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RUMS-Porträt: Der Mann, der dem Zoo Geld spendete | Notdienste für Haustiere: Tiermedizin am Limit | Schocken in der Sentruper Höhe
Guten Tag,
im Augenblick könnte man meinen, mit der Mobilitätswende läuft es ausnahmsweise ganz gut. Die Stadt hat das lang erwartete integrierte Parkraumkonzept veröffentlicht. Zum Masterplan Mobilität ist ein Zwischenbericht erschienen. Und vor der RUMS-Redaktion bringt das Mobilitätsamt gerade ein paar Fahrradbügel auf einem Autoparkplatz an (hier das Beweisfoto von der Baustelle).
Also alles paletti? Leider nein. Heute Mittag hat das Presseamt eine Mitteilung zur WLE-Strecke verschickt. Mit der Strecke soll eine Zugverbindung zwischen Münster und Sendenhorst geschaffen werden, sie gehört damit zum Projekt Münsterland-S-Bahn und soll den öffentlichen Nahverkehr im Münsterland verbessern. Ende 2025 sollten die ersten Züge auf der Strecke hin- und herrollen.
Sollten. Wird das also doch nichts? Ein „zusätzlicher und nicht mehr kompensierbarer Planungsaufwand“ sei laut Pressemeldung dafür verantwortlich, dass der Zeitplan doch etwas nach hinten verschoben wird. Der Zweckverband Nahverkehr Westfalen-Lippe schreibt auf seiner Website, für die Strecke müssten unter anderem die Leit- und Sicherungstechnik verbessert werden, es brauche eine neue Abstellanlage und es müssten neue Signale gebaut und angeschlossen werden. Die Städte Münster und Sendenhorst sowie der Kreis Warendorf reagierten überrascht auf die Verzögerung im Streckenbau.
Am Baubeginn soll immerhin nicht gerüttelt werden, bisher zumindest nicht: Münster und Sendenhorst liegen laut Pressemitteilung im Zeitplan. Fünf neue Haltestellen sollen dann in Münster entstehen: an der Halle Münsterland, in der Loddenheide, in Gremmendorf, Angelmodde und Wolbeck.
Der nächste Termin für die Fertigstellung soll jetzt in die zweite Hälfte des Jahres 2026 fallen. Das ist natürlich ärgerlich. Aber verglichen mit anderen Bahnprojekten sind die paar Monate Verzögerung eine Kleinigkeit. Zum Beispiel der Deutschlandtakt: Der bundesweit harmonisierte Taktfahrplan sollte eigentlich 2030 fertig werden. Gestern gab der deutsche Bahnkonzern bekannt, dass es noch ein bisschen dauern wird, bis er fertig ist. Das neue Zieldatum lautet jetzt: irgendwann im Jahr 2070. (sfo)
+++ In den vergangenen Tagen haben mehrere Medien berichtet, dass viel zu wenig Leute das Schöffenamt bekleiden wollen. Grob zusammengefasst sind die Laienrichter:innen zusammen mit Berufsrichter:innen dafür verantwortlich, über die Schuld und eventuell auch über die Strafe von Angeklagten zu entscheiden. Ein wenig genauer zeigt dieses Video, was das Ehrenamt eigentlich ist, und wer einen detaillierten Erfahrungsbericht sucht, findet ihn im Podcast „Die Wochendämmerung“. In Münster gibt es laut Kommunikationsabteilung der Stadt keine Engpässe bei den Bewerbungen. Insgesamt werden hier 240 Personen gesucht, auf der Vorschlagsliste sollen doppelt so viele stehen. Bisher haben sich etwas über 300 Kandidat:innen beworben, die für die Liste zugelassen worden sind. Sie werden geprüft, damit nicht zum Beispiel Rechtsextremist:innen dieses Amt übernehmen, und anschließend vom Ausschuss am Amtsgericht gewählt. Falls Sie momentan also auf der Suche nach einem Ehrenamt sind: Noch bis zum 31. März läuft die Bewerbungsphase für Schöff:innen am Amts- und Landgericht. Die nächste Wahlperiode geht von 2024 bis Ende 2028. Dort kann man sich übrigens auch als Jugendschöff:in bewerben. (sst)
+++ Knapp 11.000 Verkehrsunfälle hat die Polizei für 2022 verzeichnet. Ein bisschen mehr als 2021, dafür gab es ein bisschen weniger Schwerverletzte und verletzte Kinder. Gut die Hälfte der Verletzten sind Radfahrer:innen gewesen. Und in dieser Gruppe nimmt insbesondere die Anzahl der Pedelec-Fahrer:innen seit einigen Jahren zu, was sich auch auf die Unfallrate auswirkt. Dazu ein kurzer Ausflug in die Niederlande: Dort hat zum Beispiel Sjors van Duren mit seiner Radverkehrsplanung für Nimwegen besondere Rücksicht auf Pedelec-Fahrer:innen genommen, damit sie ohne Abbremsen zu müssen und vor allem sicher an ihr Ziel kommen. In Münster bietet die Polizei Präventionstrainings auf dem Pedelec-Simulator an – hauptsächlich für ältere Menschen. In der Ersti-Woche versucht sie hingegen, junge Menschen vom E-Scooter-Simulator zu überzeugen. Die Elektroroller tauchen schließlich auch vermehrt in der Statistik auf. 112 Mal war eine Person auf dem E-Scooter in einen Unfall verwickelt, 2021 waren es noch 82. (sst)
+++ In der Stadtbücherei gibt es jetzt eine „Bibliothek der Dinge“. Dort können Sie Gegenstände ausleihen, die Sie womöglich nicht zu Hause im Abstellraum haben – aber in manchen Situationen händeringend suchen. Zum Beispiel eine Lochzange, das vollständige Werkzeugset oder ein Otamatone. Das elektronische Musikinstrument finden Sie genau wie die anderen Gegenstände unter www.mitmachbar.de. In der nächsten Zeit soll sich das Angebot noch vergrößern. Um etwas auszuleihen, brauchen Sie nur einen Büchereiausweis. Und falls Sie nicht fündig werden, können Sie auch in der Leihothek nachgucken. (sst)
Münsters Studierende müssen ab dem kommenden Wintersemester gut 20 Euro mehr für den Sozialbeitrag zahlen. Das ist der Teil des Semesterbeitrags, den Studierende an das Studierendenwerk zahlen und es damit zum Teil finanzieren. Die Erhöhung von knapp 100 auf 120 Euro sei notwendig, damit das Studierendenwerk weiterhin bezahlbaren Wohnraum und gesundes Essen in den Mensen anbieten kann. Der Geschäftsführer des Studierendenwerks, Christopher Holtwitsch, findet das nicht gut: „Dauerhaft muss das Land die Studierendenwerke auskömmlich finanzieren, damit sich die finanzielle Belastung nicht immer stärker auf die Schultern der Studierenden verlagert“, kommentiert er in der Pressemitteilung.
So sieht es auch der Allgemeine Studierendenausschuss. Er kritisiert, dass die Landesregierung nicht ausreichend Zuschüsse zur Verfügung stellt. Das Studierendenwerk hätte mit mehr Studierenden, Lohn- und generellen Preissteigerungen höhere Ausgaben. Und die belasten schließlich auch die Studierenden, die nun weitere Kosten erwarten. Auch die Juso-Hochschulgruppe hatte schon vor einigen Tagen eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der sie ähnliche Kritikpunkte aufgreift.
Der grüne Landtagsabgeordnete Robin Korte verweist auf zusätzliche Hilfen, die den Studierendenwerken neben der Zuschusserhöhung von 3 Prozent zukommen. Die Landesregierung stellt 10 Millionen Euro zur Verfügung, um gestiegene Energie-, Rohstoff- und Lebensmittelpreise zu kompensieren. 1,7 Millionen gibt es für die Stromversorgung.
Und wie sieht es an anderen Unis aus? In Dortmund liegt der Sozialbeitrag für das Sommersemester 2023 bei 110 Euro, in Bielefeld bei 91. In Bochum zahlen Studierende bereits 120 Euro. (sst)
Beitrag von Martin Hogger am 03.03.2023
Der Mann mit dem Geld
Ein Mann spendet gewaltige Geldbeträge an gemeinnützige Organisationen. Mittlerweile sind ungefähr sieben Millionen Euro. Wer ist dieser Mann? Und woher kommt sein Geld?
Beitrag lesenNotdienste für Haustiere in Münster: Tiermedizin am Limit
Es ist ein Donnerstagmittag, als sich die Hündin von Rebecca Stanka beim Spaziergang in Gremmendorf von der Leine losmacht und auf eine befahrene Straße rennt. Ein Autofahrer erfasst den ungarischen Vorstehhund mit rund 50 Stundenkilometern. Die Hündin röchelt, der Aufprall hat sie offensichtlich am Brustkorb verletzt, so viel ist Rebecca Stanka auf den ersten Blick klar. Sie bringt ihre Hündin deshalb sofort nach Greven, ins nächstgelegene Kleintierzentrum.
Dort erfährt Stanka die Diagnose: Die Lunge ihrer Hündin ist beschädigt und der Brustkorb füllt sich mit Luft. Das Atmen fällt ihr sichtlich schwer. Die Hündin wird behandelt und bleibt über Nacht im Kleintierzentrum, zur Beobachtung. Danach wird sie entlassen.
Zu früh, wie sich schnell herausstellte. „Schon auf dem Heimweg hat meine Hündin viel zu schnell geatmet“, sagt Stanka. Sie vermutet einen Notfall, kontaktiert zunächst den haustierärztlichen Notdienst und macht sich mit der röchelnden Hündin im Kofferraum auf den Weg nach Bielefeld, um ihre Hündin in der Kleintierklinik behandeln zu lassen.
Warum erzähle ich Ihnen diese Anekdote? Vielleicht ist es Ihnen beim Lesen schon aufgefallen: Tierhalter:innen wie Rebecca Stanka haben in Münster keine direkte Anlaufstelle, wenn sich ihr Haustier schwer verletzt. Denn in der Stadt gibt es keine Kleintierklinik, die Notfälle behandelt. Je nach Schwere der Verletzung kann ein Tier auf dem Weg zur nächsten Klinik im schlimmsten Fall sterben.
Immer weniger Kliniken, immer weniger Notdienste
Dieses Problem trifft aber nicht allein auf Münster zu, es ist ein generelles: Im Mai 2022 hat die Bundestierärztekammer eine ziemlich düstere Pressemitteilung zum tierärztlichen Notdienst herausgegeben. Darin heißt es, die Zahl der Kliniken, die einen Rund-um-die-Uhr-Notdienst anbieten, sinke in Deutschland ständig. 2021 wurde außerdem keine einzige Kleintierklinik gegründet.
In der Region sieht das Problem konkret so aus: Die Tierärztekammer Westfalen-Lippe schreibt uns auf Anfrage, vor sechs Jahren habe es noch zwölf Kleintierkliniken in den Regierungsbezirken Münster, Detmold und Arnsberg gegeben. Übriggeblieben sind nur noch zwei Kleintierkliniken im Kammerbezirk: in Bielefeld und Recklinghausen. Die Klinik in Recklinghausen bietet allerdings keinen 24-Stunden-Notdienst an, sondern ist am Wochenende geschlossen.
Die Kammer teilt uns außerdem mit, es gebe kaum noch notdienstbereite Fachkräfte, denn viele Kliniken und Praxen seien mit ihrer Aufgabe schlicht überlastet. Dadurch sei es nicht mehr möglich, an sieben Tagen in der Woche und 24 Stunden am Tag eine Notversorgung für Haustiere aufrechtzuerhalten. Zudem gebe es in Nordrhein-Westfalen keine rechtliche Grundlage, Tierärzte zum Notdienst zu verpflichten. Das sei in allen anderen Bundesländern anders.
Dazu komme laut Kammer ein Grundsatzproblem: Die Notdienste rechnen sich finanziell nicht. Zwar haben Tierarztpraxen eine Gebührenordnung, über die sie Behandlungen fix abrechnen können (und die im November 2022 auch noch einmal gestiegen ist), aber diese Einnahmen allein reichen für den Klinikbetrieb nicht aus.
Wohin das Kliniksterben führen kann, zeigt schon jetzt die Lage in Ostdeutschland. Dort ist die tiermedizinische Notversorgung mittlerweile zusammengebrochen. Und das ist keine Übertreibung: In Sachsen-Anhalt gibt es keine einzige Kleintierklinik, Thüringen hält sich immerhin mit einem Notruf von der Landestierärztekammer über Wasser.
Die einzige Anlaufstelle für Tiernotfälle im Osten ist die Uniklinik Leipzig. Sie muss auch Patient:innen aus Berlin, Brandenburg, Bayern und Hessen aufnehmen, so dramatisch ist die Versorgungslage dort inzwischen. Und mit dieser Arbeit scheint die Uniklinik überfordert zu sein: Anfang Februar hat sie ihren Notdienst auf Sparflamme gedrosselt.
Mythos Tierärztemangel?
Mittlerweile beschäftigt sich die Politik mit dem Notdienstproblem. Susanne Schaper sitzt für die Linke im sächsischen Landtag und ist dort die tierschutzpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Sie sieht die Hauptursache für die kollabierte Notversorgung im Fachkräftemangel: Es gebe einfach zu wenig Tierärzt:innen, deshalb brauche es mehr Studienplätze, argumentiert Schaper.
Ein kurzer Blick in die Statistik: Nach aktuellen Zahlen der Bundesagentur für Arbeit arbeiteten 2021 mehr als 13.000 Tierärzt:innen in Deutschland. Vor neun Jahren waren es noch weit weniger als 9.000. Die Studienplätze sind an allen fünf Standorten in Deutschland voll besetzt. Mehr noch: Das Fach Tiermedizin hat einen NC – es gibt also mehr Bewerbungen als Studienplätze. Fazit: Mit der Personalknappheit allein erklärt sich der Kollaps im tiermedizinischen Versorgungssystem nicht.
Das sieht Anna Schilp ähnlich. Sie ist Tierärztin in Münster und hat zusammen mit anderen Praxisinhaber:innen einen Ringnotdienst gegründet, um Behandlungen im Notfall anzubieten. Durch dieses Angebot sei die Lage in Münster verglichen mit anderen Städten und Regionen einigermaßen gut, sagt Schilp. Eine Magendrehung, bei der jede Sekunde zählt, könne sie zum Beispiel behandeln. Für komplexere Eingriffe seien viele Praxen aber nicht ausgestattet.
„18 Stunden im Dienst“: Die Ursachen liegen tiefer
Woran hapert es dann? Das größte Problem seien die Arbeitsbedingungen in der Tiermedizin, antwortet Schilp. Nach ihrem Studium habe sie eine Vollzeitstelle mit einem Startgehalt von 1.800 Euro angenommen. „Mittlerweile hat sich das aber zum Glück verbessert“, sagt sie.
Zu Beginn ihrer Laufbahn habe es allerdings noch wenig gesetzlichen Arbeitsschutz gegeben. Inzwischen müsse Schilp aber Tierarzthelfer:innen ausgleichsfrei geben und Überstunden im Notdienst bezahlen. „Was absolut richtig ist“, sagt sie. Die Kehrseite dieser Regelungen sei aber, dass sie den Personalengpass in kleinen Tierarztpraxen verschärften und den ohnehin schon unrentablen Notdienst verteuerten.
Hinzu kommt: Die Schichten sind extrem kräftezehrend. „Der tierärztliche Notdienst ist für eine normale Praxis personell schwer zu stemmen und die psychische und physische Belastung der Kolleg:innen ist enorm“, wird Uwe Tiedemann, Präsident der Bundestierärztekammer, in einer Pressemeldung zitiert. Und diese Belastung kann fatale Folgen haben: Einer Studie zufolge ist keine Berufsgruppe so stark gefährdet, an Depressionen zu erkranken oder sich das Leben zu nehmen, wie Tierärzt:innen.
Auch Anna Schilp berichtet von einer enormen Belastung im Notdienst. „Es gab schon Wochenenden, an denen ich 18 Stunden am Stück in der Praxis gestanden habe“, sagt sie. Immer mehr Tiermediziner:innen legten Wert auf Arbeitsbedingungen, die sich gut mit dem Privatleben vereinbaren lassen. Wie die Süddeutsche Zeitung vergangenes Jahr berichtet hat, reduzieren viele Tierärzt:innen ihre Arbeitszeit aus gesundheitlichen oder familiären Gründen. Ein Drittel der Studienabsolvent:innen würden ihren Job in der Praxis oder Klinik für eine familienfreundlichere Alternative an den Nagel hängen.
Noch keine Lösung in Sicht
Die Tierärztekammer Westfalen-Lippe schreibt, sie stünde mit der Landesregierung in Kontakt, um eine Notdienstverpflichtung gesetzlich zu verankern. Dieses Gesetz könnte auch, im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Ausnahmen beinhalten und die Notdienste zeitlich begrenzen. Bestehende Ringnotdienste wie in Münster könnten weitergeführt werden, ohne neue Angebote zu schaffen, schreibt die Kammer.
Anna Schilp sieht in einer verpflichtenden Krankenversicherung für Haustiere einen weiteren Lösungsansatz. Dadurch wäre mehr Geld im System, das nötig sei, um das Personal für die Notdienste zu finanzieren. Und es würde den Halter:innen horrende Tierarztrechnungen ersparen. Damit wären wir wieder bei Rebecca Stanka. Ihrer Hündin geht es wieder gut, sie war übers Wochenende in der Kleintierklinik in Bielefeld und wird in der Praxis von Anna Schilp weiter behandelt. Bisheriger Kostenpunkt für den Notfall: 6.500 Euro. (sfo)
Eine RUMS-Leserin hatte uns auf die Idee gebracht, dieses Thema zu recherchieren. Sie sehen also: Ohne Sie würden es manche Inhalte erst gar nicht in den RUMS-Brief schaffen. Wenn auch Sie einen Hinweis für uns haben, dann melden Sie sich doch einfach per Mail bei uns. Sie können auch unseren anonymen Briefkasten nutzen, falls Sie uns vertrauliche Informationen zuspielen wollen. Wir sind gespannt – und freuen uns auf Ihre Nachrichten!
Korrekturen
Im RUMS-Brief am 17. Februar schrieben wir, dass Münster, Köln und Dortmund Zulagen vereinbart oder einen eigenen Tarifvertrag abgeschlossen haben, um Personal in Kitas besser bezahlen zu können. Das beruhte auf einem Missverständnis und stimmte leider nicht. Wir haben den Fehler korrigiert. (rhe)
+++ Das Fazit der Energie- und Treibhausgasbilanz der Stadt Münster ist wenig überraschend: So geht’s nicht weiter – oder positiv ausgedrückt: Da geht noch was. Von 1990 bis 2021 hat Münster seine CO2-Emissionen um gut 30 Prozent auf etwa 800 Kilotonnen CO2 reduziert. Allerdings haben 1990 auch etwa 40.000 Menschen weniger in Münster gelebt. Pro Kopf ist der CO2-Verbrauch deutlicher gesunken, und zwar um gut 40 Prozent. Gut ist das allerdings noch nicht mit Blick auf das Ziel, Münster bis 2030 klimaneutral zu machen. Ab dem Jahr 2020 hätte die Stadt ihre Emissionen um 180.000 Tonnen pro Jahr reduzieren müssen – in den vergangenen fünf Jahren waren es pro Jahr gerade einmal 25.000. Dazu steht in der Bilanz: „Das bedeutet, dass sich die Klimaschutzambitionen in etwa um den Faktor 7 beschleunigen und intensivieren müssten. Dieser Vergleich gibt Hinweise darauf, wie umfassend und tiefgreifend die erforderlichen Veränderungen zur Zielerreichung sein müssten.“ (sst)
+++ Und wie sähe es damit aus, wenn man jetzt den Konjunktiv wegließe? Das könnte dann im Klimabericht stehen, den der Oberbürgermeister eigentlich einmal im Jahr veröffentlichen soll. Heute Nachmittag hat die Stadt Münster dazu unsere Anfrage über das Informationsfreiheitsportal „Frag den Staat“ beantwortet. Darin listet sie unter anderem alle Berichte und Gutachten auf, die im Zusammenhang mit dem Ziel erstellt wurden. Und die Stadt verweist auf ein Ad-Hoc-Maßnahmenprogramm sowie eine Strategie zur energetischen Sanierung. Tatsächlich wird Münster das Ziel Klimaneutralität bis zum Jahr 2030 kaum erreichen können. Zum einen müsste sie dazu viel mehr machen als bisher – zum anderen ist der Erfolg abhängig von überregionalen Maßnahmen, auf die Münster keinen Einfluss hat. Das bekräftigt auch die Energie- und Treibhausgas-Bilanz. (sst)
+++ Heute hat ein globaler Klimastreik von Fridays for Future stattgefunden, und die münstersche Ortsgruppe war auch dabei. Ihrem Aufruf sind laut einer Fridays-for-Future-Sprecherin ungefähr 4.000 weitere Personen gefolgt, die Polizei hatte bis dato noch keine Zahlen vorliegen. Vom Domplatz ist die Demo in verschiedenen Zügen sternförmig zur Promenade gegangen, um sich dort dann zur „Roten Linie” zusammenzuschließen. Hier und da waren auch rote Kleidungsstücke zu sehen. Die Linie sollte das 1,5-Grad-Limit symbolisieren. „Das war ein logistischer Aufwand, aber es hat gut funktioniert”, sagt die Sprecherin. Zwischenfälle gab es zumindest bis 17.30 Uhr laut Organisationsteam und Polizei nicht. Die Demo hat übrigens nicht zufällig am gleichen Tag wie die Warnstreiks im öffentlichen Nahverkehr stattgefunden: Verdi und Fridays for Future haben sich zusammengeschlossen, um gemeinsam für sozialgerechte und nachhaltige Verkehrspolitik zu demonstrieren. (sst)
+++ Das Forschungsprojekt „Ressourcenplan kommunaler Tiefbau” testet recycelten Asphalt auf der Kanalstraße. Auf einem Kilometer wurden dort im Herbst sechs Asphaltmischungen aufgetragen. Das ist mit etwa 30 Grad niedrigeren Temperaturen geschehen, um hier noch einmal CO2-Emissionen einzusparen. Benjamin Köttendorf aus dem Amt für Tiefbau und Mobilität ist mit den bisherigen Ergebnissen zufrieden. Sein Ausblick: Bald gibt es mehr Straßen mit recyceltem Belag. 2020 gab es übrigens ein ähnliches Projekt der Stadt Münster in Nienberge, bei dem mit sogenanntem Warmasphalt gearbeitet wurde, der ebenfalls eine umweltschonende Variante zum herkömmlichen Asphalt sein soll. (lge)
Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
RUMS-Veranstaltung
Wie es mit Karstadt und Kaufhof in Münster weitergeht, ist noch immer nicht klar. Aber heute Mittag kam schon die nächste schlechte Nachricht, diesmal aus Düsseldorf. Das Modehaus „Peek & Cloppenburg“ steckt in Schwierigkeiten und versucht, in einem Insolvenzverfahren wieder auf die Beine zu kommen, meldete die Wirtschaftswoche. Das Haus in Münster ist nicht betroffen, denn es gehört zum gleichnamigen Schwesterunternehmen in Hamburg. Aber die Entwicklung ist überall ähnlich: Der Handel hat es immer schwerer, und damit bekommen die Innenstädte Probleme. Die Architektin Andrea Schwappach hat in einem Interview mit der „Frankfurter Neuen Presse“ gesagt: „Die Innenstadt muss weg vom reinen Shopping, hin zu mehr Kultur, Bildung, einem anderen Wohnen.“ Am 13. März, dem übernächsten Montag, ist sie ab 19 Uhr in den Räumen der RUMS-Redaktion an der Neubrückenstraße zu Gast. Dort veranstalten wir zusammen mit der Initiative Freihaus einen Gesprächsabend zum Wandel der Stadtzentren. Der Verein Baukultur Nordrhein-Westfalen und der Zentrenfonds der Stadt Münster unterstützen die Veranstaltung. Der Eintritt ist frei.
+++ Am 3. April startet der Vorverkauf für das Deutschlandticket bei den Stadtwerken, ab August soll es dann das 29-Euro-Münsterticket geben. (Antenne Münster)
+++ Die Stadt will das Bewohnerparken im Kreuzviertel, Schlossviertel und in Pluggendorf ausweiten und stärker gegen das Gehwegparken im Hansaviertel, Erphoviertel und im Norden des Südviertels vorgehen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Stadt richtet Sperren an Markweg und Hoppengarten ein, damit sie für Radfahrende und Fußgänger:innen sicherer werden. (Stadt Münster)
+++ Die Bezirksvertretung Südost berät über die Umbenennung zweier Wege in Gremmendorf, die nach dem Genozid-Profiteur Adolph Woermann und dem Kolonialisten Adolf Lüderitz benannt sind. (Westfälische Nachrichten)
(Korrekturhinweis: In einer früheren Version hatten wir die beiden Kolonialherren falsch eingeordnet. Die gesamte Korrektur finden Sie hier.)
+++ Die Stadtwerke verschicken nun Informationen zum neuen Preisabschlag an 80.000 Strom-, Wärme- und Gaskund:innen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Zwölf niederländische Gemeinden der Region Twente unterstützen die Abfallwirtschaftsbetriebe nach dem Großbrand. (Stadt Münster)
+++ Ein Labor aus Münster ist für den Negativpreis „Herz aus Stein“ nominiert, weil dort die Wirkung eines Medikaments gegen Multiple Sklerose an schwangeren Affen erforscht wird. (Ärzte gegen Tierversuche)
+++ Start-ups in Münster wünschen sich mehr Förderung. (Westfälische Nachrichten)
+++ Das Hauptzollamt hat im letzten Jahr gut 1.000 Hinweise auf illegale Beschäftigung und Mindestlohnverstöße ermittelt. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Caritas im Bistum Münster will verstärkt sexualisierte Gewalt an Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen aufarbeiten. (Caritas Bistum Münster)
+++ Um den Museumsbetrieb im Freiluftmuseum gewährleisten zu können, braucht es laut Vorsitz einen dauerhaften städtischen Zuschuss in Höhe von mindestens 160.000 Euro. (Westfälische Nachrichten)
+++ Obwohl im Februar meistens mehr Menschen arbeitslos sind als im Januar, hat die Arbeitsagentur dieses Jahr die gleiche Anzahl verzeichnet. (Arbeitsagentur Ahlen-Münster)
+++ Der Münsterland-Giro wird um vier Jahre verlängert. (Stadt Münster)
+++ Professor Thorsten Marquardt aus Münster hat eine Sonnencreme für Menschen entwickelt, die aufgrund ihrer Krankheit erythropoetische Protoporphyrie bisher nicht ins Sonnenlicht gehen konnten. (Alles Münster)
Frisch gezapftes Bier, selbstgemachte Frikadellen von Chef Henry und Stammgäste, die gemeinsam schocken und knobeln. Das klingt nach einer gemütlichen westfälischen Altherren-Kneipe. Eine der schönsten in ganz Münster heißt Sentruper Höhe. Gemütliche Umgebung, aufmerksames Personal und den ein oder anderen Thekenplausch finden sich in der Waldeyerstraße 81, hinter der Uniklinik. Und falls Sie die Herrentoilette besuchen, schaut Ihnen vielleicht der eine oder andere ausgestopfte Vogel dabei zu.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Heute hat Frieda Krukenkamp für Sie einige sportliche und musikalische Tipps für das Wochenende herausgesucht:
+++ Am Samstag spielt um 14 Uhr Preußen Münster gegen den SV Lippstadt. Tickets gibt es hier.
+++ Oder doch lieber selbst Sport treiben? Am Samstag findet um 9 Uhr der „Wienburgparkrun” statt. Das kostet nichts, Sie brauchen nur die Motivation, früh genug aufzustehen. Die Anmeldung finden Sie hier.
+++ Wenn Sie über 60 Jahre alt sind, Rock und Popmusik mögen und gerne tanzen, dann sind Sie am Samstag im Gleis 22 gut aufgehoben. Bei der Faltenrockparty gibt es die Tickets nur an der Abendkasse. Die kosten 8 Euro.
+++ Am Sonntag können Sie kostenlos Saxophon- und Klaviermusik mit französischen Einflüssen hören. Die Veranstaltung „À la française” findet um 17 Uhr im Konzertsaal der Musikhochschule statt.
+++ Oder es zieht Sie an die frische Luft: Dann wäre ein Spaziergang auf dem Wald-Klima-Lehrpfad in der Hohen Ward vielleicht etwas für Sie. Mit Modellen, Tafeln und auch einer App kann man beim Spazieren lernen, wie der Wald und unser Klima zusammenhängen.
+++ Die Künstlergruppe TUN 83 stellt vom 7. März bis zum 2. April im Haus der Niederlande im Krameramtshaus aus. Die elf Kunstschaffenden stellen ihre Empfindungen und Erlebnisse zum Thema Wandel in der gleichnamigen Ausstellung dar. Wochentags können Sie die Ausstellung von 12 bis 18 Uhr und am Wochenende von 10 bis 16 Uhr besuchen.
Am Dienstag schreibe ich Ihnen noch einmal. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.
Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe
Mitarbeit: Lara Gelbhardt (lge), Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe), Svenja Stühmeier (sst), Frieda Krukenkamp (fkr)
Lektorat: Lisa Mensing
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PS
Emmanuel Macron kommt nächstes Jahr nach Münster. Für Oberbürgermeister Markus Lewe ist dieser Besuch schon jetzt eine „außerordentliche Ehre“. Die wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe möchte Macron 2024 mit dem Westfälischen Friedenspreis auszeichnen. Der französische Präsident halte laut Jury „trotz schwerer Verwerfungen mit der russischen Führung“ im Ukrainekrieg die Kontakte zu Moskau aufrecht – auch wenn ihm das an einigen Stellen Kritik einbringt. Die Stadt hat jetzt mehrere Monate Zeit, um die Kulisse im historischen Rathaus vorzubereiten. Bei solch symbolträchtigen Veranstaltungen muss schließlich jede Frage geklärt sein. Zum Beispiel: Sollen wir das Jesuskreuz abhängen oder lieber dort lassen, wo es ist? Denn stellen Sie sich mal vor, Monsieur Macron aus dem laizistischen Frankreich, wo man es mit der Trennung von Kirche und Staat ganz genau nimmt, würde es verweigern, sich unter einem Jahrhunderte alten Kruzifix ablichten zu lassen. Was wäre dann wohl los?
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