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Die katholische Gemeinschaft Emmanuel | Notbremse für Münster | Kreative Pause

Guten Tag,
wahrscheinlich kennen Sie jemanden, der in den vergangenen Monaten von der Geschichte gehört oder sogar erzählt hat, die sich in Münster in der Gemeinde St. Stephanus in der Aaseestadt abgespielt hat: Nach 17 Jahren musste Pfarrer Thomas Laufmöller vor fünf Wochen auf Geheiß seines Arbeitgebers, des Bistums Münster, seine Kanzel verlassen und eine neue Stelle antreten – gegen seinen Willen, wie es heißt. In einem anderen Unternehmen würde das vielleicht innerhalb der Abteilung für etwas Missstimmung oder Protest sorgen, in der Gemeinde hingegen gingen Hunderte auf die Straße und protestierten. Einige Gemeindemitglieder gründeten sogar die Initiative „Nicht mit uns“. Aber es nützte nichts, Thomas Laufmöller musste gehen.
Damit ist der Fall abgeschlossen, so scheint es. Aber, dahinter steckt eine ganz andere, viel größere Geschichte, über die der Öffentlichkeit nicht viel bekannt ist. Es geht um die Strukturen und das System der katholischen Kirche – und ihr Verhältnis zur geistlichen Gemeinschaft Emmanuel, die in Münster eine gar nicht mal so kleine Rolle spielt. Wir haben deswegen weiter recherchiert, einen Blick nach Frankreich geworfen, wo die Gemeinschaft gegründet wurde, mit dem Bistum, der Gemeinschaft selbst und ihren Kritiker:innen gesprochen. Mehr dazu lesen Sie im Beitrag auf unserer Website, den wir dieses Mal wieder einmal für alle freigeschaltet haben. Wenn Sie mögen, können Sie den Link deshalb auch gerne teilen.
+++ Inzwischen hat auch das Immanuel-Kant-Gymnasium in Hiltrup eine Lieferung Schnelltests für die kommende Woche bekommen. Am Montag beginnt wieder der Präsenzunterricht. Das Kant-Gymnasium war die einzige Schule in Münster, bei der noch keine Schnelltests angekommen waren. Die Lieferung ist offenbar unterwegs verloren gegangen. Im zweiten Versuch hat es geklappt, schreibt die Stadt auf Anfrage. Wo die erste Lieferung gelandet ist, bleibt unklar. Wenn die Tests auf ähnlich kuriose Weise ausgeliefert wurden wie am Kardinal-von-Galen-Gymnasium im gleichen Stadtteil, kann es gut sein, dass jemand sie einfach mitgenommen hat. Dort fand der Hausmeister sie am Montagmorgen vor der Tür.
+++ Und was machen die übrigen Schulen? Dort läuft der Unterricht in den Abschlussklassen seit Montag wieder. Dass das Ratsgymnasium am Montag mit Selbsttests versorgt war, lag an zwei glücklichen Umständen. Zum einen waren noch Tests von vor den Ferien übrig, zum anderen war am Sonntag das Hausmeister-Ehepaar zu Hause, als die neue Lieferung ankam. Man hätte sich schon einen längeren Vorlauf gewünscht, sagt Hendrik Snethkamp, Schulleiter am Ratsgymnasium und Sprecher der Gymnasien in Münster. Die nächste Herausforderung steht am Montag an. Die neuen Selbsttests machen den Organisationsaufwand noch größer. Die Lehrkräfte müssen die Testflüssigkeit selbst in Teströhrchen träufeln (RUMS-Brief vom Dienstag). Und sie müssen die Tests beaufsichtigen. Dabei sind viele von ihnen noch gar nicht geimpft. „Es ist schon so, dass einige Lehrer deswegen besorgt sind“, sagt Hendrik Snethkamp. Und die gibt es nicht nur in Münster. Über 20.000 Lehrkräfte an weiterführenden Schulen in NRW haben eine Petition unterschrieben, in der sie fordern, sich impfen lassen zu dürfen.
+++ Um ein Versprechen an seine Frau einzulösen hat ein Rentner dem Zoo 750.000 Euro überlassen. Der Mann heißt Horst Eschler. Und das Versprechen, um das es geht, hatte er vor langer Zeit gemacht. Seine Frau ist vor zehn Jahren gestorben. Ihr hatte er gesagt, er wolle Geld spenden, zu Gunsten von Kindern und Tieren. Das sei ihm bei einer Australien-Reise wieder eingefallen. Dort sah er nach den Buschbränden verletzte Tiere und viele Menschen, die halfen. Auf den Allwetterzoo kam Eschler für seine Spende, weil er jahrelang auf der Landois über den Aasee gefahren war, dem Vorgängerschiff der Solaaris, das wie auch der Nachfolger am Zoohafen anlegte. Beim Zoo ist man überglücklich. Mit dem Geld will Zoodirektorin Simone Schehka unter anderem die Sanierung des Bärenhauses mitfinanzieren. Horst Eschler freut sich ebenfalls. Er sagte, das sei „einer der schönsten Tage seines Lebens“ – diesen Tag erlebte er allerdings auch mit Wehmut. Es wäre so schön gewesen, wenn er die Freude mit seiner Frau hätte teilen können, sagte er.
Ab Montag gelten in Münster überraschend neue Corona-Regeln. Die Notbremse greift, und das obwohl der Inzidenzwert eigentlich nur zwei Tage in Folge über der kritischen Grenze von hundert lag. So stand es jedenfalls ursprünglich in der Statistik des Landesamts für Gesundheit. Doch nachdem die Behörde nun noch einige Fälle nachgetragen hat, ergeben sich für Dienstag, Mittwoch und Donnerstag Werte von über hundert (aktuell 105,6). Das habe auch den Krisenstab überrascht, meldet die Stadt. Aber ändern lässt es sich nun nicht.
Nach der Notbremse, die Bund und Länder vereinbart hatten, müssten Geschäfte, Museen, der Zoo und Friseursalons nun schließen. Aber weil die NRW-Landesregierung es sich nachträglich noch mal anders überlegt hat, ändert sich ab Montag nur eines: Man braucht einen aktuellen negativen Schnelltest, um die öffentlichen Angebote nutze zu können. Wo das überall nötig ist, steht in dieser Übersicht der Stadt.
Im Vergleich zu anderen Städten im Land entwickeln sich die Zahlen in Münster recht moderat. Die durchschnittliche Inzidenz in NRW ist am Freitag auf 162,7 geklettert. Und wenn es stimmt, was Karl-Josef Laumann am Freitagmorgen im WDR gesagt hat, werden wir uns in den kommenden Wochen auf höhere Zahlen einstellen müssen. Das klingt allerdings auch ein wenig nach Kapitulation. Denn vieles von dem, was Fachleute fordern, zum Beispiel strengere Regeln in Büros, soll offenbar möglichst vermieden werden.
Noch ein Blick auf die Situation in Münster: Im Haus der Wohnungslosenhilfe an der Bahnhofstraße hat die Situation sich im Laufe der Woche weiter verschärft. Eine der 31 infizierten Personen dort ist gestorben, schreibt die Stadt in einer Mitteilung an die Fraktionen. Danach hat sich der Zustand bei einigen Infizierten verschlechtert, drei liegen im Krankenhaus. Die Zahl der Infektionen in der Obdachlosenunterkunft ist auf 42 gestiegen, drei davon gehören zum Reinigungspersonal. Die Grünen machen in einer Pressemitteilung darauf aufmerksam, dass Impfungen in Wohnungsloseneinrichtungen schon seit dem 8. April möglich sind. Die Stadt erklärt, es sei nicht immer gleich möglich, mit den Impfungen zu beginnen, sobald es rechtlich erlaubt sei. Das gelte auch für andere Gruppen. In diesem Fall sei zum Beispiel der vorgesehene Impfstoff der Firma Johnson & Johnson (muss nur einmal verabreicht werden) nicht verfügbar gewesen. Man habe auf einen anderen Impfstoff ausweichen müssen. Aber seit dieser Woche werde geimpft.In der Flüchtlingseinrichtung des Landes NRW in der ehemaligen Gremmendorfer York-Kaserne hat es ebenfalls einen Corona-Ausbruch gegeben, wie das Bündnis gegen Abschiebungen Münster in einer Pressemitteilung schreibt. Die Bezirksregierung hat zwei Infektionen in der sogenannten Zentralen Unterbringungseinrichtung – oder kurz ZUE – bestätigt. Neben den Infizierten ist laut Bezirksregierung momentan eine weitere Person in Quarantäne. Das Bündnis kritisiert unter anderem, dass die Menschen in der Unterkunft in Mehrbettzimmern schlafen müssten und nicht genügend Abstand halten könnten. „Das Lager hätte schon spätestens mit Beginn der Pandemie geschlossen werden müssen“, schreibt das Bündnis. Die Bezirksregierung wiederum teilt mit, die Einrichtung sei nur zu 65 Prozent belegt. Wer Symptome habe oder die Einrichtung länger als 48 Stunden verlasse, werde getestet. Auch in der Flüchtlingseinrichtung wäre es seit dem 8. April möglich zu impfen. Das passiert momentan noch nicht. Zur Frage, warum Impfungen noch nicht stattfinden, schreibt die Bezirksregierung, man befinde sich in der Abstimmung und in den Vorbereitungen. Das Bündnis gegen Abschiebungen schreibt, das sei nun schon die zweite Unterkunft, in der Corona ausgebrochen ist. Hätte man die Menschen dort evakuiert und dezentral untergebracht, hätte das verhindert werden können, sagt Karin Mäufer vom Bündnis.
Und noch ein interessanter Link zum Thema: Das ZDF hat heute eine Grafik zu den Inzidenzen bei Fünf- bis 14-Jährigen veröffentlicht. Suchen Sie auf der Karte doch mal Münster. Wir gehen dem Thema in der nächsten Woche nach.
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Die Angst vor der weißen Leinwand – Profis und Amateur:innen kennen sie gleichermaßen. Mit einem Gläschen Prosecco und professioneller Anleitung kann man diese Angst aber schnell vergessen und auch als Anfänger:in in zwei bis drei Stunden ein farbenfrohes Gemälde auf die Leinwand bringen. Das verspricht jedenfalls Julia Schmalstieg von Pinsel & Prosecco. Die Künstlerin bietet (zurzeit online) Mal-Events für unterschiedliche Schwierigkeitsstufen an, sozusagen als kreative Auszeit. Unsere Kollegin Laura Badura hat es ausprobiert – und war so begeistert, dass sie mittlerweile schon drei Kunstwerke vollendet hat. In den nächsten Wochen stehen Zoom-Events zu den Motiven „Leuchtturm“ (23. April), „Beach Vibes“ (6. Mai) und „Das dicke Huhn“ (7. Mai) an. Die Tickets kosten 29 bis 35 Euro. Und wer sich keine Gedanken über die richtigen Farben, Leinwände und Pinsel machen möchte, kann bei Julia Schmalstieg ein Materialpaket dazubestellen.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Haben Sie auch das Gefühl, dass Sie nach über einem Jahr Covid-19 alle Straßen Münsters schon ein Mal zu oft entlangspaziert sind? Die Linse versucht, da Abhilfe zu schaffen, und lockert ihren Wochenend-Spaziergang im Kreuzviertel mit zehn Kurzfilmen auf. Mal geht es um Kunstraub, mal um Pubertät und mal (passend zur Location) um Pinguine. Gezeigt werden die Filme in Schaufenstern quer durchs Kreuzviertel, hören kann man den zugehörigen Ton über Radiowellen. Wo Sie dafür spazieren gehen müssen, lesen Sie hier.
+++ Auch das Stadtensemble Münster hat den Spaziergang als zentrale Hassliebe unserer Zeit identifiziert und es sich zur Aufgabe gemacht, sogar Solo-Spaziergänger:innen spannende Unterhaltung zu bieten. Unter dem Titel „Die Stadt ohne Eigenschaften“ können Sie ab heute einen sogenannten Audiowalk erleben, der Sie an besonders spannende oder skurrile Orte der Stadt führt. Orte, die Sie vielleicht schon kennen, die Sie aber durch die Stimmen und die Geschichten Ihrer körperlosen Begleiter nochmal ganz neu kennenlernen. Ein Geheimnis verraten wir Ihnen hier schon einmal: Sie kommen auf Ihrem Rundgang auch bei RUMS vorbei. Und so geht es: Sie überweisen einfach einen Betrag Ihrer Wahl auf das Konto des Stadtensemble, laden sich eine App auf Ihr Smartphone oder Tablet, halten Ihre Kopfhörer bereit und starten, wann und wie Sie möchten. Das Stadtensemble erklärt das alles auch noch einmal auf seiner Homepage.
+++ Wollen Sie lieber auf dem Sofa sitzen bleiben? Dann haben wir gleich zwei Tipps für die nächste Woche für Sie. Am Montag startet eine öffentliche Ringvorlesung der Uni Münster zum Thema „Einfach kompliziert. Interdisziplinäre Gedanken zur Toleranz“ mit einem Vortrag von Karin Westerwelle. Von 16 bis 18 Uhr können Sie von der Romanistik-Professorin einiges über Michel de Montaigne lernen, der als Erfinder des Essays gilt und zu Lebzeiten auf dem vatikanischen Index landete, weil seine niedergeschriebenen Gedanken sich durch Toleranz gegenüber dem Fremden, „Unzivilisierten“ auszeichneten. Somit ist sein Werk vielleicht aktueller denn je. In den kommenden Wochen beschäftigen sich im Rahmen der Ringvorlesung noch zahlreiche andere Fachbereiche der Uni – von der Sportwissenschaft über Kunstgeschichte bis zur Theologie – aus verschiedenen Perspektiven mit Fragen der Toleranz. Das genaue Programm finden Sie hier.
+++ Am Dienstag wird es dann literarisch-musikalisch, wenn Andreas Weber beim TatWort Kaffeeklatsch mit Dirk Bernemann über „Kultur in kulturarmen Zeiten“ spricht. Der geborene Münsterländer Dirk Bernemann, der 2005 mit „Ich hab die Unschuld kotzen sehen“ einen Überraschungserfolg landete, liefert seitdem zuverlässig und alljährlich satirische Gesellschaftskritik in Buchform. Am Dienstag liest er direkt im Anschluss an den Talk mit Andreas Weber sein persönliches Best Of aller bisherigen Werke. Um 18 Uhr geht die Doppelveranstaltung los, und zwar live auf Youtube.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ann-Marlen Hoolt. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Constanze Busch
Mitarbeit: Ralf Heimann, Eva Strehlke
PS
Hier kommt heute ein dickes Dankeschön: 350 von Ihnen haben schon an unserer Leser:innen-Umfrage teilgenommen. Wir freuen uns sehr über Ihr Feedback, Ihr Lob, Ihre Kritik! Falls Sie noch nicht teilgenommen haben, uns aber Ihre Meinung sagen möchten, können Sie das noch am Wochenende tun. Ab Montag werden wir die Umfrage dann auswerten. Und über die Ergebnisse berichten wir Ihnen dann am nächsten Freitag im RUMS-Brief.
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