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Die große Kita-Öffnung | Spurensicherung | Pop-up-Biergarten
Guten Tag,
eine der großen Herausforderungen dieser Zeit ist es, Widersprüche und Ungerechtigkeiten auszuhalten. Im Moment ist unser Alltag voll davon. Wir sehen Bilder von Schlauchbooten, in denen das Berliner Partyvolk gut gelaunt und dicht gedrängt für den Erhalt der Clubkultur „demonstriert“, während wir es uns im eigenen Garten bei der kleinen Geburtstagsfeier des Sohnes verkneifen, die Großeltern zu umarmen. Viele stornieren ihren Urlaub, weil sie sich nicht vorstellen können, wie das mit dem Entspannen unter Corona-Bedingungen gehen soll, während Freundinnen und Freunde sich darüber freuen, dass schon in wenigen Tagen wieder alle Grenzen öffnen. Leute drängen in den Allwetterzoo und umgehen die wegen der begrenzten Besucherzahl extra geschlossenen Parkplatzschranken, nur um sich dann in einer langen Menschenschlange vor den geschlossenen Kassen wiederzufinden, während sich auf Beerdigungen weiterhin jeder registrieren lassen muss, der sich in der Trauerhalle aufhält.
Locker läuft es also nicht mit den Lockerungen. Die Zeit der zusammenschweißenden Corona-Anfangs-Angst scheint vorbei. Die Ellenbogen werden wieder ausgefahren, Neid findet wieder seinen Nährboden, und der gesunde Menschenverstand kommt bei vielen neuen Regeln an seine Grenzen.
Die große Kita-Öffnung
Ein gutes Beispiel steht uns direkt bevor. Am Montag öffnen in Nordrhein-Westfalen wieder die Kitas. Für Münster heißt das: Insgesamt 12.645 Kinder dürfen wieder in die 190 Kindertagesstätten der Stadt. Täglich und in voller Gruppengröße.
Abstandsregeln und Maskenpflicht gelten nur bei Begegnungen von Erwachsenen untereinander und nicht für die Kinder. Das hat zwar nachvollziehbare Gründe. „Je jünger die Kinder sind, umso wichtiger sind Nähe und Körperkontakt“, schreibt das Familienministerium NRW in seiner sehr langen und ausführlichen Handreichung für die Kindertagesbetreuung. Dennoch fragen sich viele: Ist das alles wirklich vernünftig in Zeiten einer Pandemie?
Klar dürfte inzwischen allerdings sein: Bei der Kita-Öffnung geht es nicht nur darum, auf Nummer sicher zu gehen. „Es gibt Familien, die können einfach nicht mehr“, sagt etwa Ewa Bäumer. Sie ist Pädagogische Leiterin der Beratungsstelle des Kinderschutzbundes Münster.
Im schlimmsten Fall mündet Überforderung in Gewalt. Oliver Berthold leitet die vom Bundesfamilienministerium initiierte Kinderschutzhotline. Dort können sich Ärztinnen und Ärzte bei Verdacht auf Kindesmisshandlung melden. Der Neuen Osnabrücker Zeitung (€) sagte er über die momentane Situation: „Wir werden teilweise wegen Verletzungen kontaktiert, die sonst nur bei Zusammenstößen mit Autos auftreten“. (Dazu ein Artikel im Magazin Der Spiegel.)
Die traurige Wahrheit ist also: Die Kinder müssen raus aus der Isolation. Es muss gegengesteuert werden, Normalität soll her! Auch bei Familien, in denen Gewalt und Missbrauch nicht stattfinden. Fachkräfte sollen die Eltern nun wieder entlasten, die Kinder sollen andere Kinder sehen und miteinander spielen.
Und was ist mit den Schulkindern?
Doch genau das dürfen ab Montag nicht alle Kinder gleichermaßen. Denn während Fünfjährige in der Kita jeden Tag mit einem Dutzend Gleichaltriger raufen können, dürfen die Sechsjährigen ihre Grundschulen nur einen Tag in der Woche unter strengen Hygiene- und Abstandsregeln besuchen. Doch wer weiß, vielleicht ergibt diese Unterscheidung in Kindergarten- und Schulkinder ja beim Kampf gegen die Pandemie einen virologisch fundierten Sinn?
Die kurze Antwort lautet: Nein.
Die lange kommt hier: Wenn man die wissenschaftliche und mediale Diskussion über die Ansteckungsgefahr verfolgt hat, die von Kindern (egal welchen Alters) ausgeht, weiß man, dass es tatsächlich noch keine endgültigen Erkenntnisse dazu gibt.
Allerdings bekräftigte der Virologe Christian Drosten jetzt erneut seine Aussage, es gebe keinen Hinweis darauf, dass Kinder weniger ansteckend seien als Erwachsene. (Hier ein Artikel dazu aus der Wochenzeitung Die Zeit.) Weniger umständlich formuliert könnte man sagen: Vermutlich sind Kinder genauso ansteckend wie Erwachsene. Auch kleine Kinder. Auch Kindergartenkinder.
Woran liegt es also, dass die Einschränkungen bei den Kindergärten relativ sanft sind (zehn Stunden weniger Betreuung in der Woche, es soll nur ein Erwachsener das Kind bringen und holen, Aufenthalt immer in einer Gruppe) und an den Schulen so viel strengere Schutzmaßnahmen (Maskenpflicht, Mindestabstand, kleine Unterrichtsgruppen, wenige Anwesenheitstage) durchgesetzt werden? Liegt es an der Schulpflicht, die mehr Druck auf die Verantwortlichen erzeugt, liegt es daran, dass die Schulen schon früher öffnen mussten, oder liegt es an etwas ganz anderem?
„Gute Lobbyarbeit der Lehrerinnen und Lehrer, die oft verbeamtet sind“, vermutet ein Kita-Leiter aus Münster, der nicht genannt werden möchte, als möglichen Grund. Er nimmt die Ungleichbehandlung allerdings mit Humor: „Kitas sind der sicherste Ort in Deutschland. Sonst würde man die Erzieherinnen und Erzieher doch besser schützen, oder?“
Münsters Männerwelten
Es gibt Einrichtungen, von denen ich mir wünschte, niemand bräuchte sie. Eine davon ist die Gewaltopferambulanz (GOA) am Institut für Rechtsmedizin Münster des UKM. Hier dokumentieren Ärztinnen und Ärzte, was Frauen viel zu oft angetan wird: Gewalt. Meistens ausgeübt von ihren eigenen Partnern. Viele Frauen haben Angst, schämen sich oder sorgen sich um die Kinder. Sie wollen die Ehe nicht zerstören oder haben finanzielle Not. Das alles macht es ihnen sehr schwer, aus dieser gefährlichen Situation zu entkommen.
Der Weg in die Gewaltopferambulanz ist ein erster Schritt. Die Medizinerinnen und Mediziner unterliegen – anders als die Polizei – der Schweigepflicht. Alle Daten werden vertraulich behandelt, doch die Beweise für die Gewalt, die ihnen angetan wurde, werden gesichert. Im letzten Jahr kamen insgesamt 17 Frauen in die GOA, in diesem sind es bisher acht. Sie alle wurden verletzt, sie alle haben diejenigen, die ihnen das angetan haben, nicht angezeigt. Noch nicht. Denn genau dafür ist die Gewaltopferambulanz so wichtig: Sollten die Frauen irgendwann entscheiden, doch Anzeige zu erstatten, gibt es da diese gerichtsverwertbare Dokumentation.
Falls Sie jetzt denken: „17 Frauen in einem ganzen Jahr, das ist doch gar nicht so viel“, dann liegen Sie leider falsch. Denn die Dunkelziffer ist wie bei allen Missbrauchs-Delikten gegenüber Frauen sehr hoch. Und genau deshalb werden wir in unseren Briefen immer wieder darauf aufmerksam machen. Auf der Website des Amts für Gleichstellung finden Sie übrigens eine Liste aller Beratungsangebote zu diesem Thema.
+++ Die Spiele sind eröffnet. Der Kommunalwahlkampf beginnt mit einem Thema, das zum Glück in Münster gar nicht groß ist. Es geht um die AfD. Die Oberbürgermeisterkandidaten der Grünen (Peter Todeskino), SPD (Michael Jung), Linken (Ulrich Thoden), Bunten Liste (Georgios Tsakalidis) und ÖDP (Michael Krapp) haben eine „Erklärung gegen rechts“ abgegeben. Sie verpflichten sich darin, nicht an Veranstaltungen teilzunehmen, auf denen auch die AfD auftritt. Der amtierende Oberbürgermeister Markus Lewe und Jörg Berens (Oberbürgermeisterkandidat der FDP) haben die Erklärung nicht unterschrieben. (Dazu der WN-Artikel hinter der Bezahlschranke). Die Begründung: Man wolle sich jeder Diskussion stellen. Außerdem gab Lewe zu bedenken, dass es ja bis Ende August ohnehin verboten sei, Großveranstaltungen durchzuführen, ein Aufeinandertreffen daher sehr unwahrscheinlich sei. Die Erklärungs-Unterzeichner sehen das natürlich anders. Sie befürchten, dass die AfD Podiumsdiskussionen für die Verbreitung von Hass und Hetze nutzen könnte. Und schon befinden wir uns mitten in einer Debatte über den richtigen Umgang mit der AfD. Maybrit Illner, Frank Plasberg und Sandra Maischberger hätten ihre Freude daran. Sie haben schon ganze Sendungen damit gefüllt.
+++ Leihen, radeln, Lasten transportieren. Kennen Sie schon Lotte, Lasse, Lemmy und Mecky? So heißen die vier Lastenräder, die die Initiative „Lasse – Dein Lastenrad für Münster“ mit Unterstützung des ADFC Münsterland in Ordnung hält und verleiht. Wer dieses klimafreundliche Transportmittel ausprobieren möchte, kann hier reservieren und eines der Geschwister kostenlos oder gegen eine Spende ausleihen. Lotte ist zum Beispiel bis zum 31. Juli im CityShop der Stadtwerke an der Salzstraße eingezogen und kann dort nach Reservierung zum gemeinsamen Ausflug an der frischen Luft abgeholt werden.
Am Dienstag war meine Timeline schwarz. Viele meiner Facebook-Freundinnen und -Freunde, viele Organisationen, Unternehmen sowie auch Blogs und Seiten aus Münster posteten für einen Tag ein schwarzes Bild und zeigten damit, dass sie gegen Rassismus sind. Das ist gut. Nicht so gut war, dass durch die Aktion andere Social-Media-Postings mit wichtigen Inhalten nicht mehr durchkamen. So geschehen in den USA. Die schwarzen Quadrate unter dem Hashtag #BlackLivesMatter blockierten den Informationsfluss über Protestmärsche und Kundgebungen nach dem Tod des Afroamerikaners George Floyd, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Was wir jetzt tun können: Weiter dafür sorgen, dass das Thema Platz und Raum findet. Auf unseren Seiten und im echten Leben.
„Als ob man bei Mama und Papa auszieht.“ Ina Paule Klink verlässt nach 20 Jahren die ZDF-Krimireihe „Wilsberg“. Nicht brav im ruhigen Wilsberg-Stil, sondern nackt und singend. Um ihren Rollenwechsel bildhaft zu machen, ließ sich die Schauspielerin vom Playboy fotografieren und gab dem Magazin ein Interview. Der medienwirksame Abschied von der Rolle als Alexandra Holtkamp ist ihr damit natürlich sicher gewesen. Was sie jetzt vorhat? Mehr Musik machen. Als Sängerin nennt sie sich übrigens Paule. Und so klingt Paule.
Die Zahl der Corona-Fälle im Stadtgebiet ist um acht Infektionen auf insgesamt 725 gestiegen. Davon sind 687 Patienten wieder genesen. 13 Personen, die mit dem Coronavirus infiziert waren, sind gestorben. Somit gelten aktuell 25 Münsteranerinnen und Münsteraner als infiziert.
Derweil ist der Spielplatz „Middelkamp“ in Angelmodde wieder freigegeben worden. Das Gesundheitsamt hatte diesen Mitte Mai sperren lassen, weil die Leute sich nicht an die Abstandsregeln gehalten hatten. Die Stadt will den Spielplatz weiter kontrollieren.
Pop-up-Biergarten mit Platz satt. Quasi über Nacht ist auf einer freien Fläche in der Speicherstadt (An den Speichern 10) ein neues Ausflugsziel entstanden. An großzügig verteilten Biertischgarnituren können Gäste sich nun unter freiem Himmel kühle Getränke, Snacks, Kaffee und Kuchen von äußerst freundlichem Personal servieren lassen. Das Schöne: Die immer noch geltenden Abstandsregeln können Sie hier ganz entspannt einhalten. Der Name für den Newcomer unter den außengastronomischen Angeboten lautet dann auch passenderweise „Campusrelax.“
Die Idee zum coronatauglichen Biergarten in Coerde hatte übrigens Mario Engbers vom „Speicher 10“. Auf seiner Facebook-Seite hieß es kurz vor Christi Himmelfahrt: „Fleißig und voller Tatendrang haben wir heute im Laufe des Tages einen einzigartigen Biergarten in Münster gezaubert.“ Wenn Sie sich vom Speicherstadt-Hokuspokus unter Palmen überzeugen möchten, können Sie das freitags ab 17 Uhr, samstags ab 15 Uhr und an Sonn- und Feiertagen ab 12 Uhr tun. Kleiner Tipp: Kommen Sie mit dem Fahrrad, der Biergarten liegt quasi auf dem Weg in die Rieselfelder.
Hier finden Sie alle unsere Empfehlungen. Sollte Ihnen ein Tipp besonders gut gefallen, teilen Sie ihn gerne!
Der Tag der toten Schlange. Am 5. Juni 1977, also heute vor genau 43 Jahren, starb die Boa Constrictor des Rockstars Alice Cooper. Ihr Name war „Julius Squeezer“. Ausgerechnet ihr eigenes Frühstück – eine Ratte – wehrte sich gegen das Gegessenwerden, biss kräftig zu und beendete so das Leben des Reptils, mit dem Alice regelmäßig auf der Bühne zu sehen war. Diese und unzählige weitere schräge Geschichten aus der Welt des Rock ’n’ Roll hat der Musikjournalist Christof Leim zusammengetragen. Seine mehr als tausend Zeitsprünge decken das gesamte Jahr ab, Tag für Tag. Schauen Sie doch mal beim Datum Ihrer Geburt oder Ihres Hochzeitstages nach! Ich wette, Sie werden überrascht sein.
Rundweg am Rand. Heute und morgen wird noch aufgebaut, am Sonntag können Sie schon schauen. Die Ausstellung „Kunst am Rand“ lädt zu einem kulturellen Spaziergang durch Kinderhaus ein. Mehr als 30 Kunstwerke verschiedenster Künstler aus Münster, der Region, den Niederlanden, Hamburg und Köln säumen den Weg. Sie können die Skulpturen, Objekte und Gemälde auf sich wirken lassen, ohne dabei einen Raum betreten zu müssen. In diesem Flyer der Stadt Münster erfahren Sie, wie der Rundweg verläuft und an welche Corona-Bestimmungen Sie sich halten sollten. Wenn Sie es am Sonntag nicht bis nach Kinderhaus schaffen sollten, ist das überhaupt nicht schlimm. Die Ausstellung endet erst am 27. September.
Am Sonntag schreibt Ihnen Klaus Brinkbäumer wieder aus New York. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Tag.
Herzliche Grüße
Katrin Jäger
Mitarbeit: Ann-Marlen Hoolt, Sebastian Stocharra
PS
Falls Sie sich wundern, warum wir diesen Brief wieder morgens an Sie geschickt haben: Es liegt nicht daran, dass ich ein Frühaufsteher bin. Schön wär’s. Die Wahrheit ist: Wir möchten herausfinden, wann Sie uns eigentlich am liebsten lesen. Nach dem Aufstehen oder nach der Arbeit? Erzählen Sie uns gerne von Ihren Lesegewohnheiten. Unter dieser Mail-Adresse erreichen Sie uns.
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