grunde nur um zehn Infektionen in zwei Familien. Weil der Stadtteil klein ist, fallen diese Zahlen in der Inzidenz mehr ins Gewicht. In Angelmodde handle es sich um insgesamt 18 Fälle, die über den Stadtteil verteilt seien.
Zu den aktuellen Zahlen: Die Stadt meldet zwei weitere Todesfälle. Am 1. Mai ist in Münster das erste Kind an einer Covid-Erkrankung gestorben. Nach Angaben der Stadt war es vier Jahre alt und litt schon länger an Vorerkrankungen. Außerdem überlebte ein 79-jähriger Mann eine Covid-Erkrankung nicht. Damit wächst die Zahl der Todesfälle seit Beginn der Pandemie auf 115.
Der stadtweite Inzidenzwert ist weiter gesunken, auf nun 60,3. Mitte der nächsten Woche will die Stadt mit dem Land über den geplanten Modellversuch sprechen, schreibt das Presseamt auf Nachfrage. Die NoCovid-Gruppe ruft am Sonntag um 15 Uhr auf dem Prinzipalmarkt zu einer Kundgebung auf, um gegen schnelle Öffnungen zu demonstrieren.
Wenn Sie mal wieder ein bisschen Abwechslung in Ihr Sportprogramm bringen möchten, fahren Sie doch mal in die Boulder Factory an der Rudolf-Diesel-Straße 45. Für alle, die es noch nicht wissen: Bouldern ist wie Klettern in der Kletterhalle, nur ohne komplizierte Sicherung und in Absprunghöhe. Und das können Sie im Moment bei den Boulder-Factory-Gründerinnen Anna Repgen und Julia Rohde lernen. Die Sport- und die Physiotherapeutin haben die Halle eigentlich vor anderthalb Jahren eröffnet. So richtig öffnen konnten sie seitdem aber noch nicht (Sie wissen schon, warum). Stattdessen bieten sie jetzt erst einmal Trainingstherapie mit Eins-zu-eins-Betreuung an. Für 40 Euro können Sie eine Trainingseinheit von zwei Stunden buchen, und zwar unter 0152 07105306 oder über Instagram.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Freestyle, schnell und direkt, Frust und Liebe, Angst und Sehnsucht: Na klar, hier geht es ums Tanzen! Genauer gesagt: um Krump (kurz für „Kingdom Radically Uplifted Mighty Praise“), einem Tanz aus Los Angeles. Wenn Sie Fan des Hip-Hop-Stils oder jetzt neugierig geworden sind, dann klicken Sie sich morgen Abend in den Stream des Theaters im Pumpenhaus. Um 18 Uhr geht es los. Die Tickets kosten 6 Euro, Sie können die Summe erhöhen, wenn Sie das Theater unterstützen möchten. Hier geht’s zu weiteren Infos und dem Streaming-Link.
+++ Theater, die Zweite: Am Sonntag um 10 Uhr feiert das Theater in der Meerwiese gemeinsam mit dem Echtzeit-Theater die Onlinepremiere des Kinderstücks IKAR – zu Wasser, zu Land und in der Luft. Das Musiktheaterstück von Katrin Lange erzählt die Geschichte des jungen Ikar, der zusammen mit der Königstochter Ariadne seinen verschollenen Vater sucht. Und dann müssen die beiden auch noch versuchen, eine ganze Insel vor einer Naturkatastrophe zu retten. Kostenlose Tickets gibt es hier. Der virtuelle Theaterbesuch beginnt dann mit einer persönlichen Begrüßung über Zoom, wo Sie wiederum einen Link für Vimeo erhalten. Und dort können Sie dann das Stück sehen, bevor es am Ende für die Nachbesprechung wieder ins Zoom-Meeting geht.
Am Dienstag schreibt Ihnen wieder Ralf Heimann. Bis dahin wünsche ich Ihnen ein schönes Wochenende!
Herzliche Grüße
Johanne Burkhardt
Mitarbeit: Constanze Busch, Ralf Heimann, Isabelle Rath, Eva Strehlke
PS
Als Kommunikationswissenschaftlerin beschäftige ich mich viel mit Falschmeldungen, und während der Pandemie bekomme ich leicht das Gefühl, dass es immer mehr werden. Tatsächlich ist die Geschichte aber voll davon. Viele halten sich bis heute hartnäckig. Wussten Sie zum Beispiel, dass die deutsche Autobahn nicht von den Nationalsozialisten im Dritten Reich erfunden wurde? Oder, dass die ägyptischen Pyramiden aller Wahrscheinlichkeit nach nicht von Sklaven gebaut wurden? Seit ich auf dieses Video gestoßen bin, entdecke ich immer mehr „historische Falschmeldungen“, von denen ich dachte, sie wären echt. Vielleicht ist das bei Ihnen ja genauso. Und wenn Sie die aus dem Video schon kennen, vielleicht sind ja hiervon welche neu für Sie.
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