Für 2.085 Euro von Paderborn nach Münster | Kleine Parteien im Bundestagswahlkampf | Unbezahlte Werbung: Ein Muslim auf dem Jakobsweg

Porträt von Sebastian Fobbe
Mit Sebastian Fobbe

Guten Tag,

wenn Sie ohne Unterbrechung durchfahren, dann brauchen Sie auf dem Rad fünf Stunden von Paderborn nach Münster. Schneller geht es mit dem Auto. Das braucht eine Stunde und 45 Minuten. Und mit dem Flugzeug bringen Sie die Strecke in einer Stunde und 25 Minuten hinter sich.

Mit dem Flugzeug? Das Portal „Mirai“ bietet am Sonntag einen Flug von Paderborn-Lippstadt an den Flughafen Münster-Osnabrück an. Wenn Sie buchen, reisen Sie luxuriös im Privatjet.

Wobei, Luxus ist bekanntlich relativ. In der Maschine mit dem phänomenalen Namen „Phenom 300“ ist es eher eng. Die Kabine ist nur 1,25 Meter hoch. Aber egal, die meiste Zeit werden Sie auf dem Flug eh sitzen. In dem Jet ist Platz für acht Passagier:innen. Eine Person sollte Handgepäck mitbringen, denn es gibt nur für sieben Reisekoffer Stauraum. Und apropos Gepäck: Etwas zu trinken und ein Snack wären nicht schlecht. Verpflegung ist auf der Reise von Paderborn nach Münster nämlich nicht enthalten.

Ein einmaliges Erlebnis

Der Anderthalb-Stunden-Flug zwischen den beiden Provinzflughäfen ist kein Schnäppchen. Sage und schreibe 2.085 Euro müssen die Passagier:innen zahlen. Geht’s noch? Sind die denn jetzt verrückt geworden? „Nein“, entwarnt FMO-Sprecher Andrés Heinemann am Telefon. „Der Flug am Sonntag ist ein einmaliges Ereignis.“ Also keine neue Standardverbindung.

Aber selbst wenn das so ist, muss das sein? Eine Taxifahrt von Paderborn nach Münster ist fast genauso schnell, je nach Verbindung ist man mit der Bahn sogar schneller am Ziel.

Andrés Heinemann erklärt, wie der Privatjetflug zustande kommt. Es ist so: Am Sonntag muss der Jet Geschäftsleute nach Paderborn-Lippstadt bringen und danach weiter nach Münster-Osnabrück, um am Flughafen neue Gäst:innen einzusammeln. Auf der Zwischenstrecke ist die Maschine unbemannt.

Solche Leerflüge nennt man in der Luftfahrtindustrie „Empty Legs“, und darauf ist das Buchungsportal „Mirai“ spezialisiert. Die Website funktioniert wie eine Mitfahrzentrale, nur eben für Flugreisen: Firmen, die Geschäftsflüge anbieten, können ihre „Empty Legs“ auf gut Glück inserieren. Vielleicht findet sich ja irgendwer, der mitwill. Und mit ganz viel gedanklicher Kreativität kann man sich vielleicht noch ein gutes Gewissen einreden. So nach dem Motto: Wäre ja auch Verschwendung, so ein leerer Kurzstreckenflug im Privatjet. (sfo)

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Verschenken Sie ein RUMS-Abo!

Foto, auf dem mehrere RUMS-Geschenk-Abos zu sehen sind

Die Adventszeit naht und mit ihr die Suche nach passenden Weihnachtsgeschenken. Sollten Ihnen noch nicht die richtigen Ideen gekommen sein, hätten wir hier etwas für Sie: ein RUMS-Geschenk-Abo! Wir bieten drei verschiedene Varianten an: 3 Monate (38,99 Euro), 6 Monate (77,99 Euro) oder 12 Monate (155,99 Euro). Unsere Geschenk-Abos können Sie entweder direkt hier auf unserer Website kaufen oder im Gewand eines hübschen Papier-Gutscheins in unserem neuen Redaktionsbüro (Prinzipalmarkt 21 – 23) erwerben. Kommen Sie uns doch gerne bei Gelegenheit besuchen, wir freuen uns.

Übrigens: Sie bekommen für den Kauf eines Geschenk-Abos als Dankeschön auch etwas von uns: unseren RUMS-Kalender, in dem wir Ihnen unsere schönsten RUMS-Cartoons von Stephan Rürup zusammengestellt haben. Schreiben Sie uns gern eine kurze E-Mail, wenn Sie Ihr Exemplar bei uns abholen möchten.

Kurz und Klein

+++ In den ersten neun Monaten des Jahres sind in Münster ein Viertel weniger Menschen aus der Kirche ausgetreten als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet, bleiben die Austrittszahlen aber in ganz Nordrhein-Westfalen auf einem hohen Niveau. In Münster zählten die Kirchen bis Ende September 3.254 Austritte, im Jahr davor waren es in den ersten neun Monaten 4.438. Im ganzen Bundesland verließen im vergangenen Jahr knapp 200.000 Menschen die Kirchen. Nach einer Prognose der Uni Freiburg wird sich die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland (katholisch und evangelisch) bis 2060 auf 23 Millionen halbieren. (rhe)

+++ Das Handwerk in der Region steht wegen der angespannten Wirtschaftslage unter Druck. Laut der Herbstumfrage der Handwerkskammer ist die Geschäftslage der Betriebe zwar überwiegend stabil, aber sie haben weniger Arbeit, weniger Beschäftigte, und sie investieren weniger. Konkret: Vier von zehn Handwerksbetrieben melden weniger Aufträge; die Kapazitätsauslastung liegt laut der Umfrage bei 80 Prozent. Von der Flaute besonders betroffen sind das Bauhauptgewerbe, also Firmen, die Gebäude, Straßen oder Brücken bauen, und Handwerke für den gewerblichen Bedarf, zum Beispiel Elektroinstallateure und Metallbauer. Richtig gut geht es dagegen dem Gesundheitsgewerbe. (rhe)

+++ Der Ausschuss für Kinder, Jugend und Familien hat sich am Donnerstag nicht darauf einigen können, wer Träger der neuen Kita am Kiesekampsweg in Coerde wird. Die Stadtverwaltung hatte die gemeinnützige Gesellschaft „wert-voll“ empfohlen. Grüne und SPD tendierten zur Arbeiterwohlfahrt, dem zweiten Bewerber, und vertagten die Entscheidung. CDU-Ratsfrau Jolanta Vogelberg kritisierte das in einer Pressemitteilung. Sie verwies auf die Erfahrungen von „wert-voll“ in ähnlichen Vierteln wie Coerde, zum Beispiel in Krefeld oder Dortmund. Eigentlich hätte die neue Kita schon im Herbst öffnen sollen. Doch das Deutsche Rote Kreuz, das die Trägerschaft eigentlich übernehmen wollte, war im Mai abgesprungen. Wer die Nachfolge übernimmt, entscheidet nun am 11. Dezember der Rat. (rhe)

+++ Das Bistum hat diese Woche damit angefangen, mehr als einhundert Blutbuchen zu pflanzen. Die Bäume sollen als Zeichen an die Opfer von sexuellem Missbrauch in der katholischen Kirche erinnern. Nicht alle Betroffenen unterstützen diese Aktion. Martin Schmitz von der Selbsthilfegruppe Rhede-Münster kritisiert die Pflanzungen im WDR und bei „Sat1“ als missverständlich: Die Blutbuchen könnten den Eindruck vermitteln, das Bistum wolle einen Schlussstrich unter die Aufarbeitung ziehen. Das Bistum selbst schreibt in seiner Pressemitteilung, die Bäume seien gerade dafür geeignet, um das Gedenken am Leben zu halten. Eine Blutbuche brauche „Pflege, so wie der Schutz vor Missbrauch dauerhaft unsere Aufmerksamkeit erfordert“, heißt es. (sfo)

+++ Die Eltern der städtischen Kita am Gievenbach haben die Stadt in einem offenen Brief aufgefordert, etwas gegen die Personalnot zu unternehmen. Die Eltern zählten in etwas mehr als einem Jahr 123 Tage mit Notbetreuung oder Gruppenschließungen. Das mache etwas die Hälfte der Betreuungszeit aus. Ähnliche Probleme haben Kitas überall im Land. Das NRW-Familienministerium zählte laut dpa allein im September 3.600 Meldungen von Kitas, die ihre Betreuung einschränken mussten. Der familienpolitische Sprecher der SPD, Dennis Maelzer, kritisierte die Landesregierung für ihre mangelnde Unterstützung und forderte ein „Kita-Rettungsprogramm“ über 180 Millionen Euro. NRW-Familienministerin Josefine Paul (Grüne) verweist auf den Fachkräftemangel und Entlastungspakete. Fachleute sagen, der Personalmangel sei so groß, dass die Kitas teilweise ihre Aufsichtspflicht verletzen. (rhe)

+++ Die Tiefengeothermie-Untersuchungen in Münster gehen am Wochenende weiter. Ab Samstagabend in Roxel, in der südlichen Innenstadt, der Sentruper Höhe, dem Mauritzviertel, Sankt Mauritz und den Bauernschaften in Bösensell und Telgte, melden die Stadtwerke. Ein Drittel der Messungen sei damit geschafft. Die Messtrupps arbeiten jeweils von 19 bis 7 Uhr morgens. Die Naturfreunde Münster haben unterdessen in einem Schreiben an den Oberbürgermeister angeregt, die „kurzfristig wenig erfolgversprechende, konfliktreiche und teure“ Tiefengeothermie bis 6.000 Meter zurückzustellen. Sie könne lediglich einen begrenzten Beitrag zur Wärmeversorgung leisten. Stattdessen solle die oberflächennahe Geothermie bis 400 Meter Tiefe verfolgt werden. Das sei kosteneffizienter und ökologischer, schreiben die Naturfreunde. (rhe)

Wahlkampf am Glühweinstand?

In 92 Tagen ist Bundestagswahl. Die knappe Zeit setzt vor allem die kleinen Parteien unter Druck. Dabei geht es um Geld und das Wetter.

Am Telefon entschuldigt sich Paavo Czwikla zuerst. Er ruft mit ziemlicher Verspätung zurück, gerade habe er noch einen wichtigen Anruf gehabt. Im Moment sei einfach sehr viel los, sagt er. Schließlich findet die Bundestagswahl in weniger als 100 Tagen statt und bis dahin müsse noch viel organisiert werden.

Dazu kommt, dass Czwiklas Partei, die FDP, nicht ganz unschuldig an der vorgezogenen Bundestagswahl ist. Recherchen der „Zeit“ legen nahe, dass die Spitze um Bundesfinanzminister Christian Lindner den Bruch der Ampelkoalition im Voraus geplant hat. In den meisten Umfragen kämpfen die Liberalen derzeit mit der Fünfprozenthürde. Das erhöht den Druck auf die Partei, auch für den Wahlkampf hier in Münster.

Dennoch: Die Stimmung an der Basis sei viel besser, sagt FDP-Kreisvorsitzender Paavo Czwikla. Die Mitglieder seien sehr erleichtert. Spätestens seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Haushalt sei klar gewesen, dass eine Zusammenarbeit mit SPD und Grünen auf Bundesebene nicht mehr funktioniere. Da müsse man zu seinen Überzeugungen stehen, sagt Czwikla. Auch wenn das das Ende der Ampelkoalition bedeute.

16 Eintritte nach dem Ampel-Aus

Zu den Überzeugungen stehen. So lautet das mehr oder minder offizielle Wahlkampfmotto der FDP. Paavo Czwikla sagt, das lohne sich bereits. Die FDP Münster habe seit vergangener Woche 16 neue Mitglieder gewonnen. Nur eines von rund 450 Mitgliedern des Kreisverbands sei ausgetreten.

Helfende Hände werden nicht nur bei der FDP gebraucht. Auch die anderen kleineren Parteien sind auf freiwillige Unterstützung angewiesen. Denn anders als CDU, Grüne oder SPD haben sie keinen hauptamtlichen Mitarbeiterstamm, der sich um das kümmert, was im Wahlkampf erledigt werden muss: Plakate bestellen und aufhängen, Flyer drucken und austeilen, Räume buchen und Veranstaltungen durchführen.

In diesem Bundestagswahlkampf ist ohnehin alles anders. Zum ersten Mal fällt eine Phase auch in die Vorweihnachtszeit. Für die kleineren Parteien kann es schwierig werden, Leute zu finden, die sich in der Kälte an einen Infostand stellen. Viele Freiwillige sind im Advent sowieso chronisch ausgebucht, dazu kommt die Erkältungssaison. Und über allem steht noch eine Grundsatzfrage: Ist es okay, auf dem Weihnachtsmarkt Wahlwerbung zu machen? Denn wer möchte sich schon am Glühweinstand über Politik unterhalten?

An 1.000 Haustüren geklingelt

Diese Fragen bewegen auch die Linke in Münster. „Viele von uns hatten sich auf einen Sommerwahlkampf gefreut“, sagt Kreissprecher Jonas Hakenes. Die Linke sieht die vorgezogene Neuwahl aber pragmatisch. Jetzt heißt es eben: warm anziehen und raus in die Kälte.

Für die Linke sei der Wahlkampf schon früher losgegangen als für andere Parteien, sagt Hakenes. Seit Oktober führt die Partei in Münster Haustürgespräche, um von den Menschen zu erfahren, was sie gerade bewegt. An rund eintausend Wohnungen habe die Linke im Bahnhofs- und Hansaviertel in den vergangenen Wochen geklingelt. Herausgekommen ist: Die steigenden Mieten und Alltagskosten bereiteten den Menschen gerade Sorgen.

Die Partei führt diese Haustüraktion gerade überall in Deutschland durch. Die Antworten sollten die Grundlage für die Kampagne zur Bundestagswahl im September bilden. Jetzt müsse man mit dem arbeiten, was man hat, sagt Hakenes. Mit den Haustürgesprächen möchte die Partei wieder näher an ihre Wähler:innen rücken. Denn nachdem der Flügel um Ex-Mitglied Sahra Wagenknecht die Linke verlassen hat, steckt die Linke in einer Dauerkrise.

Infostand am Hauptbahnhof

Trotz mauer Umfragewerte sei der Kreisverband in Münster motiviert, sagt der Vorsitzende Jonas Hakenes. Im vergangenen Jahr seien viele junge Leute in die Linke eingetreten, die Lust haben, sich zu engagieren.

Bald könnten zu den 285 Mitgliedern im Kreisverband noch mehr dazukommen: Seit der Trump-Wahl in den USA seien allein in den nordrhein-westfälischen Landesverband der Linken rund 1.000 Menschen eingetreten. Am Montag hätten bei der ersten Wahlkampfveranstaltung im Linken Zentrum an der Achtermannstraße mit Spitzenkandidatin Heidi Reichinnek einige der rund einhundert Besucher:innen Mitgliedsanträge mitgenommen, sagt Hakenes.

Der Adventswahlkampf ist laut Jonas Hakenes aber noch nicht beschlossen. Am Sonntag wählt die Linke Münster einen neuen Vorstand. Danach gehe die Planung weiter. Zum Beispiel muss die Partei noch über eine Direktkandidatur im Wahlkreis Münster entscheiden. Ein Termin steht immerhin schon fest: Einen Tag vor der Bundestagswahl am 23. Februar baut die Linke einen Stand am Hauptbahnhof auf. „Das ist bei uns Tradition“, sagt Hakenes.

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Unterschriften sammeln

Auch Volt muss noch viele Fragen klären. Da geht es aber noch um grundsätzlichere Dinge als bei der Linken und der FDP. Die Europapartei muss nämlich noch Unterstützungsunterschriften sammeln, um zur Bundestagswahl zugelassen zu werden. Deutschlandweit braucht Volt mehr als 27.000 Unterschriften.

Miriam Stölting, Mitglied im Leitungsteam von Volt Münster, ist zuversichtlich. Trotzdem, sagt sie, werde das knappe Zeitfenster bis zur Bundestagswahl den Arbeitsaufwand deutlich erhöhen. Konkret läuft es so ab: Am ersten Adventwochenende stellt der Volt-Landesverband seine Wahlliste für Nordrhein-Westfalen auf. Danach kann die Unterschriftensammlung losgehen. Am 19. Dezember sollen alle Unterschriften für NRW vorliegen. Unterm Strich hat Volt Münster also nur rund 14 Tage Zeit für die Aktion. Stölting hält eine kleine dreistellige Zahl von Unterschriften aus der Stadt für realistisch.

Eine sportliche Aufgabe. An die sich direkt die nächste anschließt: die Suche nach einer Direktkandidatur. Ein:e eigene Kandidat:in im Wahlkreis bräuchte noch mal 200 separate Unterschriften. Miriam Stölting sagt, dass Volt Münster noch überlegt, diesen Schritt zu gehen. An einer Kandidatur im Münsterland bestehe schon Interesse, in der Stadt derzeit noch nicht.

Ein Problem ist auch: Eine Direktkandidatur ist auch ein Kostenfaktor für kleine Parteien. Kurzwahlprogramme, Onlinewerbung, Flyer und Plakate: Das kommt alles von den Bundesverbänden. Wenn die Parteien ein Mitglied im Wahlkreis aufstellen, müssen sie aber eigene Plakate entwerfen und drucken.

Die Parteienfinanzierung schaffen

Aber wie stehen überhaupt die Chancen für Volt, in den Bundestag einzuziehen? Auf den ersten Blick schlecht. Die Europapartei taucht in den einschlägigen Umfragen nicht auf. Bei der Bundestagswahl 2021 hat Volt nur 0,4 Prozent der Stimmen bekommen, in Münster immerhin 0,9 Prozent.

Auf der anderen Seite erlebte Volt zuletzt einen Boom. Bei der Europawahl konnte die kleine Partei drei Abgeordnete ins Europäische Parlament schicken. In Münster ist Volt mit 6,7 Prozent sogar viertstärkste Kraft geworden, mit mehr Stimmen als FDP und Linke. Der Europa-Abgeordnete Damian von Boeselager, der jetzt für den Bundestag kandidiert, will bundesweit 7 Prozent für Volt erreichen. Miriam Stölting sieht es eher pragmatisch: „Wenn wir die Parteienfinanzierung schaffen, wäre das schon ein Erfolg“, sagt sie. Ab 0,5 Prozent bei der Bundestagswahl bekommen die Parteien in Deutschland staatliche Zuschüsse.

Für den Wahlkampf vor Ort gibt es noch wenig konkrete Pläne, sagt Stölting. Auf dem Weihnachtsmarkt wolle Volt feinfühlig vorgehen. Sie könne sich eine Plakatschlange vorstellen: Die Parteimitglieder ziehen sich Wahlplakate über und ziehen hintereinander durch die Altstadt. Generell sei die Stimmung in Münster aber gut. Volt habe in Münster 90 Mitglieder, die Partei wachse seit der Europawahl und werde immer bekannter. Auch im Umland gründen sich Ableger, etwa in Coesfeld oder Tecklenburg. Das motiviere zusätzlich.

„Für Sorgen haben wir keine Zeit“

Zurück zur FDP: Ist da denn schon etwas konkret geplant? Noch nicht so richtig, antwortet der Vorsitzende Paavo Czwikla. Man wolle in der ersten Dezemberhälfte Straßenwahlkampf machen, aber danach vor Weihnachten eine Pause einlegen. Nächste Woche treffe sich die Partei für die weitere Planung. Man habe schon Ideen im Kopf. Immerhin hat die FDP Münster schon ihre Direktkandidatin aufgestellt: Franziska Brandmann, die Bundesvorsitzende der „Jungen Liberalen“.

Normalerweise sitze in jeder Planungsrunde mindestens ein Mitglied mit Bedenken, sagt Czwikla. Das sei diesmal nicht so. „Für Sorgen haben wir gerade einfach keine Zeit“, sagt er. Ein Satz, den vermutlich alle Parteien in Münster unterschreiben würden. (sfo)

Korrekturhinweis: In den Abschnitten über Volt waren einige Angaben missverständlich. Wir haben die Textpassagen nach der Veröffentlichung präzisiert.

In eigener Sache
Porträt von Sebastian Fobbe

Wohnung gesucht!

Irgendwann gehen auch die schönsten Lebenskapitel zu Ende: RUMS-Redakteur Sebastian Fobbe will raus aus der WG und rein in die eigenen vier Wände. Kennen Sie zufällig eine Wohnung, die bald frei wird? Melden Sie sich gerne mit Tipps bei  sebastian.fobbe@rums.ms.

  • Lage gerne in der Innenstadt oder zentrumsnah
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Ein-Satz-Zentrale

+++ Wegen des knappen Zeitplans vor der Bundestagswahl am 23. Februar könnte es sein, dass diesmal für die Briefwahl nicht sechs Wochen Zeit bleiben, sondern nur zwei. (Westfälische Nachrichten)

+++ Der bisher geplante gläserne Aufzug für das Historische Rathaus ist wohl zu teuer. (Westfälische Nachrichten)

+++ Jürgen Kroos ist neuer Handwerkskammer-Präsident, Josef Trendelkamp sein Vize und Hans Hund neuer Ehrenpräsident. (Handwerkskammer Münster)

+++ Lars Baumgürtel, Experte für Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Industrie, möchte Nachfolger von Benedikt Hüffer als Präsident der Industrie- und Handelskammer werden. (IHK Nord Westfalen)

+++ Preußen Münster hat einen offiziellen „Ticket-Zweitmarkt“ eingerichtet, über den Fans Tickets für ausverkaufte Spiele regulär weiterverkaufen oder kaufen können. (Antenne Münster)

+++ Vor dem Landgericht Münster hat der Prozess gegen einen 52-jährigen Mann begonnen, der beschuldigt wird, im Jahr 2003 seine Ex-Partnerin aus Rache mit 66 Messerstichen getötet zu haben, und dem die Polizei vor sechs Jahren durch eine DNA-Analyse in Frankreich auf die Spur kam. (Alles Münster)

+++ Die „Himmelsleiter“ der Wiener Künstlerin Billi Thanner hängt wieder an der St.-Lamberti-Kirche. (Antenne Münster)

+++ Die Abfallwirtschaftsbetriebe bauen am Recycling- und Entsorgungszentrum in Coerde ein neues Schadstofflager, das das alte an der Rösnerstraße voraussichtlich 2027 ersetzen soll. (Stadt Münster)

+++ Obwohl noch keine Alternative gefunden ist, schließt die Wohnungslosenunterkunft am Alten Pulverschuppen Ende des Jahres. (Westfälische Nachrichten)

+++ Eine Studie zur Prävention sexualisierter Gewalt in den fünf katholischen Bistümern zeigt, dass Präventionsarbeit inzwischen wichtig ist, es aber immer noch Defizite gibt. (Bistum Münster)

Anonymer Briefkasten

Anonymer Briefkasten

Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.

zum anonymen Briefkasten

Unbezahlte Werbung

Der Islamwissenschaftler Mouhanad Khorchide aus Münster flog im vergangenen Jahr im Mai ins spanische Santiago de Compostela, um ein Stück des Jakobswegs zu gehen. Wegen eines Missverständnisses lief er die letzten hundert Kilometer in entgegengesetzter Richtung. Dabei stellte er fest, dass es den meisten Pilgernden weniger um eine Reise zu Gott zu gehen scheint, als um eine Reise zu sich selbst. Über seine Erlebnisse hat er das Buch „Ein Muslim auf dem Jakobsweg“ geschrieben, das vor Kurzem im Herder-Verlag erschienen ist. In diesem in der vergangenen Woche erschienenen Interview mit der „Zeit“ oder diesem ZDF-Beitrag erfahren Sie mehr. Das Buch kostet 18 Euro, kaufen können Sie es zum Beispiel bei Ringold, im Rosta-Buchladen – oder überall dort, wo es Bücher gibt. (aze)

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Annalena Zernott in den Kalender geschaut. Das sind ihre Empfehlungen:

+++ Bei der „Auktion der schönen Dinge“ können Sie Dinge ersteigern, die es normalerweise für Geld nicht zu kaufen gibt: zum Beispiel ein gemeinsames Training mit den Volleyball-Bundesligistinnen des USC Münster, die Besichtigung einer Windenergieanlage im Emsland, ein Privatrundflug mit Titus Dittmann oder die Mitfahrt auf einem Karnevalswagen. Das Ganze findet statt im Atlantic-Hotel und zwar am Samstag ab 19 Uhr. Einen kostenlosen Platz reservieren Sie sich auf dieser Seite. Welche „schönen Dinge“ am Abend versteigert werden, können Sie hier einsehen. Und warum das Ganze? Der Förderverein „Old Tablers 1648 Münster“ möchte mit der Aktion Spenden für wohltätige Zwecke sammeln.

+++ Am Sonntag können sich Kinder ab fünf Jahren die Geschichte „Vom Ritter, der sich im Finstern fürchtete“ musikalisch näherbringen lassen. Ab 11:30 Uhr zeigen Jungstudierende und Lehrende im Konzertsaal der Musikhochschule, was dem tapferen Sir Fred und der mutigen Lady Wendolyn Angst macht und wie beide ihre Angst überwinden. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung ist nicht nötig. Am Ausgang werden Spenden eingesammelt.

+++ Erinnern Sie sich noch an die Fernsehsendung „Herzblatt“? Darin wurden in den 80er- und 90er-Jahren Menschen zusammengeführt mit dem Ziel, das „Herzblatt“ durch spontane Wortbeiträge davon zu überzeugen, ihn oder sie näher kennenzulernen. Der Clou: Alle Äußerungen waren vorgegeben, es handelte sich also um eine als authentisch getarnte, in Wirklichkeit aber sehr vorhersehbare Veranstaltung. Beim „Musik Blinddate“ am Sonntagabend im Kreativ-Haus läuft das anders: Vier Musiker:innen, die vorher nicht wissen, mit wem sie heute Abend spielen werden, stehen gemeinsam auf der Bühne, um vor Publikum zu spielen. Keine Proben oder Absprachen vorab, alles geschieht improvisiert. Zuschauer:innen dürfen, aber müssen sich nicht einbringen. Einige Karten zum Preis von 18 Euro (13 Euro ermäßigt) sind noch hier zu bekommen. In diesem Video können Sie sich einen Eindruck von der Veranstaltung verschaffen oder Sie schauen hier.

+++ Die ganze Woche über haben Lastwagen Hütten in die Innenstadt gekarrt und Kräne schwere Dinge aufgestellt: Am Montag um 17 Uhr öffnen die Weihnachtsmärkte. Dann wird auch die Beleuchtung an der Tanne vor der Lamberti-Kirche zum ersten Mal angeknipst, dazu gibt es Musik.

Am Dienstag schreibt Ihnen Ralf Heimann. Kommen Sie gut durchs Wochenende!

Herzliche Grüße
Sebastian Fobbe

Mitarbeit: Ralf Heimann (rhe), Annalena Zernott (aze), Jan Große-Nobis (jgn) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

Die gute Nachricht ist: Beppo ist wieder zu Hause. Der rote Kater aus Sprakel ist ein Medienstar. Über ihn gibt es Fernsehbeiträge und Zeitungsberichte, denn Beppo fährt gerne Bus. Diese Woche wurde Beppo am Hauptbahnhof gesichtet. Vier Männer hatten das Tier bei sich. Eine Frau, die lange in Sprakel gelebt und Beppo deshalb erkannt hatte, sprach die Männer auf den Kater an. Die sollen behauptet haben, er sei ihnen zugelaufen. Die Frau bestand aber darauf, den Freigänger zurück nach Sprakel zu bringen. Dafür sollen die Männer 15 Euro verlangt haben. So steht die Geschichte um Beppos Entführung und die Lösegeldzahlung auf Instagram und in der Zeitung. Was daran stimmt, können wir kaum nachprüfen. Hoffen wir einfach nur, dass sich so etwas nicht wiederholt.

PPS

Seit über einem Jahr recherchiere ich über rituelle Gewalt. Das ist der Aberglaube, es gebe im Verborgenen okkulte Netzwerke, die Frauen und Kinder so lange missbrauchen, bis sich ihre Seele aufspalten. Diese Bruchstücke könnten die Täter angeblich per „Mind Control“ fernsteuern, um ihre Opfer auf späteren Missbrauch abzurichten. Nichts davon stimmt – trotzdem führte das Bistum Münster bis März 2023 eine Beratungsstelle, die auf rituelle Gewalt spezialisiert war (RUMS-Beitrag). Viele Medienbeiträge, die in letzter Zeit darüber erschienen sind, ärgern mich. Denn nach wie vor verbreiten Medien Legenden über rituelle Gewalt, die einfach reiner Quatsch sind. Eine Ausnahme ist der neue Podcast von „Undone“. Die renommierte Produktionsfirma hat einen mehrteiligen Podcast erarbeitet, der auf das größte Problem bei der rituellen Gewalt aufmerksam macht: Viele Hilfsangebote entpuppen sich als schädlich für die Betroffenen. Konkret geht es in dem Podcast über den Fall einer Familie, deren Tochter abhandengekommen ist, nachdem ihr in einer Therapie eingeredet wurde, dass sie durch jahrelangen rituellen Missbrauch zu einer multiplen Persönlichkeit geworden sei. Das alles klingt irre – und ja, das ist es auch. Hören Sie am besten aber selbst rein: Hier kommen Sie zum Podcast „Geteiltes Leid“.

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