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Corona an Schulen: Stadt nennt endlich Zahlen | Adventskalender mit RUMS und Bier | Neuer RUMS-Beitrag
Guten Tag,
für Lehrkräfte, Schüler:innen und Eltern hatte die Stadt gestern eine gute Nachricht: Die Schulen in Münster scheinen keine Corona-Hotspots zu sein. Rund 50 Schüler:innen und sieben Lehrkräfte wurden in den ersten drei Novemberwochen positiv getestet, in Quarantäne befanden sich in diesem Zeitraum etwa 1.500 Schüler:innen sowie rund 70 Lehrkräfte. Gemessen an den 51.513 Kindern und Jugendlichen, die Münsters Schulen besuchen, seien die Infektionszahlen aber gering, schreibt die Stadt in einer Pressemitteilung.
Es stimmt: Die Zahlen deuten nicht darauf hin, dass es in den Schulen besonders viele Infektionen gibt. Viele Beteiligte hätten sich diese beruhigende Nachricht allerdings schon viel früher gewünscht, spätestens in der vergangenen Woche.
Digitale Daten – Auswertung nicht möglich
Ein kurzer Rückblick: RUMS hatte Mitte Oktober bei der Stadt angefragt, wie viele Schüler:innen und Lehrkräfte infiziert und in Quarantäne seien. Auf mehrfache Nachfrage teilte das Presseamt uns Anfang November mit, es könne keine Angaben zu den Quarantänefällen von Lehrpersonal und Schülerschaft schicken. Die Fälle „müssten von Mitarbeitenden im Gesundheitsamt händisch sortiert und dann einzeln gezählt werden“, das sei angesichts des Infektionsgeschehens „derzeit leider nicht zu leisten“.
Das klingt, als müssten die Leute im Gesundheitsamt Zettel aus Ordnern heraussuchen. Ganz so schlimm ist es aber nicht, wie wir vom Presseamt erfahren haben. Die Stadt erfasst die Daten digital und übermittelt die über die Software „SurvNet“ an das Robert-Koch-Institut (RKI) sowie Behörden auf Landes- und Bundesebene. Die Fälle mit Schlagworten zu versehen und anschließend statistisch auswerten zu lassen, ist mit der Software allerdings offenbar nicht möglich – nach einem Dreivierteljahr Pandemie im 21. Jahrhundert eigentlich kaum zu fassen.
Dass das Gesundheitsamt unter diesen Voraussetzungen Anfang November keine Statistik erstellen konnte, ist aber nachvollziehbar. Zu diesem Zeitpunkt lag die Zahl der Neuinfektionen pro 100.000 Menschen in den vergangenen sieben Tagen (Sieben-Tage-Inzidenz) in Münster über 100, in der ersten Novemberwoche kamen jeden Tag zwischen 34 und 65 Neuinfektionen hinzu. All diese Menschen und hunderte Kontaktpersonen musste die Stadt ermitteln und benachrichtigen. Da blieb wahrscheinlich wirklich keine Zeit, Fälle zu den Schulen herauszusuchen und zusammenzuzählen.
Bezirksregierung gibt irritierende Tipps
Eltern, Schüler:innen und Lehrer:innen machten sich natürlich dennoch Sorgen, und nicht nur wir, sondern auch unsere Kolleg:innen von den Westfälischen Nachrichten fragten weiter nach, wie es an den Schulen denn jetzt aussieht. Die Bezirksregierung nahm das große öffentliche Interesse zum Anlass, den Schulleitungen einige – vorsichtig formuliert – irritierende Tipps für ihre Corona-Kommunikation an die Hand zu geben.
„Nachfragen sind für Sie eine gute Gelegenheit, Ihre Schule positiv darzustellen“, heißt es in dem Merkblatt, das unter anderem beim WDR gelandet ist. „Eltern, die in Sorge um ihre Kinder sind, Lokalpolitiker:innen unter Druck und nicht zuletzt Ihre Kolleginnen/en wollen nicht hören, dass Sie Zweifel haben – sondern, dass Ihre Schule ein sicherer Ort ist! Entsprechend sollten Sie diese Botschaft verstärken.“
Mit diesen Tipps schoss die Bezirksregierung ein kommunikatives Eigentor, inzwischen berichten schon überregionale Medien über das Papier. Kein Wunder. Diese Sätze klingen doch ziemlich nach Schönrederei und vor allem nach Bevormundung. Eltern, die in Sorge um ihre Kinder sind, wollen ja schließlich nicht einfach beruhigt werden, als wären sie selbst kleine Kinder. Mitten in einer bedrohlichen und irgendwie immer noch kaum begreifbaren Pandemie wollen sie wissen, wie groß das Risiko ist, dass ihre Söhne und Töchter sich in der Schule anstecken. Anfang dieser Woche forderte die Stadtelternschaft, die Stadt möge doch bitte endlich über die Infektionszahlen an den Schulen informieren, und zwar ab jetzt wöchentlich. Jetzt muss das Gesundheitsamt sich doch die Mühe machen, die Fälle zusammenzutragen.
Luftfiltergeräte stören nicht
Der Vollständigkeit halber hier noch die übrigen guten Nachrichten von der Stadt: Mit den Luftfiltergeräten sei man zufrieden, sie seien auch nicht so laut, dass sie den Unterricht stören. Klassenbucheinträge sind also nicht nötig. Seit dem 12. November beginnt der Unterricht an neun Gymnasien eine halbe Stunde später als üblich, damit die Schulbusse nicht so voll sind. Das sei eine logistische Herausforderung gewesen, funktioniere aber im Großen und Ganzen.
Rein digitaler oder sogenannter Wechselunterricht, zu dem jeweils nur die Hälfte einer Klasse ins Schulgebäude kommt, sei für Münster kein Thema. Diese Möglichkeiten seien nur für Regionen mit einem „dramatischeren Infektionsgeschehen“ vorgesehen, also für Städte und Kreise mit einer Inzidenz von über 200.
Davon ist Münster glücklicherweise weit entfernt. In den vergangenen sieben Tagen bekamen 56,8 von 100.000 Einwohner:innen ein positives Testergebnis. Damit gilt Münster zwar immer noch als Risikogebiet, steht im Vergleich zu vielen anderen Städten und Kreisen in Nordrhein-Westfalen aber recht gut da: Hagen meldet heute eine Inzidenz von 254, Hamm 245. Die schlechte Nachricht: Seit Dienstag sind vier weitere Menschen aus Münster gestorben, die mit dem Coronavirus infiziert waren, ein 70-jähriger und ein 91-jähriger Mann sowie zwei 87-jährige Frauen.
Debatte ohne Ende: Wie sicher sind die Schulen?
Noch einmal zurück zu den Schulen und der endlos scheinenden Debatte über die Infektionsrisiken. Sind die Schulen nun sicher – oder treiben sie die Pandemie im Gegenteil sogar an? Die Redaktion „ARD-Faktenfinder“ hat zu dieser Frage einige Zahlen und Studien zusammengetragen und analysiert. Das Ergebnis deckt sich etwa mit der Antwort, die das Robert-Koch-Institut schon vor einigen Wochen gegeben hatte. Die Schulen sind weder starke Pandemie-Treiber noch absolut sichere Orte. Je stärker das Infektionsgeschehen insgesamt, desto mehr Fälle gibt es eben auch an Schulen.
Und noch ein letzter Tipp zum Thema: Die Zeit hat auf ihrer Internetseite einen Rechner veröffentlicht, mit dem Sie das Ansteckungsrisiko in Schulklassen, aber auch bei privaten Weihnachtsfeiern ermitteln können. Sie können zum Beispiel die Raumgröße und die Anzahl der Personen verändern und sehen, wie viele Menschen sich laut Modellrechnung bei einem infizierten Gast anstecken würden. Die Angaben sind natürlich Durchschnittswerte. Mit viel Glück steckt sich trotz des Risikos niemand an, mit viel Pech kann eine Feier zum Superspreader-Event werden.
+++ Das Landgericht Münster hat heute das erste Urteil im Missbrauchsprozess gesprochen. Der 53-jährige Angeklagte aus Norderstedt, der im vergangenen Sommer den Ziehsohn des Hauptangeklagten aus Münster missbraucht hat, wurde zu drei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt. Wie die Westfälischen Nachrichten berichten, hatte die Staatsanwaltschaft eine Haftstrafe von dreieinhalb Jahren gefordert. Das Gericht hielt dem Angeklagten jedoch unter anderem zugute, dass er die Tat eingeräumt und Angaben zu weiteren Beschuldigten gemacht hatte. Dem minderjährigen Opfer blieb es deshalb erspart, vor Gericht aussagen zu müssen.
+++ Erst seit Montag mussten alle, die in Münsters Schulen lernen und unterrichten, einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Heute hat das Verwaltungsgericht diese Regel schon wieder gekippt. Ein Lehrer hatte gegen die Verfügung der Stadt einen Eilantrag eingereicht, dem das Gericht stattgab. Es sei unverhältnismäßig, dass die Lehr- und Betreuungskräfte auch dann eine Maske tragen müssten, wenn sie einen Mindestabstand von 1,5 Metern einhalten können. Die Infektionszahlen seien gesunken und deuteten darauf hin, dass sich die Lage stabilisiere.
Die Stadt Münster reagierte umgehend. Man werde gegen das Urteil Beschwerde einlegen, heißt es in einer Pressemitteilung. „Nach Auffassung der Stadt zeigt die Alltagswirklichkeit an den Schulen, dass der Mindestabstand von 1,50 Metern im Unterrichtsgeschehen zu oft nicht eingehalten werden kann. In der Folge werden in Münster immer wieder ganze Klassen in die Quarantäne geschickt“, schreibt das Presseamt. Die Maskenpflicht bleibe deshalb trotz der gesunkenen Infektionszahlen „der entscheidende Baustein“ des Anti-Corona-Konzepts.
+++ Seit dem Beginn des „Lockdown Light“ am 5. November haben Polizei und Ordnungsamt mehr als 1.000 Verstöße gegen die Maskenpflicht in der Innenstadt und rund um den Hauptbahnhof festgestellt. Die Mitarbeiter:innen haben allerdings kaum Bußgeldbescheide ausgesprochen, sondern vor allem auf Aufklärung gesetzt, teilt die Stadt mit. Nur rund 80 Menschen, die keine Maske trugen, wurden angezeigt und mussten zwischen 50 und 150 Euro Bußgeld zahlen. Dazu kommen zehn Anzeigen, weil sich Menschen aus mehr als zwei Haushalten getroffen haben, hierfür wurden jeweils 250 Euro Bußgeld fällig. In ebenfalls zehn Fällen verhängte die Stadt ein Bußgeld von jeweils 500 Euro wegen der ordnungswidrigen Ausübung der Prostitution. Weitere 15 Anzeigen erfolgten wegen Verstößen gegen Hygienevorschriften im Gastrobereich (1000 bis 2000 Euro).
Ich kann es selbst kaum glauben, aber heute kann ich Ihnen für die nächsten Tage gleich zwei lokale Kulturevents ankündigen. Sie finden natürlich ausschließlich online statt. Aber daran haben wir uns inzwischen ja einigermaßen gewöhnt.
+++ Das Literaturzentrum in der Burg Hülshoff setzt dem heutigen Shopping-Black-Friday am Wochenende „Kultur statt Konsum“ entgegen. Beim digitalen Mini-Festival „Black Saturday“ können Sie Literatur und Musik von nicht-weißen Künstler:innen hören. Die Lesungen und Konzerte sind schon aufgezeichnet worden. Sie können sie zwischen 15 Uhr am Samstagnachmittag und 4 Uhr am Samstagmorgen abrufen, wenn Sie vorher ein Ticket für 5 Euro kaufen. Alle Informationen zu Programm und Anmeldungen finden Sie hier.
+++ Wenn Sie sich für Musik und/oder Dunkle Materie begeistern, dann sollten Sie am Sonntag um 18 Uhr in der Cuba Black Box vorbeischauen. Also auch online, wissen Sie ja. Die Sängerin Anna Stern und der Musiker Michael Kolberg spielen ein einstündiges Intermedia-Konzert frei nach Gedichten amerikanischer Lyriker, dazu gibt es eine Live-Videoprojektion. Mehr können Sie hier nachlesen, und hier geht’s am Sonntag direkt zum Livestream.
Hier geht es heute rund, denn ich habe nicht einen, nicht zwei, nein – ich habe gleich drei Tipps für Sie. Und zwar drei sehr schöne Adventskalender, von denen Sie sich einen aussuchen können. Falls Sie genau so ein Weihnachtsfan sind wie ich, können Sie natürlich auch alle nehmen.
- Hinter den Türchen des digitalen Adventskalender.ms verstecken sich zum Beispiel Gutscheine und Rabatte für Lieferdienste von Gastronom:innen aus Münster, für ein Training im Fitnessstudio oder für eine Stunde Pool Billard. An den Preisen erkennen Sie vielleicht schon, was die Idee dieses Kalenders ist: Ein großer Teil des Kaufpreises (der Kalender kostet 99 Euro) geht an Unternehmen, Künstler:innen und Dienstleister:innen, die im Moment kaum oder gar keinen Umsatz haben. Zehn Prozent werden an das Wohnnest der Lebenshilfe gespendet. Und das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss: Hinter einem Türchen jedes Kalenders verbirgt sich eines unserer ganz neuen RUMS-Geschenkabos. Wie Sie diese Abos bekommen und verschenken können, erzählen wir Ihnen in unseren nächsten Briefen.
- Auch beim traditionellen Online-Adventskalender von der Stadt und dem Verein Bürgernetz macht RUMS mit: Ein Geschenkabo wird verlost, wir wünschen viel Glück!
- Mein dritter Tipp hat leider nichts mit RUMS zu tun, aber dafür mit Bier: Der Haifischbar Bier-Adventskalender. Die Sache ist schnell erklärt: Sie kaufen ihn für 75 Euro und bekommen 24 Biersorten, die Biersommelier Lenny für Sie ausgesucht und beschrieben hat. Prost.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Im März schlossen wegen Corona vorübergehend die Obdachlosen-Einrichtungen. Die Stadt richtete daraufhin für Menschen ohne eigene Wohnung auf einem Stadtwerke-Parkplatz am Albersloher Weg einen Ort ein, an dem sie sich tagsüber aufhalten konnten. Die Zeltstadt war ein Provisorium. Freie Träger kümmerten sich um die Obdachlosen. Die Stadt zahlte. Aber irgendwann stiegen die freien Träger aus. Wieso das passierte, dafür gibt es unterschiedliche Erklärungen. Was sich sicher sagen lässt: Die neue Lösung für den Winter, eine Tagesunterkunft in der Turnhalle der Wartburgschule in Gievenbeck, ist nicht optimal. Hinzukommt: Es ist keine Dauerlösung. Edina Hojas hat für RUMS dort recherchiert – den Artikel können Sie auf unserer Website lesen. Sie traf unter anderem einen Menschen, der mit der Corona-Pandemie zuerst seine Jobs und dann seine Wohnung verlor – und der nun auf die Situation der Obdachlosen aufmerksam machen möchte.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Haben Sie ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Constanze Busch
Mitarbeit: Ralf Heimann, Marie Schwesinger
PS
Ich bin normalerweise sehr gerne und sehr viel auf Reisen. In diesem Jahr, Sie ahnen es, nicht. Ich habe vier Anläufe unternommen, herausgekommen sind null Reisen. Zweimal war Lockdown, einmal Quarantäne und einmal war am geplanten Urlaubsort alles verboten, außer im Ferienhaus zu sitzen. Das hätte sich dann irgendwie auch nicht gelohnt. Wenn mein Fernweh ganz besonders schlimm wird, höre ich den wirklich sehr tollen Podcast „Radio Reisen“ vom Bayerischen Rundfunk. Es geht um heilige Orte, Nationalparks, interessante Menschen und natürlich um gutes Essen. Hören Sie unbedingt mal rein. Meine Lieblingsfolge ist die über Island. Dort war ich noch nie. Aber auf der Liste „Wenn der ganze Quatsch vorbei ist“ steht es sehr weit oben.
In eigener Sache
Die Bundesregierung möchte verhindern, dass in der deutschen Medienlandschaft irgendwann Lücken entstehen, also Gegenden, in denen keine Berichterstattung mehr stattfindet. Daher hat sie im vergangenen Jahr den übereilten Plan gefasst, Zeitungsverlagen 40 Millionen Euro als Zustellförderung zur Verfügung zu stellen, denn deren Problem ist die teure Auslieferung der Zeitungen. Weil inzwischen aber wohl die Gewissheit gereift ist, dass so eine Förderung nur Strukturen am Leben erhalten würde, die es wahrscheinlich eh nicht mehr lange geben wird, gibt es seit Juli einen neuen Plan. Und der kam sehr überraschend. Die Verlage sollen 220 Millionen Euro bekommen, um den langen Schritt in die digitale Welt zu schaffen. Doch das verzerrt den Wettbewerb zu Lasten von neuen Unternehmen – von digitalen Unternehmen wie RUMS. Daher haben wir zusammen mit anderen digitalen Medienunternehmen einen Verband gegründet, der sich dafür einsetzt, dass die Bundesregierung ihr Fördergeld gerecht verteilt. Unser Gesellschafter Christian Humborg hat darüber mit Zeit Online gesprochen.
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