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Gasometer: nächste Runde | Energiekrise: Was, wenn der Strom ausfällt? | Restaurant-Tipp: Alem Mar
Guten Tag,
am Mittwochmittag parkte ein bunt angemalter Transporter mitten auf dem Prinzipalmarkt. Viele junge Menschen hatten sich darum versammelt und die Ladefläche kurzerhand in ein Podium für Redebeiträge umgewandelt. Der Transporter gehört dem Gazokollektiv, das am Mittwoch vor dem historischen Rathaus demonstrierte.
Aber wozu das Ganze? Einige Stunden nach der Demo ging es im Rat der Stadt Münster um den Gasometer, wieder einmal, denn noch immer ist nicht klar, wie es mit dem Industriedenkmal am Albersloher Weg weitergehen soll. Hinter der Debatte steht eine Grundsatzfrage: Soll der ehemalige Gasspeicher als Ort für alternative Kultur in Münster erhalten bleiben oder sollen ihn die Stadtwerke an Investor:innen verkaufen, die darin Büros einrichten?
Eigentlich sollte der Gasometer schon leer stehen, damit sich interessierte Käufer:innen das Gebäude ansehen können. Der Verein Sozialpalast, der den Gasometer bei den Stadtwerken gemietet hatte, ließ aber vor drei Wochen die Schlüsselübergabe platzen, nachdem der Mietvertrag ausgelaufen war, und weigert sich seitdem, den ehemaligen Gasspeicher zu räumen. Dort hatten die Aktivist:innen in den vergangenen zwei Jahren Kulturveranstaltungen organisiert und diesen Ort will das Kollektiv verständlicherweise nicht einfach so aufgeben, vor allem nicht, weil das Gelände nach dem Auszug ohnehin erst einmal brachliegen soll.
Was denken die Anwohnenden?
Dass dort Veranstaltungen stattfinden, scheint aber nicht allen zu gefallen. Leute aus der Nachbarschaft hatten sich über den Krach aus dem Gasometer beschwert (RUMS-Brief vom 7. Oktober 2022). In der Ratsdebatte war wiederholt die Rede davon, dass Anwohnende 200 Unterschriften gesammelt hätten, die sich für ein Ende der jetzigen Nutzung aussprechen.
Für die Gegner:innen des Kulturprojekts ein gewichtiges Argument. Jörg Berens, Fraktionssprecher der FDP im Rat, etwa sagte, der Anwohnerschutz sei ein hohes Gut und das Mietverhältnis sei nie konfliktfrei verlaufen, nach dem Motto: Am Gaso gibt‘s ständig „Halligalli“. Da sei es das gute Recht der Stadtwerke, den Vertrag auslaufen zu lassen.
Katharina Geuking von den Linken hat sich offenbar auch umgehört, aber andere Antworten aus der Nachbarschaft bekommen. Sie sagte im Rat, dass den Anwohnenden eher der Verkehrslärm oder der Krach vom Münsteraner Oktoberfest auf die Nerven gehe. Die Meinungen zum Gasometer seien jedenfalls nicht so eindeutig, wie sie von den Kritiker:innen dargestellt werden, sagte Geuking.
Auch bei uns hatte sich ein Anwohner gemeldet. Der Gärtnermeister Jochen Lehmann-Echternacht schrieb uns, im Viertel unterhalte man sich oft über den Gasometer. Die Menschen, mit denen er spreche, hätten zumindest keine Vorbehalte gegenüber dem alternativen Kulturzentrum, im Gegenteil. Sie seien neugierig und sähen darin einen Gewinn fürs Viertel. Eher bereite die „kommerzielle Vermarktung des Areals durch die Stadt Münster“ der Nachbarschaft Sorgen.
Ein Funke Ehrlichkeit
Allerdings scheint eine kommerzielle Nutzung des Gasometers das Anliegen der Gegenseite zu sein. CDU-Fraktionschef Stefan Weber sagte im Rat, allein schon die Tatsache, dass der Gasometer im Moment faktisch besetzt sei, schrecke Investor:innen ab. Hier ist schon absehbar, wie eine Erklärung aussehen könnte, wenn sich niemand findet, der Büros in den Turm Büros bauen möchte. Entscheidender ist aber wohl ein anderes Argument, das Weber ebenfalls anführte: „Eine dritte Szene neben Hawerkamp und B-Side finden wir zu viel des Guten.“
Der Beschluss am Ende lautete wie erwartet: Die Stadtwerke sollen mit Verein und Kollektiv reden, obwohl das Unternehmen das gar nicht will. Man soll eine Lösung finden, damit die Gruppe zunächst bleiben kann. Dabei kann auch herauskommen: Man hat keine Lösung gefunden.
Dann ist die Frage: Akzeptiert das Ratsbündnis das? Oder zwingt es die Stadtwerke? Dann wäre die Frage: Lassen die Stadtwerke das mit sich machen?
Langfristig soll aber der Investorenwettbewerb stattfinden. Nur ob der auch im Sinne der Kritiker:innen ausgehe, daran haben einige wohl ihre Zweifel. „Ich bin gespannt, ob überhaupt Entwürfe kommen“, sagte SPD-Ratsherr Marius Herwig.
So viel zur ersten Entscheidung aus dem Rat. Was die Politik am Mittwoch sonst noch beschlossen hat, steht weiter unten. Jetzt aber erstmal zu den Nachrichten. (sfo)
+++ Ende kommender Woche treffen sich die Außenminister:innen der G7-Staaten in Münster. Am 3. und 4. November findet der Gipfel im historischen Rathaus statt. Oberbürgermeister Markus Lewe sagte in der Ratssitzung am Mittwoch, das G7-Treffen sei „eine hohe Auszeichnung für unsere Stadt“ und er wolle die Stadt dem Auswärtigen Amt auch künftig als Austragungsort für ähnliche Gipfeltreffen anbieten. Gleichzeitig dämpfte er die Erwartungen an die Konferenz: Man führe dort keine Friedensverhandlungen, vielleicht springe ja „der Spirit des Friedenssaals“ auf die Teilnehmenden über.
Für die Menschen in der Innenstadt bedeutet der Gipfel allerdings vorübergehende Einschränkungen. Der G7-Koordinator der Stadt, Rainer Uetz sagte, dass Sicherheitszonen auf Teilen des Prinzipalmarktes, Domplatzes und auf dem Weg zum LWL-Museum für Kunst und Kultur eingerichtet werden. Wer sich bei der Polizei anmelde und einen Bedarf nachweise, könne sich hinter die Absperrung begeben. Wo sich genau diese Sperrzonen befinden, steht in einer Pressemitteilung der Polizei Münster. Für weitere Einschränkungen könnten auch Demonstrationen sorgen, die am Rande des G7-Gipfels stattfinden, sagte Uetz. Dazu später mehr. (sfo)
+++ Aber nicht nur in der Innenstadt werden Sicherheitszonen eingerichtet. Auch die Hotels, in denen die Außenminister:innen, ihre Mitarbeiter:innen sowie die mehr als 200 Journalist:innen aus aller Welt übernachten, werden abgesichert, sagte Rainer Uetz. Die Westfälischen Nachrichten berichteten schon über einen Ansturm auf die Hotels in Münster. Allein das Auswärtige Amt hat alle 224 Betten im Atlantic Hotel gebucht. Das ist für die Hotellerie, die nach zwei Coronajahren herbe Umsatzverluste erlitten hat, sicherlich eine gute Sache. Aber: Das Ganze hat auch eine Kehrseite. Weil die Notunterkünfte zurzeit ausgelastet sind, bringt die Stadt Wohnungslose vorübergehend in Hotels unter. Wie uns das Presseamt auf Anfrage mitteilt, betraf das vergangene Woche 18 Menschen in Münster. Sie müssen ihre Zimmer jetzt für die G7-Teilnehmenden freimachen. Dafür organisiere die Stadt jetzt Umzüge, um die Wohnungslosen „unkonventionell und mit erheblichem Aufwand in den derzeit verfügbaren Unterkünften“ unterzubringen. Aber was soll das konkret bedeuten? Werden einfach Feldbetten in die Schlafräume oder auf den Flur gestellt? Das sagt uns das Presseamt auf Nachfrage nicht. Sondern nur, dass es zu einer „kurzzeitigen Überbelegung“ kommen kann. Nach dem G7-Gipfel würden die Wohnungslosen wieder in die Hotels ziehen, sollte kein Zimmer in einer Einrichtung frei werden. (sfo)
+++ Das G7-Treffen in Münster löst auch ein gewisses Demonstrationsreigen aus. Anfangen will die Initiative sozial-ökologischer Wandel mit einer Kundgebung „5 vor 12 für den sozial-ökologischen Wandel“ um 11:55 Uhr in der Stubengasse. Die Initiative fordert „Mut, Entschlossenheit und Solidarität“ und das Einhalten des 1,5-Grad-Klimaziels. Sie wollen sich mit der grün-feministischen Verteidigungspolitik von Außenministerin Annalena Baerbock solidarisieren. Das Demonstrationsbesteck sollen viele Sonnenblumen sein. (jgn)
+++ Um 14 Uhr schließt sich die Kundgebung Verhandeln statt schießen! Frieden schließen! der Münsteraner Friedensinitiativen an. Sie sehen einen „weltweiten Aufrüstungswahnsinn“ auf uns zukommen, der die Gefahr eines dritten Weltkrieges, sogar eines Atomkrieges, erhöhe. Sie fordern von den G7 eine Bereitschaft für Friedensverhandlungen mit Russland. Die Kundgebung soll mit einer Vorkundgebung beginnen. Die Hauptkundgebung ist von 16 bis 19 Uhr geplant. Ob die Versammlung wirklich auf dem Prinzipalmarkt stattfindet, ist noch nicht bekannt. Die Kooperationsgespräche mit der Polizei laufen noch. (jgn)
+++ Die Münsteraner Ortsgruppen von Fridays for Future, Greenpeace, Seebrücke und der Klima Entscheid rufen unter dem Motto „Global Climate Justice – Diese Welt gehört nicht nur den G7!“ zu einer Klimademonstration auf. „Vor allem Menschen aus dem globalen Süden spüren schon heute die Auswirkungen des Klimawandels, aber auch ärmere Menschen in den G7-Staaten sind stärker betroffen und werden bei politischen Entscheidungen oft nicht ausreichend bedacht,“ so erläutert Philipp Voß von Greenpeace Münster die Beweggründe für die Demonstration. Konkret fordern sie den „Abbau der sozialen und globalen Ungerechtigkeiten“ durch konkrete Maßnahmen zur „Bewältigung klimabedingter Schäden vor allem im globalen Süden“. Ebenso sollen die fossilen Abhängigkeiten abgebaut werden und der Kohleausstieg in allen G7-Staaten bis 2030 vollzogen sein. Um eine globale Gerechtigkeit herzustellen, sollen die weiterhin existierenden kolonialen Ausbeutungsstrukturen abgebaut werden und die Menschenrechte global geachtet werden. Gastredner bei der Auftaktveranstaltung am Schloss wird Volker Quaschning, Professor für Regenerative Energiesysteme und Gründungsmitglied der „Scientists for Future“ sein. Die Demonstration beginnt um 16 Uhr auf dem Schlossplatz. Der WDR meldet, dass es am Donnerstag davor und am Freitag noch neun weitere Demonstrationen und Kundgebungen gibt. (jgn)
+++ Weil in der nächsten Woche aller Voraussicht nach viel demonstriert wird („aktuell verdichtet sich die Erkenntnislage“), rät die Polizei, am Donnerstag und Freitag viel Zeit einzuplanen, wenn Sie irgendwas in der Stadt vorhaben – zum Beispiel mit sechs Außenministern über die Weltlage diskutieren. (rhe)
+++ Die Stadt Münster hat eine Website mit Fragen und glücklicherweise auch Antworten zum G7-Treffen in Münster angelegt. Und wenn man dort auf die Frage klickt, welche Straßen denn gesperrt sein werden, erscheint ein Link zur G7-Website der Polizei, die glücklicherweise nicht auf eine weitere Behörde verweist, sondern lediglich auf Liste mit Meldungen, aus der man sich dann nur noch die richtige heraussuchen muss. Und hier schon die Lösung: Es ist die vom 29. September. (rhe)
+++ Was gibt’s sonst noch? Ach ja, Scharfschützen auf den Dächern. Ganz normale „Routine-Maßnahme“, „wie beim Katholikentag“, sagt Polizeipräsidentin Alexandra Dorndorf laut einer Mitteilung der Stadt. Natürlich. Scharfschützen auf den Dächern. Ganz normale Routine. Warum fragen wir überhaupt. (rhe)
+++ Falls Sie am nächsten Mittwoch oder Donnerstag Ihre neue Drohne ausprobieren wollen, Tipp von uns: besser nicht in der City. (rhe)
+++ Der Oberbürgermeister hat am Freitag bei einer Pressekonferenz den Satz gesagt: „Wir haben immer gewollt, dass der Friedenssaal kein Museum ist.“ Da könnte man jetzt natürlich einwenden: Vielleicht muss das Stadtmarketing die Angabe auf seiner Website dann einfach korrigieren. Aus aktuellem Anlass aber vielleicht noch eine Information, die man bei einer Führung im Friedenssaal bekommt: Hier wurde zum ersten Mal in der Weltgeschichte ein Krieg an einem Verhandlungstisch beendet, was damals vorher kaum jemand für möglich gehalten hätte. Unklar ist weiter, ob die G7-Gäste am Sonntag beim Abschlussstatement mit einem Zaunpfahl in die Kamera in Richtung Russland winken werden. (rhe)
+++ In der Ratssitzung am Mittwoch berichtete Ordnungsdezernent Wolfgang Heuer von der Arbeit des Energiekrisenstabs der Stadt. Weiter unten gehen wir ausführlich auf seine Äußerungen ein, an dieser Stelle nur ein kurzes Update zu den Sparmaßnahmen der Stadt: Münster will dieses Jahr 20 Prozent weniger Energie verbrauchen als im Durchschnitt der letzten drei Jahren. Sonst könnte die Stadt noch viel mehr sparen, sagte Heuer. Der Bund habe Bildungseinrichtungen mit einem Spartabu belegt, das Heuer kritisch sehe. Die städtischen Schulen seien zum Energiesparen bereit, aber könnten ihren Verbrauch wegen der Entscheidung des Bundes nur auf eigene Faust reduzieren. (sfo)
+++ Eine gute Nachricht für Studierende, die im kommenden Jahr ein Praktikum bei der Stadt machen wollen: Ab Januar gibt es eine Vergütung von 500 Euro brutto. Vorausgesetzt, es geht um ein Pflichtpraktikum, das mindestens drei Monate dauert. Das hat der Rat am Mittwoch beschlossen. Die SPD ist damit sehr zufrieden: Ratsherr Thomas Kollmann sagte, er kenne Studierende, die sich bei der Tafel Essen besorgen müssen, weil sie nicht über die Runden kommen. Für sie sei die Vergütung eine Entlastung und für die Stadt Münster eine gute Möglichkeit, sich als Arbeitgeberin zu profilieren. Ratsfrau Katharina Geuking von der Linken sieht das anders: Ihr leuchtet nicht ein, warum nur Pflichtpraktika ab drei Monaten vergütet werden. Am Ende stimmten aber trotzdem alle für den Antrag. (sfo)
Stromausfall in Münster: Sind wir vorbereitet?
Der Punkt auf der Tagesordnung hatte einen harmlos klingenden Titel: „Eingänge und Mitteilungen“. Doch was Ordnungsdezernent Wolfgang Heuer zu berichten hatte, klang ernst. In seinem 15-minütigen Bericht ging es vor allem um eine Frage: Was wird passieren, wenn in Münster für längere Zeit der Strom ausfällt?
Den ersten Schritt bei der Vorbereitung hatte Münster schon Anfang August gesetzt. Damals rief die Stadt einen Krisenstab ein, um die Energiekrise zu bekämpfen, die der russische Angriff auf die Ukraine ausgelöst hatte. Seitdem ist die Versorgungslage in Deutschland gefährdet. Denn der russische Präsident Wladimir Putin setzt Energie als Waffe gegen den Westen ein. Seine Armee greift immer wieder Energieanlagen in der Ukraine an und beschädigt Transportleitungen.
Die Folge: Energie wird zunehmend knapp und dadurch teuer. Allein im September legten die Preise für Strom und Gas um fast 44 Prozent zu. Aber das ist noch nicht alles. Zerstört Russland weiter die Energieinfrastruktur in der Ukraine, könnte das im Extremfall bei uns dazu führen, dass hier irgendwann das Licht ausgeht.
Vorsorge ist besser als Sorge
Und darauf müsse sich die Stadt vorbereiten, unterstrich Krisenstabsleiter Wolfgang Heuer immer wieder in seiner Rede. Die Lage sei ernst, sagte er, „manche sagen sehr ernst“. Niemand könne ausschließen, „dass es im kommenden Winter zu Mangelsituationen kommt“.
Das Problem ist aber: Ein flächendeckender Stromausfall hätte schwere Folgen. Einige Bereiche der Stadt gehören zur kritischen Infrastruktur – dem Teil der Infrastruktur, der eigentlich nicht ausfallen darf. Laut Gesetz gehören dazu neun Sektoren, die für das Überleben notwendig sind. Das sind etwa der Verkehr, die Gesundheitsbranche oder die Versorgung mit Lebensmitteln.
Ein solches Szenario bedeutet für die Stadt: Sie muss dafür sorgen, dass die kritische Infrastruktur auch dann weiter nutzbar ist, wenn kein Strom mehr fließt. Dazu beschaffe die Stadt nun zusätzliche Notstromaggregate, sagte Heuer. Sie sollen bei Energiemangel die Abwasserwirtschaft, die Feuerwehr oder die Informationstechnik versorgen.
Doch die Stadt ist nicht allein für die kritische Infrastruktur verantwortlich. Laut dem Wochenmagazin Stern liegt sogar der Großteil der kritischen Infrastruktur, nämlich 80 Prozent, in den Händen privater Unternehmen. Aus diesem Grund führe die Stadt nun Gespräche mit Einrichtungen wie der Polizei, Krankenhäusern oder Pflegeheimen, um sich nach der Vorbereitung auf einen Stromausfall zu erkundigen, sagte Heuer.
Verwaltung am Limit
All das sei mit hohem Aufwand verbunden, sagte Heuer. Die Verwaltung sei ohnehin stark belastet, der Krankenstand sei ungewöhnlich hoch – möglicherweise weil die Dauerkrisen seit dem Beginn der Pandemie auch das Personal in der Verwaltung an seine Grenzen bringt.
Bei der Vorbereitung auf den Ernstfall stoße die Stadt auf Lücken in den bisherigen Konzepten, die jetzt schnell geschlossen werden müssten, sagte Heuer. Als Beispiel nannte er die Krisenkommunikation. Hier sei eine Frage bisher noch nicht geklärt: Wie erreicht die Stadt viele Menschen, wenn kein Strom mehr da ist und sie auf alle digitalen Kanäle verzichten muss?
Eine zweite Frage ist aber auch noch nicht ganz geklärt: Was kann die Stadt unternehmen, um den Menschen die sozialen Folgen der Energiekrise abzunehmen? Wolfgang Heuer sagte im Rat, dazu wollen das Jobcenter sowie das Sozial- und das Wohnungsamt eine gemeinsame Anlaufstelle schaffen und Prozesse vereinfachen. Das Ziel sei es, die Schwelle für all diejenigen zu senken, denen es unangenehm ist, Sozialleistungen vom Staat zu beziehen.
Energiesperren verhindern
Wie dieses Problem gelöst werden kann, war auch an anderer Stelle Thema im Rat. Anlass dazu gab ein Antrag, den die Linke eingebracht hatte und in dem sie einen kommunalen Maßnahmenplan zur Verhinderung von Energiearmut forderte.
Dieser Plan sollte im Kern drei Punkte beinhalten: ein einmaliges Energiegeld an Einkommensschwache in Höhe von 150 Euro pro Person. Einen Sozialenergiefonds, mit dem Verschuldete ihre Energieschulden ausgleichen können. Und einen Verzicht von Energiesperren aller Energieversorger in Münster über den Winter. Denn schon bei 100 Euro Schulden können die Versorgerfirmen ihren Kund:innen den Strom abstellen (RUMS-Brief vom 26. August 2022).
In der Aussprache zeigten alle demokratischen Fraktionen, dass sie eine Lösung für das Problem der Energiearmut finden wollen. Auch die CDU signalisierte Verständnis für das Anliegen, das hinter dem Linken-Antrag steht. Der Fraktionsvorsitzende Stefan Weber sagte, dass die steigenden Energiepreise vielen Menschen in Münster Sorgen bereiteten. Nur könne Münster als Kommune nichts dagegen unternehmen, argumentierte er: An dieser Stelle müsse der Bund tätig werden. Die Ampelkoalition habe für Bedürftige schon wirksame Entlastungspakete auf den Weg gebracht.
Der linke Ratsherr Ulrich Thoden entgegnete, dass die Stadt Hannover schon seit Jahren einen Sozialenergiefonds habe, der Menschen helfe, die von Stromsperren betroffen sind (RUMS-Brief vom 6. September 2022). Allerdings räumte er ein, dass der Maßnahmenplan einen juristischen Schönheitsfehler hat: Die geforderten Einmalzahlungen kann die Stadt Münster nicht leisten.
Das Energiegeld taucht aus diesem Grund auch nicht im Änderungsantrag auf, den das Ratsbündnis aus Grünen, SPD und Volt zusammen mit der Internationalen Fraktion stellte. Der Kern aber ist identisch mit dem Inhalt des Vorschlags der Linken: Die Stadt soll einen Sozialenergiefonds einrichten, um verschuldeten Menschen unter die Arme zu greifen. Außerdem sollen Energiefirmen in den Wintermonaten möglichst darauf verzichten, säumigen Kund:innen das Gas, Wasser oder Strom abzudrehen.
Es gibt noch einen Unterschied zum Linken-Antrag: Im nächsten Jahr soll der Runde Tisch zur Energiekrise der Stadt regelmäßig tagen, um die „weitere Entwicklung der Energiepreise angemessen begleiten zu können“. Dort versammeln sich alle Institutionen, die Einfluss auf die Folgen der Energiekrise nehmen können.
Mit diesem Zusatzpunkt will die Ratskoalition vorausschauend handeln. Die sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Bürgermeisterin Maria Winkel, sagte dazu, „das dicke Ende“ sei noch lange nicht erreicht. Das komme im nächsten oder übernächsten Jahr und beträfe nicht nur Menschen, die in Coerde oder Kinderhaus wohnen. Viel eher gehe es um Menschen, die bald frieren, weil sie sich schämen, Transferleistungen zu beziehen, sagte Winkel: „Allein deshalb bin ich dafür, dass wir den Sozialenergiefonds prüfen, wenn aus Berlin zu wenig kommt.“ (sfo)
Im RUMS-Brief am Dienstag haben wir ein Wort falsch verstanden und aufgeschrieben: In der Meldung zum Radstellplätzeprogramm war die Rede von „Armlehnbügeln“, in Wirklichkeit sind es Anlehnbügel. Wir haben das korrigiert. (sfo)
+++ Es ist schon wieder eine fragwürdige Studie über die Coronaimpfstoffe erschienen. Danach hat es mehr unerwünschte Begleiterscheinungen bei Impfungen gegeben, als Impfungen schwere Verläufe verhindern konnten. Fachleute kritisieren vor allem die Methodik der Studie. Ihre Kritik: Die Studie bewerte Begleiterscheinungen willkürlich. Die Autor:innen hätten die Daten „mit einem einseitig verzerrten Fokus“ untersucht, zitiert die Tagesschau das Paul-Ehrlich-Institut. Das Forscherteam zählte jedes auftretende Symptom bei einem Menschen nach einer Impfung und verglich die Zahl mit der Anzahl an Corona erkrankten Menschen im Krankenhaus – ohne aber bei den Infizierten genauer auf die Symptome zu schauen. Laut Klaus Überla, Vorstandsmitglied der Gesellschaft für Virologie, gebe es keine belastbaren Hinweise, dass das Impfrisiko den Nutzen übersteigt: „Im Gegenteil, der milliardenfache Einsatz der mRNA-Impfstoffe hat zahlreiche Todesfälle und schwer verlaufende Infektionen verhindert“, sagte er der Tagesschau. (ast)
+++ Die neue Sublinie BQ.1.1 verbreitet sich mit einer rasanten Geschwindigkeit in Deutschland. Zwar verursacht noch immer die Omikron-Variante BA.5 laut aktuellen Angaben des RKI fast jede Ansteckung mit Covid-19, allerdings könnte die Variante BQ.1.1. schon ab dem 10. November hierzulande dominieren, sagte Moritz Gerstung vom Deutschen Krebsforschungszentrum laut Deutschlandfunk. Die Neue Westfälische berichtet, es gebe Anzeichen, dass BQ.1.1 Antikörper besonders effektiv umgeht und dadurch auch für Geimpfte, Geboosterte und Genesene relativ ansteckend ist. Die Virologin Jana Schroeder aus Münster sieht das anders. Sie sagte im Deutschlandfunk, dass BQ.1.1 das Immunsystem nicht komplett austrickst. Gesunde und geimpfte Menschen dürften demnach vor einer schweren Erkrankung oder dem Tod geschützt sein. (ast)
+++ Die Stadt meldet heute 300 Neuinfektionen mit dem Coronavirus in den letzten 24 Stunden. Damit liegt die offizielle Wocheninzidenz in Münster laut Robert-Koch-Institut bei 637 Ansteckungen pro 100.000 Einwohner:innen in den letzten sieben Tagen. 3.080 Münsteraner:innen gelten als nachweislich infiziert. (ast)
+++ Die Stadt verzichtet in der Vorweihnachtszeit auf 50 Lichterketten an Bäumen in der Stadt und eine lange Lichterkette an der großen Lamberti-Tanne. (Stadt Münster)
+++ Die Bezirksregierung verzichtet am Montag darauf, ihre Gebäude aufzuschließen, um Energie zu sparen. (Bezirksregierung)
+++ Stadtwerke-Chef hält einen großflächigen Stromausfall in der Innenstadt nur für den Fall für möglich, dass alle Haushalte ihre Heizlüfter morgens und abends gleichzeitig einschalten. (Westfälische Nachrichten)
+++ Im Falle eines Blackouts in Düsseldorf kommt der Krisenstab des Landes nach Münster. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die ersten einhundert freiwilligen Einsatzkräfte des neuen Heimatschutzregiments üben zwei Wochen lang in Handorf, die Heimat zu schützen. (WDR)
+++ Der Stadtrat hat vier Führungspositionen neu besetzt: die Leitung des Tiefbauamts (Jeff Marengwa), des IT-Dienstleisters Citeq (Holger Nauendorff), die kaufmännische Leitung der Abfallwirtschaftsbetriebe (Christian Wedding) und die Leitung der Villa ten Hompel (Stefan Querl). (Stadt Münster)
+++ Die Stadt will die IT-Ausstattung in 34 Schulen in einem „kommunalen Digitalpakt“ für knapp 19 Millionen Euro verbessern, weil sie sonst die Landesförderung nicht bekommen würden und warten müssten. (Stadt Münster)
+++ Das westfälische Dorf Lünten benennt eine nach Bischof Heinrich Tenhumberg benannte Straße um, weil dieser sexuellen Missbrauch vertuscht haben soll. (Radio WMW)
+++ Der Dom will die nach Erscheinen des Missbrauchsgutachtens gesperrte Bischofsgruft ab nächster Woche wieder öffnen. (Domradio)
+++ Nach Einschätzung des Islamwissenschaftlers Mouhanad Khorchide wird der Religionsunterricht an Schulen in Zukunft nicht mehr getrennt nach Glaubensrichtungen stattfinden. (Evangelisch.de)
+++ Die ersten Anmeldungen für die Ferienbetreuung im nächsten Jahr sind jetzt möglich. (Stadt Münster)
+++ Münster sieht sich (wie eigentlich immer) im Kreis der Vorreiterstädte, diesmal weil die Stadt eine Energieauszeichnung in Gold bekommen hat – und das, wie Nils Dietrich herausgefunden hat, obwohl der Oberbürgermeister im vergangenen Jahr einen dicken Diesel fuhr. (Stadt Münster)
+++ Der Oberbürgermeister schlägt die ukrainische Universitätsstadt Winnyzja als neue Partnerstadt für Münster vor. (Westfälische Nachrichten)
+++ Das Gasthaus Leve bleibt an allen Adventssonntagen geschlossen, weil Personal fehlt. (Antenne Münster)
Ein Hinweis: Das alte Gasthaus Leve wird mit „v“ geschrieben, Oberbürgermeister Markus Lewe mit „w“. Das Gasthaus Lewe, von dem Antenne Münster schreibt, gibt es nicht. Wobei es doch immer wieder zu Verwechslungen kommt („Tach Markus, altes Haus.“). (rhe)
+++ Die Müllabfuhr verschiebt sich wegen Allerheiligen (Sperrgut fällt aus, Recyclinghöfe bleiben geschlossen). (Stadt Münster)
Das portugiesische Restaurant Alem Mar ist eine der besten Adressen für Fischgerichte in Münster. Sehr zu empfehlen sind die portugiesischen Tapas, die das gemütliche Lokal an der Neubrückenstraße serviert. Sehr gut auch: die Weine. Und zum Nachtisch: Besonders lecker ist die hausgemachte Panna Cotta mit Mango.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
+++ Eigentlich hört man bei Podcasts Leuten einfach nur beim Sprechen zu. Dieses Wochenende kann man auch zuschauen, wie so eine Aufnahme entsteht, und zwar beim Podcast Club Live, heute (zu spät) und morgen.
+++ Die Residenz in Hiltrup lädt morgen zum offenen Tanzabend für Standard- und Lateintänze ein – für Profis, Amateure, auch für Menschen, die nicht im Verein sind. 20 Uhr geht’s los. Eintritt: drei Euro.
+++ Am Sonntag um 15 Uhr beginnt die monatliche Führung durch die Dauerausstellung Geschichte – Gewalt – Gewissen in der Villa ten Hompel. Die Teilnahme ist kostenlos, Sie müssten nur eine medizinische Maske mitbringen.
+++ Dann zum Montag. Fast überall Thema: Halloween: Im Hot-Jazz-Club zum Beispiel gibt’s eine Halloweenparty mit Musik aus den Achtzigern und Neunzigern. In der Sputnikhalle wird Gothic-Halloween gefeiert, im Alter Ego (Bergstraße) gibt es für verkleidete Gäste Gratis-Shots und auch im Lilos am Roggenmarkt soll’s gruselig werden. Und ein Tipp, falls Sie mit der Familie unterwegs sind: Im Bennohaus beginnt um 16:30 Uhr ein Kostümwettbewerb, es gibt eine Gruseldisco, eine Greenscreen-Fotoecke, und basteln können Sie auch.
+++ Die Ü-40-Party im Schlossgarten steigt auch am Montagabend und ist halloweenfrei. Um 20 Uhr geht’s los, Eintritt: 15 Euro.
Das waren die Tipps von Eva Strehlke, zum Schluss noch einer von mir:
+++ Gehen Sie raus. Am Wochenende wird es warm. Der Deutsche Wetterdienst erwartet Temperaturen von bis zu 27 Grad. Und falls Ihnen immer noch nichts einfällt: Drehen Sie eine Runde um den Aasee. Stapfen Sie durchs Venner Moor. Besuchen die Rieselfelder. Oder wandern Sie durch die Dörenther Klippen. Die Gelegenheit für solche Ausflüge wird es dieses Jahr nicht mehr oft geben.
Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe
Mitarbeit: Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe), Eva Strehlke (est), Antonia Strotmann (ast)
Lektorat: Antonia Strotmann
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PS
Springen wir zum Abschluss noch einmal kurz zurück an den Anfang des Briefs. Dort habe ich Ihnen geschrieben, dass der Rat die Stadtwerke und den Sozialpalast an einen Tisch bringen will, damit beide Parteien endlich über eine Zwischenlösung für den Gasometer diskutieren. Sonst würde das Industriedenkmal brachliegen, bis ein Investor den ehemaligen Gasspeicher kauft. Und Leerstand gibt es in Münster schon genug, genau genommen mindestens 115 Mal. Woher ich das so genau weiß? So viele leerstehende Gebäude wurden dem Projekt Leerstandsmelder mitgeteilt, das den Leerstand in ganz Deutschland auf einer Karte dokumentiert. Schauen Sie rein. Sie werden verblüfft sein, wo überall in der Stadt Wohngebäude, Büros und Geschäfte leerstehen.
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