Gesamtschule in Roxel: Ein neuer Versuch | Schutz für Bäume: Eine Satzung | Personalprobleme: Schwimmbäder öffnen und schließen

Porträt von Constanze Busch
Mit Constanze Busch

Guten Tag,

ich hoffe, Sie hatten gestern einen schönen Feiertag. Wenn Sie in Feier-, aber nicht in Bollerwagenlaune waren, haben Sie vielleicht vor dem Schloss gesessen. Dort werden noch bis morgen mehr als 100 Biersorten aus aller Welt ausgeschenkt, und die wollten gestern offenbar schon ziemlich viele Menschen probieren. Gezapft wird laut Veranstalter Michael Solms an der „womöglich längsten Theke Deutschlands“.

Moment mal, längste Theke, da war doch was. Steht die nicht in Düsseldorf? Kommt drauf an. In Münster gibt es 20 Meter am Stück. In Düsseldorf besteht die Theke aus mehr als 250 Einzeltresen in der Altstadt, die einzeln kürzer, aber alle zusammen natürlich etwas länger sein dürften als das Exemplar vor dem Schloss. Legenden in den rheinischen Lokalmedien zufolge wissen das übrigens nicht alle: Angeblich wurden Touristen gesichtet, die durch die Altstadt irrten und die weltlängste Theke suchten.

Kurz und Klein

+++ Zwischenstand zum Fall der 13 Kegelbrüder aus Münster und Umgebung, die auf Mallorca in Untersuchungshaft sitzen: weiterhin alles unverändert. Der Bild-Zeitung reicht das trotzdem für eine Titelgeschichte. Die Väter zweier Männer behaupten laut Bild, sie könnten mithilfe von Whatsapp-Chatverläufen und Fotos eine andere Version der Geschichte belegen. Die spanischen Behörden verdächtigen die Kegelbrüder, mit auf ein Schilfdach geschnippten Zigarettenkippen einen Brand in einer Bar verursacht zu haben. Wie die Version der Väter geht, erfährt man allerdings nicht. (rhe)

+++ Münsters Stadtbaurat Robin Denstorff hat in einem Workshop Mitte März offenbar gesagt, er vertrete die Ansicht, dass in Münster keine neuen Einfamilienhäuser mehr geplant werden sollten. Das hatten wir schon vor knapp zwei Wochen gehört. Wir hatten die Stadt am Montag und am Montag davor gebeten, dazu Stellung zu nehmen, aber noch keine Antwort erhalten. Am Dienstag schrieb Maximilian Brinkmann-Brand von den Grünen bei Twitter, die Klimabeirats-Geschäftsführerin Helga Hendricks habe Denstorffs Aussage in der Beiratssitzung noch einmal hervorgehoben. Hendricks bestätigte die Aussage. Wie wir hörten, geht es nur um freistehende Einfamilienhäuser. Genaueres dann, wenn die Stellungnahme der Stadt da ist. (rhe)

+++ Weil die Preise auf dem Bau so rasant steigen, rechnen Handwerksbetriebe bald mit weniger Aufträgen. Allerdings: Aus dem gleichen Grund wird der Umsatz laut der Prognose der Handwerkskammer Münster sich trotzdem wohl kaum verändern. Die Konjunktur habe sich gegenüber dem Vorjahr erholt, sagte Kammerpräsident Hans Hund. Ein Problem seien neben den Produktionskosten die Lieferengpässe. Unter dem Strich drohe eine Stagflation, so Hund – also gleichzeitig steigende Preise (Inflation) und tote Hose (Stagnation). (rhe)

+++ Der Mannheimer Schmierstoffhersteller Fuchs Petrolub wird in Zukunft mit dem Wort Schmierstoffhersteller nicht mehr hinreichend beschrieben sein. Das Unternehmen hat für acht Millionen Euro ein knappes Drittel der Anteile (28 Prozent) am Unternehmen E-Lyte aus Münster gekauft und steigt damit ins Batteriegeschäft ein, meldet die Nachrichtenagentur dpa. E-Lyte stellt sogenannte Flüssig-Elektrolyte her, die man für Lithium-Ionen-Batterien braucht. Die wiederum verwendet man unter anderem in E-Autos. (rhe)

+++ In Münster sind im vergangenen Jahr etwas weniger Grundstücke verkauft worden als im Jahr davor – allerdings in der Summe für so viel Geld wie nie zuvor. Nach dem aktuellen Grundstücksmarktbericht gingen 2.400 Grundstücke für insgesamt 1,6 Milliarden Euro über den Tisch. Und vielleicht auch noch interessant: Die Preise für bebaute Grundstücke (Ein- und Mehrfamilienhäuser) wuchsen im Schnitt um 11 Prozent. (rhe)

+++ Bis Anfang August zählt die Stadt in Münster Menschen und Gebäude – allerdings nicht alle, sondern nur etwa zehn Prozent der Haushalte an 3.500 Adressen. Die Zählung ist Teil des Zensus 2022, mit dem der Staat herausfinden möchte, wie viele Menschen in Deutschland leben, wie diese Menschen leben und wie sie arbeiten. Die Stadt gibt hier Antworten auf die wichtigsten Fragen. Eine davon: Spontan kommt niemand vorbei. Wenn Sie zu den Menschen gehören, die befragt werden sollen, bekommen Sie vorher Post. (rhe)

Korrekturhinweis:
In einer ersten Version zur Bevölkerungszählung hieß es, die Stadt zähle zehn Prozent der Hausalt, also insgesamt etwa 3.500. Das war ein Übertragungsfehler. Wir haben das korrigiert.

Wie es weiterging

Münster braucht eine dritte Gesamtschule. In diesem Punkt sind sich eigentlich alle einig. Denn in jedem Schuljahr bekommen knapp 300 Kinder, die sich gerne dort angemeldet hätten, keinen Platz an einer der beiden bestehenden Gesamtschulen. Es ist allerdings nicht so einfach, einen Ort für diese dritte Gesamtschule zu finden. Die Stadt würde sie gerne in Roxel einrichten, weil es dort ohnehin schon ein Schulgebäude gibt, das sonst bald leerstehen würde. Doch gegen diesen Standort wehren sich die Gemeinde Havixbeck und die Stadt Billerbeck, weil sie befürchten, dass ihre eigenen Gesamtschulstandorte dadurch in Gefahr geraten könnten (RUMS-Brief vom 27. Juli 2021).

Die Auseinandersetzung wird nun wohl in die nächste Runde gehen. Die Stadt hat am Mittwoch eine Beschlussvorlage veröffentlicht, über die der Rat in der nächsten Sitzung am 14. Juni abstimmen soll. Und eine Pressemitteilung, in der sie diese Vorlage zusammenfasst und begründet. In dem Ratspapier steht: Die dritte Gesamtschule soll doch nach Roxel. Die Stadt hatte ein Gutachten bei dem Unternehmen Dr. Garbe, Lexis & von Berlepsch in Auftrag gegeben, das unter anderem Kommunen und Regionen zur Schulentwicklungsplanung berät. Für dieses Gutachten hat das externe Büro unter anderem Bevölkerungsprognosen sowie die bisherigen Schüler:innen- und Pendler:innenzahlen ausgewertet. Das Ergebnis: Die dritte Gesamtschule in Münster werde gebraucht, und eine Schule in Roxel werde nicht die Standorte in Havixbeck und Billerbeck gefährden. Eine Gefahr bestehe höchstens für die Hauptschulen in Münster, weil sich an dieser Schulform erfahrungsgemäß weniger Kinder anmelden, sobald es eine Gesamtschule als Alternative gebe.

Wenn der Rat Mitte Juni zustimmt (und davon ist auszugehen), will die Stadtverwaltung bei der Bezirksregierung beantragen, dass die neue, vierzügige Gesamtschule zum Schuljahr 2024/25 starten darf. Die Bezirksregierung lehnt den Standort Roxel bisher ab, weil sie wie Havixbeck und Billerbeck Nachteile für die dortigen Schulen befürchtet. (cbu)

Zahlen, bitte.
Infografik zu Glauben in Münster

Zum Kirchentag 2018 hat die Stadt die Statistiken etwas feiner aufgefächert als üblich. Dabei stellte sich heraus, dass unter den über 80 Jahre alten Menschen in Münster zwei Drittel (67 Prozent) katholisch sind. Bei den unter 20-Jährigen ist es nur ein Drittel.
Das zeigt sich auch bei der Altersverteilung der 145.636 Katholik:innen in Münster. 15 Prozent von ihnen sind jünger als 20, etwa ein Drittel in der Altersgruppe zwischen 20 und 39 Jahren, ein Viertel zwischen 40 bis 59 Jahren und ein Fünftel zwischen 60 und 79 Jahren. Die Über-80-Jährigen haben einen Anteil von knapp 8 Prozent der katholischen Bevölkerung. Ein Fünftel von Münsters Bevölkerung war Ende 2017 Mitglied der evangelischen Kirche. Ein knappes Drittel (32 Prozent) war konfessionslos oder bekannte sich zu anderen Glaubensgemeinschaften.

(Quelle: Stadt Münster (Stand 2017))

Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!

Eine Satzung für den Baumschutz

Ich hatte es am letzten Freitag schon kurz und klein umrissen: Münster bekommt eine Baumschutzsatzung. Das war eine Priorität der Grünen bei den Beratungen für den Haushaltsplan 2022 (RUMS-Brief vom 17. Dezember 2021). Für den Haushalt ist das Thema deshalb relevant, weil die Stadtverwaltung für den Baumschutz nach Satzung neues Personal braucht. Was sollen die neuen Mitarbeiter:innen tun? Und was bringt so eine Satzung überhaupt?

Neun Fragen und Antworten.

#1 Welche Regeln gelten bisher für Privatbäume?

Die Stadt hat bisher keine Kontrolle darüber, ob und welche Bäume auf Privatgrundstücken gefällt werden. Eine Baumschutzsatzung wurde zwar immer wieder diskutiert, zuletzt im Jahr 2012. Vertreter:innen anderer Städte, Interessen- und Umweltgruppen sowie von Rat und Stadtverwaltung kamen damals bei einer öffentlichen Diskussion aber zu dem Ergebnis: Eine Satzung ist nicht nötig. Auf der Website der Stadt war unter dem Menüpunkt „Baumschutz“ noch bis vor ein paar Tagen zu lesen, Politik und Verwaltung setzten stattdessen „auf Information der Bürgerinnen und Bürger und auf ein Verständnis und die Identifikation mit Bäumen.“ Inzwischen ist die Seite aktualisiert und die Stadt trommelt dort nun für die Satzung (und für die Bäume).

#2 Und warum jetzt die Baumschutzsatzung?

Die Grünen, auf deren Initiative die Satzung zurückgeht, haben ihre Argumente in einer Pressemitteilung zusammengestellt. Darin ist zum Beispiel die Rede von einem „hohen Druck zur Nachverdichtung“: Je mehr Menschen in der Stadt leben wollen, desto mehr Wohnhäuser müssen auch in bestehenden Vierteln gebaut werden, und zwar im Zweifel auf Flächen, auf denen jetzt Bäume stehen. Deshalb müssten Bäume besser als bisher geschützt werden, weil sie die Luft verbessern, ihre Umgebung kühlen und die Lebensqualität erhöhen (das stimmt alles, schauen Sie zum Beispiel hier).

Ein Pro-Satzung-Argument aus der Pressemitteilung ist ein bisschen lustig: „Illegale Kahlschläge können verhindert werden.“ Das ist etwa dieselbe Logik wie: „Gesetze können Verbrechen verhindern.“ Leandra Praetzel von den Grünen sagte mir auf Nachfrage, das sei natürlich richtig, aber eine Satzung ermögliche – wie andere Gesetze auch – eine gewisse Kontrolle. Außerdem gehe von ihr eine Signalwirkung aus, so ähnlich steht es auch in der Pressemitteilung.

Die Stadtverwaltung, die das Beschlusspapier für den Rat vorbereitet hat, sieht es so wie die Grünen: Inzwischen sei eine Baumschutzsatzung nötig. Seit 2012 habe sich „die Sachlage verändert und in den letzten Jahren zugespitzt“. Einerseits wegen der Nachverdichtung, andererseits gefährde auch der Klimawandel den Baumbestand, „durch Sturmereignisse, Hitze und Trockenheit sowie durch aufkommende Schädlinge und Krankheiten“.

#3 Wie viele Bäume werden denn bisher auf Privatgrundstücken gefällt?

Eine gute Frage, die mir die Stadt nicht beantworten konnte. Denn bis jetzt können Grundstückseigentümer:innen mit ihren Bäumen ja tun, was sie wollen. Das Team des Grünflächenamtes kann Bürger:innen nur beraten, und auch nur, wenn sie sich von sich aus an die Verwaltung wenden.

Das reicht nicht mehr aus, so steht es in der Beschlussvorlage: Es gebe einen „erkennbaren Trend“, dass mehr wertvolle Bäume verloren gehen. Woran die Stadt das festmacht, ist allerdings nicht ganz klar. Es gebe keine Statistik über Anfragen von Bürger:innen, sagte man mir auf Nachfrage. Eine wirklich umfassende fachliche Beratung sei bisher mangels Personals nicht möglich, das Grünflächenamt verweise meist an Fachfirmen. Und wenn Bäume gefällt würden, erfahre die Stadt davon auch nicht immer.

#4 Was soll in der Baumschutzsatzung stehen?

Auch diese Frage lässt sich heute noch nicht im Detail beantworten. Der Rat hat letzte Woche erst einmal nur den Grundsatzbeschluss gefasst, dass Münster eine Baumschutzsatzung bekommen soll. Die Verwaltung soll jetzt einen Entwurf erarbeiten. Sie muss den Baumschutz aber nicht ganz neu erfinden. Es gibt ein Muster, das ein Verein mit dem schönen Namen GALK zur Verfügung stellt. Hinter dieser Abkürzung steckt die Deutsche Gartenamtsleiterkonferenz, die auf ihrer Website über alles rund ums Stadtgrün informiert.

Die Mustersatzung funktioniert nach dem Baukastenprinzip. Jede Stadt kann sich die Kriterien zusammenstellen, die für sie passen (oder für die sich politische Mehrheiten finden). Die Politik sollte zum Beispiel festlegen, welche Arten ab welchem Stammdurchmesser geschützt sein sollen, wo im Stadtgebiet die Satzung gelten und was bei Bauvorhaben passieren soll.

Wenn jemand einen geschützten Baum auf einem Privatgrundstück fällen lassen möchte, kommt das neue Fachpersonal ins Spiel. Die Mitarbeiter:innen müssen die Anträge prüfen und in bestimmten Fällen genehmigen, zum Beispiel wenn die Pflanzen krank sind oder eine Gefahr darstellen.

Für gefällte Bäume müssen die Ex-Eigentümer:innen einen Ersatz pflanzen (lassen) – entweder auf ihrem Grundstück oder auf einer öffentlichen Fläche. Im zweiten Fall müssen sie eine Summe an die Stadt zahlen.

#5 Was kostet das?

Die Stadtverwaltung wird zweieinhalb neue Stellen für den Baumschutz bekommen: je eine volle Stelle für ein:e Fachingenieur:in und eine gärtnerische Fachkraft, dazu eine halbe Stelle für eine Verwaltungskraft. In diesem Jahr soll die Satzung erarbeitet werden, dafür sind 95.000 Euro im Haushalt eingeplant. Ab 2023, wenn die Satzung in Kraft ist, stehen 190.000 Euro pro Jahr im Haushalt. Dazu kommen „Sachaufwendungen für den Einführungsprozess“, etwa für einen Workshop mit Vertreter:innen aus Politik und Naturschutzverbänden, je 25.000 Euro in 2022 und 2023.

Die Personalkosten sollen teilweise durch Bearbeitungsgebühren gedeckt werden, dafür sind ab 2023 50.000 Euro pro Jahr veranschlagt. Rechnet man das auf die 800 bis 900 Anträge pro Jahr um, die die Verwaltung erwartet, wären das zwischen 55 und 62 Euro pro Antrag. Genauer wird es in der Satzung stehen.

Für jeden Ersatzbaum muss extra gezahlt werden. Die Stadt rechnet mit Einnahmen und Ausgaben von 300.000 Euro. Das ist aber nur eine grobe Schätzung, weil die Politik die genauen Regeln ja erst noch aufstellen muss.

#6 Wann kommt die Satzung?

Laut Beschlussvorlage soll die Satzung Ende des Jahres beschlossen werden und Anfang 2023 in Kraft treten. Aus Sicht der Grünen möglicherweise zu spät: In ihrer Pressemitteilung schreiben sie, die Satzung müsse bis zur nächsten Rodungssaison stehen (Anm.: die Saison beginnt im Oktober), um vorgezogene Fällungen zu vermeiden. Sie befürchten also, dass Menschen in der Stadt nach Ankündigung der Satzung noch schnell zur Säge greifen könnten.

#7 Warum haben CDU und FDP gegen die Satzung gestimmt?

Offen gesagt: Die Debatte im münsterschen Rat war inhaltlich nicht sehr originell. So wie die Grünen die gängigen Pro-Argumente anführten, boten CDU und FDP dieselben Gegenargumente auf wie ihre Parteikolleg:innen in anderen Städten: So eine Satzung sei ein Eingriff in Eigentumsrechte und bringe nur Bürokratie. Die Bürger:innen würden sich gegenseitig denunzieren, und überhaupt: Man solle den Menschen doch lieber mal vertrauen. Die sorgten sich schon von alleine um ihre Bäume.

Meldungen über Denunziantentum konnte ich bei meiner Recherche zum Thema übrigens nicht finden. Offenbar haben Baumschutzsatzungen in anderen Städten nicht dazu geführt, dass Bürger:innen sich gegenseitig im großen Stil bespitzelt haben. Aber das Argument ist in lokalpolitischen Debatten durchaus beliebt.

#8 Wie viele Städte haben eine Baumschutzsatzung?

Einen halbwegs repräsentativen Überblick zu bekommen, ist bei diesem Thema sehr schwierig. Was man bei der Recherche schnell herausliest: Viele Städte und Gemeinden beschäftigen sich mit Anträgen für eine solche Satzung, die Debatten habe ich ja gerade nachgezeichnet.

Der BUND Naturschutz in Bayern hat 2018 alle bayerischen Kommunen zu dem Thema befragt. Etwa ein Drittel der Städte und Gemeinden (671 von 2.056) hat den Fragebogen ausgefüllt zurückgeschickt, laut dem Ergebnispapier eine gute Quote.

81 dieser 671 Kommunen haben eine Baumschutzsatzung, in einer anderen Befragung kamen die Autoren auf 94 Satzungen. Mehr als die Hälfte der existierenden Satzungen stammen noch aus den 1970er- und 1980er-Jahren, weniger als ein Zehntel ist seit 2010 oder später in Kraft.

#9 Wie viele Bäume schützt eine solche Satzung tatsächlich?

Eine strittige Frage in der Ratssitzung. Die CDU führte die Stadt Duisburg an, die bis 2016 eine Baumschutzsatzung hatte. Als die Satzung noch galt, seien 1.600 Fällungen pro Jahr genehmigt worden, das seien 97 Prozent der Anträge gewesen.

Ich habe in Duisburg nachgefragt: Der Pressesprecher schrieb mir, zwischen 1.400 bis 1.800 Baumfällungen seien jährlich genehmigt worden, 90 Prozent der Anträge.

Sylvia Rietenberg von den Grünen hatte bei der Pressekonferenz zum Haushalt im Dezember gesagt, die Satzung und die neuen Personalstellen würden ermöglichen, dass künftig alle Bäume in Münster geschützt werden. In der Ratssitzung letzte Woche klang das bei ihren Parteikolleg:innen etwas weniger euphorisch. Leandra Praetzel sagte, die Satzung könne natürlich nicht alle Fällungen verhindern, aber wenigstens die ohne triftigen Grund. Und immerhin gebe es dann ja Ersatzpflanzungen.

Nochmal ein Blick in den Süden: Bayernweit sind laut der BUND-Umfrage durchschnittlich 72 Prozent aller Fällanträge bewilligt worden. Die Autoren zitieren an dieser Stelle außerdem eine bundesweite Studie, die auf über 80 Prozent kam, diese Zahl stammt allerdings aus dem Jahr 2002.Man kann also zusammenfassen: Wahrscheinlich sollte die Baumschutzsatzung besser Stadtgrün-Schutz-Satzung heißen. Denn falls Münster nicht zu den wenigen Städten gehören wird, die kaum Anträge genehmigen, wird es in vielen Fällen eher um Nachpflanzungen gehen. Aus ökologischer Sicht und mit Blick auf das Stadtklima ist das zwar ein Verlustgeschäft. Andererseits ist ein junger Ersatzbaum besser als gar keiner. (cbu)

Baden gehen

Es ist Ende Mai, und auch wenn das Wetter diese Woche, naja, münstermäßig war, hat die Stadt die Freibadsaison längst eröffnet: am 1. Mai im Freibad Coburg, drei Wochen später in Stapelskotten und Hiltrup.

Es könnte allerdings sein, dass der Badespaß in Münster dieses Jahr früher endet als sonst. Denn die Stadt hat mit Personalmangel im Bäderbetrieb zu kämpfen. Wie das Presseamt auf Anfrage mitteilt, arbeiten zurzeit 69 Menschen in den neun Hallen- und Freibädern der Stadt (fünf von ihnen sind allerdings noch in der Ausbildung). Und das ist eindeutig zu wenig, es fehlt praktisch überall an Unterstützung: Gesucht werden Rettungsschwimmer:innen, Fachangestellte für Bäderbetrieb (die kennen Sie wahrscheinlich als Bademeister:innen) und Personal für die Kassen.

Trend in die falsche Richtung

Der Fachkräftemangel in Münsters Freibädern ist kein neues Problem. 2019 verabschiedete der Rat einen Beschluss, der Münster eine „attraktive Bäderlandschaft“ versprach. Das bedeutet vor allem: Die Schwimmbäder sollten stärker auf die Bedürfnisse von Familien, Schulen und Vereinen ausgerichtet werden, also zum Beispiel länger öffnen und mehr Sportkurse anbieten. Aber schon damals stand in der Beschlussvorlage, dass dafür schlicht das nötige Personal fehle. Und dass es vor allem schwer zu bekommen sei: „Ein/-e Bäderfachangestellte/-r kann sich in der gegenwärtigen Situation den Arbeitgeber aussuchen und entscheidet sich daher zumeist, auch im Hinblick auf die tarifliche Eingruppierung, für eine Vollzeitstelle mit der entsprechenden Bezahlung.“

Drei Schwimmbadsaisons später hat sich das Personalproblem verschärft, weil einfach kein Nachwuchs nachrückt. 2019 arbeiteten nämlich noch 76 Angestellte inklusive Auszubildende im Sommer für den Bäderbetrieb der Stadt – also sieben Beschäftigte mehr als heute.

Und die Personalknappheit hat inzwischen Folgen auch für die Gäste: Die Hallenbäder in Hiltrup und Roxel mussten im Februar vorübergehend schließen, weil so viele Mitarbeiter:innen krank waren. Die Bäder waren danach zwar wieder geöffnet, allerdings zu anderen Zeiten als vorher. In den angrenzenden Sporthallen leben nämlich Geflüchtete aus der Ukraine, die die Sanitäranlagen der Hallenbäder mitbenutzen.

Lösung mit Löchern

Für den Sommer hat die Stadt nun ein Personalkonzept erarbeitet, dass den Bäderbetrieb aufrechterhalten soll. Sie konzentriere sie sich auf den Betrieb der drei Freibäder und den Schul- und Vereinssport in den Hallenbädern, teilt uns das Kommunikationsamt mit. Für private Badegäste sind die Hallenbäder in Roxel, Wolbeck, Kinderhaus und Hiltrup schon früher als sonst in die Sommerpause gegangen, damit das Hallenbadpersonal in den Freibädern mitarbeiten kann. Die Hallenbäder Ost und Mitte schließen erst Mitte Juli.

Eine pragmatische, aber löchrige Lösung. Denn die Dienstpläne in den Schwimmbädern sind immer noch auf Kante genäht. Kurzfristige Ausfälle, zum Beispiel wegen Krankheit, sollen mit Abrufkräften überbrückt werden. Aber, Sie ahnen es vielleicht, auch die sind knapp. Die Stadt sucht deshalb händeringend Minijobber:innen, die spontan aushelfen können, sonst können laut Presseamt „kurzfristige Betriebseinschränkungen nicht vollends ausgeschlossen werden.“

Und nicht nur am Beckenrand und an der Kasse fehlt Personal. Auch die Leitung der Bäderabteilung im Sportamt ist vakant – seit Jahren. 2020 übernahm Udo Köster die Stelle kommissarisch. Alle Ausschreibungen verliefen laut Stadt bisher „leider nicht erfolgreich“. Und Köster hat im Moment eine andere Aufgabe: Er hilft im Sozialamt in der Geflüchtetenhilfe aus.

Eine gute Nachricht zum Schluss: Die gestiegenen Energiekosten sollen „nach jetzigem Stand“ den Bäderbetrieb wohl nicht beeinträchtigen. (sfo)

Korrekturen

Wir hatten am Dienstag geschrieben, Studierende dürften mit dem 9-Euro-Ticket (anders als mit ihrem Semesterticket) nicht nach Enschede fahren. Laut Bahn geht das doch. Das schreibt die Bahn jedenfalls bei Twitter. So richtig gut scheint der Informationsfluss allerdings nicht zu funktionieren. Beim Tarifverbund Westfalentarif hieß es heute Mittag, die aktuelle Information dort sei: Die Strecke nach Enschede ist nicht durch das 9-Euro-Ticket abgedeckt. Da die Bahn sich bislang nicht korrigiert hat, gehen wir davon aus, dass die Information der Bahn stimmt. Dort muss man es wissen. Die Bahn bedient schließlich die Strecke von Münster nach Enschede. Wenn wir etwas anderes hören, finden Sie es am Dienstag an dieser Stelle. (rhe)

Corona-Update

+++ Die Stadt meldet heute 208 Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den letzten 24 Stunden. Laut Robert-Koch-Institut liegt die offizielle Wocheninzidenz in Münster bei 295 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen. 1.841 Personen gelten heute als nachweislich infiziert. Laut dem bundesweiten Intensivregister werden in Münster drei Menschen auf der Intensivstation behandelt, zwei von ihnen müssen beatmet werden. (ast)

+++ Sollte sich die Corona-Lage Richtung Herbst und Winter wieder verschlechtern, möchte Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine Maskenpflicht in Innenräumen einführen können, so der SPD-Politiker in der ZDF-Sendung Markus Lanz. Die FDP könnte ein neues Infektionsschutzgesetz allerdings bremsen: Bevor es zu vorschnellen Maßnahmen komme, wolle die Partei die Wirkung erst einmal gründlich evaluieren, meldet die Tagesschau. Erneute Corona-Maßnahmen seien nur unter strengen Voraussetzungen möglich, sagte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki der Nachrichtenagentur dpa. (ast)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Unbekannte haben einen Geldautomaten in Roxel gesprengt und das Geld gestohlen. (WDR)

+++ Privatleute von der Initiative „Verkehrswende“ haben mit Einverständnis des Ordnungsamtes Schrottfahrräder von den Gehwegen im Kreuzviertel entsorgt, bis die Polizei einschritt. (Antenne Münster)

+++ Die IG BAU fordert mehr Geld für Münsters Reinigungskräfte, und zwar deutlich mehr als den neuen Mindestlohn. (IG BAU)

+++ In Roxel vergibt die Stadt ein Grundstück für ein Mehrfamilienhaus an das Unternehmen, das die günstigste Startmiete bietet. (Stadt Münster)

+++ Das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ gibt an, dass Teilnehmer:innen der Demonstrationen montags am Domplatz Gegendemonstrant:innen abgepasst und bedroht haben. (MünsterTube)

+++ Das Planetarium im Naturkundemuseum eröffnet nach einem Jahr Umbau am 2. Juli mit dem neuen Sternenprojektor „Orpheus“ und einer Festwoche. (LWL)

+++ Wie Pflanzen dabei helfen, die Stadt an den Klimawandel anzupassen, können Sie nicht nur unter Bäumen ausprobieren (siehe oben), sondern auch im „Mobilen Grünen Zimmer“ der Stadt auf dem Harsewinkelplatz. (Stadt Münster)

+++ An der Dingstiege steht eine neue Ampel, die immer dann grün wird, wenn ein Fahrrad sich nähert. (Stadt Münster)

+++ Ab nächster Woche hebt ein Hubsteiger wieder jeweils am ersten Mittwoch des Monats am Coerdeplatz Eltern und Kinder in die Höhe, um den Schnuller zu verabschieden. (Stadt Münster)

+++ Geflüchtete aus der Ukraine können sich noch bis einschließlich morgen in der Blücher-Kaserne registrieren lassen, damit sie in Deutschland Sozialleistungen beantragen können. (Stadt Münster)

+++ 40.000 Namen toter Geflüchteter hängen an der Heilig-Kreuz-Kirche in Münster, um auf den Tod tausender Geflüchteter aufmerksam zu machen. (WDR)

+++ 3.180 Sportabzeichen wurden im vergangenen Jahr in Münster verliehen, mehr als in allen anderen Städten in NRW. (Stadtsportbund)

Unbezahlte Werbung

Kennen Sie die Netflix-Show „Is it cake?“ Es geht darum, zu erraten, ob ein Gegenstand aus Kuchen ist. Klingt trivial, ist aber gar nicht so einfach. Auch dann nicht, wenn „Lady Biscuit“ aus Münsters Süden am Werk war. Vom Sportschuh für Lauffans bis zum Cafétisch, an dem die Liebesgeschichte begann, bringt Künstlerin Grit Vaccarisi Kuchen in jede denkbare Form. Sie können ein solches Meisterwerk ganz nach Ihren persönlichen Vorstellungen zum Beispiel für die nächste Familienfeier bestellen. Und wenn Sie selbst lernen möchten, wie man Tortenböden stabil schichtet oder filigrane Blüten aus Fondant formt, sind Sie in einem der Kurse mit Rundum-Sorglos-Paket richtig. 

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Party, Theater und eine neue Ausstellung: Eva Strehlke hat für Sie wieder das Beste aus allen Veranstaltungskalendern aufgespürt.

+++ Tanzen ohne „Cheri Lady“: „Alles außer Bohlen“ heißt die 80er-Party im Biergarten der Sputnikhalle. Morgen um 21 Uhr geht’s los, bei Regenwetter natürlich doch drinnen.

+++ Eine Konferenz, um über die Situation des Gesundheitswesens zu diskutieren, mit Vertreter:innen verschiedener Berufsgruppen und Perspektiven. Und dann: Notfälle, ungeladene Gäste, Chaos. Das ist das Szenario, das Menschen aus Pflege- und Gesundheitsberufen zusammen mit Theaterpädagog:innen entwickelt haben und nächste Woche im Kreativ-Haus auf die Bühne bringen. Für die Premiere am Donnerstag gibt es noch wenige Karten, für Freitag ein paar mehr.

+++ Nochmal Theater, aber ganz anders: Im Hafenbecken steigen Nebelschwaden auf, hin und wieder jodelt jemand und manchmal kann man sogar den Teufel sehen. „The Black Rider: The Casting of the Magic Bullets“ heißt das Stück, in dem sich der Schreiberling Wilhelm mit Teufelskugeln verführen lässt. Autor William S. Burroughs schrieb aus Erfahrung: Unter Drogeneinfluss stellte er mit seiner Frau die Wilhelm-Tell-Szene nach. Den Apfel traf er nicht. Dafür aber seine Frau. Ganz so dramatisch geht es in der Inszenierung des Wolfgang-Borchert-Theaters nicht zu, dafür umso feuchtfröhlicher. Zu sehen dienstags bis sonntags auf dem Hafenbecken. Ein paar Eindrücke gibt es schon in diesem Beitrag der Sendung Westart, mehr Infos und Karten hier. Transparenzhinweis: Unsere Autorin Edina Hojas arbeitet an der Produktion mit.

+++ Am Montag wird in der Bezirksregierung Münster die Ausstellung „Vergessen begegnen“ eröffnet. Sie widmet sich acht Menschen aus dem Münsterland, die vom NS-Regime verfolgt wurden und auch zu weniger bekannten Opfergruppen zählen. Konzipiert und umgesetzt wurde die Ausstellung von Studierenden für Design der Fachhochschule. Sie ist montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr in der Halle der Bezirksregierung für alle geöffnet, bei Interesse an Führungen können Sie sich per E-Mail bei Peter Schilling melden.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein frohes Wochenende.

Herzliche Grüße
Constanze Busch

Mitarbeit: Sebastian Fobbe, Jan Große Nobis, Ralf Heimann, Eva Strehlke, Antonia Strotmann
Lektorat: Antonia Strotmann

PS

Der blinde Komponist Moondog war eine Ikone. Der Musiker Paul Simon nannte ihn ein Vorbild, und das Hilton-Hotel in New York soll in einer Zeitungsanzeige als Adresse „gegenüber von Moondog“ angegeben haben. Dort, an der Sixth Avenue, Ecke 54, saß der wie ein Wikinger aussehende Musiker, ein bisschen wie Onkel Willy am Rathaus. Touristen besichtigten ihn, aber irgendwann war er fort. Später tauchte er in der Fußgängerzone von Oer-Erkenschwick wieder auf und blieb in Deutschland. Vor 23 Jahren starb Moondog in Münster, begraben ist er auf dem Zentralfriedhof. Der Spiegel hat seine Geschichte vor sechs Jahren aufgeschrieben. Gestern wäre Moondog 106 Jahre alt geworden.

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