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Münsters Schwimmbäder: Es bleibt kompliziert | Grüner OB-Kandidat: Tilman Fuchs wird’s | Unbezahlte Werbung: Gewürze der Welt

Guten Tag,
zwei SPD-Landtagsabgeordnete haben der Landesregierung im September eine besorgte Anfrage geschickt, weil sie den Eindruck haben, dass in Nordrhein-Westfalen zu wenige Kinder schwimmen lernen – „speziell auch in Flutgebieten“, schreiben sie.
Hoffen wir, dass das nicht die Klimaanpassungsmaßnahmen sind, von denen immer die Rede ist. Denn da können wir schon vom Schreibtisch aus sagen: Das wird nicht funktionieren.
In Münster gibt es immerhin kleine Erfolgsmeldungen. Hier haben in den Herbstferien knapp 270 Kinder schwimmen gelernt (RUMS-Brief), beziehungsweise in einem Schnellkurs das Seepferdchen gemacht, schreibt die Stadt. Wäre natürlich schön, wenn sie jetzt noch etwas üben könnten.
Heute lesen Sie im Brief:
- Kinderhaus: Die Stadt will Wäldchen zurückkaufen
- Erphoviertel: Bewohnerparken kommt
- Altersmessung am Knie
- Infografik: So viele Menschen wollen in Münster ihren Geschlechtseintrag ändern
- Das grüne Angebot
- Klima-Update: Zwischen Photovoltaik und Beton
- Ein-Satz-Zentrale: Nächste Baustelle am Albersloher Weg
- Unbezahlte Werbung: Gewürze der Welt
- Drinnen und Draußen: Auf dieser Halloweenparty brauchen Sie kein Kostüm
Nur in Münster ist das nicht so leicht. Die Hallenbäder in Wolbeck und Roxel öffnen nur noch für Schulen und Vereine. Im Ostbad steht seit Jahren immer wieder was anderes im Weg. Aktuell schlägt die Stadt sich mit Legionellen herum, also mit lästigen Bakterien.
Das Südbad ist immer mal wieder für ein paar Stunden geöffnet, am Wochenende, eigentlich zur besten Zeit zum Schwimmengehen, gar nicht. Der Grund ist, wie auch in den übrigen Bädern: Die Stadt findet keine Leute.
Zuletzt hatte man nicht den Eindruck (aber das kann täuschen), irgendwer würde rotieren, um daran etwas zu ändern. Dann rotierten immerhin die Öffnungszeiten.
In den Ferien schickte die Stadt Leute von Bad zu Bad, um möglichst häufig öffnen zu können. Das will man jetzt „evaluieren“, um herauszufinden, ob das vielleicht noch besser geht, schreibt die Stadt.
Mit dem Südbad wird es wohl erst mal nicht besser. „Eine Erweiterung der Öffnungszeiten am Wochenende kann erst umgesetzt werden, sobald es die Personalsituation zulässt“, heißt es.
Und mit dem Ostbad? Da hat die Stadt das ganze Trinkwassersystem auseinandergenommen, um die lästigen Legionellen loszuwerden. Als Nächstes will man Proben nehmen. Mit den Ergebnissen rechne man Anfang Dezember, schreibt die Stadt. Könnte ja vielleicht noch vor Weihnachten etwas werden. Es sei denn, die Stadt geht mit ihren Bakterienproben wieder baden. (rhe)
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+++ Die Stadt möchte mit der Stroetmann-Gruppe über den Kauf des Zimmermannschen Wäldchens in Kinderhaus verhandeln. Diese Info hat eine Nachfrage des Bezirksbürgermeisters Ralf Kiewit (Grüne) bei der Verwaltung ergeben. Die Bezirksvertretung Nord hatte vergangenes Jahr beschlossen, den Kauf des kleinen Waldes anzuregen. Hintergrund ist, dass Stroetmann auf dem Grundstück einen Supermarkt bauen möchte. Diese Pläne haben zu Protesten in Kinderhaus geführt, über die wir in diesem und diesem RUMS-Brief berichtet haben. Seit 2009 gehört Stroetmannn das Zimmermannsche Wäldchen. Für den Bau eines Supermarktes müsste der Rat den fast 30 Jahre alten Bebauungsplan ändern, der die Nutzung des Geländes als Wald festschreibt. (sfo)
+++ Das Erphoviertel ist zugeparkt. An den Hotspots wie der Goldstraße, der Piusallee oder der Kolpingstraße sind die Parkplätze fast durchgängig belegt. Gerade für Anwohnende ist das ärgerlich, denn viele gebietsfremde Langzeitparker:innen nehmen ihnen im Erphoviertel die Parkplätze weg. Zu diesen Ergebnissen ist eine Studie gekommen, mit der die Verwaltung die Einführung von Bewohnerparkzonen in dem Stadtteil hat prüfen lassen. Wie in dem dazugehörigen Bericht aus dem Mobilitätsamt nachzulesen ist, wird es so auch bald kommen. Genauer gesagt, möchte die Verwaltung zwei Zonen mit kostenpflichtigen Bewohnerparkplätzen einführen, eine im Norden und eine im Süden des Erphoviertels. (sfo)
+++ Spulen wir zurück ins Jahr 2015. Damals beschäftigte die Stadt Hamburg die Frage: Wie alt sind die Geflüchteten, die bei uns einen Asylantrag stellen? Um das herauszufinden, hat die Stadt diejenigen Körperpartien untersuchen lassen, die für die „Abschätzung des Entwicklungs- bzw. Reifezustandes“ maßgeblich sind. Das sind bei jungen Frauen unter anderem die Brüste und bei männlichen Jugendlichen der Penis. Die entwürdigenden Nacktuntersuchungen entwickelten sich damals zu einem Politikum, für das die Uniklinik Münster eine elegantere Lösung finden will: Ein erstes Forschungsprojekt an der medizinischen Fakultät ergeben, dass sich der Scan des Kniegelenks sehr gut zur Altersbestimmung eignet. Dieses Verfahren möchte die Uni jetzt in einer weiteren Studie verfeinern und bekommt dafür fast 1,6 Millionen Euro vom Bund und der EU, berichten die Westfälischen Nachrichten. Was noch fehlt, sind die Proband:innen. Sie müssen zwischen 17 und 22 Jahre alt sein und können sich bei Interesse per E-Mail für den Versuch anmelden. (sfo)
Korrekturhinweis: In einer früheren Version schrieben wir von einem Forschungsprojekt der Uniklinik. Die Klinik kümmert sich allerdings nur um die Krankenversorgung, die Forschung findet an der medizinischen Fakultät der Uni statt. Wir haben das korrigiert.

Morgen tritt das Selbstbestimmungsgesetz komplett in Kraft. Mit der neuen Regelung können trans, inter und nicht-binäre Menschen ihren Geschlechtseintrag und Vornamen einfacher ändern lassen: Sie müssen nur drei Monate im Voraus eine Änderung beim Standesamt beantragen. Wie uns die Stadt auf Anfrage mitteilt, haben 110 Menschen aus Münster bisher einen solchen Antrag gestellt. Wie es in anderen Städten aussieht, zeigt eine dpa-Umfrage: Zum Beispiel sind in Rostock mehr als 130 Anträge eingegangen, in Nürnberg 141, in München 330 und in Hamburg 540. Die meisten Anträge kommen bisher aus Berlin: Dort wollen rund 1.200 Menschen ihren Geschlechtseintrag im Pass ändern lassen.
(Quelle: Stadt Münster)
Hier finden Sie alle unsere Infografiken. Sollte Ihnen eine davon besonders gut gefallen, teilen Sie sie gerne!
Das grüne Angebot
Die Grünen haben einen Oberbürgermeister-Kandidaten gewählt. Haben sie sich für eine echte Chance entschieden? Oder gegen Veränderung?
Mittwochabend, 19 Uhr in einer Schlange vor der Aula im Annette-Gymnasium. „Wo wohnst du eigentlich?“, fragt einer. „In der Nähe vom Hörster Friedhof“, sagt ein anderer. „Und dann kommst du mit dem Auto?“ Kurzes Schweigen. Der Mann winkt ab. „Nee, nee, eigentlich nicht, aber ich komm direkt von der Arbeit.“
In wenigen Minuten, eigentlich schon in dieser, soll hier die Mitgliederversammlung der Grünen beginnen. Die Partei will entscheiden, wer für sie im nächsten Jahr bei der Oberbürgermeisterwahl antritt. Zwei stehen zur Wahl: Andrea Blome und Tilman Fuchs. Aber erst mal müssen alle rein in den Saal. Und das ist gar nicht so leicht.
„Wessen Nachname nicht mit den Buchstaben A bis L beginnt, der steht in der falschen Reihe“, ruft eine Frau. Es wird unruhig, die Reihe bewegt sich. Dann geht es weiter. Irgendwann ist man drin, gleich links hinter der Tür liegt eine Spieldecke für Kinder, vorn auf der Bühne stehen Sonnenblumen. Dahinter noch mehr Sonnenblumen auf grünen Plakaten. Und überall Menschen.
Ein Mann mit grauen Schläfen hinten am Rand der Aula sagt, er sei seit 1983 in der Partei, aber so viele Menschen bei einer grünen Mitgliederversammlung, das habe er noch nie erlebt. 317 werden später ihre Stimme abgeben. Mehr als ein Fünftel aller Mitglieder in Münster. Über 1.400 sind das seit Kurzem, genauer: 1.410. Das wird später noch mitgeteilt. Auch das ist ein Rekord.
Der laute Knall
Rekordverdächtig war offenbar auch der Wahlkampf, der in den Wochen und Tagen vor der Versammlung stattfand, allerdings nicht nur in einem guten Sinne. Das hört man hier auch.
Schon bei der Suche hatte es Ärger gegeben. Eine Kommission sollte einen Kandidaten oder eine Kandidatin finden. Andrea Blome, die Verkehrsausschuss-Vorsitzende und gleichstellungspolitische Sprecherin der Ratsfraktion, war vorzeitig aus dem Verfahren ausgestiegen. Sie hielt die Kommission für parteiisch und erklärte selbst ihre Kandidatur (RUMS-Brief).
Das nahmen einige ihr übel. Sie sahen in dem lauten Knall, den Blome mit ihrem Rückzug verursachte, den Beleg dafür, dass es ihr eher um ihre eigene Sache geht als um die Partei. Andere sahen darin einen Beleg dafür, dass sie Konflikten auch im eigenen Umfeld nicht aus dem Weg geht, wenn es ihr um die Sache geht. Das könnte ja schon mal ein Vorgeschmack auf das sein, was sie mit der Verwaltung vorhat.
Innerhalb der Fraktion kam der Bruch offenbar nicht gut an. Bei den Vorstandswahlen fiel Andrea Blome in der ersten Runde durch. In der zweiten – das muss man auch sagen – wurde sie gewählt. Was bedeutet das nun?
Ach, und da war da ja auch noch Tilman Fuchs. Von dem hörte man nichts. Beziehungsweise, man hörte, dass er seine Arbeit in Steinfurt gut mache, das sagten die einen. Und man hörte, vorgebracht mit einem verhaltenen Seufzer, der sei ja nun mal Verwaltungsfachmann.
Mit ihm würde bei den Wahlen also ein Verwaltungsfachmann gegen einen anderen Verwaltungsfachmann antreten, gegen LWL-Direktor Georg Lunemann, der für die CDU antritt. Dazu noch ein Mann gegen einen Mann. Dann würde also sogar bei einem Wahlsieg der Grünen alles so weitergehen wie bisher. Wo sei da der Veränderungswille? Wo das grüne Angebot?
Regiert die Stadtverwaltung?
Andrea Blome wäre so ein Angebot. Eine Frau ohne Verwaltungsbiografie, die mit einem frischen Blick von außen kommt und ohne große Rücksicht auf etablierte Strukturen viele Dinge einfach anders macht. In der Politik ist das eine Vorstellung, die vielen Menschen gefällt.
In anderen Berufen, zum Beispiel der Herzchirurgie, hört man so etwas nur selten. Andererseits erleben die Grünen seit vier Jahren, wie sie zusammen mit SPD, Volt und wechselnden Partnern im Stadtrat regieren, aber im Grunde von einer konservativen Stadtverwaltung regiert werden.
Ändern sie Vorschläge der Stadtverwaltung nach ihren Wünschen, verschwinden die Papiere danach auf irgendwelchen Schreibtischen oder in Schubladen. Und bevor’s wirklich unangenehm wird, nimmt der Verwaltungschef den entsprechenden Punkt eben von der Tagesordnung, zur Not auch zwei Mal hintereinander (RUMS-Brief).
Wird einer, der in der Verwaltung sozialisiert worden ist, sich auf solche Machtkämpfe einlassen?
Oder wird es doch jemand, mit dem man bislang noch gar nicht gerechnet hatte? Auf den Stühlen der Aula liegen schon die Abstimmungszettel mit den Namen Tilman Fuchs und Andrea Blome. Aber auf der Leinwand hinter der Bühne erscheint jetzt noch der Name einer dritten Person, die sich kurzfristig gemeldet hat. Ulrich Intveen. Ulrich wer?
Google kennt den Mann nicht. Aber man wird ihn gleich kennenlernen. Erst mal ist Andrea Blome dran. Sieben Minuten Zeit. Großer Applaus.
„Ja, liebe Grüne, ich bin auch beeindruckt, wie voll es hier ist“, sagt sie. Dann erzählt sie eine Geschichte, die sie in einer Arbeitsgemeinschaft gehört habe, wie sie sagt. Es ist die Geschichte eines blinden Mannes, der mit einem langen Stock durch die Stadt läuft. „Das ist der Einzige, der sich unter den Menschen, die blind sind, wie er, überhaupt noch auf die Straße traut“, sagt sie. Alle anderen hätten vor den Autos auf Gehwegen, im Weg stehenden Rollern, Fahrrädern und Mülltonnen kapituliert.
Wieder ein Mann?
Gehwegparken – ein grünes Herzensanliegen, dass das endlich aufhört. „Wem geben wir eigentlich den Raum in unserer Stadt? Wen hören wir? Wen sehen wir? Wen nehmen wir wahr? Wen meinen wir? Und was meinen wir, wenn wir von gesellschaftlicher Teilhabe sprechen?“, fragt Andrea Blome. Ihre Vision sei eine sozial- und generationengerechte, eine klimagerechte und eine solidarische Stadt.
Die Sorge derer, die Tilman Fuchs den Stempel „Verwaltungsfachmann“ aufgedrückt haben, ist: Bei seiner Wahl könnte das alles unter den Tisch fallen. Er könnte sich um des Stadtfriedens willen mit Menschen arrangieren, die keine Veränderung wollen. Er könnte Kompromisse machen, die Autos auf den Gehwegen stehen lassen und auch in der Klimapolitik weiter alles vor sich hin plätschern lassen.
Und eben: Es wäre wieder ein Mann, auch das würde so bleiben. „Sorry Tilman, aber wollen wir ernsthaft einen weiteren Mann in diese Reihe stellen?“, fragt Andrea Blome.
Die Antwort kommt eine knappe Stunde später. Sie lautet: Ja.
317 Stimmen sind abgegeben worden, Andrea Blome hat davon 139 bekommen, Tilman Fuchs 177. Eine Enthaltung. Auf den ersten Blick ist das ein klares Ergebnis. Auf den zweiten Blick sieht man: Hätten 20 Menschen anders gestimmt, wäre Andrea Blome die Kandidatin.
Lag es an dem Streit vor der Kandidatenkür? Lag es an der Rede? Oder einfach an Andrea Blome? Das wird man nicht beantworten können. Aber man kann sagen, was Tilman Fuchs gut gemacht hat, vielleicht besser.
Es geht um das Wir
Fuchs erzählt eine andere Geschichte. In dieser Geschichte geht es nicht so sehr um seine eigene Qualifikation, auch nicht darum, was ihn besonders auszeichnet. Es geht um das, was Andrea Blome nach dem Eindruck einiger hat vermissen lassen. Es geht um das Wir.
Die Bewerbungsrede von Tilman Fuchs beginnt ganz leicht, mit einer launigen Bemerkung. Die ersten Worte seines Redetextes sind: „Zusammenhalt und ein positives Gemeinschaftsgefühl“, das seien die Dinge, „mit denen wir in eine starke grüne Zukunft hier in Münster gehen können“.
Fuchs spricht nicht von seinen eigenen Ambitionen, sondern zuallererst von dem gemeinsamen Plan, im nächsten Jahr nach der Wahl die stärkste Ratsfraktion zu stellen, und von dem Vorhaben, das Bundestagsmandat zu verteidigen. Dann erzählt er von seiner Frau Claudia, die ebenfalls da ist, von seinen drei Kindern, zwei haben ihn begleitet. „Ihr merkt schon, ich bin ein Familienmensch“, sagt Tilman Fuchs.
Andrea Blome hatte ebenfalls über ihre Familie gesprochen. Sie hatte von ihren beiden Kindern erzählt und gesagt: „In meiner Familie war immer ich die Brötchenverdienerin.“
Tilmann Fuchs erzählt von seiner 87-jährigen Mutter. Sie sitze jetzt zu Hause, in der Wohnung, in der er aufgewachsen sei, und warte darauf, dass ihr Sohn anrufe und sage, wie es gelaufen ist.
In einer politischen Rede steht nichts einfach so, weil man es gern sagen würde. Alles soll etwas ausdrücken. Alles ist eine Botschaft. Auch die Tatsache, dass Fuchs in dieser Wohnung aufgewachsen ist. Er kümmert sich um die Menschen in seiner Umgebung. Auf ihn kann man sich verlassen. Er steht für Kontinuität.
Dann sagt er doch etwas über sich. Er sei Dezernent für Arbeit, Soziales, Jugend, Schule, Kultur und Sport. Er hätte auch einfach sagen können, er sei Sozialdezernent. Aber er nennt all diese Dinge, die einen Großteil des Gemeinwesens ausmachen. Das sind also die Dinge, die er im Blick hat. Ein ganz schön weiter Blick. So soll das klingen.
Schluss mit Hochglanzbroschüren
Kontinuität also? Alles geht weiter wie bisher? Nein, das ist der nächste Punkt in seiner Erzählung. Er erzählt nicht, was er ändern möchte. Er sagt, was er schon geändert hat. Er spricht von Verwaltungsmodernisierungen und Management-Methoden. Er sagt „wir“ und „uns“. Im Kreis Steinfurt sei es gelungen, „uns neu aufzustellen“ und „die Themen ämterübergreifend zu bearbeiten“. In seiner Erzählung ist die Veränderung schon gelungen, man muss es jetzt einfach in Münster so machen.
Dabei wird Tilman Fuchs ganz konkret. Aber er zielt auf Markus Lewe, nicht auf Andrea Blome. Sie kommt in seiner Rede nicht vor. Fuchs sagt: „Wir müssen Schluss machen mit Hochglanzbroschüren, wir brauchen Umsetzung von Themen und dafür möchte ich einstehen.“
Der Oberbürgermeister sei viel unterwegs, aber er positioniere sich nicht politisch. Nicht zur offenen Gesellschaft, nicht zum Bürgergeld. Mit ihm werde es auch keine Bezahlkarte für Geflüchtete geben, sagt Fuchs. Und was ist mit der Klimapolitik und dem Verkehr?
Nur wenn es gelinge, Antworten auf die Alltagssorgen zu finden, dann werde auch die Transformation gelingen, beim Klima, dem Verkehr, der Energie.
Das entspricht nicht der Meinung derer, die denken: Nach vielen Jahren des Stillstands muss schnell etwas passieren. Und man kann da heraushören: Zu viel Tempo wird die Menschen überfordern.
Damit ist Fuchs auch für viele Grüne eine strategische Wahl. Er ist ein moderates, grünes Angebot, das vielen Grünen zu wenig grün ist. Aber er könnte ein grünes Angebot sein, mit dem auch eher konservative Menschen leben können, die von den anderen Parteien zu wenig Veränderung erwarten.
Der dritte Kandidat
Tilman Fuchs erzählt nicht von einer Stadt, in der blinde Menschen sich nicht mehr auf die Straße trauen. Er spricht von „Mut“, „Optimismus“ und „Tatendrang“. Und da sei auch noch etwas Viertes, das er gerne mitbringen würde, sagt Fuchs: „Spaß für die Menschen, in unserer Stadt etwas zu gestalten“. Seine Bewerbungsrede ist auf eine andere Weise emotional, aber sie hat eine gewisse Leichtigkeit.
Als Fuchs von seiner dritten Tochter erzählt, die an diesem Abend zu Hause geblieben ist, sagt er, sie sei auch mal ganz froh, alleine zu Hause zu sein. Da lachen einige, zum ersten Mal an diesem Abend.
Dann kommt noch Ulrich Intveen, der dritte Kandidat, der sich kurzfristig gemeldet hat. Ein Mann um die Fünfzig. Eine Frau führt ihn auf die Bühne. Intveen ist blind. Ist er der Mann, von dem Andrea Blome erzählt hat?
Ulrich Intveen spricht von dem großen Druck im Politikbetrieb, von Kevin Kühnert. „Das wollen wir nicht“, sagt er in einem düsteren, beschwörenden Ton, fast wie ein Priester. Er erzählt von Inklusion, Gleichstellung, dann schweift er ab. Russland, Iran, China, Nordkorea. Der Dichter Ovid. Artensterben, Klimaerwärmung. Irgendwann sagt er: „Fürs Protokoll: Ich ziehe meine Bewerbung zurück.“ Die Redezeit ist fast abgelaufen, aber er möchte noch etwas sagen. „Deine Redezeit ist jetzt vorbei, Ulrich“, sagt eine Stimme. „Es wäre wirklich wichtig“, sagt Ulrich Intveen. Dann verstummt das Mikrofon.
Am Ende bekommt noch einmal der neue Oberbürgermeister-Kandidat der Grünen das Wort. „Wir schaffen das nur alle zusammen nächstes Jahr“, sagt er. Dann schiebt er noch hinterher: „Und ich will das schaffen.“ (rhe)
+++ Balkonkraftwerke sind nicht nur praktisch für die eigene Stromversorgung von Hausbesitzenden, sondern können auch dem bundesweiten Netz helfen. Das ist jetzt keine neue Information, aber die erfreuliche Nachricht ist: In Münster gibt es jetzt schon zehntausend Photovoltaik-Anlagen, wie uns die Stadtwerke per E-Mail mitteilen. Die Anlage, die die Zehntausend vollmachte, steht übrigens in Sentrup. Sie ist rund 50 Quadratmeter groß und hat einen Batteriespeicher. Laut den Stadtwerken haben so einen Speicher mittlerweile 90 Prozent aller Photovoltaik-Anlagen in Münster. So können alle Münsteraner:innen zumindest ein kleines bisschen vom hausgemachten Ökostrom abbekommen. (ani)
+++ Mehr als die Hälfte der Siedlungsfläche ist in Münster zugepflastert (RUMS-Brief). Für den Verein „Grün statt Grau“ ist das zu viel. Er möchte mehr Flächen in der Stadt entsiegeln und darauf grüne Oasen schaffen, um das Klima und den Artenreichtum in der Stadt zu unterstützen. Nächste Woche Donnerstag organisiert „Grün statt Grau“ dazu ab 18 Uhr eine Info-Veranstaltung im Haus der Nachhaltigkeit. Was in der Veranstaltungsankündigung auch steht: Im Frühjahr soll ein Entsiegelungswettbewerb in Münster stattfinden, zusammen mit der Koblenzer Hochschule für Gesellschaftsgestaltung. Mehr darüber finden Sie hier. (sfo)
Korrekturhinweis: An einer Stelle hatten wir den Verein aus Versehen „Grau statt Grün” genannt. Ist korrigiert.

Anonymer Briefkasten
Haben Sie eine Information für uns, von der Sie denken, sie sollte öffentlich werden? Und möchten Sie, dass sich nicht zurückverfolgen lässt, woher die Information stammt? Dann nutzen Sie unseren anonymen Briefkasten. Sie können uns über diesen Weg auch anonym Fotos oder Dokumente schicken.
+++ Die Dreifachsporthalle am Geschwister-Scholl-Schulzentrum in Kinderhaus ist wegen eines Wasserschadens für mindestens drei Wochen gesperrt. (Stadt Münster)
+++ In Angelmodde entsteht bis 2026 eine neue Kita mit sieben Gruppen und rund 130 Betreuungsplätzen für Kinder von null bis sechs Jahren. (Stadt Münster)
+++ Nach Abschluss der langen Bauarbeiten auf dem Albersloher Weg folgt nun direkt eine neue Baustelle für einen Regenwasserkanal, der unbedingt vor der Reaktivierung der Bahnstrecke fertig werden soll. (Westfälische Nachrichten)
+++ Sprachforscher:innen des LVR-Instituts für Landeskunde und Regionalgeschichte haben eine Umfrage gestartet, um eine Dialekt-App zu erstellen, die unter anderem Redensarten aus Münster sammelt. (Landschaftsverband Rheinland)
+++ Die CDU in Münster hat den amtierenden Bundestagsabgeordneten Stefan Nacke zum Kandidaten für die Bundestagswahl 2025 gewählt. (CDU Münster auf Instagram)
+++ Das Verwaltungsgericht Münster bestätigte in einem Streit zwischen der Stadt und einer Tagesmutter, die sich über geringere Erstattungen für Sachkosten beschwerte, das Vergütungssystem der Stadt für Tagespflegepersonen. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Thierstraße zwischen Berg Fidel und Amelsbüren wird während der Stadtnetze-Bauarbeiten auf dem Kappenberger Damm vorübergehend zur Anliegerstraße. (Stadt Münster)
+++ Die Judaistik-Professorin der Uni Münster Katrin Kogman-Appel spricht in der Jüdischen Allgemeinen über die Inhalte und Herausforderungen ihres Fachs. (Jüdische Allgemeine)
+++ Das Jobcenter setzt verstärkt auf Sanktionen gegen Bürgergeld-Empfänger:innen, die ihren Mitwirkungspflichten nicht nachkommen, was dazu führt, dass es deutlich mehr Leistungsminderungen als im vergangenen Jahr gegeben hat. (Westfälische Nachrichten)
+++ Die Stadt führt vom 4. bis 15. November die jährliche Fahrrad-Lichtaktion durch, bei der die Beleuchtung kontrolliert und repariert wird. (Stadt Münster)
+++ Nach der Schließung eines Supermarktes in Gremmendorf werden weitere Ehrenamtliche gesucht, die den Shuttlebus fahren, der vor allem ältere Menschen zu einer anderen Einkaufsmöglichkeit bringen soll. (Westfälische Nachrichten)
Mal angenommen, Sie möchten einen Gewürzhandel in Münster eröffnen, Sie würden den Laden doch bestimmt auch an der Salzstraße aufmachen, oder? Anfang des Monats ist in das Geschäft, das früher Briefmarken verkauft hat, eine Filiale von „Gewürze der Welt“ eingezogen. Der Handel bietet alles an, was Feinschmecker:innen so brauchen: Gewürzmischungen, Öle, Pestos, Sugos und noch mehr feine Sachen. Das meiste davon gibt es in Bio-Qualität, möglichst klimaneutral und fair gehandelt. Was wir Ihnen empfehlen können, ist Chmeli Suneli, eine Kräutermischung aus Georgien mit Bockshornklee und Ringelblumen, die gut zu Eintöpfen, Soßen und Suppen schmeckt. Wenn Sie sich lieber selbst durchprobieren wollen, können Sie sich ein Gewürzset besorgen oder erstmal in den Onlineshop schauen. Dort finden Sie auch Rezepte, mit denen Sie Ihre neuen Gewürze gleich austesten können.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Annalena Zernott hat heute in den Terminkalender geschaut. Das hier sind ihre Empfehlungen fürs lange Wochenende und für den nächsten Montag:
+++ Heute Abend spukt es am Mühlenhof: Das Freilichtmuseum veranstaltet von 17 bis 23 Uhr eine Gruselnacht für Familien. Kinder, die verkleidet kommen, kriegen sogar ein kleines Geschenk. Das Programm und die Eintrittspreise finden Sie hier.
+++ Dann finden heute auch die obligatorischen Halloween-Partys in Münster statt, zum Beispiel im Fusion oder im Hot Jazz Club. Wenn Sie Lust haben, auszugehen, aber keine Verkleidung, dann kommen Sie am besten ab 22 Uhr ins Gleis 22. Dort legt DJ Eavo die Klassiker der Indieszene auf.
+++ Morgen ist nicht nur Allerheiligen, sondern auch der Weltvegantag. Zu diesem Anlass läuft im Cinema der Film „Die Q ist ein Tier“, eine Gesellschaftssatire, die laut Ankündigungstext ohne moralinsauren Zeigefinger auskommt. Die Vorstellung beginnt um 18 Uhr und kostet 9 Euro pro Eintrittskarte.
+++ Ab Sonntag findet eine Woche lang das inklusive Kulturfest statt. Innerhalb dieser Woche finden 40 Veranstaltungen an 30 Orten in Münster statt, Künstler:innen mit und ohne Beeinträchtigung präsentieren ihre Arbeit kostenfrei und für alle offen. Das gesamte Programmheft finden Sie hier.
+++ Gleichzeitig zum inklusiven Kulturfest beginnt auch noch eine andere Festwoche: Die Studiobühne der Uni Münster wird 75 und veranstaltet von Sonntag bis Sonntag ein einwöchiges Kulturprogramm. Das Programmheft mit allen Terminen und Infos finden Sie hier.
+++ Was ist gerade los in den Niederlanden? Bei der Parlamentswahl im vergangenen Jahr ist in dem EU-Gründungsland die Anti-Islam-Partei PVV stärkste Kraft geworden, seit Juli regiert in unserem Nachbarland eine rechte Regierung. Am Montagabend nimmt eine Podiumsdiskussion im Haus der Niederlande den Rechtsruck in den Niederlanden, aber auch in Belgien und Deutschland in den Blick. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr. Freier Eintritt.
Am Dienstag schreibe ich Ihnen wieder. Ich wünsche Ihnen ein schönes, langes Wochenende!
Herzliche Grüße
Ralf Heimann
Mitarbeit: Sebastian Fobbe (sfo), Anna Niere (ani), Jan Große Nobis (jgn), Annalena Zernott (aze) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth
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PS
Neugeborene am Universitätsklinikum bekommen ab sofort eine kostenlose Mitgliedschaft bei SC Preußen Münster. Das erste glückliche Baby war Emma – auch wenn man es ihr auf dem Pressefoto nicht ansieht. Vielleicht hat aber auch einfach schon die Abo-Falle, die bei dem Deal mitschwingt, direkt ihre Euphorie gehemmt. Denn die Mitgliedschaft im Kids Club des Vereins ist ab dem sechsten Lebensjahr kostenpflichtig. Der Fußballverein erhofft sich dadurch natürlich, lebenslange Fans von Beginn an zu sichern. Die Mitgliedschaft beinhaltet unter anderem auch Freikarten für Heimspiele, Treffen mit den Spielern oder Kinder-Pressekonferenzen – wie genau letzteres aussieht, frage ich mich auch noch. Keine Sorge, die Mitgliedschaft wird nicht jedem Neugeborenen aufgedrängt, die Eltern müssen natürlich erst zustimmen und das passende Formular ausfüllen. (ani)
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