Uni-Haushaltsloch: Von möglichen Missverständnissen | Balkonkraftwerke: Eine gute Idee? | Unbezahlte Werbung: Weltladen im 4tel

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

die Uni Münster hat schon länger ein Geldproblem, und seit kurz vor Weihnachten ist bekannt, dass es sich drastisch verschlimmert hat.

Am 17. Dezember um 16:08 Uhr schickte Uni-Rektor Johannes Wessels einen offenen Brief mit der Betreffzeile „Haushaltskonsolidierung der Uni Münster“ herum. Darin informierte er darüber, dass sich die „gesamtwirtschaftlichen Vorzeichen“ deutlich geändert hätten. Es zeichne sich ab, dass auch die Uni Münster das spüren werde.

Die Studierendenzahlen seien zurückgegangen, die Kosten für Energie, Mieten und die Instandhaltung der Gebäude seien gestiegen; auch die Steuerschätzungen deuteten an, dass die Wachstumsphase der letzten 15 Jahre vorbei sei.

Uni-Kanzler Matthias Schwarte hatte schon vor einem Jahr in einem Interview für die Uni-Zeitung darüber gesprochen, dass zwischen Einnahmen und Ausgaben Jahr für Jahr 15 Millionen Euro fehlen. In seiner Rundmail schrieb der Rektor, das strukturelle Defizit werde mit 25 Millionen Euro deutlich höher ausfallen, denn das Land habe weitere Kürzungen angekündigt. Zehn Millionen mehr als erwartet? Und schuld ist das Land?

Die Westfälischen Nachrichten, die am Samstag über den „Brandbrief“ berichtet hatten, schreiben heute von einem „Schlagabtausch“ zwischen Land und Uni. In Düsseldorf weise man die Verantwortung dafür zurück, dass nun weitere zehn Millionen Euro fehlen.

Tatsächlich sei es anders. Die Hochschulen in Nordrhein-Westfalen bekämen in diesem Jahr sogar mehr Geld als im vergangenen, nämlich genau 107,2 Millionen Euro, heißt es.

Aber wer hat recht? Die Uni, die behauptet, vom Land komme weniger Geld? Oder das Land, das sagt, es zahle in diesem Jahr sogar mehr?

Die Antwort ist: Beide haben recht. Aber beide reden aneinander vorbei, möglicherweise aufgrund eines Missverständnisses, vielleicht aber auch nicht ganz unabsichtlich.

Das Ministerium weist die Verantwortung für etwas zurück, das ihm nach Darstellung der Uni gar nicht angelastet worden war.

Uni-Rektor Johannes Wessels hatte in seinem offenen Brief von einem höheren Defizit „für die kommenden Jahre“ gesprochen und die Rundmail im Dezember 2024 abgeschickt. Man konnte hier also verstehen: für das Jahr 2025 und die folgenden.

Tatsächlich aber habe Wessels das Jahr 2026 und die folgenden gemeint, sagt Uni-Sprecher Norbert Robers am Telefon.

Im Ministerium kam entweder die falsche Information an – oder man wollte die Information falsch verstehen. Eine Rückfrage hätte ja schnell Klarheit bringen können.

So ergab sich der vermeintliche „Schlagabtausch“, beziehungsweise die für das Ministerium günstige Gelegenheit, die höheren Zuwendungen an die Hochschulen in diesem Jahr hervorheben zu können, ohne groß auf die zu erwartenden Kürzungen der darauffolgenden Jahre eingehen zu müssen.

Das Ministerium teilte lediglich mit, so steht es in den Westfälischen Nachrichten: Wenn sich an der Wirtschaftslage nichts ändere, müssten die Hochschulen mit weniger Geld rechnen. Die Wirtschaftslage hat großen Einfluss auf das Steueraufkommen und damit auf das Geld, das verteilt werden kann.

Wie viel Geld genau die Hochschulen in den Jahren 2026 und 2027 bekommen werden, das könne man noch nicht sagen, schreibt ein Ministeriumssprecher auf Nachfrage. Die sogenannte Hochschulvereinbarung regelt die Finanzierung bis Ende 2025. Die neue Vereinbarung müsste man erst noch verhandeln. Die Arbeitsgruppe werde im Januar zum ersten Mal tagen. Am Ende werde eine neue Vereinbarung für fünf Jahre stehen.

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Für die Uni Münster bedeuten die schlechten Neuigkeiten aus dem Dezember: noch mehr sparen. Im vergangenen Jahr hätten alle Abteilungen den Auftrag bekommen, zu den knapp vier Prozent vom Budget, die wegfallen, etwas beizutragen. Das wird nun nicht mehr ausreichen.

Hier und da hat die Uni schon etwas verändert. Allein die Schließung über die Weihnachtstage habe eine Million Kilowattstunden Strom gespart, sagt Uni-Sprecher Norbert Robers. Wie viel das in Euro ist, hängt vom Stromtarif ab, aber es entspricht mindestens einem sechsstelligen Euro-Betrag. Außerdem optimiere man gerade Prozesse, man werde auch Personal reduzieren, sagt Robers.

Betriebsbedingte Kündigungen soll es nicht geben, das steht so auch in fetten Buchstaben im offenen Brief. In den kommenden Wochen will die Uni einen Konsolidierungsplan machen. Am 19. Februar sollen die Beschäftigten in einer Informationsveranstaltung etwas mehr erfahren. Irgendwann im Frühjahr auch die Öffentlichkeit. Dann will die Uni ihren Plan vorstellen. (rhe)

Kurz und Klein

+++ Mitte Dezember teilte die LVM-Versicherung ihren Ausstieg aus dem großen Wohnungsbauprojekt am Stadthafen mit (RUMS-Brief). Das Grundstück gibt die Versicherung an die Stadtwerke zurück – und die müssen einen neuen Investor suchen. In einer ersten Pressemitteilung der LVM Mitte Dezember hieß es nur, dass sich die Versicherung auf die Entwicklung des Stadtquartiers „Auf der Friedrichsburg“ in Pluggendorf konzentrieren will. Die WDR-Lokalzeit Münsterland wollte wissen, was genau der Grund war. Die Antwort der Versicherung: Das Projekt sei zu teuer geworden, die Baukosten über die Jahre stark gestiegen. Oberbürgermeister Lewe scheint trotzdem entspannt. Er geht davon aus, dass es genug Interessenten für das Grundstück geben wird. Bis Herbst will die Stadt den Bebauungsplan fertig haben. Dann will sie das Gelände neu vergeben. (ani)

+++ Schon wieder gibt es Ärger mit Blumenkübeln. Diesmal stehen sie aber nicht im Kreuzviertel, sondern vor der Stadtbücherei. Einen Tag vor Silvester schrieb uns ein Leser, dass die Kübel kurze Zeit vorher auf dem Vorplatz aufgetaucht seien (hier ein Beweisfoto). Das ärgert ihn, weil dadurch eine „konsumfreie Verweilmöglichkeit im öffentlichen Raum“ verloren gegangen sei. Keyvan Dalili, Inhaber des angrenzenden Cafés „Colibri“, sagt, dass es darum aber gar nicht gehe, zumindest nicht in erster Linie. Das Café habe die Veranda angemietet, um den Gäst:innen auch draußen Speisen und Getränke servieren zu können. Tagsüber würden Kinder gerne auf der Balustrade spielen, während ihre Eltern Kaffee trinken. Da sei es in der Vergangenheit schon öfter mal zu Unfällen gekommen, weil einige Kinder runtergefallen seien, sagt Dalili. Mit den Blumenkübeln habe das „Colibri“ diesen Bereich abgesichert. Anders sieht es abends aus. Die Veranda sei ein beliebter Treffpunkt für Leute, die auf dem Weg in die Altstadt dort ein Bierchen trinken und ein paar Zigaretten rauchen. Das verursacht Dreck, den das Café dann am nächsten Morgen wegräumen muss. So gesehen sind die Blumenkübeln dann eine präventive Abfallverhinderungsmaßnahme. (sfo)

+++ Obwohl sich der Angriff auf die Ukraine in wenigen Wochen zum dritten Mal jährt, macht die Agravis-Gruppe weiterhin Geschäfte in Russland. Seit 2010 hat der Agrarkonzern aus Münster ein Futtermittelwerk in Nowoalexandrowsk mit über 100 Mitarbeiter:innen. Das Russland-Geschäft von Agravis macht gerade einmal weniger als ein Prozent des Gesamtumsatzes aus. Außerdem hat der Konzern die Vermögenswerte aus Russland in seiner Bilanz abgeschrieben – heißt konkret: Agravis rechnet damit, dass die Vermögenswerte in Zukunft keinen finanziellen Wert mehr haben werden. Nur: Wenn das so ist, warum trennt sich „Agravis“ nicht vollständig von der Russland-Sparte? Das Unternehmen antwortet ausweichend: Man prüfe die Situation fortlaufend und würde auf dieser Basis neue Entscheidungen treffen, heißt es in einer Stellungnahme. Derzeit plane die Unternehmensgruppe „selbstverständlich keine weitergehenden Aktivitäten in Russland bzw. mit russischen Unternehmen“. Agravis beachte alle geltenden Sanktionen gegen Russland und habe den Krieg gegen die Ukraine wiederholt verurteilt, heißt es. Zur Einordnung: Nach einer Auswertung der Kyiv School of Economics haben weltweit nur etwas mehr als 460 Firmen den russischen Markt verlassen, rund 1.300 weitere Unternehmen planen einen Ausstieg. Dem stehen 2.260 Unternehmen gegenüber, die wie Agravis weiterhin in Russland aktiv sind. Fast 450 davon kommen aus Deutschland. (sfo)

Wie es weiterging

… mit der Umfrage zu den Themen der Bundestagswahl

Anfang Dezember haben wir in Zusammenarbeit mit Correctiv das Projekt „Deine Stimme, Deine Themen“ gestartet – eine Umfrage, in der Sie Ihre Themen und Fragen für die kommende Bundestagswahl eintragen konnten (RUMS-Brief). Wir konnten insgesamt 684 Antworten verzeichnen. Danke dafür! Jetzt sitzen wir an der Auswertung und schauen: Welche Themen werden am meisten genannt? Welche Fragen sind den Menschen in Münster besonders wichtig? Am kommenden Dienstag werden wir das Ergebnis veröffentlichen. Danach hört es aber nicht auf – dann geht die Arbeit erst so richtig los. Wir werden dann mit den Fragen und Themen auf die Kandidierenden für die Bundestagswahl zu gehen. (ani)

… mit dem Elefanten

Im Brief am vergangenen Freitag haben wir dem Elefanten zu seinem 50. Geburtstag gratuliert und geschrieben, dass der kleine blaue Gefährte der Maus keine eigene Sendung bekommen hat. Das stimmt so allerdings nicht ganz: Die Sendung hat er zwar nicht direkt bei seinem ersten Auftritt 1975 bekommen, aber einige Jahre später. Seit 2007 gibt es die „Sendung mit dem Elefanten“, auf die uns ein aufmerksamer Leser hingewiesen hat. Das freut uns natürlich für den Elefanten – und die Kinder, die die Sendung schauen. Aber keine Sorge: Er hat der Maus nicht ihren Arbeitsplatz genommen. (ani)

Interview mit Carl von Mylius und Lennart Berlin und Hartmut Günther

„Wer so ein Kraftwerk hat, ändert sein Verhalten“

Wer seinen eigenen Strom produzieren möchte, kann sich für wenige hundert Euro ein kleines Kraftwerk an den Balkon hängen. Aber lohnt sich das? Studierende an der FH Münster testen das gerade. Wir haben mit Carl von Mylius, Lennart Berlin und dem Lehrbeauftragten Hartmut Günther darüber gesprochen.

Herr von Mylius, Herr Berlin, Herr Günther, was muss man wissen, wenn man sich ein Balkonkraftwerk anschaffen möchte?

von Mylius: Wir haben dazu einen kleinen Guide erstellt – eine Checkliste. Da geht es um Dinge wie die Größe der Photovoltaik-Module, die Art der Befestigung und darum, wie viel Watt die Anlage haben sollte. Das sind die wichtigsten Dinge.

Das klingt ja sehr übersichtlich.

von Mylius: Ja, mittlerweile ist es sogar so, dass Vermieter Balkonkraftwerke eigentlich nicht mehr grundsätzlich verbieten können. Das war am Anfang ein großes Problem, weil sich viele Hauseigentümer dagegen gewehrt haben. Aber dann gab es eine Gesetzesänderung, die klar geregelt hat: Vermieter dürfen dem nicht ohne triftigen Grund widersprechen. Das hat die Hürden noch einmal gesenkt.

Worauf muss man denn noch achten beim Kauf?

von Mylius: Es ist sinnvoll, sich den eigenen Stromverbrauch anzusehen. Dann kann man besser entscheiden, ob ein Stromspeicher sinnvoll ist.

Wann lohnt sich der?

von Mylius: Zum Beispiel, wenn man spät abends von der Arbeit kommt und der Stromverbrauch dann sehr stark steigt – wenn keine Sonne mehr scheint.

Was ist noch wichtig?

von Mylius: Die Ausrichtung.

Wie hängt die Anlage günstig?

von Mylius: Wenn die Module nach Südwesten zeigen.

Und wenn das nicht geht?

von Mylius: Es gibt auch Anlagen, die anders ausgerichtet sind. Die sind zwar nicht ganz so effizient, aber sie lohnen sich trotzdem. Letztendlich entscheidet die Größe der Fläche, die Licht einfängt.

Wie viel Geld muss man in ein Balkonkraftwerk investieren?

von Mylius: Eine 800-Watt-Anlage ohne Speicher bekommt man inzwischen für unter 350 Euro. So viel hat unser erstes Kraftwerk gekostet. Die Westfalen AG hat uns auch noch ein zweites mit Speicher für etwas mehr 1.000 Euro mitfinanziert. Das ist ungefähr der Rahmen, in dem sich die Kosten bewegen.

Es gibt mittlerweile ein sehr großes Angebot. Woran haben Sie sich orientiert?

von Mylius: Wir haben vor allem geschaut, ob es Pakete gibt, bei denen das passende Befestigungsmaterial schon mitgeliefert wird – also zum Beispiel die Halterungen für ein Balkongeländer oder ähnliche Installationsorte. Das war uns wichtig, weil wir sicher sein wollten, dass wir die Anlagen vernünftig befestigen können.

Worauf haben Sie noch geschaut?

von Mylius: Auf das Preis-Leistungs-Verhältnis. Beim ersten Kraftwerk ging es vor allem darum, dass es günstig ist und eine möglichst große Leistung hat. Beim zweiten haben wir uns intensiv mit der Speichertechnologie auseinandergesetzt. Dabei haben wir uns vor allem auf Tests und Bewertungen verlassen.

Wie viel trägt so eine Anlage denn eigentlich zum Stromverbrauch bei?

Günther: Mit einem Balkonkraftwerk kann man tagsüber sehr gut die Grundlast im Haushalt abdecken. Das ist der Stromverbrauch, der sowieso anfällt, auch wenn keine großen Geräte laufen – wie die Heizung, der Fernseher, Geräte im Standby, Steckernetzteile und all die kleinen Verbraucher. Mit 800 Watt kann man das in der Regel komplett abdecken, da bleibt sogar noch ein bisschen was übrig.

Und wenn Geräte laufen?

Günther: Ich habe gerade geschaut, mein Wasserkocher braucht 1.200 Watt. Da kann ich einfach 800 Watt abziehen. Dann habe ich effektiv noch einen Bedarf von 400 Watt. Das ist nicht der große Wurf, aber es ist eine spürbare Entlastung.

Wie lange muss man ein Balkonkraftwerk betreiben, bis man die Kosten wieder raus hat?

Günther. Für die einfachste Variante, also zwei Module ohne Speicher, die ungefähr 350 Euro kostet, liegt die Amortisationszeit bei etwa zweieinhalb Jahren. Für ein Modell mit zwei Modulen und einem Speicher, das ungefähr 1.000 Euro kostet, haben wir bei hiesigen Sonneneinstrahlungen und Stromkosten unter günstigen Voraussetzungen eine Amortisationszeit von gut fünf Jahren berechnet. Das geht also relativ schnell. Aber es hat auch über das Finanzielle hinaus einen Effekt.

Sie meinen den Klimaschutz.

Günther: Ja, und ich meine auch die eigene Einstellung, das Mindset. Sobald man diesen kleinen Schritt mit einem Balkonkraftwerk gemacht hat, kann das eine Tür öffnen. Es ist dann leichter, den nächsten Schritt zu machen, also vielleicht eine größere Anlage installieren oder in eine, die gar nicht auf dem eigenen Dach steht. Und was ich besonders spannend finde: Wenn jemand so ein Kraftwerk hat, dann verändert sich sein Verhalten.

Inwiefern?

Günther: Man hat dann eine App auf dem Handy, die genau anzeigt, wie viel Strom man produziert hat, wie viel man davon selbst verbraucht und wie viel man verschenkt. Die Leute zeigen einem ihre App und erzählen stolz, wie viel Strom sie gerade produziert haben. Das bringt Menschen dazu, bewusster mit ihrem Strom umzugehen.

Sie bekommen eine Vorstellung davon, wie viel 800 Watt sind.

Günther: Ja, und Sie denken darüber nach, wann Sie ein Gerät am besten einschalten, um möglichst viel vom eigenen Strom zu nutzen und möglichst wenig zu verschenken. Diese Verhaltensänderung ist der erste Schritt zu einem neuen Denken. Und das sehen wir auch bei unseren Studierenden.

Herr von Mylius, Herr Berlin, wie war das bei Ihnen? Was haben Sie schon gelernt?

Berlin: Meine Eltern haben kürzlich auf ihrem Dach eine Photovoltaik-Anlage installiert. Dadurch war ich mit dem Thema schon in Berührung gekommen. Ich habe tatsächlich gemerkt, dass es nicht so kompliziert ist und man mit wenig Geld etwas bewirken kann.

Gab es auch Schwierigkeiten?

von Mylius: Ja, wir wollten zum Beispiel ein Balkonkraftwerk bei einer Kommilitonin aufstellen. Und obwohl der Vermieter das eigentlich nicht verbieten kann, war es schwer.

Was genau war das Problem?

Berlin: Die Frage war: Was passiert, wenn Schäden entstehen? Der Vermieter sagte, er werde keine Haftung übernehmen. Die Kommilitonin könne die Anlage installieren, aber nur unter der Bedingung, dass sie vollumfänglich für alle möglichen Schäden haftet. Sie sollte das durch ihre Unterschrift zusichern. Da war für uns klar: Das machen wir nicht.

Was könnte theoretisch passieren?

von Mylius: Die Frage ist zum Beispiel, wie sehr man diesen Halterungen vertraut, an denen die Solarpanels hängen. In unserem Fall waren das aber vorgeschobene Bedenken. Für uns war das ein richtiges Lehrstück in Sachen Bedenken und Hürden.

Wo steht das Kraftwerk jetzt?

von Mylius: Wir haben beide Kraftwerke in der Fachhochschule aufgestellt. Das hat den Vorteil, dass wir unsere Zielgruppe direkt erreichen können. Studierende können sich die Anlagen anschauen, sehen, wie viel Platz man dafür braucht und wie die Installation funktioniert. Außerdem wird das Projekt so sichtbarer und für alle greifbarer.

Berlin: Wir haben dazu auch ein DinA2-Plakat entworfen. Das wollen wir direkt neben das Kraftwerk stellen. Darauf wird ein QR-Code zu sehen sein, den man einscannen kann. Der verweist auf das Handbuch, das wir erstellt haben.

Und was passiert jetzt mit den Kraftwerken?

von Mylius: Wir werden den Stromverbrauch in einem studentischen Haushalt messen. So wollen wir herausfinden, ob ein Speicher sinnvoll ist. Und wie weit man mit einem Speicher kommt und wie groß der Beitrag tatsächlich ist, den ein Balkonkraftwerk leisten kann.

Lohnt sich ein Balkonkraftwerk denn überhaupt in einer studentischen Wohnung? So lange lebt man da ja gar nicht.

von Mylius: Das ist kein Problem. Man kann so ein Kraftwerk nach dem Abschluss oder einem Umzug ja einfach mitnehmen und in der nächsten Wohnung weiternutzen. Deshalb haben wir uns auf ein mobiles und flexibles Balkonkraftwerk fokussiert.

Ab diesem Jahr gelten für Balkonkraftwerke neue Regeln. Was ändert sich damit?

Günther: Es gibt ein paar neue Regeln zu Leistung, Steuererleichterungen und Bürokratie. Aber die entscheidende Änderung war das sogenannte Solarpaket 1, das im April 2024 in Kraft trat. Ein zentraler Punkt in diesem Paket war die Erhöhung der Einspeiseleistung von Balkonkraftwerken ins Hausnetz – von ursprünglich 600 Watt auf jetzt 800 Watt. In anderen Ländern, wie zum Beispiel Österreich, galt diese Grenze schon länger. In einigen Ländern dürfen Balkonkraftwerke sogar mehr einspeisen. Deutschland war hier eher vorsichtig, hat dann aber erkannt, dass 600 Watt nicht ausreichen, um die Potenziale voll auszuschöpfen.

Was bedeutet das konkret?

Günther: Alles, was nicht im Hausnetz verbraucht wird, fließt ins öffentliche Netz. Das heißt, dieser überschüssige Strom wird im Grunde verschenkt – man erhält dafür keine Vergütung, anders als bei größeren Photovoltaikanlagen, bei denen es zumindest eine geringe Einspeisevergütung gibt.

Wie erfährt mein Stromanbieter denn überhaupt, dass ich selbst Strom produziere?

Günther: Man meldet die Kraftwerke bei der Bundesnetzagentur an. Dafür gibt es ein Verzeichnis, das sogenannte Marktstammdatenregister. Auf dieser Internetseite gibt man seine Daten ein – Name, Adresse, Wohnort und die Art des Balkonkraftwerks, also im Wesentlichen die Leistung. Diese Informationen braucht die Bundesregierung, um den Fortschritt beim Solarausbau zu erfassen. Die Daten fließen auch in entsprechende Berechnungen ein und werden den Energieversorgern weitergeleitet.

Wie geht es bei den Balkonkraftwerken denn mit dem Ausbau voran?

von Mylius: Vor zwei Wochen gab es dazu aktuelle Zahlen. Im Jahr 2022 waren in Deutschland etwa 70.000 Balkonkraftwerke angemeldet. Im Jahr darauf ist diese Zahl schon auf 270.000 gestiegen. Für 2024 sind zwar noch nicht alle Zahlen eingegangen, aber Hochrechnungen sprechen von etwa 730.000.

Herr von Mylius, Herr Berlin, nachdem Sie sich eine Weile mit Balkonkraftwerken beschäftigt haben, gibt es etwas, das Sie wirklich überrascht hat?

von Mylius: Was mich persönlich überrascht hat, war das große Interesse an den Anlagen. Als ich in meiner Familie erzählt habe, dass wir uns in einem Projekt mit Balkonkraftwerken beschäftigen, dachte ich, das wäre damit abgehakt. Aber dann kamen plötzlich Rückfragen: Was kostet das? Wo kann man das aufstellen? Wie funktioniert das genau? Mich hat es aber gleichzeitig auch erstaunt, dass dieses Thema so wenig verbreitet ist.

Berlin: Ich fand es überraschend und interessant, wie einfach der Einstieg in das Thema eigentlich ist. Für 300 Euro kann man ein 800-Watt-Kraftwerk kaufen und es sehr einfach installieren. Dass das Interesse so groß ist, hätte ich auch nicht erwartet. Andererseits war ich auch überrascht, wie groß die Unwissenheit ist.

Hartmut Günther Diplom-Betriebswirt und Lehrbeauftragter an der Fachhochschule Münster.

Carl von Mylius und Lennart Berlin studieren im vierten Semester BWL.

Über das Seminar

Das Projekt im Fachbereich Wirtschaft ist Teil des fachübergreifenden Seminars „Agiles Modul – Nachhaltige Energienutzung“, das Studierende verschiedener Fachrichtungen verbindet, um in praxisnahen Projekten interdisziplinär zusammen zu arbeiten. Im nächsten Semester geht das Projekt weiter. Es ist offen für Studierende aller Fachbereiche.

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Ein-Satz-Zentrale

+++ Das Sturmtief „Bernd“ hat am Montagabend viele Straßen, Bahnstrecken sowie Autos beschädigt und Bäume umstürzen lassen – zum Glück ohne dabei jemanden zu verletzen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Am Dienstag wird sich klären, ob an der Lippstädter Straße hinter der Halle Münsterland eine Weltkriegsbombe liegt. (Stadt Münster)

+++ Stefan Nacke, Sylvia Rietenberg und Svenja Schulze haben nach Berechnungen der Westfälischen Nachrichten ganz gute Chancen auf ein Bundestagsmandat. (Westfälische Nachrichten)

+++ An der Warendorfer Straße und am Schlossplatz wird bis es bis März Sperrungen und Umleitungen geben, weil der Netzbetreiber Stadtnetze dort an Leitungen arbeitet. (Antenne Münster)

+++ Wer in Münster mit dem Auto unterwegs war, hat im vergangenen Jahr durchschnittlich 39 Stunden im Stau gestanden, was bundesweit für Rang 17 reicht. (Westfälische Nachrichten)

+++ Im Fall der sanierungsbedürftigen Immobilie an der Königsberger Straße in Coerde ist weiterhin offen, ob die Stadt auf den 120.000 Euro sitzen bleibt, die sie vorgestreckt hat. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Restaurants „Prütt“ an der Bremer Straße und „Sülz Speisehaus“ an der Wienburgstraße in Münster sind insolvent und schließen. (Westfälische Nachrichten)

+++ Am Dreikönigstag hat Bischof Felix Genn stellvertretend für tausende Sternsinger:innen im Bistum acht Kinder der Pfarrei Liebfrauen/Überwasser empfangen. (Bistum Münster)

+++ Woher die Madonna im Baumstumpf stammt, die in der vergangenen Woche in Kinderhaus gefunden wurde, ist weiterhin unklar. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Bündnis „Keinen Meter den Nazis“ organisiert Busfahrten zum Protest gegen den AfD-Bundesparteitag in Riesa, um vor Ort zu protestieren. (Karten für die Busfahrt)

Unbezahlte Werbung

Der gemütliche Weltladen im 4tel an der Warendorfer Straße 41 in der Nähe vom Cinema hat eine große Auswahl fair gehandelter Produkte im Angebot – von Klassikern wie Kaffee und Tee über Chutneys und Gewürze bis hin zu Klangschalen, Räucherstäbchen und Schmuck. Immer mittwochs gibt es zudem frische Bananen aus Ecuador. Die freundlichen ehrenamtlichen Verkäufer:innen beraten gerne und beantworten Fragen zum Fairen Handel. Der Weltladen hat montags bis freitags von 11 bis 19 Uhr geöffnet, samstags von 11 bis 15 Uhr.

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Katja Angenent hat für Sie in den Kalender geschaut und ein paar Tipps gesammelt:

+++ Jan Josef Liefers und seine Frau Anna Loos spielen am Mittwoch um 20 Uhr in Nick Hornbys „Keiner hat gesagt, dass du ausziehen sollst“ ein Ehepaar, das sich wieder näherkommen möchte. Restkarten für die Veranstaltung in der Halle Münsterland erhalten Sie hier.

+++ Am Donnerstag findet um 19 Uhr im Spec Ops eine Podiumsdiskussion rund um „Fußball, Frauen und Gerechtigkeit“ statt. Ministerin Josefine Paul spricht mit der Wissenschaftlerin Bettina Pfleiderer, der Schiedsrichterin Sina Diekmann und der Leiterin des Frauenfußballs im Kreis Münster, Noemi Hutter. Christian Humborg wird das Gespräch moderieren. Der Eintritt ist frei.

Korrekturhinweis: In einer ersten Version hatten wir irrtümlich Noemi Hutter unterschlagen und geschrieben, dass Hendrik Schulte das Gespräch moderiert. Ist korrigiert.

+++ Am Freitag gibt es im Planetarium eine Musikshow für alle, die Rockballaden lieben. Um 19:30 Uhr verbindet sich in der „Space Rock Symphony“ Musik von Metallica, Aerosmith, Guns ’n Roses, den Rolling Stones und anderen mit Bildern unseres Kosmos. Karten für 14 Euro erhalten Sie hier.

+++ Gleich nebenan, nämlich auf der Wiese hinter dem Naturkundemuseum, bieten die Sternfreunde Münster zur gleichen Zeit eine Himmelsführung an. Bei klarem Himmel – und nur dann – zeigen sie allen Interessierten den Mond und die Planeten durch kleine und große Fernrohre. Ein Blick auf die Webseite verrät kurzfristig, ob das Wetter die kostenfreie Veranstaltung zulässt.

Am Freitag schreibt Ihnen Sebastian Fobbe. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche!

Herzliche Grüße
Ralf Heimann

Mitarbeit: Sebastian Fobbe (sfo), Anna Niere (ani), Jan Große Nobis (jgn), Katja Angenent (kan) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Maria Schubarth

PS

In Mainz können Sie einen Ikea-Gutschein gewinnen, wenn Sie Ihren Weihnachtsbaum weiter werfen können als alle anderen. Wichtig ist allerdings die Information: Anmeldung erforderlich. Einfach so mit Weihnachtsbäumen werfen, das ist nicht so gut. In Münster kann man seinen Weihnachtsbaum noch bis Februar abgeschmückt an die Straße stellen, dann nehmen die Abfallwirtschaftsbetriebe ihn mit, beziehungsweise die Grünabfuhr. Hier ist keine Anmeldung erforderlich. Daher ist ein beliebter Trend in der Stadt gerade, den Baum einfach so aus dem Fenster zu werfen, ohne Ankündigung und auch gar nicht unbedingt mit dem Anspruch, ihn möglichst weit zu befördern. Bürgersteig vor dem Fenster reicht ja vollkommen aus. Dann ist man ihn wenigstens los. Und ganz nebenbei tut man so auch noch was für die Verkehrswende, denn wo ein Weihnachtsbaum auf dem Gehweg liegt, da kann schon mal kein Auto parken. An der Vogel-von-Falkenstein-Straße im Südviertel zum Beispiel werden die Bäume jetzt bis zum Abfuhrtermin am 24. Januar zweieinhalb Wochen auf dem Gehweg liegen und garantieren so immerhin, na ja, einen autofreien Gehweg. Gut, man muss über sie drüber steigen, das ist mit Kinderwagen, Rollator, oder Rollstuhl vielleicht nicht ganz so einfach. Aber wir wollen nicht meckern. Man kann schließlich nicht alles haben. (rhe)

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