Schild für Schild in Richtung Verkehrswende | Masterplan-Mobilität: Weg mit den roten Tüchern | Unbezahlte Werbung: Atelier an der Südstraße schließt

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

Verkehrswende bedeutet unter anderem, der Verkehrsraum wird umverteilt. Also alles, was ein Lenkrad hat und sich in Privateigentum befindet, in zwei Wörtern der motorisierte Individualverkehr (MIV – sprich: Mief) muss abgeben, alle übrigen Verkehrsarten bekommen Raum dazu. 

Wo diese Umverteilung schon stattgefunden hat, ist das zum Beispiel an der Farbe der Verkehrswege zu erkennen. Grün bedeutet: Hier ist schon länger niemand mehr gefahren. Das ist dann eine Umverteilung zu Gunsten der Flora. Sie kommt allerdings seltener vor. Häufiger ist die Farbe Rot. Dann ist es meistens eine Fahrradstraße. 

Die älteste Fahrradstraße in Münster ist die Schillerstraße. Hier haben Fahrräder seit 1990 Vorrang. Rot wird die Straße seit einigen Jahren nach und nach, damit es irgendwann auch der Letzte merkt. 

Seit der Hafenmarkt eröffnet hat, ist die Fahrradstraße jedoch auch der Weg, auf dem lange Lastwagen morgens ihre Ware anliefern. Das wiederum ist eine Umverteilung zu Gunsten des Lieferverkehrs, die an der Straßenfarbe nicht zu erkennen ist. 

Ein RUMS-Leser hat diese Umverteilung morgens auf einem Foto festgehalten. Er schreibt: „So einfach kann es gehen, bremsen, Warnblinker aktivieren und rückwärts ohne Einweiser mit einem Lastzug in die schmale Zufahrt zum Hafenmarkt. Nebensächlich, dass dabei mehrere Minuten die komplette Fahrradstraße im Schulverkehr blockiert wird, denn diese schmale Zufahrt mit einem Lastzug zu treffen, dauert.“

Und wenn lange Lastwagen morgens auf der Fahrradstraße ohne Einweiser rückwärts in kleine Seitenwege rangieren und so minutenlang die Straße blockieren, dann ist die Frage: Wäre es nicht besser, das Ganze dann einfach nicht Fahrradstraße zu nennen?

Wir haben die Stadt gefragt, und die schreibt, das alles sei ja eigentlich nicht so gedacht. Die hier beschriebene Verkehrssituation widerspreche dem Lieferkonzept, das man mit dem Hafenmarkt abgestimmt habe, denn danach fahren die Lastwagen zwar über die Schillerstraße raus, aber über den Hafenweg rein. 

Weil das aber offenbar nicht wie vereinbart geklappt hat, habe man nach unserem Hinweis die Schilder überprüft und festgestellt, dass auch sie nicht dem Konzept entsprechen, schreibt die Stadt. Das habe man inzwischen auch dem Betreiber mitgeteilt. Der wiederum habe seine Lieferanten informiert, damit die bitte vom Hafenweg aus auf das Gelände fahren. Auch das Zusatzschild „Anlieger frei“ sei inzwischen verschwunden.

So geht es Schild für Schild in Richtung Mobilitätswende. Auch in Berlin ist gestern wieder ein Schritt gemacht worden, wobei man darüber streiten kann, in welche Richtung. Die Bundesregierung hat sich auf ein neues Klimagesetz geeinigt. Es sieht unter anderem vor, dass nur noch die Gesamtbilanz zählt und nicht mehr rückwirkend geschaut wird, ob die einzelnen Sektoren ihre Klimaziele eingehalten haben – zum Beispiel eben auch der Verkehrssektor. 

Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) hat sich damit etwas Luft gemacht, im eigenen Ressort nicht so hart durchgreifen zu müssen, um die Klimaziele zu erreichen. Er hatte zuletzt mit Fahrverboten gedroht. Sein Düsseldorfer Kollege Oliver Krischer (Grüne) hatte ihn daraufhin aufgefordert, bei allem Verständnis für politische Zuspitzung zur Sachpolitik zurückzukehren. 

Wörtlich sagte er: „Das Problem ist (…) nicht das Klimaschutzgesetz des Bundes, sondern eine Verkehrspolitik, die eben nicht an den Zielen von Klimaschutz und Nachhaltigkeit ausgerichtet ist.“ 

Bei der Verkehrsministerkonferenz in dieser Woche werden die beiden noch einmal darüber reden können. Sie findet morgen in Münster statt. Worum es in den Gesprächen geht, steht hier auf der Tagesordnung. Mehrere Umweltorganisationen haben zu Protesten aufgerufen. Wenn Sie sich beteiligen möchten: Die Demo beginnt um 16 Uhr an der Engelenschanze. (rhe)

Kurz und Klein

+++ Bleiben wir bei der Frage, wem welcher Verkehrsraum gehört: Diese Debatte wird auch gerade im Kreuzviertel geführt. Und Ende vergangener Woche hat die Initiative „Verkehrswende im Kreuzviertel“ schon mal Antworten geschafft, indem sie in drei Straßen Blumenkübel an den Gehwegrand gestellt hat – laut eigener Aussage in einem „symbolischem Notwehrakt“. Hui, harte Worte, was ist denn da los? Schon seit Längerem setzt sich die Verkehrswende-Initiative im Kreuzviertel dafür ein, dass Autos, Schrotträder, Mülltonnen und alles andere, was auf dem Bürgersteig nichts zu suchen hat, da runterkommt. Hauptsache: „Freie Gehwege für freie Bürger:innen“ (RUMS-Brief). Das Ordnungsamt tue nach Einschätzung der Initiative zu wenig gegen das illegale Parken auf dem Bürgersteig. Mit der Folge, dass ohnehin schon mobilitätseingeschränkte Menschen massiv behindert werden. Damit keine Autos mehr die Bürgersteige blockieren, hat die Initiative jetzt die zehn Blumenkübel aufgestellt. Der freie-Gehwege-Aktivist Stefan Tigges schreibt in einer E-Mail an RUMS, die Resonanz auf die Kübelaktion falle bisher positiv aus. Leute aus der Nachbarschaft und Kita-Kinder hätten versprochen, sich um die Pflanzen zu kümmern, und fünf weitere Blumenkübel seien bestellt worden. Einige scheinen sich aber an der Aktion zu stören. Wie Tigges schreibt, seien von einigen Kübeln Aufkleber mit der Aufschrift „Gehwege sind keine Parkplätze“ entfernt worden. Die Verkehrswende-Initiative werde jedoch jeden Fall von Vandalismus „konsequent zur Anzeige bringen“, schreibt Stefan Tigges. (sfo)

+++ Schon seit Längerem diskutiert die katholische Kirche darüber, wie sie mit aktiven Kirchenmitgliedern umgehen soll, die öffentlich rechtsradikale oder AfD-mäßige Positionen vertreten. Über diese Frage im Bistum Münster berichteten die Westfälischen Nachrichten im März. Im Gespräch seien demnach „spürbare Sanktionen bis hin zur Exkommunikation, dem Ausschluss aus Ehrenämtern oder dem Entzug der Missio (die Erlaubnis, Religion zu unterrichten) bei Verstoß gegen das erwünschte Verhalten“. Offenbar sind die Überlegungen des Bistums inzwischen konkreter geworden. Einige katholische Medien titelten am Wochenende: „Bistum Münster will keine Extremisten in Pfarreiräten“. Den Ausschlag für diese Schlagzeile hat ein Bericht in der Bistumszeitung „Kirche und Leben“ gegeben. Darin heißt es, das Bistum möchte die Pfarreiräte-Satzung bis zur nächsten Wahl im Herbst 2025 so ändern, dass Engagement in der Kirche mit extremistischen Positionen nicht mehr vereinbar ist. Die Bistümer Berlin und Würzburg hätten solche Änderungen schon vor Jahren beschlossen. Problem für Münster: Womöglich hat das Bistum dann gar keinen Bischof, der die Satzung unterzeichnen könnte. Im März 2025 muss Bischof Felix Genn nämlich seinen Rücktritt beim Papst einreichen, weil Katholiken nur bis zum 75. Lebensjahr Bischof sein dürfen. (sfo)

+++ Wissen Sie, wo Tamale liegt? Bevor Sie googeln, verrate ich es Ihnen: im Norden Ghanas. Seit zwei Jahren ist die Stadt Tamale über eine Projektpartnerschaft mit Münster verbunden. Gestern ist eine Delegation angereist, die noch bis Samstag in Münster bleiben wird. Worum es bei dem Besuch geht, hat die Stadt hier aufgeschrieben. Hier der Schnelldurchlauf: Mitarbeitende des Krankenhauses von Tamale besuchen die Uniklinik, um über eine Partnerschaft zu beraten. Außerdem möchten zwei Jugendtheater aus Münster und Tamale eine Theaterkooperation anstoßen. Die FH Münster und die Abfallwirtschaftsbetriebe wollen ein Abfallprojekt starten. In Planung ist auch ein Austauschprogramm für Studierende und Lehrende. Die Städtepartnerschaft zwischen Münster und Tamale ist Teil eines entwicklungspolitischen Projekts des Landes NRW. Seit mehr als 40 Jahren pflegt schon das Bistum Münster Kontakte nach Tamale. (sfo)

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Masterplan Mobilität: Weg mit den roten Tüchern 

Der lange erwartete Masterplan Mobilität 2035+ beantwortet nicht alle offenen Fragen zur Verkehrswende. Aber das soll er auch gar nicht. Man kann etwas anderes aus ihm lernen. 

Nach vielen Jahren und einigem Hin und Her hat die Stadt Ende März den Masterplan zu Münsters Verkehrssystem veröffentlicht, dessen großes Versprechen schon in seinem Namen steckt. Ein Masterplan ist der Plan aller Pläne, ein Dokument, das auf die großen Fragen eine Antwort gibt, das alle Fäden zusammenführt, und auf das in der Vergangenheit immer wieder verwiesen wurde, wenn man sich im Kleinen verlor und nicht ganz klar war, in welche Richtung es denn jetzt gehen soll.

Wenn das die Erwartung war, also eine Antwort auf die offenen großen Fragen, dann ist die 252 Seiten lange Untersuchung eine Enttäuschung. Das ist schon daran zu erkennen, dass die Seiten über die Ausweitung des Ruftaxisystems „Loop“ sich schon wenige Wochen nach der Veröffentlichung des Masterplans erledigt haben. Das Rathausbündnis wird das Experiment in der nächsten Woche beenden. Man muss sich eine andere Lösung überlegen, die so nicht im Masterplan steht.    warum der Masterplan keine Enttäuschung ist, wenn man ihn daran misst, was er sein will.

Der Masterplan ist ein „strategisches Instrument (…), das künftig als Grundlage für die Stadt- und Verkehrsplanung herangezogen wird“, so steht es im Vorwort. Er ist eine Diskussionsgrundlage, die darauf schaut, was ist, aufzeigt, was sein könnte, und Vorschläge dazu macht, wie man bestimmte Ziele erreichen kann. 

Die Einschränkung steht ebenfalls schon im Namen, ganz am Ende: „2035+“. Der Plan schaut auf einen Zeitraum von zehn Jahren, am Ende skizziert er, wie es danach weitergehen könnte. Aber ganz wesentlich ist: Es geht hier nicht um eine große Vision, die beschreibt, wie es wäre, wenn alles perfekt ist, sondern immer auch um die Frage: Was ist realistisch und machbar? 

Das kann man kritisieren. Die „Naturfreunde Münster“ schrieben wenige Tage nach der Veröffentlichung in einer Pressemitteilung, der Masterplan sei „verkehrspolitischer Salat“, er enthalte „eine Ansammlung von Maßnahmen, die weder konkret genug sind noch auf absehbare Zeit und schon gar nicht bis 2030, dem Jahr angestrebter Klimaneutralität, realisierbar sind“. 

Die Kritik ist also: Mit diesem Masterplan wird Münster bis 2030 und auch in den Jahren darauf nicht klimaneutral. Das thematisiert der Masterplan allerdings selbst. 

Klingt fantastisch, ist aber eine Utopie?

Er beschreibt drei mögliche Szenarien. Eines, in dem alles einfach so weitergeht wie bisher (Prognose-Nullfall), eines, in dem die Stadt einige Anstrengungen unternimmt (Trendszenario) und ein drittes, in dem alles nahezu perfekt läuft (Klimaneutralität 2030), dessen Umsetzung aber sehr unwahrscheinlich ist. 

Im Fazit auf Seite 125 steht, dass maßgebliche Veränderungen „nur durch eine weitreichende Neugestaltung des Mobilitätssystems“ möglich seien. Es seien „große organisatorische und finanzielle Anstrengungen erforderlich, um die berechneten und angestrebten Verlagerungen auch in der Realität erreichen zu können“. Und dort steht: „Ohne maximale regulatorische Eingriffe auf den MIV sind signifikante Erfolge demnach nicht möglich.“ In anderen Worten: Wenn man das Auto nicht zurückdrängt, tut sich nichts. 

Man kann dem Masterplan also vorwerfen, dass er der Stadt keinen realistischen Weg zur Klimaneutralität innerhalb von sechs Jahren aufzeigt. Es kann aber auch sein, dass es diesen Weg einfach nicht gibt, weil das Ziel zwar fantastisch klingt – aber eine Utopie ist. 

Für diese These wiederum liefert der Masterplan einige Belege. Eine wesentliche Aussage, die an keiner Stelle explizit so steht, aber am Ende als Eindruck bleibt, ist: Es wird alles nicht so schnell gehen, wie man es sich wünscht und die Klimakrise es verlangt. 

Andererseits steht im Masterplan auch, auf Seite 13, dass die Planung an einem Punkt startete, „den wir für viele andere Städte als perspektivischen Zielzustand definieren“. Das muss nicht bedeuten, dass Münster jetzt erst mal einen Gang zurückschalten kann, um die anderen Städte aufholen zu lassen. Aber man muss klar sagen, worum es hier geht. 

Eine legitime Möglichkeit wäre, sich an das Tempo in anderen Städten anzupassen und zu sagen, wir geben uns zehn Jahre mehr Zeit für diese Aufgabe. Aber Münster möchte Vorbild sein, zu den Ersten gehören, und das bedeutet: Die Einschränkungen hier werden härter sein und die Kosten für jede einzelne Person höher. Für dieses Ziel braucht es dann weiterhin eine politische Mehrheit. 

Das ist eine weitere Erkenntnis aus dem Masterplan, die nicht ganz neu ist, hier aber noch einmal sichtbar wird. Und das führt direkt zu einem weiteren Punkt, der zeigt, wo große Steine im Weg liegen. 

Einen Konsens findet man so nicht

Gleich in der Einleitung steht, laut Plan werde „keine Verkehrsart aus ideologischen Gründen als reiner Selbstzweck eingeschränkt oder bevorteilt“. Trotzdem müssten die Prioritäten neu definiert werden, der Anteil der motorisierten Fahrzeuge müsse so weit wie möglich reduziert, der verbleibende Anteil bestmöglich gesteuert werden. 

Die Grundrichtung ist damit klar. Das Auto soll an Bedeutung verlieren, aber es soll trotzdem kein Feldzug gegen das Auto sein. Man ahnt beim Lesen an den verschiedenen Stellen, wo die autofreundliche Seite Argumente für ihr Anliegen finden wird, und wo die andere Seite sich in der Debatte bedienen könnte. 

Das ist das Problem. Pro-Auto-Politik und Anti-Auto-Politik eignen sich ganz hervorragend, um sich als Partei zu profilieren und der eigenen Wählerschaft das zu geben, was sie gern hätte. Nur, einen großen gesellschaftlichen Konsens darüber, wie Verkehrspolitik und Klimaziele sich vereinbaren lassen, findet man so nicht. 

CDU-Fraktionschef Stefan Weber sagte vor ein paar Tagen laut Pressemitteilung den Satz: „Ohne Auto geht es nicht.“ Damit fasst er ein zentrales Gefühl seiner Klientel in fünf Worten zusammen. Grüne Politik dagegen ist vor allem aufs Fahrrad ausgerichtet. Dazwischen verläuft eine Linie. Die einen sind pro Auto, die anderen pro Fahrrad. Das schweißt die jeweiligen Fronten zusammen, aber es verbreitert gleichzeitig die Gräben. 

Die Publizistin Teresa Bücker, die am Donnerstagabend in Münster liest (siehe Drinnen und Draußen), hat im Magazin der Süddeutschen Zeitung einen Essay verfasst (Titel: „Ist es radikal, die Städte autofrei zu machen?“), in dem sie herausarbeitet, dass diese Linie zwischen Auto und Fahrrad gar nicht so sinnvoll ist, wenn eine vernünftige Verkehrspolitik gelingen soll. 

Das Fahrrad sei „kein Verkehrsmittel, das für alle gleichermaßen geeignet ist und den Alltag einfacher macht“, schreibt sie dort. Das bedeutet, dass eine vernünftige und rationale Verkehrspolitik das machen muss, was in einer auf Emotionalität gepolten Politik nicht ganz so optimal ist: Sie muss differenzieren. 

Die Pro-Fahrrad-Fraktion lässt sich mit Pro-Fahrrad-Politik mobilisieren, aber vernünftige Verkehrspolitik bedeutet unter Umständen auch, dass man an den Stellen, an denen das Auto weiterhin notwendig und schwer zu ersetzen ist, günstige Bedingungen für das Auto schafft. In der Politik scheitert so etwas oft daran, dass eine dem eigenen Verständnis nach progressive Partei nicht in Verdacht geraten möchte, zu autofreundlich zu sein. 

Die Zustimmung endet beim Wort „autofrei“

Der eigenen Wählerschaft kann man mit einer am Auto-Fahrrad-Äquator ausgerichteten Politik Gefallen tun, die sich am Ende unter Umständen in Stimmen auszahlen. Es kann aber dann eben auch so kommen, wie es in Münster schon einmal passiert ist. Ergibt sich nach der Kommunalwahl eine neue Mehrheit, macht die alles wieder rückgängig oder führt Begonnenes zumindest nicht fort. 

Am Bült, wo das Ratsbündis den geplanten und von der CDU abgelehnten Verkehrsversuch verschoben hat, könnte genau das passieren. Stattfinden soll der Versuch, wenn an der Weseler Straße nicht mehr gebaut wird. Gewinnt die CDU die Kommunalwahl, wird es diesen Verkehrsversuch wahrscheinlich nie geben. 

Aber wie kann eine vernünftige Verkehrspolitik aussehen? Teresa Bücker schreibt in ihrem Essay: „Die Debatte um weniger Autos in Städten sollte eine Debatte über eine bessere Lebensqualität sein – über lebenswertere Städte für alle Menschen.“ Was das bedeutet, kann man sich klarmachen, wenn man sich an die „weitgehend autofreie Innenstadt“ erinnert, das große Thema vor der letzten Kommunalwahl. 

Die Zustimmung der CDU endet hier beim Wort „autofrei“. Nur was, wenn man nicht über die autofreie Innenstadt diskutiert, sondern über eine Ausweitung der Fußgängerzonen, die entgegen anfänglicher Befürchtungen zu einem großen Erfolg wurden? Gegen Fußgängerzonen, von denen der Handel profitiert, hat auch in der CDU niemand etwas. 

Ganz konkret: Was, wenn man darüber sprechen würde, den Alten Fischmarkt zu einer Fußgängerzone zu machen, dann vielleicht noch eine weitere Straße und noch eine? Wäre eine dauerhafte Mehrheit so nicht wahrscheinlicher?

Der Masterplan kann eine Grundlage für so eine Debatte sein. Er schlägt 46 Maßnahmen vor, die aber laut Plan weiter ergänzt werden sollen. Wenn man sich schnell einen Überblick verschaffen möchte, worum es genau geht, eignet sich der 15 Seiten lange Kurzbericht sehr gut, der die zentralen Ergebnisse zusammenfasst. 

Das übergeordnete Ziel ist, ein Verkehrssystem zu entwerfen, das in Netzen mit Haupt- und Nebenachsen organisiert ist, die an vielen Übergängen miteinander verbunden sind. Zwischen den Netzen kann man also an vielen Stellen wechseln, und wenn man speziell auf das Auto schaut, soll, so steht es im Masterplan, „niemand von der Nutzungsmöglichkeit eines Pkw abgehalten werden“. Es sollen „alle die Möglichkeit haben, bewusst zu verzichten – weil wirkliche Alternativen im Umweltverbund bestehen“. Es soll also so leicht wie möglich sein, statt des Autos die Bahn, den Bus, das Fahrrad oder den Fußweg zu verwenden. So lautet das Ziel. Nur über den Weg dahin müsste man sich eben noch einigen. (rhe)

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Klima-Update

+++ Zu Beginn des RUMS-Briefs haben wir schon das aktualisierte Klimaschutzgesetz des Bundes angerissen. Schauen wir uns deshalb noch mal die wichtigsten Punkte an: Die Bundesregierung möchte mit der Reform erreichen, dass Deutschland bis 2024 treibhausgasneutral wird. Ausschlaggebend ist nicht mehr, wie viel CO2 in der Vergangenheit ausgestoßen wurde, sondern wie die künftige Entwicklung aussehen wird. Entscheidend wird außerdem die gesamte Bilanz sein. Es ist also egal, wo Treibhausgase entstehen – wichtig ist nur, dass Deutschland unterm Strich sein Ziel erreicht. Die Rolle des Expertenrats soll gestärkt werden. Mehr dazu hier. (sfo)

+++ Am Freitag stand es schon in der Ein-Satz-Zentrale: Die Stadtwerke Münster und ein Münsteraner Windkraftanlagenbauer wollen einen Energiepark mit mehreren Photovoltaik-Anlagen und einem riesigen Windrad am Autobahnkreuz Süd bauen, um auf diese Weise Strom für rund 7.000 Haushalte zu produzieren. Die Grünen-Ratsfraktion findet diese Idee super. Aber wie das mit Windkraftprojekten nun einmal so ist, gibt es immer auch Stimmen, die die Euphorie nicht teilen. In der Regel sind das Anwohnende, die Angst vor Lärm haben oder einfach kein Windrad in der Nähe stehen haben wollen. Mit einigen Leuten aus der Nachbarschaft davon hat jetzt der WDR gesprochen. Und siehe da, diejenigen, mit denen Reporter Christian Schweitzer gesprochen hat, empören sich schon vorsorglich über den Krach des Windrads, das 2027 am Autobahnkreuz aufgestellt werden soll. Bei einer Veranstaltung der Albachtener CDU war die Stimmung unter den Anwesenden ähnlich mies, schreiben die Westfälischen Nachrichten. Diese Woche beraten der Umwelt– und der Stadtplanungsausschuss über den Energiepark am Autobahnkreuz, bevor der Rat am 24. April darüber entscheidet. Dass der Plan für das Windrad kurzfristig abgesagt wird, ist aber eher unwahrscheinlich. (sfo)

+++ Nächste Woche wird der Stadtrat über einen Antrag der CDU-Fraktion abstimmen, der einen besseren Hitzeschutz auf Schulhöfen und Kita-Außengeländen fordert. Kinder seien laut Antrag stärker von hitzebedingten Gesundheitsproblemen bedroht als Erwachsene. Die Außenbereiche von Kitas und Schulen müssten deshalb umgebaut werden, damit Kinder und Jugendliche besser vor extremer Hitze und starker Sonneneinstrahlung geschützt sind. Die CDU möchte, dass die Verwaltung ein Konzept erarbeitet, das mögliche Bauvorhaben und ungefähre Kosten auflistet. Zur Finanzierung stehen im Vortrag zwei Vorschläge: Fördermittel beantragen und die in Münster geltenden Baustandards absenken. In Münster lägen die Baustandards laut CDU nämlich über den Bundesstandards und das mache den Klimaschutz schwieriger. (sfo)

Korrekturen

Am Freitag ist uns im RUMS-Brief das Kunststück gelungen, in einem Satz zwei Fehler zu machen. In unserer Meldung über den Bau des neuen Preußen-Stadions wiesen wir am Ende auf einen Text über die Stadiondebatte in Oldenburg hin und nannten den Verein dort den „Ligakonkurrenten Wolfsburg“. Der Verein heißt allerdings VfB Oldenburg, spielt in der Regionalliga und ist damit kein Ligakonkurrent von Preußen Münster, wie übrigens auch Wolfsburg nicht. Leider gibt es in der Liga auch keinen Verein, der ähnlich klingt und auf den man das schieben könnte. Zur Strafe hat der Kollege – nennen wir ihn beim Namen: Ich war es selbst – am Wochenende die Tabelle der 3. Liga auswendig gelernt. (rhe)

Ein-Satz-Zentrale

+++ Um das Image des Stadtteils Coerde aufzubessern, beantragen die SPD und die Grünen in der Bezirksvertretung Nord, dass nach jeder Sperrmüllabfuhr die Straßen gereinigt werden sollen. (Antrag SPD und Grüne)

+++ Heute beginnen die ersten schriftlichen Abiprüfungen in Münster – toi, toi, toi! (Antenne Münster)

+++ Bei einer Leserumfrage des Magazins „Groove“, das über elektronische Musik und Techno schreibt, ist das „Fusion“ zum besten Club und das „Docklands“ zum besten Festival gewählt worden. („Groove“-Magazin)

+++ Bis zum 15. Mai können sich Gruppen und Initiativen auf den Ehrenamtspreis des Bistums Münster bewerben. (Bistum Münster)

+++ Kristina Scepanski, Leiterin des Westfälischen Kunstvereins, wechselt im Sommer in die Kulturförderung. (Westfälischer Kunstverein)

+++ Am 9. Juni treten 65 Jugendliche zur Wahl des neuen Jugendrats der Stadt Münster an. (Stadt Münster)

+++ Die 20-jährige Studentin Pauline beschreibt, wie es ist, in Münster zu studieren, und was die Stadt für sie so reizvoll macht. (Spiegel)

+++ Eine Fischerfamilie versucht zurzeit, das Verhältnis zu Raubfischen und Beutefischen im Aasee wieder in ein besseres Verhältnis zu bekommen. (WDR Lokalzeit)

+++ Am Freitag demonstrieren Menschen, die am sogenannten chronischen Erschöpfungssyndrom erkrankt sind, vor dem historischen Rathaus. (Liegedemo auf Twitter)

+++ Auf den beiden ehemaligen Kasernenflächen in Gievenbeck und Gremmendorf, die Münster vom Bund gekauft hat, werden wohl so bald keine neuen Sozialwohnungen entstehen, denn eine Vereinbarung mit dem Bund zu Preisnachlässen beim Bau solcher Wohnungen endet bald. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Kreispokal-Finale der Damen zwischen DJK Wacker Mecklenbeck und Blau-Weiß Aasee findet am 8. Mai im Preußen-Stadion statt. (Preußen Münster) – mehr über Frauenfußball in Münster erfahren Sie in diesem RUMS-Brief von unserer Gastautorin Helene Altgelt.

+++ Damit Eltern nicht mehr Geld für einen Kita-Platz ausgeben müssen, schlägt die FDP vor, unbesetzte Stellen aus dem Personalplan der Stadt zu streichen. (FDP Münster)

+++ Die Polizei hat am frühen Samstagmorgen vier tatverdächtige Männer festgenommen, nachdem ein Streit vor einer Disko an der Hafenstraße eskaliert war, bei dem auch Schüsse mit einer Schreckschusspistole fielen. (Polizei Münster)

Unbezahlte Werbung

Seit vielen Jahren illustriert Selda Marlin Soganci Bücher für verschiedene Verlage. Vor fünf Jahren hat sie an der Südstraße einen kleinen Atelierladen eröffnet. Am kommenden Samstag öffnet sich die Tür ihres Geschäfts allerdings zum letzten Mal. Die Illustratorin und Grafikerin veranstaltet am 20. April zum „Good-Bye-Shopping“ und verkauft von 13 bis 18 Uhr Schreibwaren, Schmuck, Accessoires, Geschenkpapier und mehr zu stark reduzierten Preisen. Für einen ersten Eindruck können Sie einen Blick ins Instagram-Profil wagen.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Katja Angenent für Sie in den Kalender geschaut. Das sind ihre Empfehlungen: 

+++ Alle, die sich bei dem Aprilwetter am liebsten ganz woanders hin wünschen, können am Donnerstag um 16 Uhr in der Stadtbücherei zumindest gedanklich verreisen. Dann lädt Autorin Gudrun Beckmann-Kircher gemeinsam mit Musikerin Tania Pentchev ein zu einem literarisch-musikalischen Nachmittag. Das Motto lautet „Reisen durch Raum und Zeit.“. Der Eintritt ist frei, aber bitte nicht vergessen, sich per E-Mail anzumelden.

+++ Weiter oben haben wir die Autorin Teresa Bücker schon erwähnt. Am Donnerstag kommt sie für eine Lesung nach Münster. In der Aula der KSHG wird sie ihr Buch „Alle Zeit“ vorstellen, das sich mit der politischen Seite von Zeit beschäftigt: Wie gehen wir als Gesellschaft mit Zeit um, warum haben wir davon nie genug und wie könnte ein anderer Umgang mit Zeit zu mehr Gerechtigkeit, Zusammenhalt und Lebensqualität führen? Beginn ist um 19:30 Uhr, freier Eintritt. Und wenn Sie danach noch mehr über Zeitpolitik erfahren wollen, dann abonnieren Sie gerne den sehr interessanten Newsletter von Stefan Boes, der übrigens mal für unsere Kolleg:innen von Perspective Daily geschrieben hat.

+++ Seit über drei Jahrzehnten zählen Fiddler’s Green schon zu den erfolgreichsten Formationen der europäischen Folk-Rock-Szene. 1990 wurde in einer Studi-WG-Küche erstmals mit Geige, Akkordeon, Drums und Gitarren experimentiert. 25 Alben und vier DVDs später kommt die Band mal wieder nach Münster – und zwar am Freitag in den Skaters Palace. Restkarten gibt es hier.

+++ Lucy McCormick ist eine britische Künstlerin, die am Freitag und Samstag im Pumpenhaus das Neue Testament queerfeministisch interpretiert. Sie zeigt die Bibel als Cabaret der Christenheit mit einer Mischung aus Tanz, Gesang und Performance. Karten für den Freitag erhalten Sie hier, für den Samstag hier.

Am Freitag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche. 

Herzliche Grüße
Ralf Heimann

Mitarbeit: Katja Angenent (kan), Sebastian Fobbe (sfo) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

Manchmal ist ja einfach die Vorstellung das Problem. Heute Mittag war das so bei einer Pressemitteilung der Stadt. Am Sonntag ist Tag der offenen Tür bei den Abfallwirtschaftsbetrieben in Coerde, schreibt die städtische Pressestelle. Also wollten sie immer schon mal einen Berg voller Hausmüll sehen? Oder eine Halle voller gewerblichenm Abfalls? Das sind so die ersten Assoziationen. Dann sieht man aber: doch gar nicht so schlecht. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Abfallwirtschaft an 14 Stationen. Eine Oldtimer-Ausstellung. Ein Gewinnspiel. Eintritt frei. Könnte ja vielleicht ganz gut werden. Also der erste Eindruck ist anscheinend doch manchmal falsch. Und was man ja dann doch wirklich auch sagen muss: Immerhin ist es kein Schnuppertag. (rhe)

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