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Eisenman-Brunnen zurück an der Kreuzschanze | Klima-Debatte und Parteien-Zank | Saras Wohnzimmer
Guten Tag,
wenn Sie ab morgen Nachmittag an der Kreuzschanze vorbeifahren oder spazieren gehen, können Sie vier Jahre nach seiner Erstinstallation den Brunnen von Nicole Eisenman wiederentdecken: Ab 15 Uhr wird das Kunstwerk, das bei den Skulptur-Projekten 2017 für Diskussionen und Bewunderung sorgte, eröffnet. Dass es nun wieder direkt an der Promenade steht, hat die Stadt einer Gruppe von Bürger:innen zu verdanken. Die Initiative „Dein Brunnen für Münster“ hat in den letzten Jahren Spenden gesammelt und die Stadt, aber auch die Künstlerin davon überzeugt, dass das Werk „Sketch for a Fountain“ genau dahin gehört, wo es nun wieder steht. Die ganze Geschichte hat Sophie Laaß von der Reportageschule Reutlingen für RUMS aufgeschrieben, Sie finden sie hier.
Die Klima-Diskussion geht weiter
Nach dieser Leseempfehlung geht es hier im Brief weiter mit Politik, genauer gesagt mit der Klima-Diskussion im Rat. Und wir fangen mit guten Nachrichten für die Demokratie an: In Münster interessieren sich offenbar viele Bürger:innen dafür, die Lokalpolitik ganz direkt mitzuverfolgen – viel mehr Menschen, als normalerweise zu den Ratssitzungen ins Rathaus (beziehungsweise zurzeit in die Halle Münsterland) gehen. Im Juni wurde zum ersten Mal eine Debatte des Gremiums live im Internet übertragen. Und diese Möglichkeit haben mehr als 600 Zuschauer:innen genutzt, wie der Oberbürgermeister am Mittwoch in der zweiten Online-Live-Sitzung bekannt gab.
Schalten Sie unbedingt auch mal rein, falls Sie es noch nicht getan haben. Sie sehen die Politiker:innen, die im Rat um die beste Zukunft für die Stadt ringen, in Nahaufnahme. Name, Partei und Diskussionsthema werden eingeblendet, Sie können also ganz entspannt zuhören und -schauen. Auf dieser Seite finden Sie immer den Stream, falls Sie sich das direkt abspeichern möchten. Die nächste Ratssitzung ist am 10. November, wir kündigen das hier aber natürlich vorher noch einmal an.
Doppeltes Upgrade für das große Thema des Abends
Um sich zu informieren, müssen Sie auch gar nicht bis zum Ende zuschauen. Das machen wir ja sowieso für Sie, und außerdem stehen die ganz wichtigen Dinge meistens recht weit vorne auf der Tagesordnung. Oder werden nach vorne gesetzt, damit Redner:innen und Zuschauer:innen bei der Debatte noch richtig gut in Form sind.
So passierte es am Mittwochabend. Die Sitzung dauerte gut fünf Stunden, auf der Tagesordnung standen 57 Punkte. Das große Thema des Abends, die Studie zur Klimaneutralität, hatte ursprünglich Platz 52 erwischt. Es bekam aber gleich ein doppeltes Upgrade: Die Ratsleute zogen es weit nach vorne, und sie verdoppelten die Zeit für die Debatte von den üblichen 30 auf 60 Minuten.
Das reichte immer noch nicht für alle, die etwas zum Thema sagen wollten. Als noch 14 Minuten Redezeit übrig waren, standen noch 15 Politiker:innen auf der Redeliste, nicht alle kamen noch dran. Aber alle Fraktionen hatten schon vorher Anträge mit Änderungswünschen und ganz neuen Vorschlägen formuliert, über die abgestimmt wurde. Ich stelle Ihnen die Ideen, die im Rat Zustimmung gefunden haben, in den nächsten Abschnitten vor – sortiert nach den Parteien, die die Vorschläge gemacht haben.
Maßnahmenliste der Stadt beschlossen
Die Maßnahmen, die die Stadtverwaltung selbst vorgeschlagen hat und möglichst zügig für den Klimaschutz umsetzen möchte, hatte ich schon in diesem Brief aufgelistet und eingeordnet. Das sind unter anderem eine Solaranlagen-Pflicht für neue Gebäude, ein Handlungsprogramm für eine klimaneutrale Stadtverwaltung und eine Kommunikationsstrategie, um die Bürger:innen an Bord zu holen. Der Rat hat diese Liste am Mittwoch beschlossen, nur die CDU stimmte gegen das Maßnahmenpaket (allerdings nicht gegen die Klimaschutz-Konzeptstudie als solche).
Grüne, SPD und Volt: Mehr Verkehrswende
Die Rathauskoalition aus Grünen, SPD und Volt hatte kritisiert, dass auf der Liste der Stadtverwaltung zu wenig Konkretes zum Thema Verkehrswende steht. Das Bündnis hat deshalb ergänzend etliche Maßnahmen aus diesem Bereich, aber auch andere Vorschläge eingebracht. Es ist wenig Überraschendes dabei, die Vorhaben stehen schon im Koalitionsvertrag:
- Politische Entscheidungen sollen mit dem Indikator „Klimarelevanz“ versehen und daran gemessen werden.
- Für die Bauleitplanung soll die Stadtverwaltung eine Klimaschutz-Leitlinie entwickeln. Das bedeutet: Auch bei Bauprojekten soll der Klimaschutz eine Rolle spielen.
- Auf Freiflächen, etwa neben Bahnstrecken und Bundesstraßen, sollen Solaranlagen gebaut werden können. Dafür muss der Rat aber erst noch das Planungsrecht entsprechend anpassen.
- Domplatz, Pferdegasse und Königsstraße sollen möglichst bis 2022 autofrei werden, das Arkaden-Parkhaus soll umgewandelt werden (konkreter wird der Antrag nicht) und über den Bült soll kein Durchgangsverkehr mehr fahren, die Straße soll aber nicht komplett autofrei werden, sondern erreichbar bleiben. Außerdem soll die Stadtverwaltung prüfen, wie der Autoverkehr in den Ortskernen von Handorf, Wolbeck und Roxel reduziert werden kann.
- Auf Parktickets soll eine „Klimapauschale“ aufgeschlagen werden, das Geld will die Koalition in die Verkehrswende investieren.
- Bustickets sollen hingegen günstiger werden. Die Verwaltung soll die Einführung des 365-Euro-Jahrestickets und des Ein-Euro-Tickets für Einzelfahrten prüfen. Mit dieser Idee und den Herausforderungen bei der Umsetzung hatten wir uns hier schon mal beschäftigt. Und die Westfälischen Nachrichten haben Anfang dieser Woche über ein Gutachten berichtet, das die Stadtwerke in Auftrag gegeben hatten. Das Ergebnis: Wenn die beiden Tickets eingeführt werden und die Stadtwerke außerdem von 2022 bis 2025 die Preise nicht erhöhen, fehlen ihnen laut WN-Bericht insgesamt 36 Millionen Euro. Man könnte das natürlich trotzdem politisch durchsetzen. Aber es wäre offenbar ein massives Zuschussgeschäft, und das Geld müsste dann anderswo abgezogen werden.
- Auf allen großen Einfallstraßen sollen Busvorrangspuren eingerichtet werden, zum Beispiel auf der Steinfurter und der Weseler Straße. Außerdem will das Bündnis einen dichter getakteten Busfahrplan und Vorfahrt für Busse an den Knotenpunkten.
- Die Velorouten und das übrige Fahrradnetz sollen schneller ausgebaut werden.
- Die Stadtverwaltung soll diverse weitere Maßnahmen zur Verkehrs- und Energiewende prüfen, die bis spätestens 2024 umgesetzt werden sollen. Wenn Sie das im Detail nachlesen möchten: Hier geht es zum Antrag.
- Für alle kurz- und mittelfristigen Maßnahmen soll die Verwaltung eine konkrete Zeit- und Finanzplanung erarbeiten und dem Rat vorlegen.
CDU: Werbeoffensive fürs Handwerk
Die CDU hat dem Rat eine Liste mit 17 Vorschlägen vorgelegt. Nur einer davon wurde beschlossen, dafür aber immerhin einstimmig. Tim Pasch von Volt lobte die Idee und fand es „schade, dass wir darauf nicht selbst gekommen sind“:
- Die Stadtverwaltung soll zusammen mit Berufsverbänden und der Handwerkskammer „eine Informationsoffensive zu den zahlreichen innovativen Ausbildungsmöglichkeiten im Handwerk starten“. Die Idee dahinter: Um Gebäude zu sanieren, Solaranlagen zu installieren und andere Vorhaben für die Klimaneutralität umzusetzen, braucht es mehr Fachkräfte im Handwerk. Die CDU hat dafür das schöne Wort „Klimawerker“ erfunden.
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Das Ganze haben wir noch einfacher für Sie gemacht: Sie können unsere Briefe per E-Mail oder Whatsapp teilen – beim Klick auf den entsprechenden Button unten öffnet sich in der jeweiligen App ein Fenster, in dem Sie einen Textvorschlag von uns finden, den Sie natürlich frei verändern können. Ebenso können Sie unsere E-Mails natürlich auch bei Facebook oder Twitter teilen.
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FDP: Höhere Gebäude, Wald, Technologie
Auch von der FPD kam eine längere Liste mit Änderungen und Ergänzungen zum städtischen Maßnahmenpaket. Vier Vorschlägen hat der Rat zugestimmt:
- Es soll mehr in die Höhe als in die Fläche gebaut werden, damit weniger Boden versiegelt wird. Im Antrag ist die Rede von einer „maßvollen Aufstockung von Gebäuden“ und dem „Bau von hohen Gebäuden“. Das soll bei der Bauleitplanung berücksichtigt werden. Ganz praktisch wird das wohl bedeuten: Es wird weniger flache Einfamilien- und mehr höhere Mehrfamilienhäuser geben.
- Die Stadt soll ein Logistikkonzept erarbeiten, mit dem Ziel, Anlieferfahrten in die Innenstadt zu reduzieren.
- Wo es möglich ist, sollen „moderne klimagerechte Nutzwälder“ aufgeforstet werden. Moore sollen erhalten und möglichst renaturiert werden. Zur Erklärung: Wälder und Moore gelten als sogenannte CO2-Senken, sie speichern also besonders viel klimaschädliches Kohlendioxid.
- Münster soll „Klima-Cluster“ werden: „Gewerbeflächen werden bevorzugt an Unternehmen und hochschulische Ausgründungen vergeben, die Zukunftstechnologien im Bereich Energie, Klima und Umwelt erforschen und produzieren“, so fasst es die FDP zusammen. Die Stadt soll für das Klima-Cluster außerdem Kooperationen zwischen der Uni und der FH Münster und anderen Hochschulen mit passenden Schwerpunkten fördern.
Internationale Fraktion/Die Partei/ÖDP und Linke: Landwirtschaft einbeziehen
Die beiden Fraktionen haben zwei neue Vorschläge durchgesetzt und einen Halbsatz aus dem Papier der Stadt gestrichen.
- Fangen wir mit dieser Streichung an. Sie sieht unscheinbar aus, aber die Geschichte dahinter ist interessant. Das Bündnis Klimaentscheid hatte dem Rat im Juni eine sehr umfangreiche Anregung vorgelegt. Darin hatten die Aktivist:innen, die sich in verschiedenen Organisationen engagieren, auf rund 20 Seiten Vorschläge unterbreitet, wie auch die landwirtschaftlichen sowie die Wald- und Grünflächen der Stadt in den Prozess Richtung Klimaneutralität einbezogen werden können. Zur Einordnung: Laut Umweltbundesamt war etwa die Landwirtschaft im letzten Jahr für mehr als 8 Prozent aller Treibhausgasemissionen in Deutschland verantwortlich. Der Bereich bietet also durchaus Einsparpotenzial.
Die Stadtverwaltung hat das Papier des Bündnisses Klimaentscheid zwar der Ratsvorlage für die Debatte beigefügt (Sie finden das hier in der Anlage 5), sie hat die Anregung aber direkt als „formal erledigt“ markiert. Als Grund verweist sie auf die städtische Nachhaltigkeitsstrategie und darauf, dass eine Baumschutzsatzung in Vorbereitung sei, auf öffentlichen Grünflächen Wildblumen gepflanzt werden und der städtische Forstbetrieb FSC-zertifiziert sei. Sie können es sich schon denken: Die Vorschläge des Bündnisses Klimaentscheid gehen deutlich weiter. Die Internationale Fraktion/Die Partei/ÖDP und die Linke wollten das „formal erledigt“ deshalb so nicht stehen lassen, der Vermerk wurde gestrichen und der Rat muss sich noch einmal mit der Anregung beschäftigen. - Die Landwirtschaft und die Teile der Industrieproduktion, die bisher nicht erfasst wurden, sollen in die Kalkulation für die Klimaneutralität aufgenommen werden. Das klingt etwas technisch, ist den beiden Fraktionen aber aus gutem Grund sehr wichtig: Die Stadt soll sich ihre Klimabilanz nicht schönrechnen können, indem sie große Bereiche gar nicht berücksichtigt.
- Die Stadtverwaltung soll außerdem für alle Maßnahmen konkrete Etappenziele erarbeiten, damit wir und Sie überprüfen können, ob es vorangeht.
Was nicht beschlossen wurde: Viele CDU-Vorschläge
So weit zu den Projekten und Veränderungen, die der Rat beschlossen hat. Es lohnt sich aber, noch einmal in den CDU-Antrag zu schauen und sich auch mit den Vorschlägen zu beschäftigen, die die anderen Fraktionen abgelehnt haben. Denn man stolpert da ja schon etwas: 17 Vorschläge, und es soll nur ein brauchbarer dabei gewesen sein? Ist das wirklich so? Oder liegt es daran, dass die CDU die Ideen in den Ring geworfen hat? Stehen sich da einfach die üblichen politischen Lager gegenüber und konnten sich nicht einigen?
Ein Hinweis darauf wäre die hitzige, einstündige Debatte zum Tagesordnungspunkt Klimastudie. Es fielen die üblichen Schlagworte: Beide Lager warfen einander Panikmache und Ideologie vor, die FDP sprach von einem „Folterkasten gegen den Individualverkehr“ (gemeint sind Autos), die CDU bezichtigte das Ratsbündnis einer „Kriegserklärung gegen den Einzelhandel“. Die Westfälischen Nachrichten haben das alles in diesem Text dokumentiert, falls Sie noch mehr Wortbeiträge nachlesen möchten.
Ich möchte die politische Show hier mal beiseitelassen, auch wenn ich so etwas durchaus unterhaltsam finde und Ihnen nicht zuletzt deshalb das Ratsstreaming oben so ans Herz gelegt habe. Stattdessen schauen wir uns hier lieber noch ganz nüchtern die wichtigsten CDU-Vorschläge an – das wird auch die letzte Liste für heute, versprochen.
- Die CDU regt an, dass Münster und die Münsterlandkreise eine Wasserstoff-Kooperation ins Leben rufen, um gemeinsam die Forschung und den Ausbau der Infrastruktur für die Technologie voranzubringen. Dazu habe ich mit CDU-Ratsfrau Babette Lichtenstein van Lengerich telefoniert, die es für einen „gravierenden Fehler“ hält, dass das Ratsbündnis das Thema ablehnt. Es gebe in Saerbeck schon ein erfolgreiches Projekt, und auch die bundesweite Initiative Get H2 wolle die Infrastruktur in der Region ausbauen, da dürfe Münster den Anschluss nicht verpassen.
Ich möchte ehrlich sein: Die eineinhalb Tage seit der Ratssitzung waren zu kurz, um dieses Thema vernünftig zu recherchieren und einzuordnen. Und etwas Halbgares möchte ich Ihnen natürlich auch nicht präsentieren. Deshalb muss hier ein Fragezeichen bleiben, aber wir gehen der Sache noch nach. - In der Stadtverwaltung würde die CDU gerne eine Stelle für eine:n Klimamanager:in einrichten, als Stabsstelle im Dezernat des Oberbürgermeisters.
Ich habe bei den Grünen nachgefragt, warum sie diesen Vorschlag abgelehnt haben. Robin Korte aus der Ratsfraktion sagte mir, eine solche Stelle sei schon in Planung. Allerdings im Dezernat von Matthias Peck (Grüne), das grundsätzlich für den Klimaschutz zuständig sei. Die Stelle solle schon Ende des Jahres besetzt werden. - Die Christdemokrat:innen schlagen verschiedene Maßnahmen für den Photovoltaik-Ausbau vor, unter anderem vertikale Solar-Trassen entlang von Autobahnen und Bahnstrecken. Falls Ihnen das bekannt vorkommt: So steht es ja auch auf der Liste von Grünen, SPD und Volt.
- Stadt und Stadtwerke sollen laut CDU-Vorschlag ein Gesamtkonzept zur Beschleunigung von Buslinien erarbeiten, unter anderem soll es ein stadtweites Metrobussystem mit Ausbau von Busspuren geben. Auch das dürften Sie oben schon einmal gelesen haben.
- Die CDU möchte, dass die Stadtwerke den Windkraftausbau vorantreiben. So ähnlich steht es auch auf der Liste der Rathauskoalition, Diskussionen dürfte es allenfalls über konkrete Standorte geben.
In etlichen Punkten liegen die CDU auf der einen und die eher linken Parteien auf der anderen Seite also gar nicht so weit auseinander. Warum dann die harsche Konfrontation?
Tatsächlich steckt eine sehr grundsätzliche Auseinandersetzung dahinter. Robin Korte von den Grünen sagte mir, die CDU-Fraktion habe die städtischen Maßnahmen abgelehnt und komplett durch ihren eigenen Katalog ersetzen wollen. Das sei aus Sicht der Koalition nicht in Ordnung, auf der Liste der Stadt stünden schließlich wichtige und unterstützenswerte Vorhaben.
Hätte die CDU ihre Ideen dann nicht einfach als Ergänzungen zu diesen Vorhaben formulieren können, statt sie ersetzen zu wollen? Nein, sagt Babette Lichtenstein van Lengerich. Denn mit den städtischen Ad-hoc-Maßnahmen würden sozusagen durch die Hintertür sehr grundsätzliche und weitreichende Entscheidungen durchgewinkt, die der Rat eigentlich erst diskutieren müsse, zum Beispiel die Öffnung der Altstadt für Photovoltaik oder die neue Sanierungssatzung (die hatte ich hier erklärt).
Oder auch die Kommunikationsstrategie: Da sollten in der Verwaltung neue Stellen geschaffen werden, um die Bürger:innen aufzuklären „oder umzuerziehen“, das sei Ansichtssache. Die CDU wolle jedoch „keine gesellschaftliche Umerziehung finanzieren“. Außerdem hätten die Maßnahmen sehr weitreichende finanzielle Auswirkungen, und die Stadt stehe ja kurz vor der Haushaltssicherung.
Und damit sind wir zwar für heute am Ende, aber eigentlich auch schon wieder am Anfang. Denn um den städtischen Haushalt geht es am Dienstag im RUMS-Brief. Die Eckdaten hat die Stadt Münster schon veröffentlicht. Wenn Sie selbst einen Blick in den Haushaltsentwurf werfen möchten, finden Sie ihn hier. Am Dienstag erklären wir Ihnen, warum die Stadt zu viel Geld ausgibt und was passiert, wenn sie das nicht in den Griff bekommt.
+++ Vier Jahre lang hat die Stadt mit über 20.000 Menschen Ideen für Münsters Zukunft erarbeitet. Wir hatten im RUMS-Brief darüber berichtet. Aber was wird nun aus den Ergebnissen? Die Rathaus-Koalition aus SPD, Grünen und Volt haben den Vorschlag der Stadtverwaltung dazu etwas verändert. Die Parteien sind zwar einverstanden damit, dass die Stadt die Ergebnisse nutzt, um Fördermittel zu beantragen. Aber die Formulierung, dass die Ergebnisse „Grundlage für die weitere Zukunftsgestaltung der Stadt Münster sein sollen“, steht nun nicht mehr im Antrag. Teil der Abschlussberichte waren verschiedene Szenario-Analysen, die allerdings sehr holzschnittartig geraten waren. Vereinfacht gesagt: In ihnen läuft entweder alles gut oder alles schlecht.
Auch beim Klimaschutz hat das Bündnis Änderungsvorschläge: In Münster gibt es mehrere Leitbilder oder Handlungsstrategien, die alle auch irgendwie zueinander passen müssen. Das wollen die Parteien sicherstellen. Sie wollen alles auf das Ziel Klimaneutralität 2030 ausrichten. Mit den Änderungen wiederum waren nicht alle zufrieden. CDU-Fraktionschef Stefan Weber sagte, er halte die Veränderungen für ein „schwieriges Signal“. Die Bürgerschaft habe sich engagiert und eingebracht, und nun verändere man einfach das Ergebnis. Franz Pohlmann von der ÖDP dagegen ging das alles noch nicht weit genug. Er sei zwar einverstanden mit den Änderungen, sagte er. Aber seine Partei hätte sich noch Stadtforen zu den Themen Klimaneutralität, Kultur und Migration gewünscht. Bei der Abstimmung enthielt er sich.
+++ In dieser Woche ist bei Bauarbeiten ein Kran auf das Ostbad gestürzt. Es ist die nächste in einer Reihe von vielen Pannen, aber diesmal konnte das Bad nichts dafür. Ein Seil war gerissen. Verletzt wurde niemand, aber das Bad für zwei Tage geschlossen. Seit heute Mittag ist es wieder geöffnet, meldet die Stadt.
In unserem RUMS-Brief am Dienstag ging es um die E-Scooter, von denen inzwischen über 4.000 in Münster stehen. Das Rathaus-Bündnis aus Grünen, SPD und Volt will die Regeln für die Anbieter verschärfen. Und wir müssen etwas präzisieren. Wir schrieben, das Ziel sei, dass die Anbieter zahlen, wenn das Ordnungsamt E-Scooter wegräumen muss. Das war ein Beispiel und etwas zu ungenau. Richtig ist: Nach den Vorstellungen der Parteien sollen die Anbieter generell dafür zahlen, wenn sie den öffentlichen Raum nutzen. Wir haben das korrigiert.
So langsam wird in Münster alles wieder etwas normaler. Es gibt keine Maskenpflicht im Freien mehr. Eine Empfehlung bleibt laut Stadt Münster, die Masken in Warteschlangen trotzdem weiterhin zu tragen und 1,5 Meter Abstand zu halten. Weitere Änderungen sind: In der Gastronomie sind keine Trennscheiben mehr nötig, auch kein Mindestabstand. Aber wer im Restaurant seinen Platz verlässt, muss weiterhin eine Maske tragen. Und wer in ein Restaurant oder einen Club möchte, braucht eine Impfbescheinigung, einen Genesungsnachweis oder einen Test, und zwar entweder einen maximal sechs Stunden alten Antigen-Test oder einen maximal 48 Stunden alten PCR-Test. Insgesamt ist die Pandemie in Münster momentan auf dem Rückzug, zumindest vorübergehend. Die Wocheninzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100.00 Menschen innerhalb einer Woche, liegt bei 28,8, meldet die Stadt (gestern: 33,8). Seit gestern sind 13 Neuinfektionen hinzugekommen. Aktuell gelten damit in der Stadt 193 Menschen als infiziert. 14 von ihnen liegen im Krankenhaus, fünf auf der Intensivstation, drei werden beatmet.
Für mich ist immer Tag des Kaffees, heute wird er sogar offiziell gefeiert. Gleichzeitig ist Vegetariertag. Zu beiden Mottotagen haben wir den passenden Tipp: Saras Wohnzimmer an der Grevener Straße. In dem heimelig eingerichteten Café ist es so gemütlich wie zu Hause, aber man muss nicht selbst kochen und backen. Es gibt leckere Toasties, Suppen und Kuchen. Zum Kaffee empfehlen wir die saftigen Lemon Bars – unglaublich zitronig und ganz eindeutig mit viel Liebe gebacken.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ In meiner Einleitung oben habe ich die Demokratie gefeiert, in Münster und überhaupt. Und, na sowas, morgen startet auch gleich das passende Festival. Wir hatten Ihnen das Festival der Demokratie hier schon einmal kurz empfohlen, weil mein Kollege Ralf Heimann am Dienstagabend eine Podiumsdiskussion moderiert. Aber es stehen noch viel mehr tolle Sachen auf dem Programm, schauen Sie direkt mal rein.
+++ Und noch eine Empfehlung für Sonntag: Um 17 Uhr wird im F24 eine Fotoausstellung eröffnet. Thema sind das Haus selbst, seine Besetzung und alles, was danach kam.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann wieder. Ich wünsche Ihnen ein wunderbares Wochenende.
Herzliche Grüße
Constanze Busch
Mitarbeit: Ralf Heimann
PS
Wir haben in unseren Briefen in den vergangenen Wochen viel über die Zukunft der Stadt geschrieben, und vielleicht haben Sie ja Lust bekommen, Ihre Ideen einzubringen oder direkt mit anderen Menschen zu diskutieren. Dann könnten Sie morgen einen Spaziergang über den Prinzipalmarkt unternehmen, wo zum ersten Mal die sogenannten Dialogtage zur Zukunft der Innenstadt stattfinden. Sie können sich informieren, Vorschläge loswerden und bei mehreren organisierten Spaziergängen mitgehen. Hier steht das alles nochmal ausführlich. Und falls es nicht die Innenstadt sein soll: Morgen ist auch noch die sogenannte Zukunftswerkstadt im Hansaviertel. Wenn viele Menschen mitmachen, egal wo, wären das schon wieder gute Nachrichten für die Demokratie.
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