Dreck auf der Promenade | Busfahrermangel: Fällt die Verkehrswende aus? | Peter’s Esszimmer

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

wenn alles gut läuft, ist die große Hitze vorerst vorbei. Heute Vormittag habe ich mir verschiedene Wettervorhersagen für die kommenden Tage angeschaut (diese, diese und diese). Demnach zeichnet sich ab, dass wir nächste Woche mit angenehmen Temperaturen und sogar dem einen oder anderen Regenschauer beglückt werden. Heute gab’s ja schon mal einen nassen Vorgeschmack.

Apropos Regen: Als es vor ein paar Wochen regnete, braute sich an der Promenade ein unappetitliches Laubmatschgemisch auf dem Radweg zusammen. Wenn ich morgens in die RUMS-Redaktion gefahren bin, hat diese Pampe trotz Schutzblech mein Fahrrad versaut und meinen Rucksack vollgesprenkelt. Super ärgerlich.

Aber muss die Stadt nicht eigentlich die Promenade sauber machen?

Das hat sich auch ein RUMS-Leser gefragt. Er hatte im Herbst 2020 angeregt, die Promenade in die Straßenreinigungssatzung der Stadt Münster aufzunehmen. Dort wird der Asphaltring um die Altstadt nämlich nicht aufgelistet.

Im Juli 2021 kam dann die Antwort der Stadt auf die Anregung unseres Lesers. Laut dem Antwortschreiben, das uns vorliegt, ist die Promenade „nicht vollumfassend als öffentliche Straße gewidmet“. Aus zwei Gründen: Bei der Promenade sei „der Zweck einer Grundstückserschließung von Gebäuden (…) nicht gegeben“ und „ein motorisierter Fahrzeugverkehr ist dort nicht zugelassen“.

Die Promenade ist keine öffentliche Straße

Klingt ein bisschen nach: Wenn an der Promenade eine Häuserreihe stünde und auch richtige Fahrzeuge, sprich: Autos, die Fahrbahn nutzen dürften, dann lohne es sich wohl auch, die Promenade sauber zu halten. Dass jeden Tag 12.000 bis 20.000 Radfahrende auf der Promenade unterwegs sind, scheint da wohl eine zu vernachlässigende Kleinigkeit zu sein.

In dem Schreiben heißt es außerdem, es hätten sich nicht nur unser Leser, sondern auch einige andere Leute über den Dreck auf der Promenade beschwert. Deshalb liefen „interne, verwalterische Abstimmungen, um dort dauerhaft zu einer Regelung zu kommen“.

Das ist wie gesagt der Stand vom Juli 2021 – wie sieht es zwei Jahre später aus? Das Presseamt schreibt uns, die Lösung sei eine „situationsgerechte Bedarfsreinigung“. Ah ja, und was bedeutet das?

Weil die Promenade nicht Teil der Straßenreinigungssatzung ist, sind nicht die Abfallwirtschaftsbetriebe zuständig für die Reinigung, sondern das Amt für Tiefbau und Mobilität. Da aber übers Jahr die Verschmutzung schwanke, etwa durch Laub, Lindenblüten oder nach Großveranstaltungen, beauftrage das Tiefbauamt nur bedarfsweise die Abfallwirtschaftsbetriebe oder private Firmen mit der Promenadenreinigung. Das sei schneller und effizienter, heißt es.

Bloß: Wird das in Zukunft noch ausreichen? Wenn es mit der Klimakrise so weitergeht, wird es im Sommer nicht nur heißer, es wird auch häufiger stürmen und stark regnen. Vielleicht wäre es allmählich an der Zeit für ein neues Reinigungskonzept. (sfo)

Kurz und Klein

+++ Die Westfälischen Nachrichten haben vor einer Woche über den angeblichen Plan von Stadt und Polizei berichtet, in der früheren Postbank-Filiale am Bremer Platz eine gemeinsame Wache von Polizei und Ordnungsdienst einzurichten. Stadt und Polizei wollen das laut Zeitung nicht bestätigen. Woher die Information kommt, geht aus dem Text nicht hervor. Das ist völlig legitim. Medien schützen ihre Quellen. Daher beschäftigen sie sich auch nicht so gern mit der Frage: Wer könnte ein Interesse daran haben, dass diese Information öffentlich wird? Das übernehmen wir aber gern. In diesem Fall lässt sich zumindest eines sagen: Es ist auffällig, dass die Zeitung immer sehr gut informiert ist, wenn es um die Pläne für diese Immobilie geht. Das war schon vor sechs Jahren so, als der Eigentümer, die Areo-Holding aus Münster, an der Stelle ein mehrgeschossiges Wohngebäude bauen wollte, aber nicht durfte. Seitdem ist nichts passiert. Und immer, wenn nichts passiert, kostet das Geld. Ein Motiv dafür, die Information zu lancieren, könnte sein, öffentlich Druck zu machen, damit sich endlich etwas bewegt. Wenn das so wäre, dann ginge dieser Plan sehr gut auf. In dieser Woche haben 50 Geschäftsleute dem Oberbürgermeister und der Polizeipräsidentin einen Brief geschrieben. Die CDU wirbt in einer Pressemitteilung für die Idee, auch die Grünen-Landtagsabgeordnete Dorothea Deppermann, wäre dafür, wie sie laut Zeitung schon vor Monaten gesagt hat. Und dann ist auch noch folgende Information bei der Zeitung gelandet, die alles noch etwas dringlicher macht. „Der Inhaber der Immobilie erwartet nach Informationen unserer Redaktion offenbar, dass sich Polizei und Stadt zeitnah festlegen – ansonsten soll die Immobilie anderweitig vermarktet werden.“ Falls das passieren sollte, erfahren wir das aber wahrscheinlich in Kürze aus der Zeitung. (rhe)

+++ Jede vierzehnte Baugenehmigung für ein Windrad in Deutschland wird im Münsterland erteilt. Oder anders gesagt: Sieben Prozent aller Baugenehmigungen für Windräder entfallen auf den Regierungsbezirk, meldet die Bezirksregierung. Zur Verdeutlichung in Zahlen: In Nordrhein-Westfalen sind im ersten Halbjahr 174 Windenergieanlagen genehmigt worden, im Regierungsbezirk Münster 44. Das ist etwa ein Viertel. Bundesweit sind zwischen Januar und Juli 607 Windrad-Genehmigungen dokumentiert. Und um Sie mit noch mehr Zahlen zu verwirren: Das sind 70 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Aus diesen Zahlen ergibt sich ein Ausschnitt. Um das Gesamtbild etwas zu vervollständigen, braucht man unglücklicherweise noch weitere Zahlen. Eine davon ist: Zwischen 2022 und 2027 will die Düsseldorfer Landesregierung mindestens 1.000 zusätzliche Windenergie-Anlagen möglich machen. (rhe)

+++ Unter den Bäumen am Domplatz, wo bis vor Kurzem noch Autos parkten, steht an Markttagen ein Reibekuchenstand. Wenn Eltern sich hier etwas zu essen kauften, fanden sie für ihre Kinder Spielsachen, die auslagen, damit es nicht langweilig wird. In dieser Woche rief uns ein Leser an, der sich wunderte, dass das nun nicht mehr so ist. Auf die Frage, warum, hatte er am Stand die Antwort bekommen, das Ordnungsamt habe sich gemeldet. Und wenn das passiert, wird es meistens kompliziert. Viel mehr haben wir am Stand auch nicht erfahren. Aber wir haben auch die Stadtverwaltung gefragt, was denn los war. In der schriftlichen Antwort steht: „Richtig ist, dass das Ordnungsamt Kontakt zu der Betreiberin des Reibekuchenstandes aufgenommen hat, um über das Angebot und damit zusammenhängende auch rechtliche Rahmenbedingungen dieser durch sie eingerichteten ‚Kinderspielfläche‘ zu sprechen.“ Verboten habe man nichts. Die Entscheidung, das Spielzeug nicht mehr mitzubringen, habe die Betreiberin selbstständig getroffen. In der kommenden Woche werde man sich mit ihr zu einem „Gedankenaustausch“ treffen, schreibt die Stadt. Das klingt, als könnte man sich am Ende doch noch einig werden. Und falls das nicht gelingen sollte, noch ein Tipp für uns: Neben das Spielzeug vielleicht noch ein Schnäpschen stellen. Könnte sein, dass die Spielfläche dann zur Chefsache wird. (sfo/rhe)

+++ Am 21. Juli findet jedes Jahr der Gedenktag für verstorbene drogengebrauchende Menschen statt. Die Drogenhilfe Indro hat zu diesem Anlass heute Nachmittag eine Pressemeldung verschickt, um auf die Situation in der Stadt hinzuweisen. Die Entwicklung sei in Münster alarmierend: 2012 starben noch zwei Personen am Gebrauch illegaler Substanzen, allerdings sei die Zahl der Drogentoten im vergangenen Jahr auf 13 gestiegen. Der Umbau des Bremer Platzes werfe außerdem die Frage, wie viel Raum der Drogenszene im Bahnhofsviertel geboten werden soll (darüber hatten wir auch mehrfach berichtet, etwa hier, hier und hier). Vier von zehn Szeneangehörige seien laut Pressemeldung wohnungslos. Um diesen suchtkranken Menschen gezielt helfen zu können, schlägt Indro vor, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen und den Drogenkonsum zu entkriminalisieren. Therapeutische Behandlungsmöglichkeiten wie eine Diamorphinambulanz, bei der Konsument:innen synthetisches Heroin konsumieren könnten, fehlten in Münster, heißt es. Zudem hofft Indro, dass die Einrichtung der Drogenhilfe bald vergrößert wird und die Stadt das Personal aufstockt. Dann könnten mehr Beratungen und Konsumplätze angeboten werden. Schon 2018 hatte der Rat beschlossen, die Indro-Räume zu vergrößern. (sfo)


Wie es weiterging – mit dem Gastbeitrag über die Promenade

Es gab einige interessante Reaktionen auf Yannic Werremeiers Gastbeitrag zur Idee, Münsters Promenade mit Kreisverkehren zu versehen. Und jetzt hat Werremeier sich in den Kommentaren dazu auch selbst noch einmal geäußert.

Ein kurzer Überblick über die Diskussion: Marcus Steinhorst kritisiert, dass der Radverkehr nach seinem Eindruck in Kreisverkehren, in denen auch Autos fahren, nicht sicherer unterwegs seien. Außerdem bemängelt er, dass die Unterführung an der Mauritzstraße „jovial als minderes Hindernis abgetan“ werde. Dabei könnte man seiner Meinung nach auch darüber nachdenken, ob es an dieser Stelle nicht sinnvoll wäre, den Radverkehr zu privilegieren.

Matthias Schrief verweist auf die guten Erfahrungen, die die niederländische Stadt Zwolle mit Kreisverkehren gemacht habe. Dort sei die Unfallrate deutlich gesunken. Jörg Basler ist der Meinung, die eigentliche Frage müsse lauten: Warum müssten Straßen fürs Auto an so vielen Stellen die Promenade kreuzen? Das widerspreche der sogenannten Copenhagenize-Methode: „Radwege so gradlinig und bequem wie möglich. Wege fürs Auto so kompliziert und unbequem wie möglich.“

Frank Jünger wendet ein, wie man Kreisverkehre in die Promenade integrieren wollte, auch wegen der denkmalrechtlichen Aspekte, übersteige seine Fantasie. Seine Kritik: Der Artikel erschöpfe sich in seichten Andeutungen.

Yannic Werremeier schreibt, Verkehrsplanung sei immer eine Abwägung verschiedener Perspektiven von Menschen, die am Verkehr teilnehmen. Der Reiz von Kreisverkehren sei, dass alle Gruppen sich auf Augenhöhe begegneten, ohne dass dabei jemand bevorzugt werde. Verkehrsplanung schaffe nur den Rahmen; Rücksicht nehmen müssten die Menschen dann selbst. In den Niederlanden habe man gute Erfahrungen mit Kreisverkehren gemacht. Seinen vollständigen Kommentar finden Sie hier. (rhe)

Grüße aus dem Urlaub

Grömitz: „Ordnung muss sein, auch im Urlaub“

Jörg Adler schickt uns ein Foto aus seinem Kurzurlaub in Grömitz. „Ordnung muss sein, auch im Urlaub“, schreibt er. Haben Sie auch ein paar Fotos, die ganz nach Fernweh aussehen? Dann schicken Sie die gerne an redaktion@rums.ms.

Busfahrermangel: Fällt die Verkehrswende aus?

Der 3. Oktober ist eigentlich ein schöner Tag. Der gesetzliche Feiertag ist arbeitsfrei und im vergangenen Jahr fiel der 3. Oktober auf einen Montag, also einen Tag mehr Wochenende.

Grund zum Jubeln gab’s 2022 in Münster aber nicht. Am 3. Oktober hatten die Stadtwerke den Betrieb der Ringlinien 33 und 34 eingestellt. „Bis auf Weiteres“, wie es seitdem auf der Website heißt.

Was die schwammige Formulierung „entfällt bis auf Weiteres“ konkret bedeutet, beantworten die Stadtwerke selbst an anderer Stelle: Der Grund für die Ausfälle ist der Busfahrermangel in Münster. Neben der Ringlinie ist auch die Linie 13 vorerst eingestellt worden, weil kein Personal da ist. Bei fünf weiteren Buslinien ist das „Fahrangebot reduziert“, ebenso das Wochenendangebot aller Nachtbusse. Und wenn Sie hier oder hier nachschauen, können Sie tagesaktuell nachverfolgen, welche Busfahrten in Münster ausfallen (bei der Stadtwerke-App funktioniert das im Moment aus technischen Gründen nicht richtig).

Über 20 freie Stellen, 43 Leute kurz vor der Rente

Mit dem Busfahrermangel ist Münster aber nicht allein. Laut Bundesagentur für Arbeit zählen Busfahrer:innen zu den Engpassberufen in Deutschland. Eine Zahl, die die Misere verdeutlicht: In Nordrhein-Westfalen suchen die Verkehrsbetriebe im Durchschnitt 96 Tagen nach Personal, wenn sie eine Stelle als Busfahrer:in ausschreiben.

Wie hoch der Bedarf an Fachkräften insgesamt ist, rechnet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen vor. Bis 2030 würden sich demnach allein 80.000 Busfahrer:innen in den Ruhestand verabschieden – gleichzeitig müssten aber für die Verkehrswende binnen sieben Jahren 110.000 neue Beschäftigte eingestellt werden. Andere Kommunal- und Verkehrsverbände kommen auf ähnliche Zahlen. Und das wird konkrete Folgen haben: In sieben Jahren soll ein Drittel mehr Fahrzeuge im öffentlichen Nahverkehr unterwegs sein. Gleichzeitig wird aber die Hälfte der Stellen frei. Es fehlt also Personal für die Mobilitätswende.

Wie ist das bei den Stadtwerken Münster? Sprecher Florian Adler schreibt uns, die Stadtwerke könnten im Moment zwanzig oder mehr Busfahr:innen einstellen. Das ist der aktuelle Bedarf – die Verkehrswende ist also noch nicht eingerechnet. Diese Personallücke vergrößert sich durch die Renteneintritte. Bei den Stadtwerken werden in den kommenden fünf Jahren 43 von insgesamt 239 Busfahrer:innen in den Ruhestand gehen.

Linke fragt nach

Sieht also nicht so gut aus. Kriegen wir das mit der Verkehrswende denn noch irgendwie hin?

Diese Frage hat auch die Linksfraktion im Stadtrat Münster vergangenes Jahr beschäftigt. Sie hat den Stadtwerken eine umfangreiche Anfrage zum Busfahrermangel gestellt. Die Antworten liegen uns vor, wir haben sie noch um ein paar aktuelle Informationen ergänzt. Hier der Überblick:

  • Zunächst ein paar Infos zur Ausbildung: Wer Linienbus fahren will, muss einen Führerschein der Klasse D haben und eine Berufskraftfahrerprüfung absolvieren. Für den Busführerschein muss man mindestens 24 Jahre alt sein – ein Grund, weshalb Busfahrer:in eher ein Beruf für Quereinsteigende ist.
  • Die Berufskraftfahrerprüfung wird bei der IHK abgelegt. Vorher müssen die Auszubildenden eine 140-stündige Schulung hinter sich bringen. Anders als beim Führerschein kann die Prüfung nur auf Deutsch abgelegt werden.
  • Könnte die Sprachbarriere eine Hürde auf dem Weg hinters Bussteuer sein? Moritz Husmann, Fachmann für Verkehrsprüfungen bei der IHK Nord Westfalen, glaubt das nicht. Er verweist darauf, dass die Auszubildenden wie beim Führerschein mit den Prüfungsfragebögen lernen können und das Wissen mit Auswahlfragen abgefragt wird. Nur weniger als fünf Prozent der angehenden Busfahrer:innen bestünden die Berufskraftfahrerprüfung laut Husmann nicht.
  • Trotzdem: Das alles ist sehr zeitaufwendig. Ein Jahr könne vergehen, bis aus den Bewerber:innen neue Busfahrer:innen werden, schreibt uns Florian Adler. Sobald sie am Steuer sitzen, müssen sie für den Linienverkehr geschult werden. Das dauert in der Regel weitere sechs Wochen.
  • Dazu kommen hohe Kosten für den Führerschein. Laut Antwortschreiben an die Linksfraktion könnten die sich auf bis zu 15.000 Euro belaufen. Diese Kosten übernimmt in der Regel das Jobcenter, sonst schauten die Stadtwerke mit den Bewerber:innen nach „gemeinsamen Lösungen“.
  • Viele Verbände regen in ihren Stellungnahmen an, die Einwanderung von Fachkräften aus dem Ausland zu erleichtern. Florian Adler schreibt, die Stadtwerke suchten momentan keine Busfahrer:innen im Ausland, er wolle das für die Zukunft aber „nicht ausschließen“. Andere Unternehmen, etwa die Berliner Verkehrsbetriebe, schauen sich zum Beispiel auf dem Balkan und in der Türkei nach Busfahrer:innen um.
  • Ein Problem bei der Fachkräfteeinwanderung: Sie ist recht aufwendig. Die Busfahrer:innen müssten nicht nur Deutsch lernen, sondern auch eine Wohnung in Münster suchen. Die Verkehrsbetriebe im bayerischen Landkreis Starnberg unterstützen ihr Personal etwa auf der Suche nach bezahlbaren Wohnungen. Wie ist das in Münster? Adler schreibt, die meisten Bewerber:innen stammten aus der Region, die Wohnungsfrage stelle sich daher nicht. Auf die Suche nach Wohnungen hätten die Stadtwerke aber laut Adler ohnehin wenig Einfluss.
  • Zurück zur Ausbildung: Für Interessierte über 24 gibt es eine zweite Möglichkeit, Busfahrer:in zu werden. Sie können eine duale Ausbildung zur Fachkraft im Fahrbetrieb absolvieren. 2022 haben die Stadtwerke diese Ausbildung erstmals angeboten, seitdem lernen zwei Menschen diesen Beruf. Zwei weitere Auszubildende sollen laut Florian Adler in diesem Jahr eingestellt werden.
  • Der Busfahrerjob hat aber ein eindeutiges Manko: Der Schichtbetrieb im öffentlichen Nahverkehr ist nicht sonderlich familienfreundlich. Die Stadtwerke schreiben der Linksfraktion allerdings, dass sie ihren Busfahrer:innen einen Wunschdienstplan einrichten können, um favorisierte Arbeitszeiten bei der Planung zu berücksichtigen.
  • 2022 haben sich laut Schreiben an die Linksfraktion über einhundert Menschen bei den Stadtwerken als Busfahrer:in beworben. Warum einige Bewerber:innen doch abgelehnt werden, teilt uns Sprecher Florian Adler nicht mit.
  • In den Antworten an die Linke heißt es außerdem, 34 Mitarbeitende der Stadtwerke bereiteten sich gerade auf den Job als Busfahrer:in vor. Allerdings würden „nur ein Teil dieser Menschen“ die erforderlichen Prüfungen bestehen, unter anderem weil sie die sprachlichen Anforderungen nicht erfüllen. Die Stadtwerke kooperieren nicht nur mit dem Jobcenter und der Arbeitsagentur, sondern auch mit einer Betriebsfahrschule und verschiedenen Sprachschulen.

Halten wir also fest: Der Weg ans Buslenkrad dauert lange, kostet viel und am Ende hat man möglicherweise keine traumhaften Arbeitsbedingungen. Was muss sich also ändern?

Fremdfirmen übernehmen Hälfte der Fahrten

Ulrich Thoden, Sprecher der Linksfraktion im Stadtrat, sieht vor allem „hausgemachte Probleme“ bei den Stadtwerken als Ursache für den Busfahrermangel. Er sagt in einer Stellungnahme, die Stadtwerke müssten die Kontrolle über die Arbeitsbedingungen erlangen, indem sie künftig alle Buslinien bedienen.

Seit 2019 übernehmen Fremdfirmen knapp die Hälfte der Betriebsleistung im Busverkehr, offiziell begründen die Stadtwerke dieses Konstrukt mit der „Risikostreuung“: Die Betriebshöfe der Partnerunternehmen ermöglichten „effizientere Ein- und Aussetzfahrten“. Auch bei großen Schäden könnten andere Betriebshöfe einspringen. Bei der künftigen Verkehrsplanung wollen die Stadtwerke laut Antwortschreiben das 50-50-Verhältnis von Eigen- und Fremdfahrten beibehalten.

Anders als Ulrich Thoden sieht die grüne Ratsfrau Andrea Blome es grundsätzlich nicht kritisch, dass die Stadtwerke Fahrten an Fremdfirmen auslagern. Problematisch würde es erst, wenn die Unternehmen etwa nicht die ausgeschriebene Leistung erbrächten oder den Busfahrer:innen viel weniger Lohn zahlten. Ratsherr Thoden ist etwa dafür, alle Fahrer:innen bei den Stadtwerken nach einem einheitlichen Tarif zu bezahlen, egal ob sie Bus, Rikscha oder Looptaxi fahren.

Was würde das bedeuten? Florian Adler schreibt uns, im Moment verdienten Busfahrende laut Tarif rund 2.650 Euro brutto pro Monat, wenn sie Vollzeit arbeiten. Dazu kommen Schichtzulagen, außerdem momentan monatlich 220 Euro netto bis Februar 2024, danach steigt der Tarif um 13,5 Prozent auf rund 3.000 Euro. Zu den Arbeitsbedingungen der Partnerfirmen können die Stadtwerke allerdings keine Auskunft geben.

Schnellere Busse gegen den Fahrermangel

In einem Punkt sind sich Thoden und Blome aber einig: Ein schnellerer Busverkehr und ein pünktlicherer Fahrplan könnten das Personalproblem entschärfen. Wie das? Der beschleunigte Busverkehr könnte dazu führen, dass „für den gleichen Umlauf weniger Fahrzeuge und damit auch weniger Dienste benötigt werden“, erläutert Florian Adler. Und wenn die Fahrten dann noch pünktlich vonstattengehen, können die Busfahrer:innen ihre gesetzlich vorgeschrieben Pausen einhalten und müssen nicht ungeplant durch Ersatzfahrer:innen abgelöst werden. Den Busverkehr in Münster zu bevorzugen und zu beschleunigen, könnte deshalb „eine wichtige Strategie gegen den Personalmangel“, wie die Grünenfraktion in dieser Stellungnahme schreibt.

Zum Schluss noch ein Blick in die Glaskugel: Könnte der Personalengpass im Busverkehr die Mobilitätswende ausbremsen? Andrea Blome sagt, das 29-Euro-Ticket, das in zwei Wochen in Münster gilt, sei durch den Fahrermangel nicht gefährdet. Da gehe es ja um den Preis, nicht um die Fahrgastzahlen. Die Stadtwerke sind da etwas vorsichtiger: Sie wollen beobachten, wie sich das günstige Busabo ab August auf die Fahrgastzahlen auswirkt, schreibt Sprecher Florian Adler. Immerhin: Das 9-Euro-Ticket hat laut Adler im vergangenen Jahr keinen Ansturm auf die Linienbusse in Münster ausgelöst. (sfo)

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Korrekturen

+++ Im RUMS-Brief am Freitag hatten wir geschrieben, Einlass beim Sommernachtskino sei ab 22 Uhr. Das war leider falsch. Einlass ist ab 20 Uhr. Und falls Sie am Wochenende drüber nachdenken, sich vor dem Schloss einen Film anzusehen, hier finden Sie das Programm.

+++ In unserer Masematte-Kolumne am Sonntag ging es um Margot Krause, nach der in Greven eine Straße benannt ist. Wir schrieben Margot Krause sei nach dem Krieg nach Greven zurückgekehrt. Das stimmte nicht. Sie wurde am 24. Februar 1944 in Auschwitz ermordet. Vielen Dank an das Stadtarchiv für den Hinweis.

Klima-Update

+++ Das Grünflächenamt streicht gerade einige Stadtbäume in Münster weiß an – warum? Das Kommunikationsamt erläutert in dieser Pressemitteilung, dass durch die weiße Farbe Bäume mit glatter und dünner Rinde vor der Sonneneinstrahlung geschützt werden. Besonders Jungbäume bräuchten diesen Schutz, weil ihre Baumkronen noch nicht genug Schatten auf die Stämme werfen, aber auch ältere Bäume, zum Beispiel Buchen, seien sehr sonnenempfindlich. Laut Pressemeldung bestehe der Sonnenschutz aus einer weißen Spezialfarbe, die ungiftig und biologisch abbaubar ist. (sfo)

+++ Zugstolz oder Flugscham? Passend zur Urlaubssaison hat Greenpeace eine Studie veröffentlicht, bei der die Umweltorganisation 112 beliebte Reiserouten in Europa verglichen hat. Das ernüchternde Ergebnis: Bahnfahrten sind auf 89 Strecken teurer als klimaschädliche Flugreisen. Greenpeace kritisiert in der dazugehörigen Pressemitteilung die Anreize im europäischen Verkehr. Die Flugindustrie werde nach wie vor steuerlich begünstigt, Spontanreisen mit dem Zug seien hingegen weiterhin kostspielig. Die Reise zu 31 Zielen innerhalb, von und nach Deutschland seien laut Studie mit der Bahn durchschnittlich rund 50 Prozent teurer als mit dem Flugzeug. (sfo)

(Korrekturhinweis: In einer früheren Version schrieben wir, Bahnfahren sei teurer als Zugfahren. Diesen bahnbrechenden Fehler haben wir korrigiert.)

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Ein-Satz-Zentrale

+++ Am Mittwoch soll am Mittelhafen etwas freigelegt werden, was möglicherweise ein Blindgänger sein könnte. (Stadt Münster)

+++ Die Firma, die ab 2024 die Buswartehallen und Werbeflächen in Münster betreiben wird, möchte die Dächer der Haltestellen begrünen und Ökostrom für die Werbung nutzen. (Stadt Münster)

+++ Im vergangenen Jahr wurden weniger Schrottfahrräder entsorgt als 2021. (Antenne Münster)

+++ Das Mauritztor soll umgebaut werden, damit es dort seltener zu Fahrradunfällen kommt. (Westfälische Nachrichten)

+++ Am Rainer-Plein-Weg in Rumphorst soll ein Projekt für gemeinschaftliches und generationenübergreifendes Wohnen entstehen. (Stadt Münster, Drubbel e.V.)

+++ Münsters Fahrradhandel schwächelt, obwohl die Nachfrage nach neuen Fahrrädern in der Coronapandemie gestiegen ist. (Antenne Münster)

+++ Die Gewerkschaft Verdi hat am Mittwoch die Marktkauf-Filialen in Gievenbeck und in der Loddenheide und Primark in der Innenstadt bestreikt. (Antenne Münster)

+++ Immer mehr Handwerksbetriebe in Münster beantragen Fördermittel für sich erneuernde Energien und E-Mobilität. (Handwerkskammer Münster)

+++ 2022 sind in Münster weniger Kinder auf die Welt gekommen als in den Jahren zuvor. (IT NRW)

+++ Die Tierheime in Münster sind voll belegt. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Nachfahren des münsterschen Malers Carl Müller-Tenckhoff haben dem Stadtmuseum ein Gemälde aus dem Jahr 1930 geschenkt, auf dem Angelmodde zu sehen ist. (Stadt Münster)

Unbezahlte Werbung

„Peter’s Esszimmer“ in Gievenbeck ist zwar eingerichtet wie ein Wohnzimmer, tatsächlich kann man dort aber kulinarisch um die Welt reisen. Das Restaurant an der Dieckmannstraße 6 serviert neben Klassikern wie Pizza und Pasta arabische, asiatische oder afrikanische Speisen. Schauen Sie aber auch immer mal wieder in den sozialen Medien vorbei, denn dort gibt Peter fast jede Woche eine neue Empfehlung für wechselnde Gerichte ab. Auf der Getränkekarte stehen auch hausgemachte Limonaden und Schorlen, Weine aus Argentinien, Südafrika und Spanien sowie Schnaps aus der Sasse-Brennerei. „Peter’s Esszimmer“ hat von Dienstag bis Samstag ab 18 Uhr geöffnet, sonntags schon ab 17 Uhr.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Elija Winkler hat heute für Sie ein paar schöne Tipps fürs Wochenende herausgesucht:

+++ Wenn Sie ins „Goldene Jahrzehnt“ des Indierock eintauchen möchten, dann schauen Sie heute doch mal im Hot Jazz Club vorbei. Ab 23 Uhr legt DJ Eavo nicht nur Klassiker der Nullerjahre, sondern auch Aktuelles aus Indie und Post-Punk. Tickets kosten an der Abendkasse 7 Euro.

+++ Der Club Puls am Alten Güterbahnhof hat einen neuen Außenbereich. Dort finden in diesem Sommer Feierabendevents statt. Morgen gibt es im Puls Garden Flammkuchen und Wein, dazu Afrobeats vom Live-DJ. Beginn ist 18 Uhr. Der Eintritt ist frei.

+++ Die englischen Suffragetten haben im 20. Jahrhundert das Frauenwahlrecht im Vereinigten Königreich durchgeboxt. Eine schöne Metapher, mit der sich die neue Ausstellung im Westfälischen Kunstverein beschäftigt. Die Schweizerin Leda Bourgogne setzt sich in ihren Werken mit Körper, Geist, Politik und Kampfsport auseinander. Bis zum 8. Oktober können Sie sich die Ausstellung Mêlée anschauen. Eintritt: 4 Euro (ermäßigt 2 Euro).

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende.

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Jan Große Nobis (jgn), Ralf Heimann (rhe), Elija Winkler (ewi)
Lektorat: Antonia Strotmann


PS

In drei Tagen tritt Deutschland im ersten Spiel der Fußballweltmeisterschaft gegen Marokko an. Nein, das ist keine Meldung, die wir mit einem Jahr Verspätung nachreichen. Es geht wirklich um die Fußballweltmeisterschaft, die diesmal in Australien und Neuseeland ausgetragen wird. Die Fifa hat sich allerdings anders als 2022 nicht dazu entschlossen, die Übertragungszeiten mit aller Gewalt an die mitteleuropäischen Fernsehgewohnheiten anzupassen, vielleicht weil keine Männer auf dem Rasen kicken. Wir haben bei den Sportkneipen in Münster nachgefragt, ob sie die Spiele der diesjährigen Fußball-WM dennoch zeigen werden. Die einhellige Antwort: nicht unbedingt. Das zeigt erneut, dass der sogenannte Frauenfußball immer noch ein Schattendasein fristet, obwohl Frauen seit 53 Jahren Fußball spielen dürfen. Davor drohte den Vereinen harte Strafen, falls sie Frauen auf dem heiligen Rasen spielen ließen. Aber auch nach der gönnerhaften Legalisierung durch den DFB war die Situation auf dem Fußballplatz noch alles andere als angenehm, wie die ehemalige Profispielerin Monika Koch-Emsermann vor drei Jahren der Wochenzeitung „Die Zeit“ erzählte. Und falls Sie jetzt denken: Naja, so interessant ist Frauenfußball auch wirklich nicht, lesen Sie einmal hier nach. Dort heißt es, eine Studie hat jüngst das Unvorstellbare bewiesen: Frauen spielen genauso guten und spannenden Fußball wie Männer.

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