Musik-Campus: Bund gibt 20 Millionen | Gasometer und Hansaforum: Wie geht’s weiter? | Besuch von der Reportageschule

Porträt von Constanze Busch
Mit Constanze Busch

Guten Tag,

heute fangen die Herbstferien an und bei RUMS endet die Kulturwoche. Gestern Abend haben wir in der RUMS-Redaktion über den Gasometer und das Hansaforum diskutiert. Das können Sie gleich weiter unten im Brief ausführlich nachlesen. So viel vorab: Natürlich geht es bei solchen Debatten ja immer um Geld.

Und um viel Geld geht es auch in der großen kulturpolitischen Nachricht der Woche: Der Bundestag hat gestern im Haushaltsausschuss Fördergelder freigegeben, unter anderem 20 Millionen Euro für den Musik-Campus, den Uni und Stadt gemeinsam bauen wollen. Gut 5 Millionen Euro gibt es für das Kunst- und Kulturzentrum Hoppengarten, das von der freien Kunstszene genutzt wird und umfassend saniert werden muss.

Wir konnten diese Nachricht in sieben verschiedenen Pressemitteilungen nachlesen, die in sehr kurzer Zeit in unserem Postfach landeten. Eine von der Stadt, eine von den Grünen, zwei von der FDP (je eine von der münsterschen Ratsfraktion und dem Bundestagsabgeordneten Karlheinz Busen) und drei von der SPD, da freuen sich Münsters Vorsitzender Fabian Schulz, die Ratsfraktion und die Bundestagsabgeordnete Svenja Schulze. Lustigerweise schreiben natürlich alle drei Parteien, dass besonders ihre Vertreter:innen in Berlin die großzügige Finanzspritze für den Musik-Campus erwirkt haben.

Aber was bedeutet das Geld denn nun für das Großprojekt? Zumindest einen Schritt vorwärts, aber ganz in trockenen Tüchern ist es noch nicht. Zur Erinnerung: Der Campus soll insgesamt 285 Millionen Euro kosten. Eine Finanzierungslücke von 65 Millionen Euro müssen Stadt und Uni mit Fördermitteln und Spenden schließen (RUMS-Brief vom 20. Mai). 20 Millionen sind nun schon mal sicher, der Oberbürgermeister hat außerdem Spendenzusagen von Privatleuten über 10 Millionen Euro (RUMS-Brief vom 4. Februar). Es müssen jetzt also noch 35 Millionen Euro gefunden werden, zum Beispiel beim Land oder in EU-Töpfen. Dabei könnte die Förderzusage des Bundes helfen, denn die ist ja auch ein Signal für das Projekt.

Allerdings: Wenn es mit der Inflation so weitergeht, dann werden all diese Zahlen spätestens in ein paar Jahren Schall und Rauch sein. (cbu)

Kurz und Klein

+++ Wenn es eine Krise gibt, fängt man in Deutschland mit einem an: Man setzt sich zusammen an einen Tisch. Und da saßen sie heute Nachmittag, „Spitzenvertreter von Wirtschaft und Verwaltung“, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung, der man weiter entnehmen kann, dass auch Spitzenvertreterinnen dabei waren, unter anderem von der Initiative Starke Innenstadt, der Handwerkskammer, der IHK-Nord-Westfalen und dem Gaststättenverband Dehoga. Für die Stadt waren der Oberbürgermeister, Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer, die Wirtschaftsförderung, das Stadtmarketing und die Stadtwerke dabei, um über drohende Insolvenzen, schwierige Lieferketten und Rohstoffpreise zu sprechen. Für konkrete Lösungen ist es heute noch etwas zu früh, es ging um einen ersten Austausch. Und natürlich ist so ein Termin ja auch ein Signal, das alle Teilnehmer:innen in ihre jeweiligen Organisationen weitergeben werden, um etwas Zuversicht auszustrahlen: Man kümmert sich.

Die Stadt hat der Energiekrise inzwischen auch schon eine eigene Seite auf ihrer Homepage gewidmet. Die Überschrift heißt „Jetzt Gas sparen für volle Speicher im Herbst und Winter“, und dazu ruft auch Oberbürgermeister Markus Lewe in einer Videobotschaft auf. Er habe sich extra noch einen dicken Pullover zugelegt. Insgesamt machen die Deutschen beim Gassparen allerdings etwas schlapp, seit es draußen kälter geworden ist, wie Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller laut Spiegel kritisiert. Die Uni Münster will dafür jetzt richtig mit dem Sparen anfangen: Büros und Hörsäle werden nur noch auf 19 Grad geheizt, Flure und Teeküchen gar nicht mehr. Das Schloss wird nachts nicht mehr angestrahlt. Und in den Weihnachtsferien bleiben die meisten Gebäude geschlossen und werden noch weniger beheizt, die Ausnahmen sind die großen Bibliotheken. (cbu)

+++ Wir bleiben beim Thema. Die Inflationsrate ist inzwischen zweistellig, unter anderem weil Energie und Lebensmittel viel teurer geworden sind. Auch Benzin und Bahnfahren kosten wieder mehr, seit die Sommerrabatte ausgelaufen sind. Eine finanzielle Entlastung hat die Bundesregierung gestern verkündet: Die Gasbeschaffungsumlage, die ab 1. Oktober auf die Gasrechnungen aufgeschlagen werden sollte, kommt nun doch nicht. Trotzdem soll die Mehrwertsteuer auf Gas von 19 auf 7 Prozent gesenkt werden. Die Stadtwerke Münster wollen beides an ihre Kund:innen weitergeben, schreiben sie hier. (cbu)

+++ Die Polizei Münster hat erste Details zu ihren Sicherheitsmaßnahmen für das G7-Treffen Anfang November veröffentlicht. Wenn die Außenminister:innen in Münster tagen, werden am Domplatz und rund um das Rathaus Sicherheitsbereiche abgesperrt, zeitweise auch um das LWL-Museum am Domplatz, wo die Pressekonferenzen stattfinden werden. Wo genau die Sicherheitsbereiche liegen und unter welchen Voraussetzungen Sie sie betreten dürfen, können Sie sich hier anschauen. Und es gibt eine Webseite zum G7-Treffen, dort finden Sie auch eine Telefonnummer. (cbu)

+++ Die Stadt will die medizinische Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen nach der Beratungsregelung verbessern und spricht dafür jetzt mit der Uniklinik Münster. Laut einem Bericht, den das Gesundheitsamt dem Sozialausschuss vorgelegt hat, gab es bereits 2019 erste Gespräche, allerdings ohne Erfolg. In Münster gibt es neben der Uniklinik nur konfessionelle Krankenhäuser, aber kein kommunales. In der Uniklinik wollen aber bisher keine Ärzt:innen Abbrüche durchführen, und es gibt nur zwei gynäkologische Praxen, in denen es möglich ist. Deshalb hätten Schwangere die Wahl zwischen zu wenigen Methoden und Ärzt:innen und oft lange Wartezeiten und Wege vor sich. Unsere Kollegin Ann-Marlen Hoolt hatte die Situation in Münster schon im letzten Jahr ausführlich beschrieben. Um diese nun zu verbessern, schlägt die Stadt vor, dass kommunale und vom Land getragene Krankenhäuser mit Gynäkologie-Abteilungen gesetzlich dazu verpflichtet werden, Schwangerschaftsabbrüche nach der Beratungsregelung durchzuführen. Laut Bericht sieht der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende der Uniklinik die Verantwortung ebenfalls bei seinem Haus.

Schwangerschaftsabbrüche sind nicht nur in Münster, sondern weltweit oft nur unter schwierigen Bedingungen möglich. Darauf soll der International Safe Abortion Day am 28. September aufmerksam machen. (ast)

Wie es weiterging – mit der Nachtwache

Seit gestern steht fest, wer künftig über das Nachtleben wachen soll: Lisa Marie Tubies und Manuel Rojano Marin sind die ersten Nachtbürgermeister:innen von Münster. Sie sollen als Ansprechpartner:innen für die Gastronomie, Eventbranche, Clubszene und Kultur fungieren und auch mit Politik und Verwaltung in Kontakt stehen.

Die beiden Pädagog:innen können unter anderem auf Partyerfahrung als Hobby-DJs zurückblicken. Für ihre Bewerbung mussten Marin und Tubies vorab ein Konzept einreichen und der Stadt vorstellen. Laut Pressemitteilung werden sie sich unter anderem darum kümmern, Streits zwischen Veranstalter:innen, Feiernden und Anwohner:innen zu schlichten, die Barrierefreiheit von Clubs und Kneipen zu fördern, die Sicherheit von Feiernden zu gewährleisten und inoffizielle Partyhotspots wie die Wiese am Aasee in den Blick zu nehmen. Falls Sie sich fragen, wie das in der Praxis funktionieren soll: Im Mai gab uns Jakob J. Lübke ein Interview über seinen Job als Nachtbürgermeister von Osnabrück.

Mit dem Amtsantritt sind zwei schöne Nachrichten verbunden: Die beiden sind das zweite Nachtbürgermeisterduo des Landes (Anfang des Jahres ist in Wiesbaden schon ein Zweiergespann gestartet) und Lisa Marie Tubies ist die überhaupt erste Nachtbürgermeisterin Deutschlands. (sfo)

Personalmangel: Stadtwerke streichen Buslinie

Mal kurz nachschauen, wie läuft es denn so mit der Verkehrswende? Hm, na ja. Die Bahn erhöht die Preise im Fernverkehr. Für den regionalen Bahnverkehr im Münsterland fehlen in den kommenden Jahren hunderte Millionen Euro. Aber zum Glück gibt es ja noch Bu – oh, Moment, eine Meldung der Stadtwerke. Ab Montag werden die Bus-Ringlinien 33 und 34 vorübergehend eingestellt. Es gibt zu wenige Fahrer:innen, auf verschiedenen Linien fallen immer wieder Busse aus, schreiben die Stadtwerke. Diese Störungen werden auf der Website gemeldet. Gestern Nachmittag mussten allein zwischen 14:35 und 16:15 Uhr neun Fahrten gestrichen werden, etwas später zeigte die Liste 13 Ausfälle. Heute war es nicht besser. Die Stadtwerke schichten deshalb jetzt Personal um: Für die Ringlinie gibt es eine vergleichsweise kleine Nachfrage, die Fahrer:innen sollen stattdessen auf stärker genutzten Strecken dafür sorgen, dass die Busse da wieder zuverlässiger fahren. Ob das reicht, ist laut der Pressemeldung noch nicht ganz klar. Möglicherweise müssen die Stadtwerke auch auf anderen Linien Abstriche machen und ihr Personal noch stärker auf die wichtigsten Strecken konzentrieren.

Das klingt ja dramatisch, wie viele Fahrer:innen fehlen denn? Zurzeit sind bei den Stadtwerken und ihren Partnerunternehmen zehn Prozent der Stellen nicht besetzt, schreibt Stadtwerke-Sprecher Florian Adler auf Anfrage. Allein die Stadtwerke selbst könnten sofort 20 bis 30 Busfahrer:innen einstellen, „um das Angebot von vor Corona wieder zu fahren und gleichzeitig die Möglichkeit zu haben, erste Fahrplanerweiterungen durchführen“. Der zusätzliche Bedarf für die Mobilitätswende ist da also noch gar nicht einkalkuliert.

Schon in den letzten Jahren sei es immer schwieriger geworden, Ersatz für Kolleg:innen zu finden, die in den Ruhestand gehen, schreibt Florian Adler. Seit Beginn der Coronapandemie sei das Problem noch größer geworden, unter anderem weil Fahrschulen die Ausbildung unterbrechen mussten und viele Menschen sich andere Jobs gesucht haben. Die Stadtwerke versuchen nun, unter anderen zusammen mit der Agentur für Arbeit neues Personal zu finden oder auszubilden, aber es geht langsam voran. Das Jobcenter vermittle zum Beispiel geflüchtete Menschen, die aber meistens erst sechs bis zwölf Monate lang eine Sprachschule besuchen müssen, bevor sie die Ausbildung beginnen können. Die wiederum dauere auch ein halbes Jahr und koste einen fünfstelligen Betrag. Die Kosten übernimmt entweder die Agentur für Arbeit oder man suche „gemeinsam nach Lösungen“, wie die Stadtwerke hier schreiben. (cbu)

Besuch von der Reportageschule Reutlingen

Infobox-Grafik mit Foto des Jahrgangs der Reportageschule Reutlingen auf einem Berg

Heute haben wir eine besonders schöne Ankündigung für Sie: Vom 24. bis 28. Oktober wird wie in den vergangenen Jahren der aktuelle Jahrgang der Reportageschule Reutlingen nach Münster kommen. Die zwölf Journalist:innen werden hier Reportagen, Porträts und Features recherchieren und schreiben, die wir dann veröffentlichen. Die jungen Frauen und Männer sind hochkarätige Kolleg:innen, die oft vor ihrer Ausbildung an der Reportageschule schon bei renommierten Zeitungen und Zeitschriften gearbeitet und volontiert haben, für Qualitätsmedien wie die Zeit, die Süddeutsche Zeitung, den Tagesspiegel oder den Stern schreiben und während und vor allem nach der Reportageschule deutschlandweit im Einsatz sind.

Im vergangenen Jahr entstanden hier in Münster zum Beispiel eine Reportage über die Bürokratie beim Bau von und beim Kampf gegen Windkraftanlagen, ein Beitrag über Tierversuche an der Uni Münster und eine Geschichte über den Eisenman-Brunnen, der letzten Herbst an die Kreuzschanze zurückkehrte. Wir haben die drei Texte für Sie freigeschaltet. Sie können sie gerne an Ihre Freund:innen, Verwandten und Bekannten weiterleiten.

Wie im letzten Jahr haben wir noch eine Bitte an Sie, unsere Leser:innen. Wir werden die Journalist:innen privat unterbringen, um Kosten zu sparen, aber auch, um mehr Nähe zur Stadt herzustellen. Haben Sie vielleicht Interesse, einen oder zwei von ihnen bei sich aufzunehmen? Die zwölf sind per Fahrrad mobil – und auch sehr nett. Wenn ja, melden Sie sich doch gerne per E-Mail bei uns. Und falls Sie in der Woche kein Gästebett, aber ein Fahrrad zur Verfügung stellen können, hilft uns das auch sehr weiter.

Wie im letzten Jahr laden wir alle Gastgeber:innen und Gäste an einem Abend zu uns in die Redaktion ein, damit wir alle einander kennenlernen können. Wir freuen uns auf Sie.

Gasometer und Hansaforum: Wie geht’s jetzt weiter?

Um die drängendste Frage ging es am Ende der Diskussion: Was passiert denn jetzt heute, am Freitag, wenn der Mietvertrag am Gasometer endet? „Fahre ich dann da hin, hole meine Sachen und bringe alles nach Hause?“, war eine Frage aus dem Publikum, von einer jungen Frau, die zu dem Kollektiv gehört, das den Gasometer bis heute gemietet hat.

Das Gelände müsste heute Abend geräumt sein. In einer Woche, am 7. September, hätten die Stadtwerke gern ihre Schlüssel zurück. Aber das Gelände bis dahin in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen, wird kaum möglich sein. Es sieht auch nicht aus, als wenn die Gruppe das vorhat.

Und was jetzt? Kommt die Polizei und trägt die Leute heraus? Oder gibt es doch noch eine Chance den Mietvertrag zu verlängern?

Viele der etwa 20 Gäste in der RUMS-Redaktion am Donnerstagabend hätten auf diese Fragen gern eine klare Antwort gehört. Die gab es zwar nicht, aber doch eine überraschend deutliche Einschätzung, die viel Raum für Hoffnung oder Ärger lässt, je nachdem, von welcher Seite man auf den Gasometer schaut. Die Einschätzung kam von CDU-Ratsherr Stefan Leschniok, einem der vier Gäste bei der ersten RUMS-Diskussion über Lokalpolitik, die nicht am Bildschirm stattfand.

Leschniok sagte, schon ganz zu Beginn, er könne die Ängste verstehen. „Aber ich glaube, so kurzfristig wird nichts passieren.“ Es gebe keine Notwendigkeit, da jetzt jemanden hinzuschicken und zu sagen: Ihr müsst jetzt sofort weg in den nächsten Wochen. „Das steht nicht an, und das kann ich mir auch als CDU-Vertreter nicht vorstellen“, sagte er.

Das war keine Entwarnung, es war auch keine Zusage, dass es weitergehen wird, aber es war immerhin etwas. Ein paar Tage Aufschub, vielleicht ein paar Wochen oder Monate. Oder noch mehr?

Es wird noch alles kompliziert

In der Neuigkeit steckt auch ein Teil der Antwort auf die Frage, um die es am Donnerstagabend ging: Ist es die Aufgabe der Stadt, dem Kollektiv Gazo und dem Verein Sozialpalast hier einen Ort zur Verfügung zu stellen, mithilfe von Steuergeld? Wo liegt das öffentliche Interesse? Und inwiefern ist es die Aufgabe der Stadt, im Hansaviertel eine Initiative zu finanzieren, also das Hansaforum, die das Viertel gestalten möchte, und die der Stadtverwaltung – na, was denn eigentlich? Unter die Arme greifen möchte? Oder will sie ihr einiges aus der Hand nehmen?

Auch darum ging es in der Diskussion, zu der wir drei weitere Gäste eingeladen hatten: Sascha Kullak vom Hansaforum, Janis Ester vom Kollektiv Gazo und Grünen-Fraktionssprecher Christoph Kattentidt. Im ersten Teil, dem über den Gasometer, wurde vor allem eines deutlich: Es wird alles noch sehr kompliziert werden.

Christoph Kattentidt, der sich schon einmal dafür eingesetzt hatte, dass die Stadtwerke den Mietvertrag verlängern, sagte: Aus Sicht der Grünen könne es nicht sein, dass das Kollektiv an diesem Ort keine Perspektive mehr habe, weil der Mietvertrag ausläuft. Es sei natürlich die Sache der Stadtwerke, zu entscheiden, ob sie das Gelände weiter vermieten. Aber man führe Gespräche und hoffe, eine Lösung zu finden. Das klang vage, aber optimistisch, jedenfalls für die nächsten Monate.

Was langfristig passieren wird, ist noch mal eine ganz andere Frage.

Das Kollektiv Gazo möchte auf dem Gasometergelände „ein Experimentierfeld aufbauen“, einen „Ort, an dem alles Mögliche passieren kann“, so erklärte es Janis Ester. Das Kollektiv gestalte diesen Ort zwar, aber es sei offen, und es öffne ihn auch immer wieder – für Veranstaltungen, für Märkte, für die Menschen, die mitmachen wollen. Es gehe darum, den Gasometer als nicht kommerziellen Ort zu bewahren, ihn allen verfügbar zu machen.

Die Stadtwerke haben andere Pläne. Das Unternehmen möchte jemanden finden, der auf dem Gelände ein überzeugendes Konzept umsetzt. Was „überzeugend“ bedeutet, soll eine Jury entscheiden. Im besten Fall springt für die Stadtwerke auch noch ein schöner Verkaufserlös heraus. Doch Geld soll nicht das erste Entscheidungskriterium sein. Und inzwischen ist eine Bedingung: Ein Teil des Geländes ist für die Kultur reserviert.

Die Stadtpolitik sitzt hier zwischen den Stühlen. Einerseits besetzt sie den Aufsichtsrat der Stadtwerke und vertritt hier deren Interesse. Andererseits hat die Rathauskoalition aus Grünen, SPD und Volt einige Sympathien für die Pläne des Kollektivs und des Vereins Sozialpalast. Die neue SPD-Fraktionschefin Lia Kirsch hat das Kollektiv vor einigen Wochen besucht. Volt hat sich vor zwei Wochen dafür ausgesprochen, den Gasometer nicht zu verkaufen.

Viele Fragen, viel Zeit

Christoph Kattentidt verwies gestern Abend auf das, was die Grünen im Rat in einer Protokollnotiz festgehalten haben. „Wir gucken uns das Ergebnis des Investorenwettbewerbs an und schauen mal, was dabei herauskommt“, sagte er. Und dann gebe es ja noch das Konzept des Kollektivs. Die Grünen hätten von Anfang an gesagt, dass die Finanzierung nicht das ausschlaggebende Kriterium sei. Der Rat werde sich am Ende alles anschauen. Es werde noch viele Fragen geben. „Da braucht man Zeit, sicherlich auch etwas mehr“, sagte Kattentidt. Dann könne man darüber nachdenken, die Bürgerschaft zu beteiligen, und dann gehe es darum, eine Mehrheit zu finden.

Das klingt, als wäre das Kollektiv zumindest nicht chancenlos. Allerdings würde eine Entscheidung gegen den Verkauf bedeuten: Es wird die Stadt Geld kosten.

Das bringt eine weitere Frage mit sich: Muss die Stadt dann an anderen Stellen sparen? Möglicherweise an einer anderen Stelle in der Kultur? Und das führt schließlich zu einer ganz grundlegenden Frage: Was für eine Kulturförderung will und braucht diese Stadt?

Diese Debatte müsse die Stadtgesellschaft führen, sagt Christoph Kattentidt. Und so eine Debatte könnte schmerzhaft werden. Der größte Posten in der Kulturförderung geht an das städtische Theater, etwa 23 Millionen Euro im Jahr.

Gestern kam die Nachricht – wir haben es oben schon erwähnt – , dass der Bund 20 Millionen Euro zum Musik-Campus dazugibt. Falls genügend Spenden zusammenkommen und das Land noch etwas beiträgt, die Stadt also das Projekt weiterverfolgt, würden zu den 23 Millionen Euro irgendwann die Betriebskosten für den Campus kommen. Dann würde das Missverhältnis zwischen den Millionen, die für diese klassischen Kulturformen zur Verfügung stehen, und dem Geld für alternative Projekte noch etwas größer. Was wäre die Konsequenz?

Stefan Leschniok hält es für wenig sinnvoll, Großprojekte gegeneinander aufzurechnen. Er hoffe, es gebe einen breiten Konsens in der Stadt, dass es diese Projekte brauche, sagte er am Donnerstag. Dazu gehöre der Musik-Campus, dazu gehöre auch das Preußen-Stadion. „Wenn man versucht, das eine gegen das andere auszuspielen, dann bringt man Unfrieden in die Stadt“, sagte Leschniok. Natürlich brauche die Stadt ein Theater, die Musik sei hier ja nur eine Sparte. Auf Dauer könne man natürlich sagen, man müsse den Etat für den Musikbereich vom Theater auf den Musik-Campus übertragen. Aber bis das so weit sei, werde noch einiges passieren.

Fehlende Schnittmengen von Vorstellungen

Und der Gasometer? Es sei nicht so, dass die CDU sich hier verschließe, sagte Leschniok. Man könne auch sehen, dass die alten Klischees hier nicht mehr passten. Seine Partei habe den Beschluss zum Gasometer ja mitgetragen. Und der sehe vor, dass ein Teil des Gasometergeländes für Kultur zur Verfügung steht. Nur man dürfe nicht die Illusion haben, dass hier jetzt nochmal alles umgeworfen werde – und das gesamte Gasometergelände an das Kollektiv und den Verein gehe.

Genau das stellen Kollektiv und Verein sich allerdings vor. Und um derlei fehlende Schnittmengen von Vorstellungen zu ein und derselben Sache ging es auch im zweiten Teil der Diskussion, dem Teil zum Hansaforum.

Das Forum möchte die Demokratie auf unterster Ebene um ein Element ergänzen und so „die kommunale Selbstverwaltung (…) stärken“, so steht es in einem Antrag an den Rat der Stadt Münster. Der Kernwunsch des Forums ist: knapp 200.000 Euro, um die Arbeit im nächsten Jahr zu finanzieren.

Vor drei Jahren hatte das Forum 700.000 Euro vom Bund bekommen. Jetzt geht es um die Frage: Was ist der Stadt diese Arbeit wert? Was sind überhaupt die Aufgaben des Forums? Wie viel Selbstverwaltung ist möglich? Und braucht das Forum jetzt jedes Jahr so viel Geld?

Sascha Kullak hat das Hansaforum mit aufgebaut. Er erklärte das grundlegende Problem am Donnerstag anhand eines Beispiels: Wassertanks, die auf der Straße möglichst griffbereit herumstehen sollen, um Bäume bewässern zu können. „Die Verwaltung macht es aber unmöglich, einen Wassertank auf den Gehweg zu stellen“, sagte Kullak. Das sei nötig, damit die Bäume nicht vertrocknen. Nur wer laufe erst in den Hinterhof, um eine Gießkanne zu holen?

„Wir haben hier ganz offensichtliche Verwaltungsschwachstellen, rechtliche Schwachstellen, die man mit gesundem Menschenverstand lösen kann“, sagte Kullak. Und über genau diese Dinge müsse man reden.

Die strittige Frage ist, wie viel Entscheidungsmacht eine Initiative wie das Hansaforum bekommen sollte, also inwieweit sie Aufgaben der Stadtverwaltung übernehmen darf. Bei Kitas sei das so üblich, da übertrage die Stadt Aufgaben an freie Träger, sagte Christoph Kattentidt. Aber die Aufgaben seien klar umrissen. Im Antrag des Hansaforums dagegen ist von einer „größtmöglichen Selbstverwaltung“ die Rede. Und dafür seien ja nun gerade die Bezirksvertretungen da, sagte Kattentidt, also demokratisch gewählte Parlamente auf unterster lokaler Ebene.

„Wer liest das dann noch?”

Hier könnte sich dann ein Problem ergeben, wenn eine Gruppe Entscheidungen trifft, die eigentlich in der Hand der demokratisch gewählten Gremien liegen sollten. Die Verwaltung wird vom Rat kontrolliert, aber wer würde das Hansaforum kontrollieren? Hier sieht auch Stefan Leschniok rechtliche Bedenken. Das Hansaforum mache gute Arbeit. Es spreche nichts dagegen, ihm konkrete Aufgaben zu übertragen. „Aber dann muss klar sein, um was es geht“, sagte Leschniok. Der Antrag des Hansaforums sei sehr unkonkret.

Das ist aber möglicherweise überhaupt erst der Grund für die Irritationen. Sascha Kullak sagte, er hätte auch 20 Seiten schreiben können. Dann wäre alles etwas klarer. „Aber wer liest das dann noch?“ Und ja, es gehe schon darum, die Aufgaben des Hansaforums zu erweitern. Im Antrag ist die Rede von einem Pilotprojekt, das sich auf alle anderen Viertel übertragen lasse. Aber das Motiv sei nicht, demokratisch gewählten Gremien Macht abzunehmen, es gehe lediglich um eine beratende Funktion. Und das Ziel sei auch nicht, die Aufgaben der Stadtverwaltung zu übernehmen.

Eine Frau aus dem Publikum, selbst „gewählte Bürgerin des Quartiers“ im Gremium des Hansaforums, bestätigte das. „Ich arbeite für die Stadtverwaltung. Ich hatte nie das Gefühl, mir selbst den Job wegzunehmen“, sagte sie. Sie habe auch nie das Gefühl gehabt, Aufgaben des Rats zu übernehmen. Es gehe eher darum, auf Augenhöhe mit allen Beteiligten zu sprechen. Und es geht darum, überhaupt erst einmal zu verstehen, um welche gegenseitigen Vorstellungen es hier überhaupt geht. Die Diskussion am Donnerstagabend war dazu ein Anfang.

Und was ist nun mit der Frage im Titel der Veranstaltung: privates Interesse? Öffentliche Aufgabe? Vielleicht geht es hier auch gar nicht um ein Entweder-oder. Für die Stadt wäre das der Idealfall. (rhe)

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Corona-Update

+++ Die Stadt meldet heute 185 Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den letzten 24 Stunden. Damit liegt die offizielle Wocheninzidenz in Münster laut Robert-Koch-Institut wieder bei knapp über 400 registrierten Ansteckungen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen. 1.823 Münsteraner:innen gelten als nachweislich infiziert.

+++ Laut Intensivregister werden in den Krankenhäusern in Münster vier Covid-19-Patient:innen auf der Intensivstation behandelt, zwei davon müssen beatmet werden.

+++ Seit Dienstag sind zwei weitere Menschen an oder mit einer Covid-19-Infektion gestorben, das meldet die Stadt auf ihrer Website. Insgesamt sind seit Pandemiebeginn 235 Menschen aus Münster gestorben.

+++ Innerhalb von einer Woche ist die bundesweite Coronainzidenz um 46 Prozent gestiegen, schreibt der Spiegel. Ob es sich dabei um den Beginn einer neuen Welle handle, könne man erst rückblickend genauer sagen, heißt es in dem Artikel. Gesundheitsminister Karl Lauterbach hingegen ist sich sicher: „Das ist ganz klar der Beginn einer Herbstwelle.“
+++ Ab morgen gelten in Deutschland neue Coronaregeln. Wir haben sie im RUMS-Brief vom 9. September schon zusammengefasst. Das Wichtigste: Busse und Züge des Fernverkehrs dürfen Sie nur noch mit einer FFP2-Maske betreten. (ast)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Münsterland Giro I: Wegen des Rennens werden am Sonntag und Montag etliche Straßen gesperrt. (Stadt Münster)

+++ Münsterland Giro II: Wegen der gesperrten Straßen fahren am Sonntag und Montag viele Busse Umleitungen. (Stadtwerke Münster)

+++ Der Postdienstleister Brief und mehr aus Münster entlässt 200 seiner 650 Mitarbeiter:innen. (WDR)

+++ Im Münsterland werden immer mehr Turnhallen wieder zu Notunterkünften für Geflüchtete. (WDR)

+++ Schüler:innen können sich für den 10. November zum Hochschultag anmelden. (FH Münster)

+++ Am Dienstag beginnen die Aufbauarbeiten für das Pilotprojekt „Beschleunigter Busverkehr auf Weseler Straße“. (Stadt Münster)

+++ Wer ein Stadtwerke-Ticketabo hat, kann damit in den Herbstferien in ganz NRW Bus und Bahn fahren. (Stadtwerke Münster)

+++ Münster hat eine neue Kommunale Seniorenvertretung. (Stadt Münster)

+++ Die beiden katholischen Unternehmen St. Franziskus-Stiftung Münster und Marienhaus-Gruppe, die Krankenhäuser und Senioreneinrichtungen betreiben, dürfen fusionieren. (St. Franziskus-Stiftung)

+++ Fachleute des Ruhrverbands untersuchen nächste Woche den Fischbestand im Aasee. (Stadt Münster)

+++ Wegen falsch entsorgter Batterien und Akkus hat es auf der Anlage der Abfallwirtschaftsbetriebe letztes Jahr mehr als 50-mal gebrannt. (Stadt Münster)

Unbezahlte Werbung

Heute geben wir hier den Tipp eines Lesers weiter, der uns wärmstens den Bioladen CousCous empfohlen hat. Das Geschäft liegt ganz zentral und doch etwas versteckt: an der Achtermannstraße, gegenüber vom Cuba Nova. Wir kannten es selbst noch nicht, aber nachdem unser Leser so davon geschwärmt hatte, sind wir gleich mal vorbeigefahren. Und wir waren sehr angetan: ein Sortiment, das alles Notwendige umfasst, freundlicher Service und ausgesprochen faire Biopreise – ein gut begründeter Geheimtipp für den nachhaltigen Wocheneinkauf! (est)

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Fürs Wochenende hat Eva Strehlke ein paar schöne Empfehlungen für Sie.

+++ Im Hot Jazz Club können Sie heute Abend für einen guten Zweck feiern. Der gemeinnützige Verein Tagträumer hat die Nachtschwärmen-Party organisiert. Die Eintrittsgelder gehen als Spenden an Bildungsprojekte in Uganda und Brasilien. Passend dazu kommt auch die Musik aus Afrika und Südamerika. Los geht’s um 23 Uhr.

+++ Im Kreativ-Haus tritt morgen Abend der Mentalmagier Marc Gettmann auf. Tickets gibt es im Vorverkauf für knapp 20 Euro. Noch ein Tipp von uns: Vergessen Sie vor der Vorstellung zur Sicherheit Ihre PIN-Nummern.

+++ Wer Metal mag, ist morgen Abend in der Baracke richtig: Ab 18 Uhr treten hier Phagocyte, For A While und Avalanche Effect auf. Der Eintritt kostet 8 Euro, ein Bier 2 Euro.

+++ Die Weltspitze im Schach macht gerade konfliktreiche Schlagzeilen. Wahrscheinlich weniger skandalös, aber ähnlich spannend wird es ab morgen in der Stadthalle Hiltrup beim Münsterland-Open im Schach. Für Zuschauer:innen ist der Eintritt frei. Wenn Sie mitspielen möchten, müssen Sie je nach Wettkampf zwischen 40 und 70 Euro Startgeld bezahlen. Die Ausschreibung finden Sie hier.

Am Sonntag gibt es keine Kolumne. Aber am Dienstag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße
Constanze Busch

Mitarbeit: Sebastian Fobbe, Ralf Heimann, Eva Strehlke, Antonia Strotmann
Lektorat: Antonia Strotmann

PS

In diesen Zeiten braucht der Mensch ab und zu auch heimelige Nachrichten, zum Beispiel diese: Heute ist der Tag des Deutschen Butterbrotes. Da fragen Sie jetzt vielleicht: „Können Sie das auch belegen?“ Ja, können wir, schauen Sie hier: Sven Giese aus Bonn hat für seine Website kuriose-feiertage.de die ganze Geschichte zusammengetragen, von der Erfindung des Feiertags durch die Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft bis zu den Slogans, die ihn in verschiedenen Jahren begleitet haben. 2008 lautete der: „Achtung, fertig, Butterbrot!“, und dem ist ja nicht viel hinzuzufügen. Seit 2009 gibt es kein Motto mehr, weil sich die Marketing-Gesellschaft aufgelöst hat, aber das Butterbrot wird natürlich weiter gefeiert. Sie können sich ja selbst ein Motto überlegen, unser Vorschlag wäre angesichts der aktuellen Preise: Butter ist, was du drauf machst. (cbu/sfo)

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