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Korrektur Brief | Frühlingsgefühle | Autokino für Münster | Elternsorgen
Guten Tag,
wer hätte gedacht, dass ausgerechnet NRW-Ministerpräsident Armin Laschet und sein Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann bei vielen Menschen Frühlingsgefühle auslösen.
Während draußen die Sonne scheint und die Vögel ganz unbekümmert ihre Nester unter dem strahlend blauen Himmel bauen, ist unser menschliches Leben derzeit bestimmt von Drinnenbleiben, Abstandsregeln, Kontaktverbot, Ungewissheit und großen Sorgen darüber, wie das denn alles einmal ausgehen wird. Jetzt, kurz vor Ostern, senden die beiden CDU-Politiker nun aber erste Signale der Hoffnung. Laumann will, dass Bewohnerinnen und Bewohner nordrhein-westfälischer Pflegeheime wieder Besuch empfangen dürfen. Der Rheinischen Post sagte er laut Ruhrnachrichten: „Sie können es den 170.000 Menschen in unseren Pflegeheimen nicht zumuten, dass für sie über ein halbes oder ganze Jahr hinweg ein Besucherverbot gilt, dass sie weder Ehepartner, Kinder noch Enkel sehen können.“ Und Armin Laschet sagte laut Rheinischer Post: „Wir brauchen einen klaren Fahrplan, durch den das öffentlich und wirtschaftliche Leben wieder ins Laufen kommt.“
Wenn man noch andere, unpolitischere Frühlingszitate sucht, kann man auch eines von Friedrich Schiller finden, das bei diesem Wetter heute sehr aktuell erscheint: „Alles freuet sich und hoffet, wenn der Frühling sich erneut.“ Gönnen wir uns also diesen kleinen Moment der österlichen Frühlingsfreude, wohl wissend, dass wir noch sehr weit weg von jedweder Normalität sind. Distanzregeln, Hygieneregeln, Masken und steigende Infektionszahlen werden uns noch sehr viel länger erhalten bleiben als eine unscheinbare Knospe braucht, um zur prächtigen Blüte zu werden.
Coronafreie Nostalgie
Vielleicht erklärt diese Sehnsucht nach einem Lichtblick oder gar einem Happy End auch, warum eine Ankündigung im Netz derzeit von vielen Münsteranerinnen und Münsteranern so gefeiert wird. Darum geht es: Münster wird ein Autokino bekommen. Nächste Woche soll es schon so weit sein, sagte Chef-Planer Ansgar Esch vom Cineplex auf Antenne Münster. Dann können voraussichtlich 200 bis 300 Autos auf einem Areal am Hawerkamp vor einer großen Leinwand parken. Mit Einbruch der Dämmerung wird jeweils ein Film gezeigt, der Verkauf von Tickets und Snacks läuft kontaktlos, erlaubt sind zwei Insassen pro Pkw. Familien dürfen noch zwei Kinder mitbringen. Warum es nur zwei sein dürfen, beantwortet Esch im Radiointerview damit, dass man diese auf den Schoß nehmen könne. Die Sicht von der hinteren Bank sei nämlich nicht so gut.
Dass Münster eine Kino-Stadt ist, ist ja bekannt. Dass ihre Bewohnerinnen und Bewohner aber so euphorisch auf ein Autokino reagieren, hat vielleicht auch damit zu tun, dass ein Autokino ohnehin eine sehr emotionale Sache ist. Es ist so herrlich nostalgisch, um nicht zu sagen altmodisch. Wer Autokino hört, denkt automatisch auch an Cadillacs, Popcorn, Petticoats und vielleicht auch an John Travolta und Olivia Newton John, die sich in Grease dort zum nicht kontaktlosen Date trafen. Hier ein kleiner Gute-Laune-Ausschnitt (Autokinoszene beginnt in der 46. Sekunde) aus dem Filmklassiker. Die Corona-Krise scheint übrigens an vielen Orten weltweit ein Comeback-Bereiter für Autokinos zu sein, wie die FAZ in diesem Artikel schrieb. In der neuen Krise funktionieren eben manchmal auch alte Lösungen. Wenn Sie Lust haben, Einfluss auf die Programmgestaltung des künftigen Autokinos in Münster zu nehmen, können Sie auf dieser Facebook-Seite Wünsche angeben.
Frohe Ostern?
Als unser erster RUMS-Brief erschien, schrieb uns der Münsteraner Tim Balint, der seit zehn Jahren in Rom lebt und arbeitet, von der bizarren Situation in Italien. Dort sei man uns in Sachen Corona leider schon Wochen voraus. „Es gibt strengste Ausgangssperren, der Tiber ist gesperrt, Joggen ist verboten, und mittlerweile tragen fast alle Masken und Handschuhe.“ Vor einigen Tagen telefonierte ich mit Balint, der mit seiner Frau und der zweijährigen Tochter Emma mitten in der Stadt lebt, aus der der Papst schon vor dem Osterfest seinen Segen „Urbi und Orbi“ in die Welt sendete. „Das hat die Menschen hier sehr beeindruckt“, sagt er.
Tim Balints Eltern leben in Münster, seine Großmutter in einem Pflegeheim. „Einmal in der Woche rufe ich sie an“, sagt er. Seine Mutter habe jetzt einen Weg gefunden, doch persönlichen Kontakt zu halten. „Sie unterhält sich über den Balkon mit meiner Oma.“
Als die Krise in Italien mit aller Wucht ausbrach, sind viele seiner Kolleginnen und Kollegen (er und seine Frau sind bei einer Organisation der UNO angestellt) in ihre Heimatländer zurückgekehrt. Familie Balint ging nicht. „Wir wollten das nicht. Wir wollten das sinkende Schiff nicht verlassen.“ Er habe das Gefühl, Italien sei zu einer Schicksalsgemeinschaft geworden, zu der er sich auch zugehörig fühle. Nie hätte er gedacht, dass die Italiener sich an die strengen Regeln halten. „Ich glaube, das ist der Wille mit den Alten zusammen sein zu wollen, die Empathie mit den Eltern, das Mitleiden mit ihnen. Die Familie hat hier einen sehr hohen Stellenwert.“
Und wie feiert seine Familie in dieser Zeit Ostern – und Geburtstag (Balint wird am Sonntag 40)? „Nicht so wie ursprünglich geplant mit Freunden und Familie in Münster, sondern wohl auf unserer Terrasse mit Tochter und Frau. Irgendwo muss ich noch bunte Ostereier herbekommen; aber das Päckchen aus Münster ist schon im Anmarsch!“
Ebenfalls in kleineren Runden werden auch viele münstersche Familien in diesem Jahr Ostern feiern. Eier verstecken, basteln, gut essen, Osterhasen zeichnen – was machen Sie eigentlich an den Feiertagen? Schreiben Sie uns.
Und wenn Sie es gerne festlich und besinnlich haben möchten, können Sie hier in der Süddeutschen Zeitung schauen. Sie hat eine Übersicht an Gottesdiensten, die man sich im TV oder online anschauen kann, aus den bekanntesten Kirchen Deutschlands zusammengestellt.
Wie geht es nach den Ferien weiter?
Am 15. April erfahren wir, wie und ob es nach den Osterferien mit der Schule weitergehen wird oder ob die Schülerinnen und Schüler weiter von zu Hause aus werden lernen müssen. Ralf Heimann hatte für seinen letzten Brief zu dem Thema „Wie könnte es weitergehen?“ mit Lehrerinnen und Lehrern aus Münster gesprochen. Auch Eltern meldeten sich bei uns zu Wort. Einig waren sich alle, dass man nicht einfach so wieder starten könne. So schrieb uns Brigitte Sommer, deren Sohn eine Behinderung hat und normalerweise die Förderschule besucht: „Da mein Kind zur Risikogruppe gehört, habe ich immer die ‚Angst im Nacken‘ und würde ihn erst wieder zur Schule schicken wollen, wenn sich die Lage deutlich entspannt hat.“ Mark Bourichter schlug vor: „Top down (hohe Klassen zuerst) den Schulbetrieb wieder in Gang zu setzen, ist eine gute Idee. Mundschutz für Kinder in der Grundschule halte ich für kaum umsetzbar.“ Cornelia Fehlings Idee: Zuerst beginnen die Abi-Jahrgänge (mit Mundschutz). Und wenn sie fertig sind, starten die anderen Jahrgänge.
Ganz konkrete Vorschläge für einen möglichen Schulstart macht unsere Leserin Eva: Desinfektionsspender vor den Klassen, Masken für alle, gestaffelte Pausen und gestaffelte Beschulung (nicht alle Schülerinnen und Schüler sind gleichzeitig in der Schule), Abstand in der Klasse zwischen den Sitzplätzen (bei großen Klassen schwierig).
In einer Online-Petition wird unterdessen „Schluss mit Fernbeschulung“ gefordert. Die Lern-Situation, wie Eltern und Kinder sie vor den Ferien erlebten, sollte sich ändern, heißt es dort. Ganz unabhängig übrigens davon, wie die Entscheidung in der nächsten Woche ausfallen wird.
+++ Die Polizei und Staatsanwaltschaft Münster sucht nach Hinweisen zur Identität eines Mannes, der bei einem Brand am Samstag, 4. April um 17.15 Uhr schwer verletzt wurde. Im Bereich der Parkanlage am Hansaplatz/Ecke Schillerstraße erlitt er bei einem offenen Feuer schwere Verletzungen. Er liegt jetzt im Krankenhaus, ist aber nicht ansprechbar. Da weder ein Unfall noch ein versuchtes Tötungsdelikt ausgeschlossen werden können, ermittelt eine Mordkommission. Oberstaatsanwalt Martin Botzenhardt bittet nun um Mithilfe, um herauszufinden, wer der Verletzte ist: „Wir sind auf der Suche nach Zeugen, die Hinweise zu dem unbekannten, schlanken Mann geben können, dem oben rechts ein Eckzahn fehlt.“ Auch Hinweise auf die Personen, die am Samstag am Tatort waren, und den Ablauf des Brandgeschehens können für die Ermittlungen von großer Bedeutung sein. Hinweise nimmt die Polizei unter der Rufnummer (0251) 275-0 entgegen. +++
+++ Ausnahme genehmigt. Imame dürfen jetzt von den Minaretten münsterscher Moscheen zum Gebet rufen. Die Stadt Münster erteilte bis einschließlich zum 1. Mai diese Ausnahmeregelung, melden die Westfälischen Nachrichten. Die Türkisch Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib-Gemeinde) hatte den Antrag gestellt, damit die Gläubigen, die wegen der Corona-Krise nicht das Freitagsgebet besuchen dürfen, ein Zeichen des Trosts und der Solidarität erhalten. +++
+++ Preußen Münsters Geschäftsführer Malte Metzelder ärgert sich in der „Neuen Westfälischen“ über die Wettbewerbsverzerrung in der 3. Fußballliga. Während Preußen komplett aufs Training verzichte, um die Corona-Schutzmaßnahmen umzusetzen und die Kosten auf ein Minimum zu reduzieren, werde bei anderen Vereinen bereits trainiert. Hier die Zusammenfassung in der Süddeutschen Zeitung. +++
+++ Drei weitere mit dem Coronavirus infizierte Menschen aus Münster sindseit unserem letzten Brief auf der Intensivstation eines münsterschen Krankenhauses gestorben, meldet die Stadt. Sie waren im Alter von 49 (mit Vorerkrankungen) und 62 Jahren (ohne Vorerkrankung) und 80 Jahren (mit Vorerkranung). Damit erhöht sich die Zahl der Corona-Toten auf insgesamt sieben. +++
+++ Die Zahl aller seit Ende Februar gemeldeten Corona-Fälle im Stadtgebiet ist auf 606 gestiegen. Davon sind 411 Patienten wieder gesundet. Damit gelten aktuell 188 Menschen im Stadtgebiet als infiziert. Die Krankenhäuser behandeln zurzeit 38 Corona-Patientinnen und -Patienten, davon 21 auf Intensivstationen. Aktuell müssen 13 Corona-Infizierte beatmet werden. Auf den Intensivstationen der Stadt waren am Mittwochnachmittag noch 88 Betten frei. +++
+++ Im bundesweiten Vergleich des Tagesspiegels, in dem die Anzahl der bestätigten Coronavirus-Infektionen nach Landkreisen und Bundesländern je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohnern verglichen werden, liegt Münster inzwischen auf Rang 40. +++
+++ Gestern kontrollierte der kommunale Ordnungsdienst 215 Mal und stellte dabei 81 Verstöße gegen die Regeln zum Kontaktverbot fest. +++
+++ Und es gibt noch mehr Zahlen, die es nur gibt, weil es Corona gibt: Bis zu 460 Mal täglich klingeln derzeit die Telefone der städtischen Corona-Hotline. Seit Anfang März haben sich also 7.000 Menschen bei dem inzwischen auf 32 Personen aufgestockten Beratungsteam gemeldet und Fragen rund um das große Thema Corona-Maßnahmen, Corona-Folgen und Corona-Erlasse erkundigt. Die Hotline ist auch über Ostern unter der Nummer (02 51) 4 92 10 77 zu erreichen: Karfreitag von 9 bis 12 Uhr, Ostersamstag von 9 bis 16 Uhr und Ostermontag von 9 bis 12 Uhr. Man kann auch eine E-Mail schreiben. Viele Fragen werden übrigens auf dieser Website des Presseamtes beantwortet. +++
+++ Blüten-Bummel. Der Botanische Garten ist zwar geschlossen, doch man kann sich die blühende Pracht jetzt auch online anschauen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aktualisieren den digitalen Rundgang jeden Montag. +++
+++ Klassiker backen. Falls Sie kein Mehl zu Hause haben, lesen Sie jetzt bitte nicht weiter (sonst ärgern Sie sich nur wieder über diese unsäglichen Hamsterkäufe). Haben Sie das weiße Gold aber daheim, dann schlage ich vor: Backen Sie am Karfreitag doch daraus einfach mal das westfälische Traditionsgericht schlechthin: Struwen. Der Atrium Kulturverein hat ein Rezept ins Netz gestellt. +++
+++ Klassiker gucken. Das Thema Autokino brachte mich auf die Idee, dass es mal wieder Zeit für einen Familienfilmabend mit schönen Klassikern sein könnte. Heute Abend auf Vox läuft um 20.15 Uhr „Ich – Einfach unverbesserlich“ und danach (22.15 Uhr) ein echter Klassiker: „James Bond 007 – Diamantenfieber.“ +++
+++ Eierlei. Vergessen Sie nicht: Ostern steht vor der Tür. Also: Eier bemalen und verstecken ist in Zeiten von Corona ausdrücklich erlaubt.+++
Das hatten wir uns auch anders vorgestellt. Wir wollten Mittagstische testen, abends ganz oft in tollen Restaurants essen gehen und viele Cocktails und verschiedenste Biersorten ausprobieren, um Ihnen hier gesicherte Rechercheergebnisse präsentieren zu können. Nun sitzen wir drinnen und wärmen Tiefkühlpizza auf. Aber: Es gibt ja Alternativen. Nach und nach stellen wir Ihnen nun also Lieferdienste vor, die uns von vertrauenswürdigen Personen empfohlen wurden oder die wir selbst ausprobiert haben. Den Anfang machen wir heute mit Löwenhunger. Die Bestellseite ist übersichtlich, die Preise in Ordnung und die Speisen halten sich gut im Kühlschrank. Unser Leser Henner sagt außerdem, dass sie schmecken. Man kann sie ohne großen Aufwand nach Bedarf aufwärmen. Empfehlung dazu: ein Wein. Ab 20 Euro ist die Lieferung kostenlos.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Den nächsten Brief bekommen Sie am Samstag von meinem Kollegen Ralf Heimann. Halten Sie an Ostern die Ohren steif!
Ihre Katrin Jäger
PS
Ich habe heute mit dem Chef einer großen Spedition gesprochen, der mir von den schlimmen Hygienezuständen erzählt hat, unter denen seine Fahrer wegen geschlossener Raststätten und Zulieferunternehmen im Moment sehr leiden. Davon möchte ich Ihnen gerne in meinem nächsten Brief ausführlicher erzählen. Nur eines, das möchte ich jetzt schon loswerden. Auf die Frage, was man denn tun könne, um die Situation zu verbessern, wünschte er sich vor allem eines: mehr Menschlichkeit.
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