Lewe hört auf. Wer kommt jetzt? | Glasfaserspiele in Albachten | Unbezahlte Werbung: Erdbeeren zum Selbstpflücken

Porträt von Ralf Heimann
Mit Ralf Heimann

Guten Tag,

seit gestern Nachmittag ist bekannt, dass Markus Lewe sich im nächsten Jahr nicht mehr zur Wahl stellen wird. Gegen Abend fuhr er nach Berg Fidel, um seine Entscheidung der CDU-Fraktion mitzuteilen, die beim Eisenbahner Sportverein in der Robert-Bosch-Straße tagte. Dort gab es viel Lob und Applaus. CDU-Fraktionschef Stefan Weber würdigte Lewe als „herausragenden Oberbürgermeister“, so steht es in einer Pressemitteilung der Fraktion – unter der Überschrift: „Für Lob, Preis und Dank ist es noch zu früh“. 

Das Interessanteste stand mal wieder zwischen den Zeilen. Die FDP dankte Lewe ebenfalls in einer Pressemitteilung „für 16 Jahre Dienst für unsere Stadt“. Wer es schaffe, drei Mal in dieses Amt gewählt zu werden, verdiene „Anerkennung und Respekt“, sagte Fraktionschef Jörg Berens. Dann folgte der Satz: „Markus Lewes Stärke war vor allem die des Repräsentanten unserer Stadt.“ Darin kann man auch Kritik sehen, denn die Repräsentanz ist nur der eine Teil von Lewes Aufgabe. Der andere ist: Er ist Chef der Verwaltung.

In den vergangenen 16 Jahren ist allerdings oft der Eindruck entstanden, dass er sich eher Stadtverwaltungspräsident versteht. Dirk Anger formulierte es in den Westfälischen Nachrichten freundlich. Er schreibt, Lewe gehe mehr „in der Rolle des Moderators der weiter wachsenden Großstadt“ auf als „in der eines detailverliebten Aktenfressers“. Menschen, die Lewe eher kritisch sehen, sagen, er interessiere sich zu wenig für Sachthemen; sein politisches Programm sei er selbst. 

Zwischen den Zeilen steht auch, dass Lewe hier eigentlich keinen Rückzug ankündigte, sondern eher den nächsten Karriereschritt. Er stehe für andere Aufgaben zur Verfügung, sagte er den Westfälischen Nachrichten. Nur, was könnte das sein? Ein Ministeramt? Ein Posten an der Spitze eines Verbands? Wahrscheinlich dann wohl irgendwas Präsidiales.

Zunächst wird allerdings eine andere Frage zu klären sein: Wen stellt die CDU im nächsten Jahr bei den Wahlen auf?

Münsters CDU-Chef Stefan Nacke kündigte an, mit der Suche gleich zu beginnen und im September einen Vorschlag zu machen. Die Westfälischen Nachrichten nennen als möglichen Kandidaten den Ratsherrn Mathias Kersting, der erst vor drei Jahren von der SPD zur CDU gewechselt ist und inzwischen im Vorstand der Partei sitzt – oder Polizeipräsidentin Alexandra Dorndorf. 

Auch Grüne und SPD werden sich in den nächsten Monaten mit der Frage beschäftigen, wen sie ins Rennen schicken. Die Grünen treffen ihre Entscheidung bei der Kreismitgliederversammlung Ende Oktober. Hier hört man vor allem zwei Namen. Co-Fraktionssprecher Christoph Kattentidt könnte Interesse haben, die Verkehrsausschuss-Vorsitzende Andrea Blome wird ebenfalls genannt. 

Bei der SPD sagt man Bezirksbürgermeister Stephan Brinktrine Ambitionen nach. Wann hier die Entscheidung fällt, steht bislang noch nicht fest. Aus der Geschäftsstelle hieß es, nach den Sommerferien werde man einen Termin suchen. (rhe)

Wie es weiterging – mit den Schulstraßen

Am Freitag hat Sebastian Fobbe über die Forderung der Gruppe „Kidical Mass” geschrieben, Schulstraßen in Münster einzurichten (RUMS-Brief). Nun ist dazu ein Antrag von Volt, SPD und den Grünen im Ratsinformationssystem erschienen. Sie fordern Maßnahmen für die Verkehrssicherheit von Schulkindern, etwa Hol- und Bringzonen oder Schulstraßen in den stark frequentierten Straßen. Zuerst soll das an Grundschulen passieren, und zwar mit Start des neuen Schuljahres. (sst)

Kurz und Klein

+++ Ende vergangener Woche haben mehrere Anzeigen die Polizei Münster erreicht, da Gruppen in Coesfeld, Hörstel, Havixbeck und an der Promenade rassistische Parolen auf die Melodie des Songs „L’Amour Toujours“ von Gigi d’Agostino skandiert haben sollen. Aktuell prüfe die Staatsanwaltschaft die strafrechtliche Relevanz, hat Sprecher Jan Schabacker den Westfälischen Nachrichten mitgeteilt. Demnach haben einige Gastronom:innen den Song übrigens vorübergehend aus ihren Playlists gestrichen. Auslöser dessen ist wohl ein Video, das Pfingsten online und vergangene Woche viral ging. Darin zu sehen: Junge Menschen in einer Bar auf Sylt, die rassistische Parolen grölen und unter anderem einen Hitlergruß zeigen. (sst)

+++ In Nordrhein-Westfalen wurden laut Landesbetrieb IT.NRW 2023 gut 50.000 Menschen eingebürgert, das ist der höchste Stand seit 2001 (damals waren es über 60.000). Fast die Hälfte von ihnen hatte vorher die syrische Staatsangehörigkeit. In Münster wurden gut 650 Personen eingebürgert, 150 weniger als im Jahr zuvor. Gut 300 von ihnen waren ebenfalls Syrer:innen. Die Anzahl der Einbürgerungsanträge ist allerdings gestiegen: 2022 waren es 1.500, ein Jahr später gut 500 mehr. Wie schnell ein Antrag bearbeitet werden kann, liege an mehreren Faktoren, heißt es aus dem Kommunikationsamt der Stadt: Neuanträge bedeuteten ein höheres Arbeitsvolumen, die seien dann im Einzelfall teilweise sehr komplex und außerdem seien 2023 einige neue Mitarbeitende dazugekommen, die ja auch erst einmal eingearbeitet werden müssten. (sst)

+++ Die Grünen und die SPD wollen, dass sich das Gleichstellungsamt der Stadt Münster um die Teilnahme am Projekt „Frauenorte NRW“ bewirbt. Die Idee dahinter: Frauen sichtbar zu machen, die Spuren in ihrer Stadt hinterlassen haben – aber bisher nicht präsent in der Stadtgeschichte auftauchen. Das soll mit 50 Orten in ganz NRW geschehen. 40 davon hat ein Fachbeirat bereits ausgewählt. „Aus Münster liegt bisher kein Antrag vor“, steht im Antrag. Das sollte man doch in der nächsten Bewerbungsrunde nachholen. Und dafür gegebenenfalls bei der Arbeitsgemeinschaft Frauengeschichte Münster nachfragen. Die beschäftigt sich seit 2010 mit, nun ja, der Geschichte von Frauen in Münster. (sst)

Glasfaserspiele 

Erst wollte in Münsters Westen niemand Glasfaserkabel verlegen. Dann fand sich doch jemand. Jetzt wollen gleich mehrere. Über undurchsichtige Geschäfte auf einem schwer umkämpften Markt. 

Im November saß Matthias Pape bei einer Informationsveranstaltung im Albachtener Haus der Begegnung im Publikum, weil er sich für eine Glasfaseranschluss interessierte. Der Telekommunikationsanbieter DBN wollte an diesem Abend seine Pläne vorstellen. SPD-Bezirksbürgermeister Stephan Brinktrine war gekommen, auch jemand vom städtischen Netzbetreiber Stadtnetze. Die Stimmung war gelöst. „Da ist richtig auf den Putz gehauen worden“, sagt Matthias Pape. Die Botschaft an die Menschen in Albachten sei gewesen: Gott sei Dank haben wir jemanden gefunden, der hier im Stadtteil das schnelle Internet ausbaut. „Die waren allesamt froh und glücklich, dass es losgeht“, sagt Pape. 

Er verstand die Ankündigung als einmalige Chance. Wer einen Glasfaseranschluss wolle, der müsse bei DBN unterschreiben und darauf hoffen, dass genügend Unterschriften zusammenkommen. Andernfalls würde die Chance vorbeiziehen. Also unterschrieb Pape und war zufrieden, als er hörte, dass ausreichend viele Verträge zusammengekommen waren – bis er vor zwei Wochen die Meldung las: „Stadtwerke und Telekom bauen sechs weitere Stadtteile aus“ – unter anderem Albachten. Matthias Pape fühlte sich verschaukelt. Wenn er gewusst hätte, dass er sich auch für die Stadtwerke entscheiden könnte, so sagt er, dann hätte er das getan. 

Aber was war passiert? Hatten Stadtwerke und Telekom vergessen, rechtzeitig mitzuteilen, dass man den Glasfaseranschluss auch bei ihnen buchen kann? Oder waren sie durch DBN erst auf die Idee gekommen, hier Kabel zu verlegen? 

„Strategisches Überbauen“

Was in Albachten passiert, kommt in Deutschland immer wieder vor. Nicht ganz klar ist allerdings, was genau dort passiert.  

Firmen, die mit der Telekom in Konkurrenz stehen, sind davon überzeugt, dass der ehemalige Staatskonzern oft genau an den Stellen ein Glasfasernetz ankündigt, an denen andere Anbieter ihre Pläne gerade offengelegt haben. 

Das Motiv dahinter könnte sein, dass ein Ausbaugebiet augenblicklich weniger attraktiv wird, sobald die Telekom mit im Rennen ist. Die Namen der neuen Anbieter sind oft unbekannt. Die Telekom kennen die Menschen seit Jahrzehnten. Schon das kann ein Grund sein, mit der Unterschrift erst einmal zu warten. 

Im Fachjargon nennt man das, was die Konkurrenz hier der Telekom unterstellt, strategisches Überbauen. Man kündigt etwas an, um Chancen zu sichern. Im besten Fall ziehen kleinere Anbieter sich danach wieder zurück. Das könnte nun passieren.  

Die Telekom bestreitet, auf diese Weise vorzugehen. Sie verweist auf den Wettbewerb, der für die Menschen ja sogar Vorteile haben kann. Wo es mehrere Anbieter gibt, sinken die Preise. Ärgerlich ist allerdings, wenn die Straße vor dem Haus dafür mehrfach aufgerissen wird, weil die Firmen sich beim Verlegen der Kabel nicht abstimmen – oder wenn Firmen den Ausbau ankündigen, damit die Menschen nicht anderswo unterschreiben, dann aber jahrelang nichts passiert. 

Die Bundesnetzagentur und das Bundeswirtschaftsministerium haben vor einem knappen Jahr eine Monitoring-Stelle eingerichtet, die wettbewerbswidrige Praktiken und den Doppelausbau überwachen sollen. Anfang April hat die Bundesnetzagentur einen Zwischenbericht zum Doppelausbau veröffentlicht, in dem sie die Telekom zwar kritisiert, allerdings nur „sehr leise“, wie die Süddeutsche Zeitung schreibt

In dem Bericht heißt es, es habe sich gezeigt, dass die Telekom „häufiger kurzfristig auf den Vertriebsstart eines zuerst aktiven Wettbewerbers reagiert oder nur lukrative Kerngebiete erschließt“. Gleichzeitig verweist das Papier darauf, dass man nicht sagen könne, welche Motive und Strategien hinter den Entscheidungen stehen. Im Grunde kann man also nichts sagen.

Sichtbar ist lediglich das, was passiert. Ein Unternehmen kündigt den Ausbau an, ein zweites zieht nach. 

Und was ebenfalls sicher ist: Der Markt ist umkämpft. Es kann sogar passieren, dass ein Unternehmen den Ausbau ankündigt und ein anderes Leute durchs Viertel schickt, die den Menschen erzählen: Stimmt alles gar nicht. Der Ausbau werde nie stattfinden. Auch in Münster sei das schon passiert, sagte man uns. 

„Hilf uns mal!“

Die Stimmung ist leicht entzündlich. Fragt man zum Beispiel SPD-Bezirksbürgermeister Stephan Brinktrine, was er dachte, als er hörte, dass Stadtwerke und Telekom in Albachten das Glasfasernetz ausbauen, sagt er: „Ich war wie vom Donner gerührt.“ 

Brinktrine erzählt, wie man ihn im November zu der Info-Veranstaltung gelotst habe, er sich damit aber nicht ganz wohlgefühlt. Als Politiker habe er immer ein schlechtes Gefühl, wenn private Firmen ihn für ihre Zwecke einspannen wollten, sagt er. Aber in dem Fall habe es gleich von mehreren Seiten geheißen: „Hilf uns mal! Wir müssen da unterschreiben, das ist die einzige Chance.“ 

Als Brinktrine dann vor zwei Wochen von den Stadtwerke-Plänen erfuhr, setzte er sich an den Computer und schrieb ein wenig aufgebracht eine E-Mail an Christian Tebel, der für die Stadt Münster den Glasfaserausbau koordiniert. 

Tebel antwortete, die Stadt sei zum Zeitpunkt der Infoveranstaltung tatsächlich davon ausgegangen, dass nur DBN das Netz in Albachten ausbauen werde. Man habe aber stets „offen kommuniziert, dass es möglich ist, dass weitere Netzanbieter den Stadtteil Albachten zukünftig mit Glasfaser versorgen könnten“. 

Das könne die Stadt auch gar nicht beeinflussen. „In Deutschland herrscht freier Wettbewerb, und als Stadtverwaltung können wir den Ausbau nicht reglementieren“, schreibt Tebel. Das Telekommunikationsgesetz untersage das. 

Auf die Frage, wie das alles passieren konnte und ob es vielleicht ein Missverständnis gab, schickt die Stadtverwaltung eine fast wortgleiche Erklärung. In einem zusätzlichen Absatz schreibt ein Sprecher, man werde mit beiden Anbietern sprechen, um zu verhindern, dass die Straßen in Albachten doppelt aufgerissen werden. 

„Eine Katastrophe“

Im schlechtesten Fall werden sie nicht nur doppelt aufgerissen, sondern es werden Glasfaserkabel verlegt, wo ohnehin schon welche liegen – während andere Stadtteile gar keine haben. 

Genau das befürchtet Volt-Ratsfrau Helene Goldbeck. Sie hat die Stadt und die Anbieter in der vergangenen Woche aufgefordert, das Netz erst einmal da auszubauen, wo noch keins liegt. 

In Albachten ist es wohl zu spät für diese Aufforderung. Der Anbieter DBN schreibt auf Nachfrage: „Die Materialien liegen bereit und wir gehen fest davon aus, dass wir im Juni mit den Bauarbeiten starten können.“ Bis Ende des Jahres werde man fertig sein. Die Stadtwerke schreiben, Albachten sei im nächsten oder übernächsten Jahr dran. 

Dort starte man gerade die Vorvermarktung. Man schaue also, wer sich für einen Vertrag interessiert. Wer bei Stadtwerken und Telekom unterschreibe, könne später auch einen Vertrag mit 1&1 und dem spanischen Anbieter Telefonica schließen. 

Auch DBN kündigt an, mit anderen Anbietern zusammenzuarbeiten, nennt aber noch keine Namen. 

Ist also am Ende alles gar nicht so schlimm? Dass die Stadtwerke und die Telekom in Albachten, Nienberge und Roxel einsteigen, sei für ein kleines Unternehmen wie DBN „eine Katastrophe“, sagt jemand, der die Hintergründe kennt. Dass DBN den Ausbau in Albachten oder Nienberge abblasen werde, sei unwahrscheinlich. In Roxel sei das aber vorstellbar. 

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Die Stadtwerke räumen ein, dass ein „wichtiger Grund“ für den Ausbau in Nienberge, Albachten und Roxel der Wettbewerb mit DBN sei. Mit der Ankündigung gebe man den Menschen „eine klare Perspektive“, auf deren Grundlage sie sich für einen Anbieter entscheiden könnten. 

Die Verantwortung dafür, ob die Straße in Albachten mehrfach aufgerissen werden muss, sehen die Stadtwerke bei der Stadt. „Uns liegt viel an einer Lösung im Sinne der Albachtener – eine mehrfache Öffnung der Straßen ist das verständlicherweise nicht.“ 

Die Alternative: Mitverlegung

Noch habe niemand mit den Arbeiten begonnen. Dazu müsse die Stadt erst eine Genehmigung erteilen. Erteilt sie die nicht, könnte sie den Menschen ein Albachten doppelte Baustellen vor dem Haus ersparen. Gleichzeitig würde sie damit allerdings in den Wettbewerb eingreifen, in dem unter anderem zählt, wer am schnellsten ist – und das noch zu Gunsten ihrer eigenen Tochter. 

Eine andere Möglichkeit wäre eine sogenannte „Mitverlegung“. Stadtwerke und Telekom könnten ihre Kabel mit in den Boden legen, wenn DBN die Straße geöffnet hat. „Unser Ziel ist es, in allen Stadtteilen mehrfache Glasfaserbaustellen zu vermeiden. Deshalb stehen wir Mitverlegungen offen gegenüber“, schreiben die Stadtwerke. An eine Zusammenarbeit zwischen Stadtwerken und DBN sei allerdings nach dem, was zuletzt passiert ist, nicht zu denken, sagte man uns. 

Grundsätzlich ist so etwas schon möglich. Gestern Nachmittag teilte die Stadt mit, dass 3.000 Adressen im Stadteil Mauritz-Ost ans Glasfasernetz angeschlossen werden. Auch hier wollen mehrere Anbieter Leitungen verlegen. Zum einen Stadtwerke und Telekom, dazu die Eon-Tochter Westconnect. 

Es hätte also sein können, dass erst das eine Unternehmen durchs Viertel pflügt und später das andere. Doch das wird nun nicht passieren. Die Stadt hat eine andere Lösung gefunden. Stadtwerke und Telekom bauen den Norden des Viertels aus, Westconnect den Süden. Später stellt man sich die Leitungen dort gegenseitig zur Verfügung. So haben die Menschen im Viertel die Auswahl zwischen mehreren Anbietern, aber nur einmal den Ärger. Klingt doch eigentlich ganz einfach. (rhe)

 Klima-Update

+++ Der Meteorologe Özden Terli hat für das medienkritische Onlinemagazin „Übermedien“ einen Text über sein persönliches „Hasswort“ geschrieben: „Klimawandel“. „Wandel ist etwas Gemächliches, etwas, das langsam abläuft. Aber der Vorgang, der als Klimawandel beschrieben wird, ist ein brachialer, epochaler Umbruch“, schreibt Terli. Um den Prozess korrekt zu beschreiben, müsste man daher von der „Klimakrise“ oder der „Klimakatastrophe“ sprechen. Auch der britische „Guardian“ ist vor fünf Jahren dazu übergegangen, den „Klimawandel“ aus seinem Redaktionsvokabular zu streichen. Auch „global warming“ (Erderwärmung) taucht in der Tageszeitung nicht mehr auf, stattdessen heißt es „global heating“ (Erderhitzung). Wenn ich ein Unwort ergänzen dürfte, dann wäre das„erneuerbare Energien“. Der Begriff ist aus meiner Sicht irreführend, weil in der Endung „-bar“ ein Arbeitsauftrag mitschwingt: „Erneuerbare Energien“ müssen demnach von irgendjemanden erneuert werden. Dabei ist das Gegenteil richtig: Sonne, Wind und Wasser stehen praktisch grenzenlos zur Verfügung, weil sie sich von allein erneuern. Warum spricht man dann nicht einfach von „sich erneuernden Energien“? (sfo)

+++ Technische Geräte verbrauchen immer weniger Strom, aber gleichzeitig gibt es immer mehr vor ihnen. Das ist schlecht für den gesamten Energieverbrauch. Bekannt ist dieser Zusammenhang als „Rebound-Effekt“, wie der SWR in einem vier Minuten langen Beitrag erklärt. Die steigende Zahl an Single-Haushalten macht alles noch schlimmer. In Münster lebte nach Zahlen der Stadt zuletzt in über der Hälfte der Haushalte (54 Prozent) nur eine Person. Und was bedeutet das? Na ja, es dämpft ein bisschen die Hoffnung, dass Technik allein die Klimaprobleme lösen wird. (rhe)

+++ Beim nächsten Münsteraner Klimagespräch am Donnerstag um 19 Uhr im VHS-Forum geht es um „Klimagerechtigkeit aus der Sicht des globalen Südens“ und damit um die Frage: Welchen Sinn haben Diskussionen über Klimagerechtigkeit, wenn die dominierenden Länder zu wenig für den Klimaschutz tun? Alles weitere hier. (rhe)

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Ein-Satz-Zentrale

+++ Das Hallenbad Ost wird am Samstag wieder eröffnet, das Hallenbad Hiltrup wegen auffälliger Legionellenwerte bis auf Weiteres geschlossen. (Stadt Münster)

+++ Die Stadt analysiert wissenschaftlich, wie die Grüne-Welle-Assistenz „Leezenflow” sich auf den Verkehrsfluss und die Sicherheit auswirkt. (Stadt Münster)

+++ Die neue Telenotarzt-Zentrale hat ihren Probebetrieb mit zwölf Rettungswagen gestartet. (Stadt Münster)

+++ Nach einer zweijährigen Bauphase hat der Fröbel-Kindergarten im ehemaligen Hauptzollamt in der Sonnenstraße eröffnet. (Westfälische Nachrichten)

+++ Im Mai waren in Münster knapp 9.000 Menschen arbeitslos. (Arbeitsagentur Ahlen-Münster)

+++ Im Jahr 2019 lebten in Münster 157 Einkommens-Millionär:innen, im Jahr darauf 153. (Landesbetrieb Information und Technik NRW) Korrekturhinweis: In einer früheren Version hatten wir das Wort Einkommen unterschlagen.

+++ Für den als „Kran-Kletterer“ bekannten Mann stehen weitere Gerichtsverfahren an – unter anderem, um zu klären, wer die Kosten für die Rattenjagd auf seinem Grundstück übernimmt. (Westfälische Nachrichten)

+++ Das Projekt „Erzähl’ mal“ in der Villa ten Hompel hilft Menschen, ihre Familiengeschichte während der NS-Zeit zu recherchieren. (Westfälische Nachrichten)

+++ Außenministerin Annalena Baerbock hat bei ihrem Wahlkampfauftritt in Münster wütenden pro-palästinensischen Gegendemonstranten mit einer leidenschaftlichen Rede getrotzt, in der sie für Frieden und Freiheit eintrat, das Existenzrecht Israels verteidigte und zugleich jedes Menschenleben als gleich wertvoll bezeichnete. (Westfälische Nachrichten)

+++ Die Notfallbegleiter Münster suchen ehrenamtliche Helfer, die Menschen in akuten Krisensituationen wie Unfällen, Suiziden oder dem Tod eines Kindes seelischen Beistand leisten. (Westfälische Nachrichten)

Unbezahlte Werbung

Seit einigen Wochen kann man sie zwar überall kaufen, aber Erdbeeren schmecken selbstgepflückt einfach am besten. In Münster gibt es viele Felder, auf denen Sie die Früchte selbst ernten können. Auf dem Hof Rottmann an der Gasselstiege 235 geht das donnerstags bis sonntags ab 12 Uhr. Alternativ können Sie täglich ab acht Uhr in Gievenbeck an der Ecke Gievenbecker Weg/Busso-Preus-Straße ernten sowie in Mecklenbeck am Dingbänger Weg 190 (mehr Infos zu diesen beiden Selbstpflück-Feldern an dieser Stelle).

Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!

Drinnen und Draußen

Heute hat Katja Angenent geschaut, was in den nächsten Tagen so los ist.

+++ Morgen ist zum Beispiel in ganz Deutschland Hitzeaktionstag. Die Stadt lädt dazu zu einem Klimaspaziergang durchs Südviertel ein. Los geht es um 15 Uhr am neuen Haus der Nachhaltigkeit an der Hammer Straße 1 (vorne am Kreisverkehr). Zwischen 14 und 18 Uhr gibt es dort auch Infoangebote. Weitere Informationen hier

+++ Ebenfalls am Mittwoch ist der Berliner Historiker Johannes Spohr zu Gast in der Villa ten Hompel. Ab 19 Uhr referiert er dort über Menschen, die sich fälschlich als Verfolgte des Nationalsozialismus oder deren Nachkommen ausgeben – ein Phänomen, das er regelmäßig beobachtet. Warum das so ist, erklärt er in Präsenz und via Zoom. Mehr Infos finden Sie hier

+++ Die aktuelle Droste-Hülshoff-Preisträgerin Anne Weber liest am Donnerstag um 20 Uhr im Theatertreff. Ihr Roman heißt „Bannmeilen” und widmet sich dem Unvertrauten und Anderen mitten unter uns. Der Literaturwissenschaftler Moritz Baßler moderiert. Karten für neun Euro erhalten Sie hier.  

+++ Noch ein Tipp für alle, die gerne Tiere in der Natur beobachten: Am Freitag um 17.30 Uhr beginnt am Haus Heidhorn ein kostenfreier Spaziergang zum Dortmund-Ems-Kanal. Ziel: der Nistplatz eines Wanderfalken. Hubert Große-Lengerich und Udo Wellerdieck erzählen dort ein bisschen was über den Greifvogel. Weitere Infos finden Sie in dieser Tabelle (bis Juni scrollen). Und: Fernglas nicht vergessen! 

Am Freitag schreibt Ihnen Svenja Stühmeier. Ich wünsche Ihnen eine gute Woche.

Herzliche Grüße

Ralf Heimann

Mitarbeit: Katja Angenent (kan), Jan Große Nobis (jgn), Svenja Stühmeier (sst) – das bedeutet: Die einzelnen Texte im RUMS-Brief sind von der Person geschrieben, deren Kürzel am Ende steht.
Lektorat: Susanne Bauer

PS

Die Germanistin Joy Steigler-Herms hat in ihrer Doktorarbeit untersucht, wie es sich auf die Glaubwürdigkeit auswirkt, wenn Menschen sich bei Zeugenaussagen gewählt ausdrücken. Im Interview mit dem „Spiegel“ erzählt sie zum Beispiel, dass Aussagen als signifikant glaubwürdiger eingeschätzt wurden, wenn jemand „Fahrzeug“ schrieb, statt „Auto“. Ich hoffe, Ihnen ist das Wort „signifikant“ im letzten Satz aufgefallen. Ich tue hier mein Bestes, um Ihnen die Geschichte so gut es geht zu verkaufen. Zu viel Bildungssprache ist allerdings auch wieder schwierig. Jemand habe in einer Zeugenaussage das Wort „onomatopoetisch“ verwendet, auf Deutsch: lautmalerisch. Und so jemand kann vor Gericht gleich einpacken. Interessant ist: Frauen dürfen bei Zeugenaussagen lächeln, ohne dass ihre Glaubwürdigkeit leidet, für Männer ist das gefährlich. Männer sprechen am besten tief und sonor, dann können sie im Prinzip alles erzählen. Und damit verabschiede ich Sie in den Dienstagabend. Alles Gute! Ihr Jürgen Klopp. (rhe)

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