Die AfD vor dem Oberverwaltungsgericht | Musikschullehrkräfte werden knapp | Unbezahlte Werbung: „Zu Fuß durch Münster“

Porträt von Svenja Stühmeier
Mit Svenja Stühmeier

Guten Tag,

es geht weiter mit dem Verfahren der AfD gegen den Verfassungsschutz. Falls Sie sich nicht mehr ganz erinnern, worum es genau geht: Ralf Heimann hat das im RUMS-Brief zusammengefasst. 

Wie ging es nun weiter?

Heute hat die AfD dem Verfassungsschutz vorgeworfen, die Partei öffentlich zu stigmatisieren, schreibt die deutsche Presseagentur (hier bei der Süddeutschen Zeitung). Und sie hat zwei Zeugen mit Migrationshintergrund angeführt, schreibt Journalistin Annika Leister auf der Plattform X in ihrem Thread zur Verhandlung. Die sollen wohl beweisen, dass die AfD niemanden diskriminiert.

Gestern ging es darum, wie rassistisch und islamfeindlich die Partei ist. Wie genau das ablief, können Sie zum Beispiel bei Spiegel Online nachlesen. Repräsentiert wurde die AfD vom Europaabgeordneten Maximilian Krah.

Warum das denn? „Immerhin muss sich die AfD in Münster gerade gegen den Vorwurf des Extremismus und der Menschenfeindlichkeit verteidigen“, steht bei Zeit Online. „Und Krah gilt in dieser Hinsicht als einer der zuverlässigsten Lieferanten für die Beweissammlung des Verfassungsschutzes.“

Ann-Katrin Müller und Tobias Großekemper beschreiben die Strategie in ihrem Spiegel-Artikel ganz ansehnlich als „Harmlos-Show der AfD“. Konkret klingt das dann zum Beispiel so:

Krah sagt laut Zeit Online: „Das Leben ist bunt, es lebe die Vielfalt.“

Die Aussage des Zeugen und AfD-Mitglieds Alexander Tassis fasst Annika Leister so zusammen: „Menschenfeindliche Grundhaltungen [sind] nicht zu erkennen in der AfD.“

AfD-Vize Peter Boehringer sagt laut Westfälischen Nachrichten: „Es gibt keinen Rechtsruck in der Partei.“

Müssen Sie auch irgendwie an ein Zitat von Walter Ulbricht denken?

Falls Sie eine genauere Betrachtung der Sitzung gestern interessiert: Dazu gibt es einen ausführlichen Kommentar bei „Alles Münster“.

Hier noch kurz etwas Allgemeineres: Die Sache mit der Selbstverharmlosung rechtsaußen ist nichts Neues. Jemand vom „Spiegel“ hat sich gestern zusammen mit Jens-Christian Wagner, dem Chef der Stiftung Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, vor den Fernseher gesetzt und den Auftritt von CDU-Politiker Mario Voigt und Björn Höcke bei Welt TV angesehen. Der zweite AfD-Termin, der gestern durch die Presse ging.

Wagner habe zur Vorbereitung noch einmal einen Aufsatz von Götz Kubitschek gelesen. Der spielt laut Monitor eine ziemlich wichtige Rolle, wenn es um die Medienstrategien der AfD geht. Titel: „Selbstverharmlosung“. Ziele: Die Grenzen des Sagbaren schleichend immer weiter nach rechts rücken. Die Grenzen des Machbaren auch. Strategien: Auf Aussagen anderer Politiker:innen verweisen. Und sich selbst immer wieder als harmlos darstellen, damit man breitere Teile der Gesellschaft erreicht. (sst)

Kurz und Klein

+++ Preußen Münster spielt morgen in Ulm (und Ulm herum) gegen den Tabellenzweiten (Ulm), der zuletzt so mittel drauf war. Ein Sieg und zwei Unentschieden in den letzten drei Spielen. Fehlt im Grunde noch eine Niederlage. Bei einem Sieg bliebe Münster Tabellendritter, also auf dem Relegationsplatz. Der Aufstieg wäre weiter greifbar. Nur wo würde Münster dann seine Heimspiele austragen? Diese Frage ist weiter offen. Enschede kommt offenbar nicht in Frage, weil Ausland. Paderborn auch nicht, weil das Stadion schon doppelt belegt ist, berichten die Westfälischen Nachrichten. Die SPD hofft, so steht es in einer Pressemitteilung, dass es doch irgendwie im eigenen Stadion klappen könnte, wenn es gelingt, kurzfristig zum Beispiel eine ordentliche Flutlichtanlage aufzustellen. Stadt und Verein haben anscheinend immerhin vorläufig die Frage klären können, ob man ohne Umsatzsteuer rechnen kann. Laut Westfälischen Nachrichten ist die Tendenz: nein. Im Gespräch sind aber offenbar höhere Pachtzahlungen des Vereins, die den Bau trotz höherer Kosten möglich machen könnten. Zweites Problem: Für das zur Verfügung stehende Geld will’s offenbar kein Generalunternehmer machen. Man überlege nun, wo man noch sparen kann. Und ein Hinweis noch zum Schluss: Beim VfB Oldenburg läuft auch eine interessante Stadiondebatte. Felix Zimmermann berichtet für die taz. (rhe)

+++ Nach der städtischen Ankündigung im Februar, das Bestelltaxisystem „Loop“ werde  verlängert und ausgeweitet, hat der Verkehrsausschuss das Projekt am Mittwoch zu September beendet. Der Hauptgrund: Das Modell ist zu teuer, verändert im Verkehr aber nur wenig. So steht es im Änderungsantrag, den das Ratsbündnis aus Grünen, SPD und Volt zusammen mit der FDP beschlossen hat. In einfachen Worten: Wenn Fahrgäste im Auto sitzen, dann oft alleine oder die Wagen fahren leer herum. Außerdem nutzen vor allem junge Menschen zwischen 16 und 39 „Loop“ als günstiges Taxi, um sich in der Stadt zu bewegen. Der Idee nach sollte das System aber vor allem Lücken im Busnetz schließen und damit für Menschen da sein, die nicht so mobil sind. Das Problem hatte der Abschlussbericht identifiziert (RUMS-Brief). Das Ratsbündnis will das Ruf-Taxisystem jetzt so ausrichten, dass es die Vorteile von „Loop“ (digitales Bestellen) und Taxibussen (festgelegte Routen) kombiniert, und das in Zusammenarbeit mit der Taxizentrale. Die CDU, die als einzige Partei gegen das Aus gestimmt hatte, schreibt in einer Pressemeldung, das Ratsbündnis vollziehe damit „die Rückkehr zum teuren und problematischen Taxibus-System vergangener Zeiten einen Rückschritt in der Verkehrspolitik“. (rhe)

+++ Nachdem der große Rahmenplan zum Verkehr nun vorliegt, der „Masterplan Mobilität 2035+“, gibt das Rathausbündnis gleich das nächste Konzept in Auftrag: den vierten Nahverkehrsplan. Er soll regeln, in welchem Umfang öffentliche Verkehrsmittel in der Stadt zur Verfügung stehen, und wie Siedlungen, Stadtteile und die umliegenden Orte ans Busnetz angebunden sind. Darum ging es auch schon im dritten Nahverkehrsplan, doch der ist von 2016 und etwas in die Jahre gekommen. Der neue Plan sei „überfällig, um die klimapolitischen Ziele der Stadt zu erreichen“, schreiben Grüne, SPD und Volt in einem gemeinsamen Antrag. (rhe)

+++ Der geplante Verkehrsversuch auf der Straße, die über den Bült führt, wird erst mal nicht stattfinden – jedenfalls nicht, solange an der Weseler Straße gebaut wird. Danach soll die Straße aber „unmittelbar“ gesperrt werden, das hat der Verkehrsausschuss am Mittwoch beschlossen. Grüne, SPD und Volt kommen damit einer Empfehlung der Stadtverwaltung nach, ändern sie jedoch an anderer Stelle. Die Stadt hatte vorgeschlagen, die Straße zwischen Tibusstraße und Neubrückenstraße für den Autoverkehr zu sperren. Das Bündnis hat laut Antrag einen etwas längeren Abschnitt im Blick – vom Neutor bis zur Mauritzstraße. Das bedeutet: Der Bült wäre dann auch dicht. Wann das passieren wird und ob überhaupt, steht allerdings noch nicht fest. Passiert das alles nach den Kommunalwahlen, kann alles auch schon wieder ganz anders aussehen. (rhe)

+++ In der Diskussion um die vorübergehende Versetzung von Lehrkräften ins Ruhrgebiet hat die zuständige Dezernentin Alice Lennartz in dieser Woche in der „WDR Lokalzeit“ über die Situation in Gelsenkirchen gesprochen. „Stand heute werden wir zum neuen Schuljahr 52 Klassen haben, in denen kein Klassenlehrer oder keine Klassenlehrerin da sein wird. Das können wir so natürlich nicht tolerieren“, sagte sie. Dass die Schulen selbst darüber entscheiden, wer für zwei Jahre nach Gelsenkirchen wechseln muss, sei notwendig. Das aus der Ferne zu machen, sei nicht möglich. Man müsse aus der Nähe schauen, wie die Bedingungen und die familiäre Situation aussehe, für wen so eine Versetzung also am ehesten zumutbar sei. Auf die Kritik, dass die Behörde keine Anreize für den Wechsel schafft, ging Lennartz nicht ein. Faktisch bedeutet die Abordnung nach Gelsenkirchen für die Lehrkräfte aus Münster etwa zehn Stunden Fahrtzeit pro Woche mehr. Einen Ausgleich in Form von mehr Geld oder weniger Unterrichtsstunden hat die Behörde nach unseren Informationen bislang nicht angeboten. (rhe)

Musikschullehrkräfte werden knapp

Ein Musikstudium ist anspruchsvoll, zahlt sich aber finanziell oft nicht aus. Die Jobs an Musikschulen sind schlecht bezahlt. Der Nachwuchs fehlt. Und bald gehen auch viele Lehrkräfte in den Ruhestand. Was dann?

In der Diskussion um den Musik-Campus für Münster fällt immer wieder das Wort „Synergien“. Zum Beispiel in Bezug auf Räume, die von Musikhochschule und Musikschule genutzt werden können. Ein anderer Aspekt ist die Sache mit den Lehrkräften. Naheliegend scheint erst einmal, dass Lehrende sowohl an der Hochschule als auch an der Musikschule unterrichten könnten – was auch jetzt schon der Fall ist: Der Dekan der Musikhochschule Stephan Froleyks schreibt, etwa 70 der 120 Lehrenden hätten Aufträge an Musikschulen in der Region.

Eine andere, vielleicht nicht ganz so offensichtliche Idee: Mit dem gemeinsamen Gebäude könnte man eine intensivere Nachwuchssicherung betreiben. Also jungen Menschen, die ein Instrument lernen, gleich zeigen: Guck mal, hier kannst du dich zum Profi ausbilden lassen und selbst im musikalischen Bereich arbeiten. In einem Schreiben von Musikschule, Uni und dem Verein Monokultur heißt das „Künstlerisch-pädagogischer Sog vom Musikkindergarten über Musikschule, Jugendakademie und Musikstudium in den professionellen Bereich“.

Das wäre eine gute Entwicklung, und zwar nicht nur zum Selbstzweck. Profis fehlen insbesondere in Musikschulen. Es kommen zu wenige Lehrkräfte nach.

Warum fehlt das Personal?

Der Verband deutscher Musikschulen hat das Thema seit einigen Jahren auf seiner Agenda. In seiner Erklärung von 2023 schreibt er sinngemäß: Es gehen demnächst sehr viele Lehrkräfte in den Ruhestand. Aber wenn man sich an den Hochschulen umschaut, kämen nicht genug Absolvent:innen nach, die ihre Jobs übernehmen könnten.

Der Verband nennt dafür zwei Gründe: die Arbeitsbedingungen und die Ausbildungssituation.

In Münster gibt es einerseits mit der Musikhochschule eine Institution, die unter anderem zur Aufgabe hat, genau dieses fehlende Personal auszubilden. Andererseits ist die Nachfrage laut Kommunikationsstelle der Stadt „erfreulich hoch“. Während hier etwa 7.000 Schüler:innen an der Westfälischen Schule für Musik angemeldet sind, nehmen an Karlsruhes städtischer Musikschule etwa 3.000 Menschen Unterricht, in Mannheim gut 5.500.

Gleichzeitig mache sich Fachkräftemangel „mehr oder weniger mit bedrohlich werdender Tendenz“ in Münsters Musiklandschaft bemerkbar. In der elementaren Musikerziehung* sei das nichts Neues. Im Instrumentalunterricht allerdings schon. Die Bewerbungslage habe sich „drastisch ausgedünnt“.

Im Elementarbereich und in den Schulkooperationen können die meisten Schüler:innen trotzdem direkt loslegen mit dem Unterricht. Die anderen müssen je nach Unterrichtswunsch ein halbes Jahr bis zu zwei Jahren warten.

Unter welchen Bedingungen arbeiten Musikschullehrkräfte?

Musikschullehrkräfte werden laut Stadt nur sehr selten fest in Vollzeit angestellt. Diejenigen, die eine Festanstellung haben, werden laut Stadt größtenteils nach Entgeltgruppe 9a oder 9b des Tarifvertrags (TVöD) bezahlt. Das sind die niedrigsten Stufen, nach denen Menschen mit Bachelorabschluss entlohnt werden dürfen. Wer in leitender Funktion arbeitet, wird nach Entgeltgruppe 10 entlohnt.

In eine höhere Gruppe zu kommen, ist für Musikschullehrkräfte eigentlich nicht möglich, sagt Stephan Wolke. Er ist stellvertretender Leiter der Musikschule in Hamm. Die Personalverantwortung derjenigen, die in Musikschulen nach TVöD 10 bezahlt werden, sei etwa vergleichbar mit denen, die in anderen Teilen der Verwaltung mindestens nach TVöD 11 bezahlt werden, sagt er am Telefon. Wie das sein kann? Für Musikschullehrer:innen im TVöD gelten andere Regeln.

Und, nun ja, dann war da ja noch die Sache mit der Anstellung in Teilzeit – die ja auch längst nicht für alle Musikschullehrer:innen gilt. An Münsters städtischer Musikschule gibt es etwa 100 Lehrkräfte, die nach TVöD bezahlt werden. Sie unterrichten etwa zwei Drittel der anfallenden Stunden, während 80 weitere Lehrer:innen, die als freie Mitarbeitende für die Musikschule arbeiten, das weitere Drittel übernehmen.

Ist „Arbeiter“ das richtige Wort?

An dieser Stelle ein kleiner Exkurs: In ihrem Sachbuch „Working Class“ (auf Deutsch in etwa: „Arbeiter:innenklasse“) schreibt die Journalistin Julia Friedrichs von einer Art neuen „working class“ (als Abgrenzung vom deutschen Begriff „Arbeiter“, der laut Friedrichs „verbraucht“ ist): „Die working class sieht anders aus als vor hundert Jahren, aber immer noch gilt: Es sind Menschen, die arbeiten, um Geld zum Leben zu haben. […] Menschen, für die gilt: Nettoeinkommen gleich Monatsbudget ohne Rücklagen-Netz und doppelten Familien-Vermögen-Boden.“

Für den Text hat sie einige Menschen über einen längeren Zeitraum begleitet, die viel arbeiten und trotzdem merken: Das Geld reicht nur knapp. Vermögensaufbau? Fehlanzeige. Zum Beispiel Sait, der keine Ausbildung hat und Berlins U-Bahnhöfe saubermacht. Einen Kneipenbesitzer. Und das Paar Richard und Alexandra, sie sind Musikschullehrer:innen und arbeiten auf Honorarbasis.

Beide haben eine lange akademische Ausbildung. Und zählen trotzdem zu Friedrichs „working class“. Gemeinsam verdienen sie (Stand 2021) 3.000 Euro netto im Monat. Damit kommen sie und ihre zwei Kinder vier Wochen lang aus. Solange niemand Urlaub macht, krank wird oder eine Pandemie um die Ecke kommt. Die Erzählung, dass Fleiß und eine gute Ausbildung zu finanzieller Sicherheit führen, trifft inzwischen im Fall von vielen Musikschullehrkräften also nicht mehr zu.

Ideal wäre es ja, die Situation zu verbessern. Welche Ansätze gibt es da? In ihrer Antwort auf unsere Fragen verweist die Stadt darauf, dass der Verband „so offensiv wie möglich“ daran arbeitet, „die Entlohnung nach oben zu korrigieren“. Ideen, die direkt umgesetzt werden, sind zum Beispiel: Musikschulen legen Unterrichtsstunden zusammen, damit die Lehrkräfte nicht so viele Wege zurücklegen müssen. In Schulkooperationen der Musikschule haben Lehrer:innen die Möglichkeit, vormittags zu arbeiten. Und seit Kurzem gibt es 80 Dienst-Tablets.

Was hat man also verändert?

An der Hammer Musikschule war vor gut zweieinhalb Jahren ein Punkt erreicht, an dem es keine Bewerbungen auf Stellen mehr gab. Man musste also was tun. Laut Leiter Stephan Wolke gibt es inzwischen pro Stelle fünf bis sechs Bewerbungen, „die gut sind“.

Es gebe schon seit längerer Zeit fast ausschließlich TVöD- und keine Honorarverträge. Nun gebe es aber Zeitgutschriften für Tätigkeiten, die an vielen anderen Musikschulen nicht gelten. Zum Beispiel Fahrtzeiten zu den Unterrichtsorten, Planungszeit für Veranstaltungen oder mehr Zeit für den Unterricht größerer Gruppen, für die anfallenden Gespräche.** Außerdem wichtig sei den Lehrkräften, genug Vorbereitungszeit für ihren Unterricht zu haben. Und fast alle von ihnen stehen regelmäßig selbst auf der Bühne, ist seine Erfahrung.

Hier geht er im Gespräch auf den geplanten Musik-Campus in Münster ein. Grundsätzlich hält er die Idee für eine Aufwertung für das Personal, verglichen mit den Räumlichkeiten, die es gerade gibt. Und: „Das wäre ein Ort, an dem man auch selbst musizieren kann.“ Die Lehrer:innen aus Hamm müssten tendenziell in andere Städte fahren, um selbst zu musizieren. „Aus einem Musikschulkollegium kann man locker ein Orchester erstellen. Das ist ein kultureller Schatz.“

Problem gelöst?

Nein, leider nicht wirklich. Man kann jetzt entgegensetzen: Wofür braucht es einen Ort zum Musizieren, wenn es schlicht keine musizierenden Lehrkräfte gibt? Denn da war ja noch der zweite Aspekt namens Ausbildung, der eine Rolle spielt in Bezug auf Fachkräftemangel. Lehrer:innen an Musikschulen haben nicht nur mehrere Jahre lang studiert. Sie haben in aller Regel schon als Kind sehr viel Zeit mit Musik und Musikunterricht verbracht. Sie sind also auf Eltern angewiesen, die das fördern – und eben auf Musiklehrer:innen.

Für besonders interessierte und leistungsstarke junge Menschen aus der Region gibt es die Jugendakademie. Die Tendenz der Anmeldungen sei steigend, zurzeit nehmen 25 bis 30 pro Jahrgang teil, schreibt das Kommunikationsamt. Stephan Wolkes Eindruck ist ebenfalls, dass es weiterhin viele talentierte junge Musiker:innen gibt. Nur: Die müssen dann ja nicht alle Musik studieren gehen. Und nicht alle, die Musik studieren, machen das mit dem Ziel, an einer Musikschule zu unterrichten.

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An der Musikschule in Münster arbeiten im Bereich Popmusik mittlerweile auch einige praktizierende Musiker:innen, die laut Stadt „hervorragende Naturtalente“ in der Pädagogik sind. Aber eigentlich sei ein Musikhochschulstudium die Voraussetzung dafür, Musikschullehrer:in zu sein.

An der Musikhochschule in Münster gibt es im Musik-Bachelor und -Master jeweils einen künstlerischen und einen pädagogischen Zweig: Der pädagogische bildet explizit für den Unterricht an Musikschulen aus (wer an allgemeinbildenden Schulen das Fach Musik unterrichten will, studiert Musik auf Lehramt, das ist noch einmal etwas anderes). Im künstlerischen Zweig studieren die, die als Berufsmusiker:in arbeiten wollen.

Studierende sollen Praxis kennenlernen

Der Verband deutscher Musikschulen fordert, dass an den Musikhochschulen pädagogische Studiengänge stärker gefördert und differenziert werden von den künstlerischen. Klar, viele Berufsmusiker:innen unterrichten zusätzlich. Das sind aber Berufsfelder, für die es unterschiedliche Kompetenzen braucht. 

Grob gesagt: Auf großen Bühnen stehen die allerbesten Musiker:innen. Ob sie gut unterrichten oder sich mit Kindern auf Deutsch unterhalten können, ist aber erst einmal nicht so wichtig.

Der Verband schreibt deswegen: schon die Aufnahmeprüfung für pädagogische Studiengänge soll stärker auf musikpädagogische Praxis ausgelegt sein. In Münster gibt es eine zusätzliche Eignungsprüfung, die auf Kommunikationsstil und Persönlichkeit der Bewerber:innen ausgerichtet ist, teilt Dekan Stephan Froleyk mit. 

Außerdem gebe es zwei neue Stellen im musikpädagogischen Bereich, im Wintersemester eine neue Professur für Instrumental- und Gesangspädagogik. Die soll sich dann speziell den Belangen an Musikschulen widmen.

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Die Hochschule versucht mit Kooperationen eine praxisnahe Ausbildung zu schaffen. Und weil Popmusik relevanter für Kinder und Jugendliche an Musikschulen ist, habe man sich bewusst für Popmusik und gegen Jazz entschieden. Alle Studierenden belegten Module, die für „musikalische Patchworkexistenzen“ notwendig seien – also diejenigen, die später sowohl künstlerisch als auch pädagogisch arbeiten.

Es gebe zwar keine Festlegung für die Anzahl von Studierenden im pädagogischen Bereich. Die Bewerber:innen haben allerdings Vorrang vor denen für eine künstlerische Ausrichtung. Momentan studieren gut 150 im künstlerischen, knapp 90 im instrumentalpädagogischen Bereich in Münster.

Es gibt gute Leute – und viele andere Berufschancen für sie

Der künstlerische ist dabei deutlich internationaler aufgestellt: Die Studierenden gehören 33 unterschiedlichen Nationen an. Die meisten haben die südkoreanische Staatszugehörigkeit, das sind etwa ein Drittel. Fast 17 Prozent die chinesische, 15 Prozent die deutsche. Im instrumentalpädagogischen Bereich sind Menschen aus 19 Staaten vertreten, drei Viertel von ihnen sind deutsch. Das sagt natürlich nichts über die pädagogische Fähigkeit einer Person aus, aber etwas über die unterschiedlichen Ansätze der Studiengänge.

Dekan Stephan Froleyks fügt seinen Antworten auf unsere Fragen noch hinzu: Der Verband setze sich zwar schon für bessere Gehälter ein, sollte das aber noch stärker machen. „Für eine typische mittelgroße Musikhochschule sind wir musikpädagogisch sehr gut aufgestellt. Viele erstklassige Absolventen, gerade aus dem Elementarbereich, gehen jedoch mittlerweile in andere Berufe, zum Beispiel ins Kulturmanagement.“

Oder in die Grundschulen, wie Sie in diesem Interview mit Matthias Pannes vom Musikschulverband hören können. Das ist nämlich eine weitere Schwierigkeit: An allgemeinbildenden Schulen ist Lehrkräftemangel auch kein Fremdwort. (sst)

*In einer früheren Version stand: „In der elementaren Musikerziehung (das ist ein Angebot für die ganz Jungen) sei das nichts Neues.“ Wir haben den Satz angepasst, da die elementare Musikpädagogik ein Angebot für alle Altersstufen ist.

**Eine Musikschullehrkraft hat uns nach Veröffentlichung darauf hingewiesen, dass es Zeitgutschriften, die wir im Text als Lösungsansatz aus Hamm vorstellen, auch an Münsters Musikschule gibt. Grundsätzlich sind im TVöD-Vertrag Zeitkontingente für sogenannte „Zusammenhangstätigkeiten“ vorgesehen.

Klima-Update

+++ Bei den „Münsteraner Klimagesprächen“ am nächsten Donnerstag geht es um den „European Green Deal“, also die Strategie der Europäischen Union, bis 2050 klimaneutral zu werden. Gäste sind die Europawahl-Kandidatinnen Sabrina Salomon (CDU) und Madita Fester (SPD) sowie Philipp Mathmann, der für die Grünen kandidiert. Moderieren werden das Gespräch Volkshochschuldirektorin Esther Joy Dohmen und der Landschaftsökologie-Professor Tillmann Buttschardt. Los geht es um 19 Uhr im VHS-Forum am Aegidiimarkt. Und noch eine gute Nachricht zum Schluss: Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung nicht nötig. 

+++ Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) droht mit Fahrverboten, wenn man sich nicht auf eine Reform des Klimaschutzgesetzes einige, berichtet unter anderem der „Spiegel“. Moment. Moment. Noch einmal kurz lesen. Ja, steht da so wirklich. Allerdings spekuliert Wissing offenbar darauf, dass die Koalitionspartner wissen: Das ist in Deutschland nicht zu vermitteln – und die zulässigen Abgaswerte erhöhen. Weiter geht es jedenfalls erst mal wieder wie üblich, mit Ärger in der Koalition: SPD und Grüne reagieren empört. (rhe)

Korrekturen

+++ Noch nie haben wir nach einem Fehler so viel Post bekommen, in jedem Fall schon mal: Vielen Dank fürs aufmerksame Lesen. Wir haben in der „Unbezahlten Werbung“ im RUMS-Brief am Dienstag eine falsche Adresse genannt. Richtig ist: Das Garbo befindet sich an der Warendorfer Straße, nicht an der Wolbecker. Wir haben es korrigiert.

+++ In der Meldung zum Wohnmobiltourismus am Dienstag schrieben wir, die Stadt habe ihre Pläne verworfen, am Wilhelmshavenufer einen Wohnmobilstandort zu bauen, im Gegenzug werde der Campingplatz dort sein Angebot auf 105 Plätze erweitern. Der Campingplatz Münster, um den es hier geht, befindet sich allerdings nicht am Wilhelmshavenufer, sondern an der Werse. Am Kanal gibt es in der Nähe zwar auch einen Campingplatz mit Wohnmobilstellplätzen, der liegt allerdings schon auf dem Gebiet von Greven. 

Ein-Satz-Zentrale

+++ Mit einem Zuschuss von vier Millionen Euro will die Verwaltung freie Träger von Kitas entlasten. (Stadt Münster

+++ 97 Prozent der abstimmenden Verdi-Mitglieder unter den etwa 30.000 Beschäftigten in den kommunalen Verkehrsbetrieben in NRW haben sich für einen unbefristeten Streik im öffentlichen Nahverkehr in den nächsten Wochen ausgesprochen. (dpa via Süddeutsche Zeitung)

+++ Die Stadt will im Erphoviertel, an der Sentruper Höhe und in Pluggendorf Bewohnerparkzonen ausweisen, wo das Parken dann Geld kostet. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Autobahn 1 bei Münster ist von heute Abend bis Montagmorgen gesperrt, weil eine Brücke aufgebaut wird. (WDR)

+++ Das Windrad Loevelingloh, das seit drei Jahren stillsteht, könnte seine Betriebsgenehmigung verlieren und würde dann noch etwas länger stillstehen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Unternehmen „Wind2B“ und die Stadtwerke informieren am nächsten Mittwoch in einer Bürgerversammlung über das große Windrad, das am Autobahnkreuz Süd gebaut werden soll. (Stadtwerke Münster)

+++ Das Startup Akeyi, das Firmen durch Onlinespiele hilft, jüngere Zielgruppen besser zu erreichen, hat sich beim landesweiten Startup-Wettbewerb „NRW Hub-Battle“ gegen sieben Unternehmen durchgesetzt und gewonnen. (Digital Hub Münsterland)

+++ Obwohl sie zu einem Naturdenkmal gehörte, ist die Eiche am Rektoratsweg heute gefällt worden. (Stadt Münster)

+++ Das städtische Wohnungsunternehmen Wohn- und Stadtbau baut auf dem York-Gelände 51 Wohnungen mit sehr viel Holz. (Grüne Münster)

+++ Die Uni Münster ist darüber enttäuscht, dass ihre Elite-Forschungsanträge (Exzellenzcluster) gescheitert sind und kritisiert nun das Auswahlverfahren. (Westfälische Nachrichten)

+++ Polizei und Justiz haben einen großflächigen Stromausfall simuliert, um im Notfall zu wissen, was zu tun ist. (WDR)

+++ Die ersten Friseursalons in Münster verzichten von nun an auf Plastik in Pflegeprodukten. (Westfälische Nachrichten)

+++ Der als Krankletterer bekannt gewordene Mann aus Kinderhaus muss für zwei Jahre und acht Monate ins Gefängnis, nachdem das Oberlandesgericht das Urteil in der Revision geprüft und keine Rechtsfehler gefunden hat. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Bistum Münster hat seinen Ehrenamtspreis ausgeschrieben, bei dem Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, mit insgesamt 10.000 Euro ausgezeichnet werden. (Kirche und Leben)

Unbezahlte Werbung

Wanderführerin Jutta Küdde hat in ihrem Buch „Zu Fuß durch Münster“ zwölf unterschiedliche Spaziergänge durch die Stadt versammelt – und zwar nicht nur für Tourist:innen, sondern auch für alle, die schon länger in Münster wohnen und Neues entdecken möchten. Die Touren, die jeweils ausführlich mit Karte und Beschreibung vorgestellt werden, beginnen und enden immer an einer Bushaltestelle. Sie haben eine überschaubare Länge von drei bis neun Kilometern. Die dazugehörigen Infotexte lenken die Aufmerksamkeit auf spannende Kleinigkeiten am Wegesrand, zusätzlich finden sich Tipps zum Einkehren. Einen Blick ins Buch gibt es hier.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Katja Angenent ein paar Freizeittipps gesammelt und aufgeschrieben:

+++ Beim Langen Freitag können Sie sich heute Abend im LWL-Museum für Kunst und Kultur zum letzten Mal kostenfrei die „Nudes“-Ausstellung über Aktmalerei und Nacktheit in der Kunst anschauen. Das ganze Programm finden Sie hier. Danach wird am Sonntag die Sonderausstellung abgebaut.

+++ Am Samstag und Sonntag wird das Begegnungszentrum in der Meerwiese zum begehbaren Kunstwerk. Die Installation „Gesichertes Gelände“ des Kollektivs Rue Obscure lädt dazu ein, sich in zuvor gebuchten Einzelslots mit Kopfhörern durch eine Szenerie zu bewegen, in der Video, Skulptur, Sound und Narration zusammenfließen. In einem rund halbstündigen Parcours durchlaufen die Besucher:innen sechs Stationen, die auf vielfältige Art und Weise das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt behandeln. Zeitslot-Karten für Samstag gibt es an dieser Stelle, für Sonntag hier.

+++ Lieber Musik oder doch Kaffee und Kuchen? Am Sonntag gibt es im Kulturquartier beides: Um 15 Uhr wird gegessen und getrunken, und im Anschluss, um 16 Uhr, beginnt das Konzert des Ensembles „String Thing“. Das Streichquartett spielt eigene Versionen berühmter Klassiker von Größen wie den Beatles, Sting, Ray Charles oder Santana. Karten erhalten Sie hier.

+++ Am Sonntag richtet die Zukunftswerkstatt Kreuzviertel ein Kirschblütenfest in der Schulstraße aus, mit Musik und einer Kunstausstellung im Anschluss ab 18 Uhr. Das Straßenfest beginnt um 14 Uhr.

+++ Andreas Martin Hofmeir ist nicht nur Gründungsmitglied der Band LaBrassBanda, sondern unter anderem Dozent, Professor am Mozarteum Salzburg und Kabarettist. Der Musiker und seine Tuba Fanny stehen am Montag um 19.30 Uhr zusammen mit dem Sinfonieorchester Münster im LWL-Museum für Kunst und Kultur auf der Bühne. Karten für die „Monday Night Music“ gibt es über das Theater Münster.

+++ Im Landgericht wird am Dienstag um 18 Uhr ein ganz besonderer Schadenersatzprozess verhandelt. Unter dem Motto „Was kostet uns Kant?“ lädt das Philosophische Seminar der Uni zu einer fiktiven Gerichtsverhandlung. Denn das deutsche Recht ist sehr stark durch das Kantische Denken geprägt. In dem Prozess werfen Klägerin und Beklagter die Vor- und Nachteile dieser Prägung in die Waagschale und klären, welche Probleme Kant beschert und welche er gelöst hat.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Genießen Sie das Wochenende.

Herzliche Grüße
Svenja Stühmeier

Mitarbeit: Katja Angenent (kan), Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

In Kinderzimmern findet man ja die unglaublichsten Dinge, aber meistens kann man sagen, wo sie herkommen. Das mumifizierte Schulbrot unter dem Bett zum Beispiel kommt mit ziemlicher Sicherheit aus dem Tornister. Der achtjährige Tristan Heutmann aus Gronau hat am Wochenende allerdings etwas an der Wand seines Zimmers gefunden, von dem bislang niemand sagen kann, wie es dort gelandet oder besser hochgekrabbelt ist: einen lebendigen Skorpion. Das Tier ist inzwischen eingefangen, eingefroren und nach Münster transportiert worden, wo es im Naturkundemuseum liegt, wie der WDR berichtet. Dort soll es bald zur Sammlung gehören. Wie man das Problem mit dem Punkt „Herkunft“ auf der Karteikarte löst, ist noch nicht klar. Zur Not schreibt man eben einfach: Gronau. (rhe)

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